Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.02.2015, Az.: 5 LC 79/14

Arbeitsbereich; pflegebedingte Aufwendungen; soziale Betreuung; Behindertenhilfe; Beihilfe; berufliche Eingliederung; soziale Eingliederung; vollstationäre Einrichtung; Werkstatt; Werkstattkosten; Wohnheim

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.02.2015
Aktenzeichen
5 LC 79/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45229
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 09.04.2014 - AZ: 2 A 6956/12

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer - vom 9. April 2014 geändert.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger über den bereits erstatteten Betrag in Höhe von 945,17 EUR hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 718,83 EUR zu erstatten.

Die Bescheide der Beklagten vom 9. Januar 2012 sowie vom 12. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt als überörtlicher Sozialhilfeträger einen übergeleiteten Beihilfeanspruch betreffend eine weitere Beihilfe für die durch die Betreuung des Herrn C. D. in der Behindertenwerkstatt entstandenen Aufwendungen in Höhe von 718,83 EUR.

Der am …. August 19… geborene C. D. leidet an Trisomie 21. In seinem Schwerbehindertenausweis ist ein Grad der Behinderung von 100 mit dem Merkzeichen B (Notwendigkeit ständiger Begleitung) festgestellt. Bei Herrn D. liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I vor. Er ist in der Wohnstätte E. der F. -Werkstätten G. GmbH untergebracht. Er arbeitet tagsüber in der hiervon räumlich und organisatorisch getrennten Werkstatt für behinderte Menschen der F. -Werkstätten G. GmbH. Die Übernahme der Kosten für Herrn D. obliegt nach §§ 53, 54 SGB XII im Rahmen der Eingliederungshilfe dem Kläger.

Herr D. ist beihilfeberechtigt, weil sein im Jahre 2007 verstorbener Vater als Beamter im Schuldienst des Landes stand. Deshalb begehrt der Kläger Beihilfe von der Beklagten gemäß § 9 Abs. 9 BhV bzw. § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. (vgl. auch § 28 Abs. 2 SGB XI).

Bis April 2011 erkannte die Beklagte die Aufwendungen des Klägers für die Wohnstätte und die Aufwendungen für die Betreuung des Herrn D. in dem Arbeitsbereich der Werkstätten als beihilfefähig in Höhe von 256,-- EUR (Höchstsatz nach § 43 a Satz 2 SGB XI) an und gewährte bei einem Beihilfebemessungssatz von 50 Prozent  eine monatliche Beihilfe von 128,-- EUR (vgl. auch Schreiben des NLBV vom 3. Juli 2007, Bl. 2 BA B). Die andere Hälfte, also weitere 128,-- EUR, übernahm die Pflegekasse.

Auf den Beihilfeantrag des Klägers vom 20. Dezember 2011 für die Monate Mai bis November 2011 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 2012 nur noch einen Betrag für die Aufwendungen im Wohnheim von monatlich 1.432,48 EUR und davon 10 Prozent als beihilfefähig an und gewährte eine Beihilfe in Höhe von 501,34 EUR (7 x 71,62 EUR). Eine Beihilfe für die Betreuung des Herrn D. im Arbeitsbereich lehnte sie ab mit dem Hinweis, die Beschäftigung in einer Behindertenwerkstatt sei nicht berücksichtigungsfähig.

Auf einen weiteren Antrag des Klägers vom 20. Juni 2012 auf Beihilfegewährung für die Monate Dezember 2011 bis Mai 2012 erkannte die Beklagte 10 Prozent der Aufwendungen für die Betreuung des Herrn D. in der Wohnstätte an und gewährte eine Beihilfe in Höhe von 443,83 EUR (1 x 71,63 EUR + 5 x 74,44 EUR). Eine Beihilfe für die Beschäftigung des Herrn D. in der Behindertenwerkstatt lehnte sie wiederum als nicht berücksichtigungsfähig ab.

Die Pflegekasse erstattet nach wie vor ihren Anteil an den Aufwendungen auch für die Behindertenwerkstatt.

Die gegen die beiden Bescheide eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2012 zurück mit der Begründung, bei dem Arbeitsbereich der Werkstätten handele es sich nicht um eine vollstationäre Einrichtung im Sinne von § 9 Abs. 9 BhV bzw. § 34 Abs. 9 NBhVO a. F.. Der Wohnbereich und der Arbeitsbereich des Herrn D. seien getrennte Einheiten.

Hiergegen hat der Kläger am 13. Dezember 2012 Klage erhoben. Er hält die Bescheide, soweit sie nicht antragsgemäß ergangen sind, für rechtswidrig. Er habe einen Anspruch auf Erstattung eines weiteren Betrages in Höhe von 718,83 EUR, da nicht nur die Kosten für die Unterbringung des Herrn D. in der Wohnstätte beihilfefähig seien, sondern auch die aufgrund des Besuchs der Werkstatt entstehenden Kosten von 128,-- EUR im Monat. Bei dem Arbeitsbereich der Werkstätten handele es sich um eine vollstationäre Einrichtung im Sinne von § 9 Abs. 9 BhV bzw. § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. i.V.m. § 43 a SGB XI. Der Wohnbereich und der Arbeitsbereich des Herrn D. seien als einheitliche vollstationäre Einrichtung aufzufassen. Die Bereiche seien trotz der räumlichen und organisatorischen Trennung als einheitliche Einrichtung anzusehen, da das Zusammenwirken dieser Bereiche eine ganztägige Betreuung und Pflege der dort tätigen bzw. untergebrachten behinderten Menschen gewährleiste. Ferner zahle auch die Pflegekasse weiterhin 128,-- EUR monatlich an den Kläger aus. Auch ergebe sich aus § 1 Abs. 1 der Vereinbarung gemäß § 13 Abs. 4 SGB XI zur Umsetzung des § 43 a SGB XI zwischen dem Land Niedersachsen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Verbänden der gesetzlichen Pflegekassen vom 18. August 1997, dass zu den vollstationären Einrichtungen auch Wohnheime für Behinderte einschließlich Werkstätten für Behinderte zählten, soweit beide gemeinsam die ganztätige Betreuung sicherstellten. Dies sei hier der Fall.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 9. Januar 2012 sowie vom 12. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 zu verpflichten, für die Monate Mai 2011 bis einschließlich Mai 2012 einen insgesamt um 718,83 Euro erhöhten Zahlbetrag der Beihilfe zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und auf die Begründung im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. April 2014 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Aufwendungen für den Arbeitsbereich in den Werkstätten seien nicht beihilfefähig, denn der Arbeitsbereich sei bei selbständiger Betrachtung keine vollstationäre Einrichtung i. S. d. §§ 9 Abs. 9 BhV, 43 a SGB XI. Die Werkstatt und die Wohnstätte E. könnten auch nicht als eine gemeinsame Einrichtung für Behindertenhilfe betrachtet werden, denn es handele sich bei beiden um selbständige Einrichtungen und nicht um eine gemeinsame Einrichtung der Behindertenhilfe mit der spezifischen, in § 9 Abs. 9 BhV bestimmten Prägung. Zwar hätten beide in Gestalt der GmbH einen gemeinsamen Träger, sie seien jedoch sowohl räumlich als auch organisatorisch strikt getrennt und würden ihre Kosten jeweils gesondert abrechnen. Beide würden zudem unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Die Werkstatt böte Leistungen der Arbeitsförderung nach §§ 97 ff. SGB III, § 107 SGB III an, während es sich bei der Wohnstätte E. um eine Pflegeeinrichtung nach § 71 SGB XI handele. Eine andere rechtliche Einstufung ergebe sich auch nicht aus der Vereinbarung gemäß § 13 Abs. 4 SGB XI zur Umsetzung des § 43a SGB XI zwischen dem Land Niedersachsen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Verbänden der gesetzlichen Pflegekasse vom 18. August 1997. Danach stellten Wohnheim und Werkstatt für Behinderte zusammengenommen eine vollstationäre Einrichtung dar, soweit beide gemeinsam die ganztägige Betreuung sicherstellten. Diese Regelung könne jedoch nicht auf die Bestimmung des Charakters einer Einrichtung im Sinn des § 9 Abs. 9 BhV übertragen werden und damit eine Beihilfebestimmung inhaltlich abändern. Im Übrigen fielen die Werkstattkosten nicht unter die in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten pflegebedingten Aufwendungen, Aufwendungen der sozialen Betreuung oder Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Schließlich mache der Kläger ohne Erfolg geltend, dass die Pflegekasse weiterhin auch die Aufwendungen für die Arbeit des Herrn D. in der Werkstatt übernehme. Die für die Gewährung der Beihilfe zuständige Dienststelle habe vielmehr eine eigenständige Prüfung der Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen vorzunehmen.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gemäß § 124a VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die streitgegenständliche Rechtsfrage, ob eine Werkstatt für behinderte Menschen und eine Wohnstätte bei gleicher Trägerschaft zusammen als eine vollstationäre Einrichtung nach § 9 Abs. 9 BhV bzw. § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. zu betrachten seien, bislang nicht obergerichtlich geklärt sei.

Der Kläger hat am 30. April 2014 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Wohnbereich sowie der unter gleicher Trägerschaft betriebene Arbeitsbereich seien als einheitliche vollstationäre Einrichtung anzusehen, weil erst im Zusammenwirken beider Bereiche eine ganztägige Pflege, Unterbringung und Betreuung der behinderten Menschen gewährleistet werde. Die Werkstattkosten seien Aufwendungen für soziale Betreuung. Denn in dem Arbeitsbereich gehe es wesentlich darum, das Selbstwertgefühl des behinderten Menschen zu stärken und diesen dabei zu unterstützen, sich als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft wahrzunehmen. Zu den wesentlichen Aufgaben gehöre es auch, die Beschäftigten bei den erforderlichen täglichen Verrichtungen zu unterstützen, da diese behinderungsbedingt oftmals nicht ohne Anleitung bzw. Unterstützung durchgeführt werden könnten. Deshalb sei nicht ausschlaggebend, ob beide Bereiche räumlich bzw. kostentechnisch getrennt seien. Dass die Teilhabe am Arbeitsleben im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehe, stehe einer Subsumtion der dort entstehenden Kosten unter die „Aufwendungen der sozialen Betreuung“ i. S. v. § 43 Abs. 2 SGB XI nicht entgegen, weil § 43 a SGB XI und damit korrespondierend § 9 Abs. 9 BhV die Aufwendungen in derartigen Einrichtungen (sofern es sich um vollstationäre Einrichtungen handele) für beihilfefähig erkläre.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 9. Januar 2012 sowie vom 12. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 zu verurteilen, über den bereits erstatteten Betrag in Höhe von 945,17 EUR hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 718,83 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts und auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Oktober 2004 (- 3 B 00.133 -, juris) sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juli 2001 (- M 12 K 99.3073 -, juris).

Mit Schriftsätzen vom 7. und 12. Januar 2015 haben die Beteiligten den Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat für die Monate Mai 2011 bis Dezember 2011 gemäß §§ 120 Abs. 1 NBG, 87 c NBG in der am 31. März 2009 geltenden Fassung i. V. m. § 9 Abs. 9der für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes geltenden Beihilfevorschriften in der Fassung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 918), zuletzt geändert durch Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 30. Januar 2004 (GMBl. S. 379) - BhV - und für die Monate Januar 2012 bis Mai 2012 gemäß § 34 Abs. 9 NBhVO in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung  (Nds. GVBl. 2011, S. 372) - NBhVO a. F. -aufgrund der wirksamen Überleitung gemäß § 93 Abs. 1 SGB II Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe für die in diesen Monaten aufgewendeten Werkstattkosten für Herrn D. in Höhe von insgesamt 718,83 EUR (Mai bis November 2011: 7 x 56,38 = 394,66 EUR; Dezember 2011: 56,37 EUR; Januar bis Mai 2012: 5 x 53,56 EUR = 267,80 EUR).

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger über den bereits erstatteten Betrag in Höhe von 945,17 EUR hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 718,83 EUR zu erstatten. Die Bescheide der Beklagten vom 9. Januar 2012 sowie vom 12. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2012 sind aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Nach § 9 Abs. 9 BhV sind Aufwendungen für Pflegebedürftige in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe, in der die berufliche oder soziale Eingliederung, die schulische Ausbildung oder die Erziehung Behinderter im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs. 4 SGB XI), nach Art und Umfang des § 43a SGB XI beihilfefähig. Nach § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. sind Aufwendungen für vollstationäre Pflege und Betreuung in einer Einrichtung der Hilfe für Menschen mit Behinderung, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung von Menschen mit Behinderung im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen, bis zu der in § 43 a Sätze 1 und 2 SGB XI genannten Höhe beihilfefähig.

Nach § 43a Satz 1 SGB XI übernimmt die Pflegekasse für Pflegebedürftige in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs. 4 SGB XI), zur Abgeltung der in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten Aufwendungen 10 Prozent des nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Heimentgelts. Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen gemäß § 43 a Satz 2 SGB XI im Einzelfall je Kalendermonat 256,-- Euro nicht überschreiten. Gemäß § 28 Abs. 2 SGB XI erhalten Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, die jeweils zustehenden Leistungen zur Hälfte.

Den genannten Vorschriften des SGB XI ist zu entnehmen, dass stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund stehen, gemäß § 71 Abs. 4 SGB XI keine Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 71 Abs. 2 SGB XI (Pflegeheime) sind, weshalb eine Leistungspflicht der Pflegekasse nach § 43 SGB XI an sich nicht besteht. Der Gesetzgeber ist aber davon ausgegangen, dass die Betreuung eines Pflegebedürftigen in einer Einrichtung der Behindertenhilfe erfahrungsgemäß auch ein gewisses Maß an Pflege erforderlich macht (vgl. BR-Drcks. 228/96 S. 3). Deshalb greift § 43 a SGB XI kompensatorisch ein  und gibt der Pflegekasse für die Pflege in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe eine pauschale Leistungspflicht in Höhe von 10 Prozent des vereinbarten Heimentgelts, höchstens 256,-- EUR, auf (vgl. Luik, jurisPK-SGB XI, Stand: 18.11.2014, § 43 a Rn. 33).

Die zitierten Beihilfevorschriften nehmen Bezug auf diese Vorschrift des § 43 a SGB XI. Den Beihilfevorschriften ist zu entnehmen, dass die in § 43 a SGB XI geregelte Leistung in Höhe von 10 Prozent, höchstens 256,-- EUR, als beihilfefähige Aufwendungen anerkannt werden, wenn - als erste Voraussetzung - der Behinderte in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen betreut wird, in der die berufliche und soziale Eingliederung (§ 9 Abs. 9 BhV) bzw. die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft (§ 34 Abs. 9 NBhVO a. F.), die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen (§ 71 Abs. 4 SGB XI). Der Vorschrift des § 9 Abs. 9 BhV („nach Art und Umfang des § 43 a SGB XI“) lässt sich zudem entnehmen, dass - als zweite Voraussetzung - die in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten Aufwendungen (siehe § 43a Satz 1 SGB XI) in dieser vollstationären Einrichtung erbracht worden sein müssen. Es ist davon auszugehen, dass dies auch § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. verlangt, der zwar nur hinsichtlich der Höhe auf § 43 a SGB XI verweist, andererseits aber „Aufwendungen für vollstationäre Pflege und Betreuung“ voraussetzt.

Soweit der pflegebedürftige Herr D. in der Wohnstätte untergebracht ist, bejaht die Beklagte diese Voraussetzungen und erstattet insoweit Beihilfe.

Die Voraussetzungen sind aber entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beklagten auch gegeben, soweit Herr D. in der Behindertenwerkstatt betreut wird.

1. Die Unterbringung des Herrn D. - in der Wohnstätte und in der Werkstatt zusammen betrachtet - ist eine Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft im Vordergrund des Einrichtungszwecks steht.

a) Zutreffend ist allerdings, dass für sich allein genommen die Aufwendungen für Herrn D. in der Behindertenwerkstatt keine Aufwendungen für Pflegebedürftige in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe bzw. keine Aufwendungen für vollstationäre Pflege und Betreuung in einer Einrichtung der Hilfe für Menschen mit Behinderung sind. Zwar ist die Behindertenwerkstatt eine stationäre Einrichtung der Behindertenhilfe im Sinne des § 71 Abs. 4 SGB XI, weil in ihr die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die berufliche oder soziale Eingliederung, die schulische Ausbildung oder die Erziehung Behinderter im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen. Es fehlt jedoch bei ihr das für die Beihilfegewährung erforderliche Tatbestandsmerkmal des Vorliegens einer "vollstationären" Einrichtung bzw. einer vollstationären Pflege und Betreuung (siehe auch Udsching, SGB XI, 2. Aufl. 2000, § 43 a Rn. 2). Denn eine vollstationäre Einrichtung setzt voraus, dass der Pflegebedürftige dort ganztägig untergebracht ist (vgl. § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI). Der pflegebedürftige Herr D. wird jedoch nicht ganztägig in der Behindertenwerkstatt betreut, sondern hält sich dort nur tagsüber an den Wochentagen während der üblichen Arbeitszeit auf.

b) Anders als das Verwaltungsgericht und die Beklagte (vgl. auch VG München, Urteil vom 17.7.2011 (a. a. O.) meinen, ist hier gleichwohl eine „vollstationäre" Einrichtung der Behindertenhilfe anzunehmen, weil im vorliegenden Fall Wohnheim und Werkstatt als Gesamteinrichtung eine vollstationäre Einrichtung der Behindertenhilfe darstellen.

Für eine solche Auffassung spricht, dass im hier zu beurteilenden Fall die Wohnstätte und die Werkstätte denselben Träger - nämlich die F. -Werkstätten G. GmbH - haben (anders als in dem von dem Bay. VGH in seinem Beschluss vom 1.10.2004, a. a. O. entschiedenen Fall). Die F. -Werkstätten sind eine Einrichtung der Lebenshilfe mit verschiedenen Angeboten für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Ihr Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderung ihre Rechte auf Teilhabe am Arbeitsleben und auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch ausüben können. Die F. -Werkstätten bieten sowohl Wohnstätten als auch eine Werkstatt an. Sie verfügen über einen begleitenden Dienst, der sich aus dem sozialen und dem psychologischen Dienst zusammensetzt. Der begleitende Dienst arbeitet eng mit dem Arbeitsbereich und den angeschlossenen Wohnheimen zusammen (vgl. die F. -Werkstätten G. GmbH vereinen demnach unter ihrem Dach Werkstätten und Wohnstätten und verfolgen ein Gesamtkonzept. Es handelt sich mithin nicht nur um eine Kooperation zwischen jeweils völlig selbständigen Einrichtungen.

Zwar sind Wohnstätte und Behindertenwerkstatt der F. -Werkstätten räumlich und organisatorisch getrennt und rechnen ihre Kosten jeweils gesondert ab. Wesentlich ist aber, dass erst das Zusammenwirken der beiden Einrichtungen als angemessene vollstationäre Betreuung des Behinderten anzusehen ist, in der die berufliche und soziale Eingliederung bzw. die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft als Einrichtungszweck im Vordergrund stehen. Denn erst das Zusammenwirken des Wohnheims und der Behindertenwerkstatt führt zu der sozialen Eingliederung des Behinderten und ermöglicht ihm die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und das Ausüben einer seiner Behinderung angepassten beruflichen Tätigkeit (so auch VG Regensburg, Urteil vom 15.12.1999 - RO 1 K 99.2120 -, juris Rn. 30). In der Wohnstätte wird der Behinderte dabei unterstützt, seinen Alltag zu strukturieren und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. In der Werkstatt wird ihm geholfen, entsprechend seinen Bedürfnissen am Arbeitsleben teilzunehmen (vgl. auch § 136 Abs. 1 SGB IX). Erst durch die Unterbringung in der Wohnstätte und das Arbeiten in der Werkstatt zusammen wird die vollstationäre Einrichtung zu einer solchen, in der die „berufliche und soziale Eingliederung“ (§ 9 Abs. 9 BhV) bzw. „die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft“ (§ 34 Abs. 9 NBhVO a. F.) im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen. Dass dies erst ein Zusammenwirken beider Stätten ermöglicht, zeigt sich in dem vorliegenden Fall auch konkret in dem Entwicklungsbericht der Behindertenwerkstatt vom 25. April 2012 (Bl. 24 BA ff. A). Danach ist Herr D. in die Wohnstätte integriert, hat dort aber soziale, kognitive und lebenspraktische Einschränkungen. Pädagogische Begleitung für Dinge des alltäglichen Lebens müssen - so in dem Bericht weiter - geboten werden. Dem kann entnommen werden, dass Herr D. nicht allein eine Betreuung in der Wohnstätte, sondern auch die Arbeit und Betreuung in der Behindertenwerkstatt benötigt, um sozial und beruflich integriert werden zu können. Erst das Zusammenwirken beider Einrichtungen stellt seine ganztägige Betreuung mit dem Ziel der sozialen und beruflichen Integration sicher.

Das Argument des Verwaltungsgerichts, dass mit einer solchen Betrachtung die vom Gesetzgeber bzw. Beihilfevorschriftengeber offensichtlich gewollte Unterscheidung zwischen vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe, zu deren Kosten Leistungen der Pflegeversicherung bzw. Beihilfe gemäß § 43 a SGB XI bzw. § 9 Abs. 9 BhV gewährt werden, und teilstationären Einrichtungen dieser Art, zu deren Kosten Leistungen der Pflegeversicherung und Beihilfe nicht erfolgen sollen, „verwischt“ (vgl. S. 7 UA) werde und damit die vom Vorschriftengeber getroffene Unterscheidung letztlich als überflüssig erscheine, vermag jedenfalls im vorliegenden Fall nicht durchzudringen. Denn im Streitfall erfährt Herr D. erst durch das Zusammenwirken beiden Einrichtungen desselben Trägers die ganztägige Betreuung, die ihm eine Teilhabe am Arbeitsleben und in der Gesellschaft ermöglicht, so dass sie insgesamt als eine vollstationäre Einrichtung anzusehen sind.

c) Für diese Einschätzung spricht auch die Vereinbarung gemäß § 13 Abs. 4 SGB XI zur Umsetzung des § 43 a SGB XI zwischen dem Land Niedersachsen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Verbänden der gesetzlichen Pflegekasse vom 18. August 1997 (Bl. 76 BA A). Nach § 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung stellen Wohnheim und Werkstatt für Behinderte zusammengenommen eine vollstationäre Einrichtung dar, soweit beide gemeinsam die ganztägige Betreuung sicherstellen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, diese Regelung könne nicht auf die Bestimmung des Charakters einer Einrichtung im Sinne des § 9 Abs. 9 BhV übertragen werden und damit eine Beihilfebestimmung inhaltlich abändern (vgl. auch Bay.VGH, Beschluss vom 1.10.2004, a. a. O., Rn. 20). Diese Vereinbarung zeigt aber, dass andere Kostenträger den Begriff der vollstationären Einrichtung weit auslegen und sogar Einrichtungen unterschiedlicher Träger davon umfasst sehen.

Eine entsprechende Vereinbarung zu § 43 a SGB XI gibt es darüberhinaus auch auf Bundesebene (siehe Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften vom 17. April 2013, S, 323), wonach, sofern die Betreuung durch Kooperation einzelner Träger (z. B.- Wohnheim und Werkstatt für behinderte Menschen) erfolgt, von einem Gesamtheimentgelt auszugehen ist.

Zwar ist die Beihilfefestsetzungsstelle nicht an die Entscheidung der zuständigen Pflegekasse gebunden. Eine solche Bindung folgt insbesondere nicht aus § 28 Abs. 2 SGB XI, wonach Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, die jeweils zustehenden Leistungen zur Hälfte erhalten. Da hier aber § 9 Abs. 9 BhV und § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. im Wesentlichen auf § 43 a SGB XI verweisen bzw. den Wortlaut des § 43 a SGB XI wiedergeben, bieten die Vereinbarungen der Pflegekassen betreffend § 43 a SGB XI zumindest Anhaltspunkte für die Auslegung der entsprechenden Beihilfevorschriften.

2. Voraussetzung für einen Anspruch nach § 43 a SGB XI ist außerdem, dass in der vollstationären Einrichtung für Behindertenhilfe tatsächlich Pflegeleistungen nach § 43 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB XI erbracht werden.

Diese Voraussetzung liegt hier nach Ansicht des Senats vor.

a) Betrachtet man - wie dargelegt - die Wohnstätte und die Werkstatt als einheitliche vollstationäre Einrichtung, werden insgesamt Pflegeleistungen im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB XI erbracht. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte die Kosten für die Aufwendungen für die Unterbringung in der Wohnstätte gemäß § 43 a SGB XI erstattet. Die zur sozialen Betreuung von geistig Behinderten erforderlichen Maßnahmen sind überdies Bestandteil der stationären Pflege (vgl. BSG, Urteil vom 26.4.2001 - B 3 P 11/00 R -, juris Rn. 23). Sieht man Wohnstätte und Werkstatt als eine einheitliche Einrichtung an, ist schon deshalb davon auszugehen, dass Pflegeleistungen anfallen.

b) Eine solche pflegerische und soziale Betreuung findet aber auch in der Behindertenwerkstatt statt (a. A. Bay. VGH, Beschluss vom 1.10.2004, a. a. O., Rn. 21; VG München, Urteil vom 17.7.2001, a. a. O., Rn. 33).

Pflegebedingte Aufwendungen sind alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung (sog. allgemeine Pflegeleistungen, vgl. § 84 Abs. 4 SGB XI). Herr D. ist der Pflegestufe I zugeordnet. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Diese Leistungen werden auch tagsüber in der Behindertenwerkstatt erbracht. Aus dem in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Entwicklungsbericht für Herr D. vom 25. April 2012 (Bl. 24 ff. BA A) ergibt sich, dass bei ihm im Arbeitsalltag auf gesundheitliche Beeinträchtigungen geachtet werden müsse und regelmäßig Beratung nötig sei; Herr D. müsse bei der Haut- und Körperpflege eng begleitet werden.

In der Behindertenwerkstatt werden auch soziale Aufwendungen erbracht. Mit der sozialen Betreuung soll den besonderen Bedürfnissen von Pflegebedürftigen Rechnung getragen werden, die ihren Lebensmittelpunkt in Pflegeeinrichtungen haben. Sie trägt damit im Interesse einer ganzheitlichen Pflege dazu bei, dass der Pflegebedürftige soweit wie möglich ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben innerhalb und außerhalb einer Einrichtung führen kann, indem Vereinsamung, Apathie, Depression sowie Immobilität vorgebeugt und die bestehende Pflegebedürftigkeit nicht verschlimmert, sondern gemindert wird. Demzufolge bezieht sich die soziale Betreuung auf die Dienstleistungen, die ansonsten typischerweise durch die Familie oder sonst nahe stehende Personen wahrgenommen werden und die nun die Einrichtung an deren Stelle wahrzunehmen hat (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 13.12.2005 - 4 B 886/04 -, juris Rn. 32).Die Werkstatt für behinderte Menschen ist gemäß § 136 Abs. 1 SGB IX eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Zweifelsohne steht dieses Ziel im Vordergrund. Gleichwohl werden auch in der Behindertenwerkstatt soziale Aufwendungen in dem oben dargelegten Sinne erbracht. Nach dem genannten Entwicklungsbericht vom 25. April 2012 sind bei Herrn D. Unterstützung und umfangreiche Hilfe bei sozialen Beziehungen und Übungen zum Stressabbau nötig. Seine emotionale Verfassung sei instabil. Er benötige Halt und Sicherheit. Zu starke emotionale Ausbrücke hätten vermieden werden können, indem rechtzeitig ein verbindliches Gespräch stattgefunden habe und Festlegungen getroffen worden seien. Er müsse eng betreut werden, damit er nicht in die „üblichen Phrasen verfalle“.

c) Der Beihilfefähigkeit steht nicht entgegen, dass insbesondere die pflegerischen Aufwendungen in der Behindertenwerkstatt nicht überwiegend erbracht werden. Denn in Einrichtungen der Behindertenhilfe der hier vorliegenden Art stehen die berufliche und soziale Eingliederung und nicht die pflegerischen Aufwendungen im Vordergrund. Diesem Umstand trägt § 43 a SGB XI - wie oben dargelegt - aber gerade Rechnung. Denn gemäß § 43 a SGB XI wird bei solchen (vollstationären) Einrichtungen zur Abgeltung dieser Aufwendungen eben nicht das volle Heimentgelt, sondern nur eine Pauschale von 10 Prozent, höchstens 256 ,-- EUR, übernommen.

3. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, trotz der gleichen Trägerschaft sei in den Blick zu nehmen, dass die Werkstatt und die Wohnstätte unterschiedliche Aufgaben wahrnähmen, vermag nicht zu überzeugen. Sowohl das Wohnheim als auch die Werkstatt der Lammstätten-Werkstätten dienen der Behindertenhilfe. In ihnen werden vorrangig Leistungen zur Eingliederung von Behinderten in Gesellschaft und Beruf erbracht (vgl. §§ 53, 54 SGB XII, 136 SGB IX; vgl. auch BSG, Urteil vom 26.4.2001, a. a. O., Rn. 22). Sowohl bei der Behindertenwerkstatt als auch bei der Wohnstätte handelt es sich nicht um Pflegeheime im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI, sondern um stationäre Einrichtungen nach § 71 Abs. 4 SGB XI: Bei der Wohnstätte steht die soziale Eingliederung des Behinderten im Vordergrund, bei der Behindertenwerkstatt die berufliche Eingliederung.

4. An dieser Einschätzung ändert im vorliegenden Fall auch der Hinweis Nr. 6 der „Hinweise des BMI" zu § 9 Abs. 2 BhV (Rundschreiben des BMI vom 21.3.1995, GMBl. 1995 S. 342), wonach die Beschäftigung und Betreuung z. B. in einer Werkstatt für Behinderte keine Pflege im Sinne des § 9 BhV sind und Werkstattgebühren und Versicherungsbeiträge für den Behinderten deshalb nicht beihilfefähig sind nichts. Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei um einen Leistungsausschluss handelt, der schon deshalb unbeachtlich wäre, da es hierzu einer gesetzlichen Grundlage bedürfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.3.2008 - BVerwG 2 C 19.06 -, juris Rn. 14). Denn jedenfalls sind diese Hinweise für die Gerichte nicht verbindlich, weil es sich hierbei nicht um allgemeine Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 200 BBG a. F. handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1988 - BVerwG 2 C 39.87 -, juris Rn. 17). Sie dienen lediglich der Konkretisierung der Beihilfevorschriften, die ihrerseits nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts entsprachen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - BVerwG 2 C 35.04 -, juris Rn. 23), der Klärung von Zweifelsfällen im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung bzw. der Lenkung der Ausübung etwa vorhandener Ermessens- oder Beurteilungsspielräume. Sie können Gerichten zwar einen Anhalt bieten, wenn die Auslegung der Beihilfevorschriften zweifelhaft ist (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 8.10.1998 - 3 B 96.1119 -, juris Rn. 34). Dies ist hier aber nicht der Fall. Denn der Hinweis Nr. 6 zu § 9 Abs. 2 BhV gehört bereits systematisch nicht zu der Vorschrift des § 9 Abs. 2 BhV über die Merkmale der Pflegebedürftigkeit, sondern er gehört zu den Bestimmungen der Absätze 3 und 7 über die beihilfefähigen Pflegemaßnahmen (so VG Regensburg, Urteil vom 15.12.1999, a. a. O., Rn. 29). Er trägt zudem dem Anliegen des § 43 a SGB XI und des § 9 Abs. 9 BhV nicht Rechnung. Dort geht es nicht darum, ob die Betreuung in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe, die vorrangig der beruflichen und sozialen Eingliederung dient, „Pflege ist“, d. h. als Pflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung oder als häusliche Pflege zu bewerten ist. Vielmehr sind - wie bereits oben ausgeführt - der Gesetzgeber des § 43 a SGB XI und ihm folgend das Bundesministerium des Innern mit der Schaffung des § 9 Abs. 9 BhV und der niedersächsische Gesetzgeber in § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. gerade davon ausgegangen, dass die vollstationäre Betreuung eines Pflegebedürftigen in einer Einrichtung der Behindertenhilfe erfahrungsgemäß auch ein gewisses Maß an Pflege erforderlich macht, so dass hierfür ein Pauschbetrag von 10 Prozent des mit der Einrichtung vereinbarten Entgelts, höchstens 256,-- EUR, von der Pflegekasse und der Beihilfebehörde zu gleichen Teilen abgegolten wird (vgl. ebenso VG Regensburg, Urteil vom 15.12.1999, a. a. O., Rn. 29).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, ZPO.

Die Revision ist nicht gemäß § 127 Nr. 1 BRRG zuzulassen, weil der Senat nicht von dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Oktober 2004 (a. a. O.) abweicht. In jenem Fall ging es um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Werkstattkosten bei verschiedener Trägerschaft der Pflege- und der Werkstatteinrichtung, während im vorliegenden Fall für Wohnheim und Werkstatt eine gemeinsame Trägerschaft besteht.

Die Revision ist aber gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die Rechtsfrage, ob eine Werkstatt für behinderte Menschen und eine Wohnstätte bei gleicher Trägerschaft zusammen als eine vollstationäre Einrichtung nach § 9 Abs. 9 BhV bzw. § 34 Abs. 9 NBhVO a. F. zu betrachten sind, bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, weil andere Beihilfevorschriften ähnliche Regelungen mit Verweis auf § 43 a SGB XI enthalten (vgl. z. B. § 39 Abs. 4 BBhV) und weil es sich bei der vorliegende Fallkonstellation nicht um einen Einzelfall handeln dürfte.