Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.02.2015, Az.: 1 KN 124/13

Auslegungsbekanntmachung; Bebauungsplan; Normenkontrolle; Präklusion; Tierhaltung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.02.2015
Aktenzeichen
1 KN 124/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45249
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

§ 47 Abs. 2a VwGO führt nicht zur Unzulässigkeit eines Normenkontrollantrags, wenn dem Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren keine die Anstoßwirkung erfüllende Auslegungsbekanntmachung - insbesondere mit einem ordnungsgemäßen Hinweis auf die verfügbaren Umweltinformationen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) - vorangegangen ist. Es ist nicht erforderlich, dass ein Fehler in der Auslegungsbekanntmachung für das Unterbleiben von Einwendungen kausal geworden ist.

Es ist ein legitimes Planungsziel, auch den weder ökologisch noch touristisch besonders wertvollen Außenbereich von Tierhaltungsanlagen freizuhalten.

Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, in einem den Außenbereich der Gemeinde erfassenden Bebauungsplan Baufenster für Tierhaltungsanlagen nur der Nähe vorhandener Betriebe zuzulassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den im Rubrum genannten Bebauungsplan der Antragsgegnerin, der im Außenbereich der Gemeinde Tierhaltungsanlagen außerhalb bestimmter Baufenster ausschließt. Der Antragsteller meint, ihm sei zu Unrecht kein Baufenster für einen geplanten Hähnchenstall eingeräumt worden.

Aus dem Bestreben heraus, die Zersiedelung ihres Außenbereichs durch Tierhaltungsanlagen einzudämmen, beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin, einer Gemeinde von rund 560 Einwohnern, am 17. März 2009 die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans. Nach Durchführung des Verfahrens der frühen Bürger- und Behördenbeteiligung lag der Planentwurf vom 2. Mai bis zum 3. Juni 2011 öffentlich aus; parallel dazu fand die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt. In der Auslegungsbekanntmachung heißt es u.a.:

„…

Während der Auslegungsfrist können Bedenken und Anregungen schriftlich oder mündlich zur Niederschrift vorgebracht werden.

Für den o.g. Bebauungsplan liegen folgende umweltbezogene Informationen vor:

- Umweltbericht

- Stellungnahmen im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 1 BauGB und der frühzeitigen Behördenbeteiligung gem. § 4 Abs. 1 BauGB

- Übersichtskarte Geruchsimmissionen

Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3 „Steuerung von Tierhaltungsanlagen“ ist im nachstehenden Übersichtsplan dargestellt.

[Unterschrift Bürgermeister]

Aushang am: 14.04.2011

Aushang bis: 04.06.2011“

Der auf einem separaten Zettel abgedruckte Übersichtsplan zeigt als Geltungsbereich des Plans das Gemeindegebiet. Die aus dem späteren Plangebiet ausgenommenen Flächen sind schraffiert.

In seiner Sitzung vom 7. Dezember 2011 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Einwendungen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Der Plan wurde im Amtsblatt des Landkreises Emsland vom 31. August 2012 bekannt gemacht.

Der Plan erfasst praktisch den gesamten Außenbereich der Antragsgegnerin und weist diesen als ein „Sondergebiet zur Steuerung der landwirtschaftlichen und gewerblichen Tierhaltung“ aus. Innerhalb des Sondergebiets sind durch Baugrenzen insgesamt 24 Baufenster festgesetzt. Die bebauungsfernsten Grenzen dieser Baufenster sind in keinem Fall mehr als ca. 250 m vom nächsten landwirtschaftlichen Gebäude entfernt, die meisten schließen eine vorhandene landwirtschaftliche Hofstelle ein. Zusammen nehmen sie eine Fläche von ca. 435.000 m² ein.

Der Antragsteller ist Landwirt in der der Antragsgegnerin benachbarten Stadt A.. Neben Flächen und einer Hofstelle in dieser Stadt steht in seinem Eigentum das im Gebiet der Antragsgegnerin gelegene Flurstück 9, Flur 3 der Gemarkung B., für das er bereits 2007 einen noch nicht rechtskräftig beschiedenen – ein Verpflichtungsklageverfahren ist beim VG Osnabrück unter dem Az. 2 A 23/11 anhängig – Bauantrag zur Errichtung eines Hähnchenmaststalls mit 320.000 Mastplätzen gestellt hatte. Das Flurstück liegt am Nordrand des Gemeindegebiets, seine bebauungsnächsten Grenzen sind in jede Richtung mindestens 500 m von den nächsten Gebäuden entfernt. Kurz nach Fassung des Aufstellungsbeschlusses, mit Schreiben vom 24.6.2009 bat er, sein Grundstück bei der Planaufstellung zu berücksichtigen. Während der öffentlichen Auslegung trug er keine Einwendungen vor. Im Plan ist für sein Grundstück kein Baufenster vorgesehen. Am 31.12.2012 stellte der Antragsteller einen Normenkontrolleilantrag den der Senat mit Beschluss vom 4.3.2013 – 1 MN 222/12 – wegen fehlender Einwendungen im Verfahren der öffentlichen Auslegung nach § 47 Abs. 2a VwGO als unzulässig abwies.

Am 16.7.2013 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung zunächst ausgeführt, sein Antrag sei nicht gemäß § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig, da die Auslegungsbekanntmachung ihm gegenüber unwirksam sei. Als Ortsfremdem hätte ihm die öffentliche Auslegung persönlich mitgeteilt werden müssen. Aufgrund seines Schreibens vom 24.6.2009 sei sein Interesse am Verfahren bekannt gewesen, eine regelmäßige Kontrolle des Aushangs sei ihm unzumutbar. Die Auslegungsbekanntmachung durch Aushang sei zudem unwirksam, da die Hauptsatzung der Antragsgegnerin, die diese vorsehe, zu unbestimmt sei: Die Lage der Bekanntmachungskästen, in denen der Aushang satzungsgemäß erfolgen solle, sei nicht bezeichnet. Hinsichtlich des konkret vorgenommenen Aushangs sei zudem nicht niedergelegt worden, wer wann in welchem Aushangkasten welche Schriftstücke ausgehängt habe. Der pauschale Vermerk auf der Rückseite der in den Akten abgehefteten Bekanntmachung genüge nicht. Der Aushang werde bestritten, ebenso, dass diesem der Übersichtsplan beigefügt gewesen sei. Zudem sei zum Zeitpunkt der Auslegung das zum 1.11.2011 in Kraft getretene NKomVG bereits verabschiedet worden; bei Abschluss des Bebauungsplanverfahrens sei es bereits in Kraft getreten, hätte mithin beachtet werden müssen. Nach § 11 Abs. 6 NKomVG 2011 hätte die Auslegung im amtlichen Verkündungsblatt und in der örtlichen Tageszeitung veröffentlicht werden müssen. Fehlerhaft sei die Auslegungsbekanntmachung auch deshalb, weil nicht angegeben sei, wo Stellungnahmen hätten abgegeben werden können. Auf Präklusion könne sich die Antragsgegnerin ferner nicht berufen, da sie die Stellungnahme des Antragstellers vom 24.6.2009 inhaltlich beschieden habe. Der Normenkontrollantrag sei auch begründet; abgesehen von den genannten Verfahrensmängeln verletze er das Abwägungsgebot. Die Eigentumsbelange des Antragstellers seien in unverhältnismäßiger Weise hinter das Interesse am Freiraumschutz zurückgestellt worden; die freie Landschaft der Antragsgegnerin habe keinen besonderen touristischen oder ökologischen Wert, sondern bestehe im Wesentlichen aus Maisfeldern. Zudem verletze die Abwägung den Gleichheitssatz, da nur ortsansässigen Landwirten Baufenster zugewiesen worden seien. Einige der Flächen in den Baufenstern seien entgegen der vorgeblichen Planungsabsicht auch nicht hofnah gelegen, was die Antragsgegnerin selbst einräume. Das Ziel, Zersiedelung zu verhindern, werde damit konterkariert. Mit Schriftsatz vom 7.1.2014 hat der Antragsgegner ergänzt, die Auslegungsbekanntmachung sei auch deshalb unwirksam, weil sie die verfügbaren Umweltinformationen nicht in der vom Bundesverwaltungsgericht für nötig befundenen Ausführlichkeit benenne.

Der Antragsteller beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 7. Dezember 2011 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 3 „Steuerung von Tierhaltungs-anlagen“ für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie führt aus, der Antrag sei präkludiert. Die Auslegungsbekanntmachung sei wirksam. Eine individuelle Benachrichtigung ortsfremder Planbetroffener sehe § 3 Abs. 2 BauGB nicht vor; sie sei auch nicht verfassungsrechtlich geboten. Die Hauptsatzung sei hinreichend bestimmt. Es gebe in der Gemeinde nur einen Aushangkasten. Dieser befinde sich von jeher am naheliegendsten Ort, der Gemeindeverwaltung; ein Hinweis hierauf in der Hauptsatzung sei nicht erforderlich. Die Frage, ob der Aushang in allen Aushangkästen gleichzeitig erfolgt und für jeden Kasten separat dokumentiert worden sei, sei damit gegenstandslos. Der Aushang sei durch die einzige hauptamtliche Gemeindemitarbeiterin erfolgt. Das NKomVG sei zum maßgeblichen Zeitpunkt des Aushangs noch nicht in Kraft getreten, zudem sei § 11 Abs. 6 auf die ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung nicht anwendbar. Angaben zum Ort, an dem Stellungnahmen abzugeben seien, seien nicht erforderlich, es liege auf der Hand, dass dies an den Auslegungsstellen möglich sei. Der Berufung auf einen etwaigen Fehler beim Hinweis auf die Umweltinformationen stehe § 215 BauGB entgegen. Der Antrag sei auch unbegründet, Abwägungsfehler lägen nicht vor. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass einfache Bebauungspläne zur Steuerung von Tierhaltungsanlagen auch zum Schutz der freien Landschaft ohne besonderen Naturschutz- oder touristischen Wert zulässig seien. Die Eigentumsbelange des Antragstellers seien erkannt und in die Abwägung eingestellt worden. Ein Gleichheitsverstoß liege nicht vor; bei der Auswahl der Baufenster sei auf die Nähe zu vorhandenen Hofstellen, nicht auf die Gemeindezugehörigkeit des Eigentümers abgestellt worden; so sei der Eigentümer des Baufensters Nr. 15 nicht ortsansässig. Soweit Baufenster theoretisch die Möglichkeit böten, Tierhaltungsanlagen ohne optischen Zusammenhang mit der vorhandenen Bebauung zu errichten, könne hierauf noch planerisch reagiert werden; dies habe auch der Rat so gesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Planaufstellungsvorgänge verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig. Der Antragsteller ist nicht gemäß § 47 Abs. 2a VwGO mit seinem Normenkontrollantrag präkludiert. Zwar hatte er während der öffentlichen Auslegung keine Einwendungen erhoben; sein Schreiben vom 24.6.2009 ist nicht ausreichend (vgl. Senatsbeschluss vom 4.3.2013 a.a.O). Die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO tritt jedoch nur dann ein, wenn die ortsübliche Bekanntmachung des Orts und der Dauer der Auslegung des Planentwurfs (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB) ordnungsgemäß erfolgt ist (BVerwG, Urt. v. 20.2.2014 – 4 CN 1.13 – NVwZ 2014, 786 = juris Rn. 19). Dies gilt in gleicher Weise für die von § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB geforderte Angabe zu den verfügbaren Umweltinformationen. Ob der Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB nach Ablauf der Jahresfrist unbeachtlich geworden ist, ist für § 47 Abs. 2a VwGO entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ohne Bedeutung. Denn § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB regelt die Unbeachtlichkeit von formellen Fehlern für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans, verhält sich aber weder nach seinem Wortlaut noch nach seiner systematischen Stellung zur Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags (BVerwG, Urt. v. 11.9.2014 – 4 CN 3.14 – juris Rn. 12 m.w.N.).

Der Senat folgt auch nicht der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung der Antragsgegnerin, unzureichende Angaben zu den verfügbaren Umweltinformationen in der Auslegungsbekanntmachung hinderten nur dann die Präklusion, wenn gerade der daraus resultierende Mangel für das Unterlassen von Einwendungen durch den Antragsteller kausal geworden sei. Die Durchführung eines ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Auslegungsverfahrens ist nach dem Verständnis des Senats nicht nur insofern Voraussetzung der Präklusion, als Verfahrensfehler im Einzelfall das Verschulden i.S.d. § 47 Abs. 2a VwGO („hätte geltend machen können“) entfallen lassen könnten. Vielmehr ist diese Voraussetzung Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben, dergestalt, dass eine Obliegenheit zur rechtzeitigen Verfahrensbeteiligung dem Bürger nur dann abverlangt werden kann, wenn die Behörde ihrerseits in diesem Verfahren die gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten nicht einschränkt.

Dies gilt umso mehr, als sich eine Kausalität zwischen Fehlern im Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB und dem Unterbleiben von Einwendungen im Einzelfall oft nur schwer be- oder widerlegen lässt, ja oft nicht einmal der Betroffene selbst wird genau angeben können, was ihn letzten Endes von einer Einwendung abgehalten hat; eine „Kausalitätslösung“ ginge mithin zu Lasten der Rechtsklarheit. Dem entspricht die vom VGH Mannheim (Urt. v. 9.8.2013 - 8 S 2145/12 -, NVwZ-RR 2014, 17 = juris Rn. 50) gezogene Analogie zu § 58 VwGO und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Vorliegend genügten die Angaben zu den verfügbaren Umweltinformationen nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 BauGB, wie sie das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 18.7.2013 – 4 CN 3.12 –, BVerwGE 147, 206 = juris Rn. 21 ff.) und der Senat (Beschluss v. 2.7.2013 - 1 MN 90/13 -, BauR 2013, 1658 = juris Rn. 49 ff.; Beschl. v. 20.3.2014 - 1 MN 7/14 - BauR 2014, 949 = ZfBR 2014, 483 = juris Rn. 35) versteht. Die Auslegungsbekanntmachung benennt lediglich die Quellen, aus denen sich Umweltinformationen ergeben, enthält aber – von der Geruchsimmissionskarte abgesehen – keine Hinweise darauf, zu welchen Umweltthemen sich diese Quellen verhalten. Ob – anders als § 215 BauGB§ 214 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BauGB für die Frage der Präklusion relevant ist, kann hier dahinstehen, denn diese Unbeachtlichkeitsvorschrift greift erst dann ein, wenn (nur) einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, fehlen, die fehlenden also hinter die vorhandenen Angaben im Gewicht zurücktreten (Senat v. 2.7.2013, a.a.O., juris Rn. 55, 59). Hier ist überhaupt nur eine Art umweltbezogener Informationen (Geruchskarte) indirekt erkennbar geworden, obwohl u.a. der Umweltbericht sich zu einer Mehrzahl von Umweltthemen (u.a. zur Empfindlichkeit der Baufenster gegenüber Stickstoffeinträgen und allgemein Schutzgut Natur und Landschaft in den Standortblättern) verhält.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Bebauungsplan weist keine zu seiner Unwirksamkeit führenden Fehler auf.

Der Bebauungsplan leidet nicht unter nach §§ 214, 215 BauGB beachtlichen Verfahrensfehlern.

Das Fehlen hinreichender Angaben zu den Arten verfügbarer Umweltinformationen mag zwar die Antragsbefugnis begründen, zur Unwirksamkeit des Plans führt es jedoch nicht mehr. Denn dieser Verfahrensfehler ist nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht binnen Jahresfrist nach Bekanntmachung des Plans (am 31.8.2012) schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden ist. Der Antragsteller hat diesen Mangel erst mit Schriftsatz vom 7.1.2014 gerügt. Eine frühere Rüge durch Dritte ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Eine individuelle Benachrichtigung des Antragstellers sowie ggf. anderer außerhalb des Gemeindegebiets ansässiger Planbetroffener von der öffentlichen Auslegung neben der Bekanntmachung durch Aushang war von Gesetzes wegen nicht erforderlich. Aus dem Rechtsstaatsgebot folgt nichts anders. Auch die vom Antragsteller bemühte Kommentierung von Krautzberger (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2013, § 3 Rn. 43) sieht insoweit nur politische, aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Bekanntmachungen durch Anschlag an einer (einzigen) Verkündungstafel jedenfalls bei überschaubaren Gemeinden mit dem Rechtsstaatsgebot vereinbar, und zwar selbst dann, wenn sich etliche Eigentümer von Grundstücken im Gemeindegebiet nur zeitweilig dort aufhalten. Es ist deren Sache, sich über die Art der Bekanntmachung sie möglicherweise betreffender örtlicher Angelegenheiten zu informieren und - z.B. bei längeren Abwesenheitszeiten - in geeigneter Weise, insbesondere durch die Beauftragung dritter Personen, dafür Sorge zu tragen, dass sie von Bekanntmachungen Kenntnis erhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 CN 3.10 -, BVerwGE 138, 181 = BauR 2011, 190 = juris Rn. 15 m.w.N.). Soweit der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemacht hat, er sei fehlerhaft dahingehend informiert worden, die öffentliche Auslegung werde auch im Internet angekündigt, konnte er selbst nicht ausschließen, dass es sich dabei um ein Missverständnis handelte. Im Übrigen wäre ein daraus etwa resultierender Fehler der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich, da der Ansiedelungswunsch des Antragstellers in der Abwägungsentscheidung des Rats trotz fehlender Einwendung umfassend gewürdigt wurde (vgl. S. 26 f. der Planbegründung).

Die Bekanntmachungsregelungen in der Hauptsatzung der Antragsgegnerin sind hinreichend bestimmt. § 6 Abs. 3 der Hauptsatzung lautet: „Ortsübliche Bekanntmachungen und öffentliche Bekanntmachungen nach anderen Gesetzen als dem NKomVG erfolgen durch Aushang in den amtlichen Bekanntmachungskästen der Gemeinde B.. Der Zeitraum der Bekanntmachung ist aktenkundig zu machen.“ (Hervorhebung d.d. Gericht). Das ist nicht zu beanstanden. Eine Benennung der genauen Lage der Aushangkästen bzw. des Aushangkastens in der Hauptsatzung ist jedenfalls in einer so kleinen Gemeinde wie der Antragsgegnerin rechtsstaatlich nicht geboten. Wie die Antragsgegnerin zu Recht ausgeführt hat, musste die Lage des Aushangkastens am Gemeindehaus in der Ortsmitte jedem der rund 560 Einwohner bekannt sein und lag auch für einen Ortsfremden auf der Hand. Auch dass die Hauptsatzung unzutreffend suggeriert, es gebe mehr als einen Aushangkasten (vermutlich ein auf die Übernahme eines Satzungsmusters zurückzuführender Fehler) ist unschädlich. Denn dies führt nicht dazu, dass der unbefangene Leser hinsichtlich seiner Prüfobliegenheiten in die Irre geführt wird; unabhängig von Singular und/oder Plural weiß er, dass er einen Aushangkasten aufsuchen muss.

Der Einwand, die Bekanntmachungsform habe den Anforderungen des § 11 Abs. 6 NKomVG genügen müssen, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass diese Norm auf die ortsübliche Bekanntmachung einer öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB nach ihrem eindeutigen Wortlaut („gelten… für Verordnungen und öffentliche Bekanntmachungen der Kommunen nach diesem Gesetz sowie für die Erteilung von Genehmigungen für den Flächennutzungsplan“) nicht anwendbar ist, ist sie nach allgemeinen Regeln erst auf Bekanntmachungen anwendbar, die nach ihrem Inkrafttreten erfolgt sind.

Die konkrete Bekanntmachung genügte den Vorgaben der Hauptsatzung und des § 3 Abs. 2 BauGB. Soweit der Antragsteller rügt, die Angabe des Aushangzeitraums auf der Rückseite des Bekanntmachungsdokuments differenziere nicht nach den verschiedenen Aushangkästen, geht sein Einwand angesichts der Existenz nur eines Aushangkastens ins Leere. Dass sowohl der Text-, als auch der Kartenteil der in der Verhandlung im Original vorgelegten, erkennbar ursprünglich zusammengehefteten Auslegungsbekanntmachung tatsächlich zu den angegebenen Zeiten ausgehangen haben, hat die zuständige Mitarbeiterin der Samtgemeinde, Frau C., in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt; Anlass zu ihrer förmlichen Vernehmung als Zeugin hat auch der Antragsteller nicht gesehen. Die Frage, ob die Dokumentation des Aushangs auf der Rückseite des Textteils der Bekanntmachung den Aushangzeitraum bereits als öffentliche Urkunde i.S.d. § 418 Abs. 1 ZPO i.v.m. § 173 VwGO beweist, kann daher offen bleiben. Dass die Auslegung nur auf der Rückseite des Textteils, nicht aber nochmals auf dem Kartenteil dokumentiert ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden; eine Dokumentation auf jedem Blatt eines mehrere Blätter umfassenden Aushangs ist rechtlich nicht erforderlich, auch nicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin.

Die Rüge, die Bekanntmachung habe die Stelle, bei der Einwendungen geltend gemacht werden könnten (Gemeindebüro, Samtgemeindeverwaltung, Bürgermeister), bezeichnen müssen, ist unbegründet. Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 BauGB sieht diese Angabe nicht vor. Sie folgt auch nicht aus dessen Sinn und Zweck, den Bürger hinreichend über seine Beteiligungsmöglichkeiten zu informieren. Wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt, soll dem Bürger nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einwendungsverfahren nicht jede Mühe abgenommen werden (Urt. v. 29.1.2009 - 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 = juris Rn. 34 m.w.N.). Es liegt nahe, dass Einwendungen dort abgegeben werden können, wo die Auslegung stattfindet, bzw. dass dort jedenfalls Auskunft über die zuständige Stelle gegeben werden kann. Das ist für die Erfüllung der Anstoßfunktion ausreichend.

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die der Auslegungsbekanntmachung beigefügte Karte den Eindruck erwecken könnte, das Plangebiet umfasse das gesamte Gemeindegebiet, während tatsächlich kleinere Flächen hiervon ausgenommen sind. Abgesehen davon, dass dieser Mangel erst in der mündlichen Verhandlung und damit weit nach Ablauf der Frist gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gerügt wurde, ist die Beifügung einer exakten Karte des Plangebiets kein zwingendes Erfordernis einer ordnungsgemäßen Auslegungsbekanntmachung. Erforderlich ist lediglich, dass diese ihre Anstoßfunktion erfüllt, was voraussetzt, dass die Lage des Plangebiets so genau präzisiert wird, dass potentielle Planbetroffenheiten erkennbar werden. Das ist auch der Fall, wenn das auf einer beigefügten Karte dargestellte Planbereich tatsächlich den Geltungsbereich des Planentwurfs geringfügig überschreitet; von Einwendungen wird hierdurch niemand abgehalten - im Gegenteil.

Der Bebauungsplan ist auch materiell rechtmäßig.

Die vom Antragsteller vorgetragenen Abwägungsmängel liegen nicht vor.

Ein Abwägungsfehler ergibt sich nicht aus einer Nicht- oder fehlerhaften Gewichtung des über Art. 14 GG geschützten Interesses des Antragsteller am Erhalt der Möglichkeit, auf seinem Grundstück eine Hähnchenmastanlage zu errichten. Das Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Ein Abwägungsausfall oder -defizit liegt nicht vor. Wie sich aus S. 26 f. der Planbegründung ergibt, hat die Antragsgegnerin das Interesse des Antragstellers gesehen und sein Gewicht, insbesondere auch vor dem Hintergrund etwaiger Alternativstandorte in der Nähe der ursprünglichen Hofstelle sowie der Bedeutung der Expansion für die Existenzsicherung des Antragstellers, ermittelt. Daneben hat sie dargelegt, warum der geplante Standort gerade auch für die Freiraumsicherung eine besondere Bedeutung hat. Die in der Abwägung enthaltenen tatsächlichen Annahmen hat der Antragsteller nicht substantiiert bestritten. Es liegt auch kein Fall der Abwägungsdisproportionalität vor. Dass der Erhalt des Außenbereichs als Erholungsraum auch dann ein legitimes städtebauliches Ziel ist, wenn dieser weder eine besondere touristische noch ökologische Bedeutung hat, hat der Senat bereits mehrfach entschieden (Urt. v. 7.10.2005 - 1 KN 197/04 - BRS 69 Nr. 118 = juris Rn. 33; Urt. v. 13.9.2011 - 1 KN 56/08 - ZfBR 2011, 780 = BRS 78 Nr. 25 = juris Rn. 92 ff.; Urt. v. 13.8.2013 - 1 KN 69/11 - BauR 2014, 72 = juris Rn. 27).

Ein Abwägungsfehler ergibt sich auch nicht aus einer Art. 3 Abs. 1 GG zuwiderlaufenden Ungleichbehandlung einheimischer und nicht einheimischer Landwirte bei der Zuweisung von Sonderbauflächen. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie bei der Auswahl der Sonderbauflächen auf die Nähe zu vorhandenen Bauten, nicht auf die Herkunft des Eigentümers abgestellt habe. Die Anknüpfung an die Nähe zu vorhandenen Gebäuden ist - bedenkt man das Ziel des Freiraumschutzes - sachgerecht. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Auswahlkriterium nur vorgeschoben sein könnte. Insbesondere trifft der Vortrag der Antragsgegnerin zu, dass der Inhaber der Sonderbaufläche Nr. 15 in D. seinen Wohn- und Hauptbetriebssitz hat; nach Bd. 1 der Aufstellungsvorgänge handelt es sich um den Betrieb E. F., G. Str. 9, D.. Der Vortrag des Antragstellers, die Baufenster 3, 5, 7, 8, 20 und 22 ermöglichten Anlagen, die nicht im optischen Zusammenhang mit einer Hofstelle bzw. einem sonstigen vorhandenen Gebäude stünden, ist kein stichhaltiges Gegenargument. Die Antragsgegnerin hat hierzu in der Abwägung ausgeführt:

„Im Einzelfall sehr tiefer Baufelder ist es vorstellbar, dass beim Bau einer relativ kleinen Stallanlage am äußersten Ende des Baufeldes und Verzicht auf bauliche Entwicklungen im Zwischenraum zum Hof hin kein hinreichender struktureller Zusammenhang besteht. Falls - entgegen den ermittelten Erweiterungsabsichten der Betriebe - ein solcher Fall durch Bau- oder BImSch-Antrag ersichtlich wird, kann und wird die Gemeinde mit dem Instrumentarium des vorhabenbezogenen oder qualifizierten Bebauungsplans dafür sorgen, dass das eine Kernziel dieser Planung, die Freihaltung der Landschaft, nicht ungebührlich beeinträchtigt wird.“

Damit hat sie deutlich gemacht, dass das Ziel der größtmöglichen, mit gewissen hofnahen Erweiterungsabsichten der Landwirte vereinbaren Freiraumsicherung für sie tatsächlich leitend war. Ein Indiz dafür, dass dieses Ziel gar nicht ernsthaft verfolgt würde, ist aus dem Zuschnitt der genannten Baufelder nicht abzuleiten. Auch dass die Tiefe der Baufelder das Ziel der weitgehenden Freiraumsicherung vereiteln und damit die Eignung der Planung in Frage stellen könnte, lässt sich nicht behaupten; selbst die tiefsten Baufelder liegen nicht mehr als 250 m entfernt von vorhandener Bebauung und damit bei weitem bebauungsnäher als das Grundstück des Antragstellers. Gleiches gilt für die Baufelder Nr. 1, 12 und 17. Diese schließen zwar nicht unmittelbar an eine Hofstelle an, sind vorhandenen Hofstellen oder sonstigen landwirtschaftlichen Gebäuden (Güllesilo bei Baufenster 17) jedoch gleichwohl so nahe, dass ein optischer Zusammenhang besteht. Dass die Antragsgegnerin ihr Ziel der Freiraumsicherung nicht uneingeschränkt verfolgt, sondern den Erweiterungsinteressen der Landwirtschaft einerseits, Immissionsschutzinteressen benachbarter Anwohner andererseits ein gewisses konkurrierendes Gewicht beigemessen hat, bedeutet nicht, dass sie ihr Ziel ganz fallen lassen und in Gestalt des Antragstellervorhabens eine weitaus einschneidendere Zersiedelung zulassen musste. Auch die Bundesstraße 402, auf deren Nähe der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, belastet sein Grundstück nicht in einer den vorhandenen Höfen vergleichbaren Weise optisch vor. Abgesehen davon, dass auch sie deutlich mehr als 250 m von diesem entfernt ist, begründet sie nach dem in der mündlichen Verhandlung betrachteten Luftbild mit ihrer alleeartigen Eingrünung keine Hochbauten vergleichbare Zersiedelungswirkung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.