Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.02.2015, Az.: 4 LA 245/13

Auswahl; Bestandskraft; Beugemittel; Einwendung; Erforderlichkeit; Geeignetheit; Grundverfügung; Rechtmäßigkeit; Veränderung der Sach- und Rechtslage; Verwaltungsvollstreckung; Zwangsgeld; Zwangsmittel; Zwangsmittelandrohung; Zwangsvollstreckung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.02.2015
Aktenzeichen
4 LA 245/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45225
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 06.09.2013 - AZ: 6 A 171/11

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Materielle Einwendungen eines Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit einer Grundverfügung sind im Verwaltungsvollstreckungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich.

2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist allenfalls dann in Erwägung zu ziehen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nach dem Eintritt der Bestandskraft der Grundverfügung in der Weise verändert hat, dass die Verfügung sich nunmehr als rechtswidrig erweist.

3. Die Auswahl des zur Durchsetzung der Grundverfügung geeigneten und erforderlichen ersten Zwangsmittels erfolgt bereits auf der Stufe der Zwangsmittelandrohung.

4. Erlangt die Androhung eines bestimmten Zwangsmittels Bestandskraft, kann der Festsetzung dieses Zwangsmittels mithin nicht mehr entgegengehalten werden, dass dieses Zwangsmittel nicht geeignet oder erforderlich sei.

5. Da das Zwangsgeld ein Beugemittel ist, das auf dem Willen des Pflichtigen einwirken soll, darf es bei Gebotsverfügungen nicht eingesetzt werden, wenn die Vornahme der Handlung aus Gründen unterbleibt, die vom Willen des Pflichtigen unabhängig sind.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichterin der 6. Kammer - vom 6. September 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 4.357,63 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen, hat keinen Erfolg. Denn die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) und ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.

Entgegen der Darstellung des Klägers ist der behauptete Gehörsverstoß nicht erfolgt.

Der Kläger hat zur Begründung seines Zulassungsantrags ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung alle Hinweise darauf, dass er sich auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen könne, außer Acht gelassen. Die Vorinstanz habe sich, obwohl er nicht nur Jagdausübungsberechtigter, sondern auch Eigentümer des Eigenjagdbezirks sei, mit dem Grundrechtsschutz, den er für sich in Anspruch nehme, überhaupt nicht beschäftigt, sondern lediglich Ausführungen zur Rechtsprechung des EGMR zur Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften gemacht. Dieser vom Kläger behauptete Gehörsverstoß liegt indessen nicht vor.

Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Als Prozessgrundrecht soll es sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags eines Beteiligten haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.6.1985 - 1 BvR 933/84 -, BVerfGE 90, 215, 218; BVerwG, Beschl. v. 25.9.1998 - 3 B 113.98 - m.w.N.; Senatsbeschl. v. 25.11.2009 - 4 LA 221/09 -). Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht seinen diesbezüglichen Verpflichtungen nachkommt, ist eine Versagung rechtlichen Gehörs aber nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände des Einzelfalls deutlich machen, dass dies wider Erwarten nicht geschehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.9.1978 - 1 BvR 426/77 -, BVerfGE 47, 182, 187 [BVerfG 01.02.1978 - 1 BvR 411/75]; Senatsbeschl. v. 25.11.2009 - 4 LA 221/09 -). Derartige Umstände liegen hier nicht vor.

Der Kläger hat bei seinen schriftsätzlichen Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend gemacht, dass der angefochtene Bescheid wegen Verletzung seines Rechts aus Art. 14 Abs. 1 GG zu beanstanden sei. An keiner Stelle seiner schriftlichen Ausführungen hat er sich auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen. Der Kläger hat ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 9. September 2013 lediglich in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er „die von ihm schriftsätzlich in dem Verfahren 6 A 124/12 zur Frage der europarechtlichen sowie der verfassungsrechtlichen Würdigung vorgetragenen Argumente zum Gegenstand aller heute verhandelten Verfahren“ - also auch des vorliegenden Verfahrens - mache. In dem Verfahren 6 A 124/12 hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 4. September 2012 vorgetragen, dass der Abschussplan und seine Erzwingung gegen Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. der EU-Menschenrechtskonvention verstoße. Unter der Zwischenüberschrift “4. Eingriff in Art. 14 GG i.V.m. Art. 14 Art. der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 1 Protokoll Nr. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention - Neueste Rechtsprechung des EuGH“ hatte er dazu ausgeführt, dass die Abschussplanung ohne Beachtung seiner Planwünsche der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte widerspreche. In der Entscheidung zum System deutscher Jagdgenossenschaften (Herrmann ./. BRD, Urt. v. 26.06.2012, Az. 9300/07) habe der EGMR festgestellt, dass der Eigentümer imstande sein müsse, auf seinen Flächen die Jagdausübung vollständig zu verbieten. Die zwangsweise Bejagung widerspreche Art. 14 der EU-Menschenrechtskonvention i.V.m. Art. 1 des Protokolls Nr. 1 zur EU-Menschenrechtskonvention.

Auf diesen Einwand des Klägers ist das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils unter Auseinandersetzung mit dem vom Kläger angeführten Urteil des EGMR jedoch ausführlich eingegangen. Daraus ergibt sich, dass die Vorinstanz das o. g. Vorbringen des Klägers sowohl zur Kenntnis genommen als auch bei ihrer Entscheidung in Erwägung gezogen hat. Dass sie Art. 14 Abs. 1 GG nicht ausdrücklich angesprochen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren keine eigenständige Verletzung seines Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG geltend gemacht, sondern sich auf Art. 14 GG nur im Zusammenhang mit der EU-Menschenrechtskonvention berufen hat. Abgesehen davon begründet der Umstand, dass das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils Art. 14 Abs. 1 GG nicht erwähnt hat, auch keineswegs die Schlussfolgerung, dass besondere Umstände des Einzelfalls deutlich machten, dass die Ausführungen des Klägers von der Vorinstanz nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden seien.

Dem Kläger ist es auch nicht gelungen, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, mit dem das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 20. Juli 2011 abgewiesen hat, durch den sowohl ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- EUR wegen der Nichterfüllung der in der Verfügung vom 5. Mai 2011 enthaltenen Anordnung, sechs Schmaltiere bis spätestens zum 31. Mai 2011 zu erlegen und das erlegte Wild unverzüglich danach vorzuzeigen, als auch Gebühren und Auslagen in Höhe von 357,63 EUR festgesetzt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- EUR für den Fall angedroht worden ist, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 1. bis zum 31. August 2011 die abzuschießenden Schmaltiere nicht erlegt und unverzüglich danach vorzeigt.

Der Kläger hat zunächst beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit des durch die Verfügung vom 5. Mai 2011 festgesetzten Abschussplans für Rotwild bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides zu Unrecht nicht berücksichtigt hat. Er habe in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass hier ein Sonderfall vorliege, in dem die Rechtswidrigkeit des Grundverwaltungsakts im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu würdigen sei. So werde von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung akzeptiert, dass die Bestandskraft von Grundverwaltungsakten, die erst nach dem Ablauf der Rechtsbehelfsfrist rechtswidrig werden, im Verwaltungsvollstreckungsverfahren keine Rolle spielen dürfe, wenn dadurch eine Rechtsschutzlücke auftreten würde. Insoweit werde der Rechtsgedanke des § 767 Abs. 2 ZPO herangezogen und in dieser Sonderkonstellation auch die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts im Rahmen der Zwangsvollstreckung überprüft. Nichts anderes könne gelten, wenn sich die Rechtswidrigkeit eines Grundverwaltungsakts erst durch ein rechtskräftiges Urteil im ordentlichen Rechtsweg ergebe. In beiden Fällen müssten Behörde und der Adressat des Verwaltungsakts zunächst davon ausgehen, dass der Grundverwaltungsakt rechtmäßig erlassen worden sei. Werde dieser nach dem Ablauf der Rechtsbehelfsfrist rechtwidrig oder stelle sich die Rechtswidrigkeit erst durch eine Klage im ordentlichen Rechtszug heraus, so sei die Situation abermals vergleichbar. In beiden Fällen könne der Adressat des Grundverwaltungsakts dessen Rechtswidrigkeit erst dann mit hinreichender Substanz rügen, wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen sei. So liege auch sein Fall. Erst mit dem Urteil des Amtsgerichts B. vom 17. Oktober 2012 sei festgestellt worden, dass seine Ausschließung aus der Hegegemeinschaft C., die ihm im Februar 2011 vom Vorstand der Hegegemeinschaft mitgeteilt worden sei, unwirksam gewesen sei. Erst aufgrund der geänderten Sach- bzw. Rechtslage durch dieses Urteil sei es ihm möglich und zumutbar gewesen, mit Erfolg auf seinen fehlenden Ausschluss aus der Hegegemeinschaft und damit auf seine mangelnde Adressatenfähigkeit beim Abschussplan und im Vollstreckungsverfahren zu verweisen. Dies wäre zuvor im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überhaupt nicht möglich gewesen, da insoweit keine Nachprüfungskompetenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit bestanden habe. Somit würde eine Rechtsschutzlücke entstehen, wenn es ihm versagt bliebe, sich im Vollstreckungsverfahren auf die Rechtswidrigkeit des Grundverwaltungsakts zu berufen, die sich erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist durch ein Gericht eines anderen Rechtswegs herausgestellt habe.

Diese Einwände des Klägers sind indessen nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen.

Rechtsgrundlage für die angefochtene Zwangsgeldfestsetzung und Androhung eines weiteren Zwangsgeldes sind die §§ 64 ff. Nds. SOG. Nach § 64 Abs. 1 Nds. SOG kann ein Verwaltungsakt, der - wie der Bescheid über die Festsetzung der Abschusspläne vom 5. Mai 2011 - auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er - wie im vorliegenden Fall  - unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Demnach ist die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung anders als deren Wirksamkeit und Unanfechtbarkeit bzw. sofortige Vollziehbarkeit grundsätzlich keine Voraussetzung für die Anwendung von Zwangsmitteln (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.09.2008 - 7 C 5.08 -, NVwZ 2009, 55 [BVerwG 09.10.2008 - BVerwG 9 PKH 2.08; BVerwG 9 A 7.08]; Nds. OVG, Beschl. v. 23.04.2009 - 11 ME 478/08 -; Hess. VGH, Urt. v. 29.11.2013 - 6 A 2210/12 -). Tragender Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts ist vielmehr, dass die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorangehender Verwaltungsakte Bedingung für die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Akte und letztlich der Anwendung der Zwangsmittel ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.1984 - 4 C 31/81 -, NJW 1984, 2591). Folglich sind auch materielle Einwendungen eines Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung für die Verwaltungsvollstreckung grundsätzlich unbeachtlich (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 29.11.2013 - 6 A 2210/12 -). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist allenfalls dann in Erwägung zu ziehen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nach dem Eintritt der Bestandskraft der Grundverfügung in der Weise verändert hat, dass die Verfügung sich nunmehr als rechtswidrig erweist (vgl. zu einer solchen Änderung der Sachlage: BVerwG, Urt. v. 19.01.1977 - IV C 31.75 -, DÖV 1977, 335).

Ob eine derartige Ausnahme zu Recht besteht, kann hier indessen dahinstehen. Denn selbst wenn man eine solche Ausnahme von dem Grundsatz, dass materielle Einwendungen eines Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung für die Verwaltungsvollstreckung unbeachtlich sind, bejaht, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Das Amtsgericht B. hat zwar durch Urteil vom 17. Oktober 2012, das nach der Rücknahme der dagegen eingelegten Berufung rechtskräftig geworden ist, festgestellt, dass der Kläger weder durch den Vorstandsbeschluss vom 16. Februar 2011 noch den Beschluss der Mitgliederversammlung vom November 2011 aus der Hegegemeinschaft C. ausgeschlossen worden ist. Durch diese Feststellung ist jedoch keine Änderung der Rechtslage eingetreten, da sie keine Rechtsänderung bewirkt hat; die materielle Rechtslage ist vielmehr unverändert geblieben. Durch das amtsgerichtliche Urteil hat sich auch die Sachlage nicht in der Weise verändert, dass die Grundverfügung rechtswidrig geworden ist. Die Feststellung des Amtsgerichts B., dass der Kläger durch die o. a. Beschlüsse nicht aus der Hegegemeinschaft C. ausgeschlossen worden ist, mag zwar eine Änderung der Sachlage darstellen. Diese hat aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die Festsetzung eines Abschussplans gegenüber einem einzelnen Jagdausübungsberechtigten für dessen Jagdbezirk unzulässig ist, wenn diese Person Mitglied einer Hegegemeinschaft im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 NJagdG ist (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 17.9.2012 - 4 ME 215/12 -), nicht zur nachträglichen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5. Mai 2011 geführt, weil der Kläger nicht erst seit der Verkündung oder der Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils Mitglied der Hegegemeinschaft ist, sondern auch schon vorher Mitglied der Hegegemeinschaft gewesen ist.

Aber selbst wenn dies anders wäre und sich die Sach- oder Rechtslage mit dem Erlass des amtsgerichtlichen Urteils nach dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 5. Mai 2011 so verändert hätte, dass sich die Grundverfügung nunmehr als rechtswidrig erweist, hätte der Zulassungsantrag des Klägers keinen Erfolg. Denn der Kläger hat sich in seinem Zulassungsantrag mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts der der letzten Behördenentscheidung ist, nicht auseinandergesetzt und insbesondere nicht konkret dargelegt, dass die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung ernstlich zu bezweifeln ist. Ist aber der Zeitpunkt der Festsetzung des Zwangsgeldes und der Androhung eines weiteren Zwangsgeldes für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts maßgeblich, könnten Änderungen der Sach- oder Rechtslage, die zur Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Grundverfügung führen, allenfalls dann Berücksichtigung finden, wenn sie vor der Festsetzung des Zwangsgeldes und der Androhung eines weiteren Zwangsgeldes eingetreten sind. Dagegen müssten spätere Änderungen wie die hier behauptete Änderung der Sach- oder Rechtslage aufgrund des amtsgerichtlichen Urteils unberücksichtigt bleiben. Folglich könnte die Berufung mangels ausreichender Darlegung auch dann nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage mit dem amtsgerichtlichen Urteil so verändert hätte, dass die Grundverfügung rechtswidrig geworden ist.

Der Kläger hat mit seiner weiteren Rüge, dass die festgesetzten und angedrohten Zwangsgelder ungeeignet gewesen seien, weil der Erfolg der Jagdausübung nicht ausschließlich von seinem Willen abhängig sei und er „mehrfach unwidersprochen vorgetragen“ habe, „dass er und seine Jagdfreunde im Laufe des Jagdjahres über 245 jagdliche Einsätze durchgeführt“ hätten, ohne die geforderten Abschüsse bewerkstelligen zu können, ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils dargelegt.

Der Kläger übersieht schon, dass dieser Einwand in Bezug auf die Zwangsgeldfestsetzung im angefochtenen Bescheid unbeachtlich ist, da das Zwangsgeld durch den Bescheid vom 5. Mai 2011 bestandskräftig angedroht worden ist und daher der Einwand, das Zwangsmittel sei ungeeignet, nicht mehr mit Erfolg erhoben werden kann. Nach § 65 Abs. 1 Nds. SOG sind die Ersatzvornahme, das Zwangsgeld und der unmittelbare Zwang Zwangsmittel. Diese Zwangsmittel sind nach Maßgabe der §§ 70 und 74 Nds. SOG anzudrohen (§ 65 Abs. 2 Nds. SOG). Nach § 70 Abs. 3 Nds. SOG muss sich die Androhung auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen; werden mehrere Zwangsmittel angedroht, so ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollen. Demnach erfolgt die Auswahl des zur Durchsetzung der Grundverfügung geeigneten und erforderlichen ersten Zwangsmittels bereits auf der Stufe der Zwangsmittelandrohung. Denn diese regelt den Einsatz eines bestimmten Zwangsmittels, trifft die Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Zwangsmitteln und enthält auch die Entscheidung, dass das ausgewählte Zwangsmittel eingesetzt werden darf, wenn der Adressat der Verfügung dem Handlungsgebot nicht nachkommt (vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl., S. 114 Rn. 11). Erlangt die Androhung eines bestimmten Zwangsmittels - wie im vorliegenden Fall - Bestandskraft, kann der Festsetzung dieses Zwangsmittels mithin nicht mehr entgegen gehalten werden, dass das Zwangsmittel nicht geeignet sei. Folglich ist der Einwand der mangelnden Eignung des Zwangsgeldes zur Verwaltungsvollstreckung unbeachtlich, soweit dieser sich gegen die Zwangsgeldfestsetzung im Bescheid vom 20. Juli 2011 richtet.

Soweit in dem angefochtenen Bescheid ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- EUR angedroht worden ist, kann der Einwand der fehlenden Geeignetheit dieses Zwangsgeldes zwar geltend gemacht werden. Der Kläger hat aber nicht hinreichend dargelegt, dass insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen. Der Beklagte hat dem Kläger durch den angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 2011 ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- EUR für den Fall angedroht, dass die Schmaltiere, die nach dem bestandskräftigen Bescheid vom 5. Mai 2011 zu erlegen waren, in der Zeit vom 1. bis 31. August 2011 nicht erlegt und unverzüglich danach vorgezeigt werden. Der Kläger hätte mithin zur Begründung seines Einwandes, dass die Androhung des weiteren Zwangsgeldes zur Durchsetzung des Handlungsgebots ungeeignet gewesen sei, substantiiert darlegen müssen, dass schon bei der Androhung des Zwangsgeldes festgestanden habe, dass es ihm nicht möglich sein würde, die fünf Schmaltiere, die noch zu erlegen waren, - ein Schmaltier war bereits im Mai 2011 geschossen worden - im August 2011 zu erlegen und unverzüglich danach vorzuzeigen. Substantiierte Ausführungen dazu lässt der Zulassungsantrag indessen vermissen. Der Hinweis allein, dass der Erfolg der Jagdausübung nicht ausschließlich von seinem Willen abhängig sei, ist insoweit zweifelsohne unzureichend. Nichts anderes gilt für den pauschalen Vortrag des Klägers, er habe mehrfach unwidersprochen vorgetragen, dass er und seine Jagdfreunde im Laufe des Jagdjahres über 245 jagdliche Einsätze durchgeführt hätten, ohne die geforderten Abschüsse bewerkstelligen zu können, zumal dieser Vortrag sich weder konkret auf den hier relevanten Zeitraum, sondern allgemein auf das Jagdjahr, noch konkret auf den Abschuss von fünf Schmaltieren bezieht, was erforderlich gewesen wäre.

Der Kläger kann der Zwangsgeldandrohung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Erzwingung einer Handlung durch ein Zwangsgeld nur dann in Betracht komme, wenn diese ausschließlich vom Willen des Pflichtigen abhänge, was hier nicht der Fall sei, weil von ihm der Abschuss der Tiere verlangt worden sei. Zwar bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 1 VwVG, dass der Pflichtige zur Vornahme einer Handlung durch ein Zwangsgeld angehalten werden kann, wenn eine Handlung durch einen anderen nicht vorgenommen werden kann und sie nur vom Willen des Pflichtigen abhängig ist. Diese Bestimmung regelt aber nur den Fall einer nicht vertretbaren Handlung. Für die Verhängung eines Zwangsgeldes bei einer vertretbaren Handlung - wie der hier in Rede stehenden - normiert § 11 Abs. 1 Satz 2 VwVG eine Voraussetzung wie die letztgenannte jedoch nicht. Entsprechendes gilt für die §§ 67 und 64 Nds. SOG, die im vorliegenden Fall maßgebend sind. Da das Zwangsgeld ein Beugemittel ist, das auf den Willen des Pflichtigen einwirken soll (Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl., S. 117 Rn. 29), darf es bei Gebotsverfügungen allerdings nicht eingesetzt werden, wenn die Vornahme der Handlung aus Umständen unterbleibt, die vom Willen des Pflichtigen unabhängig sind (Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Aufl., S. 117 Rn. 33 m.w.N.). Dass diese Voraussetzung hier erfüllt gewesen ist, hat der Kläger indessen nicht hinreichend dargelegt. Denn dazu hätte er konkret dartun müssen, dass schon bei der Zwangsgeldandrohung davon auszugehen war, dass ihm der Abschuss der fünf Schmaltiere in dem hier relevanten Zeitraum nicht möglich sein würde, weil derartige Tiere in seinem Jagdbezirk überhaupt nicht anzutreffen oder nicht zu erlegen sind. Konkrete Darlegungen dazu lässt der Zulassungsantrag des Klägers indessen vermissen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils hat der Kläger gleichfalls nicht mit dem Einwand dargelegt, das Verwaltungsgericht habe rechtsirrtümlich die Festsetzung des Zwangsgeldes für erforderlich gehalten, was jedoch nicht der Fall sei, da die Zwangsgeldfestsetzung nicht das mildestmögliche Mittel sei, um den Rotwildabschuss zu erzwingen; hier wäre es unproblematisch möglich gewesen, andere deutlich mildere Formen der Zwangsmittel zu wählen, z. B. das Überjagen mit Hunden als eine reduzierte Form der Ersatzvornahme oder die Aufhebung der Schonzeiten im Bereich der Hegegemeinschaft C.. Der Kläger übersieht auch bei diesem Einwand, dass die Entscheidung darüber, welches der Zwangsmittel des § 65 Abs. 1 Nds. SOG das mildeste Mittel darstellt, bereits bei der Androhung des Zwangsmittels, die sich nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nds. SOG auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen muss, zu erfolgen hat, da nur das angedrohte Zwangsmittel zur Durchsetzung des Grundverwaltungsakts festgesetzt werden darf. Da der Beklagte von den nach § 65 Abs. 1 Nds. SOG in Betracht kommenden Zwangsmitteln das des Zwangsgeldes angedroht hat und diese Androhung bestandskräftig geworden ist, kann der Kläger folglich nicht mehr mit Erfolg geltend machen, das festgesetzte Zwangsmittel sei nicht das mildeste Mittel und somit nicht erforderlich. Entsprechendes gilt für den weiteren Einwand des Klägers, das festgesetzte Zwangsgeld verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

Abgesehen davon kann die Festsetzung eines Zwangsgeldes ohnehin nicht durch die Anordnung des Überjagens mit Hunden, bei der es sich nach Ansicht der Klägers um eine reduzierte Form der Ersatzvornahme handeln soll, ersetzt werden, da der Abschuss der Schmaltiere, der durch die Festsetzung des Zwangsgelds erreicht werden soll, durch das Überjagen mit Hunden allein nicht zu erreichen ist; vielmehr hätte neben dem Überjagen mit Hunden auf Kosten des Klägers auch der anschließende Abschuss der Tiere im Wege der Ersatzvornahme auf Kosten des Klägers angeordnet werden müssen, um den bestandskräftigen Abschussplan durchzusetzen. Dass derartige Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen für den Kläger ein milderes Mittel als die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 2.000,- EUR gewesen wären, ist aber nicht anzunehmen. Dass der Kläger selbst die Zwangsgeldfestsetzung als belastender empfindet, ändert daran nichts, weil die Beurteilung, welches Zwangsmittel das Mildere ist, grundsätzlich von objektiven Kriterien und nicht dem subjektiven Empfinden des Betroffenen abhängig ist.

Da die Festsetzung des Zwangsgeldes der Durchsetzung der bestandskräftigen Abschussanordnung dient, kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, dass der Beklagte den Abschussplan ohne Rücksicht darauf, dass die Abschusszahlen für den Bereich der Hegegemeinschaft erzielt worden seien, vollstreckt habe. Denn der Beklagte konnte allein aufgrund des Umstandes, dass der Kläger der Abschussanordnung nicht innerhalb des gesetzten zeitlichen Rahmens vollständig nachgekommen ist, das ihm für diesen Fall angedrohte Zwangsgeld festsetzen und ein weiteres Zwangsgeld zur Durchsetzung des Anordnung androhen.

Schließlich ergeben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils auch nicht aus der Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe ganz offensichtlich verkannt, dass sowohl aus dem von ihm geltend gemachten grundgesetzlichen Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG als auch aus dem gemeinschaftsrechtlichen Eigentumsschutz gemäß Art. 1 Abs. 1 des Zusatzprotokolls der EU-Menschenrechtskonvention abgeleitet werden könne, dass besonders rigide Vollstreckungsmaßnahmen im besonderen Maße auf ihre Verhältnismäßigkeit geprüft werden müssten und daher sein Interesse an der Integrität seines Eigentums in ein Abwägungsverhältnis zum Interesse des Beklagten an der Vollstreckung des Abschussplanes gesetzt werden müsse. Nehme man diese Interessenabwägung vor, sei leicht zu erkennen, dass der Beklagte keinerlei Notwendigkeit gesehen habe, dass eine bestimmte Anzahl Rotwild unbedingt innerhalb der Grenzen seines Eigenjagdbezirks erlegt wird. Vielmehr sei es ihm darauf angekommen, dass überhaupt eine ausreichende Anzahl Rotwild im Landkreis und damit im Rahmen des Bewirtschaftungsbezirks Eschede erlegt werde. Dieses Ziel hätte der Beklagte ohne weiteres erreichen können, wenn er durch einen ganz einfachen jagdrechtlichen Eingriff, nämlich das Überjagen von Hunden, die angeblich massenhaften Rotwildkonzentrationen in seinem Jagdbezirk aufgelöst hätte. Denn dieser Einwand des Klägers richtet sich letztlich gegen die Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Grundverfügung vom 5. Mai 2011, deren Rechtmäßigkeit indessen keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelfestsetzung und -androhung ist. Soweit der Einwand darüber hinaus die Zwangsgeldfestsetzung betrifft und deren Verhältnismäßigkeit mit der Begründung in Frage stellt, dass die angeblich massenhafte Rotwildkonzentration in seinem Jagdbezirk durch einen ganz einfachen jagdrechtlichen Eingriff, nämlich das Überjagen von Hunden, hätte aufgelöst werden können, ist er ebenfalls nicht begründet, da der Beklagte bereits im Zusammenhang mit der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 5. Mai 2011 bestandskräftig über die Auswahl der in Betracht kommenden Zwangsmittel entschieden hat. Abgesehen davon greift der Einwand aber auch deshalb nicht durch, weil die Zwangsgeldfestsetzung der Durchsetzung des bestandskräftigen Abschlussplans und nicht einer Auflösung einer massenhaften Rotwildkonzentration gedient hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.