Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.03.2021, Az.: 2 Sa 338/20
Unwirksame Befristung bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats; "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung" bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 17.03.2021
- Aktenzeichen
- 2 Sa 338/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 19626
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2021:0317.2Sa338.20.00
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 01.06.2022 - AZ: 7 AZR 232/21
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG
- § 17 S. 1 TzBfG
- § 63 NPersVG
- § 68 Abs. 2 S. 1 NPersVG
Fundstellen
- FA 2021, 177
- öAT 2021, 150
Amtlicher Leitsatz
Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrates gemäß §§ 65 Abs. 2 Nr. 4, 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG die Befristung unwirksam. Die übrigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen bleiben unberührt.
Redaktioneller Leitsatz
Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats aus § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPerVG dient dem Schutz des Arbeitnehmers und soll seinen Interessen an einer dauerhaften Bindung Rechnung tragen. Deshalb sind die Grundsätze der "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung" anzuwenden, die das Bundesarbeitsgericht für Fälle der Verletzung von Mitbestimmungsrechten entwickelt hat. Danach ist eine vereinbarte Befristung unwirksam, wenn sie ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats erfolgt ist.
Tenor:
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 25. Februar 2020 - 2 Sa 338/20 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.439,77 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrages.
Die am 2. Juli 1971 geborene Klägerin ist seit dem 19. Oktober 2015 bei dem beklagten Land an der Universität C-Stadt als Lehrkraft für besondere Aufgaben iSv. § 32 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) beschäftigt. Sie lehrte dort im Fach Philosophie. An der Universität C-Stadt ist ein Personalrat gebildet.
Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag vom 14. Oktober 2015 für den Zeitraum vom 19. Oktober 2015 bis zum 30. September 2016 zugrunde (Bl. 6 f. d. A.). Unter dem 21. September 2016 schlossen die Parteien einen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2019 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 8 f. d. A.). Als Befristungsgrund war in dem Arbeitsvertrag § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG angegeben.
In der Zeit vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2017 arbeitete die Klägerin in Teilzeit mit 75 % einer Vollzeitstelle, ab dem 1. Oktober 2017 arbeitete sie in Teilzeit mit 50 % einer Vollzeitstelle. Sie erziele zuletzt eine durchschnittliche monatliche Bruttovergütung in Höhe von 2.146,59 Euro (Entgeltgruppe 13 TV-L).
Im Rahmen ihrer Tätigkeit lehrte die Klägerin neben kulturwissenschaftlichen Veranstaltungen insbesondere auch die sozialwissenschaftlichen Veranstaltungen der Module SW 4 Einführung in die Philosophie und SW 5.3 Grundlagen und Perspektiven der praktischen Philosophie.
Mit ihrer am 19. August 2019 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingegangenen Klage wehrt sich die Klägerin gegen die Befristung ihres Arbeitsvertrages. Sie hat die Auffassung vertreten, der Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG liege nicht vor. Ein nur vorübergehender Bedarf für ihre Tätigkeit habe nicht bestanden. Ihr seien vielmehr Daueraufgaben der Lehre in einem bestimmten wissenschaftlichen Bereich übertragen worden, die von dem Stammpersonal der Universität C-Stadt mangels ausreichender Personalausstattung nicht hätten erledigt werden können. Sie sei nur im geringen Umfang im Bereich der Sozialwissenschaften in den Modulen SW 4.1 und SW 5.3 tätig gewesen. Innerhalb ihrer drei Beschäftigungsjahre habe sie nur drei dieser Module gelehrt, wobei jede Lehrveranstaltung lediglich einen Umfang von zwei Wochenstunden gehabt habe. Der Tätigkeitsumfang von zuletzt 50 % einer Vollzeitstelle entspreche einer Lehrverpflichtung für 9 Lehrveranstaltungen mit 18 Semesterwochenstunden im Jahr. Diese sei durch die von dem beklagten Land aufgeführten Tätigkeiten im Bereich der Sozialwissenschaften nicht abgedeckt.
Die Klägerin hat die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates bei der Befristung des Arbeitsvertrages bestritten.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21. September 2016 nicht beendet worden ist.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrages sei gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG wegen des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfes an der Arbeitskraft der Klägerin gerechtfertigt. Zum Wintersemester 2016/2017 sei das Studienfach Philosophie aus der Verankerung der Sozialwissenschaften herausgelöst und Bestandteil des Studienfaches Kulturwissenschaften geworden. Diese Veränderung habe zur Folge gehabt, dass die bisher im Bereich der Sozialwissenschaften gelehrten Module SW 4 und SW 5 nicht mehr Inhalte des Studienfaches Philosophie enthielten, sondern durch die Module SW 4 Statistik der Sozialwissenschaften sowie SW 5 Entwicklung in der Weltgesellschaft ersetzt worden seien. Um eine Betreuung der Studierenden, die bis einschließlich Wintersemester 2015/2016 im Studienfach Sozialwissenschaften ihr Studium begonnen hätten, sicherzustellen, seien übergangsweise die alten SW-Module parallel angeboten worden. Dies begründe den nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarf für die Klägerin.
Bezüglich der Beteiligung des Personalrates hat das beklagte Land die Zustimmungserteilung des Personalrates vom 15. September 2016 (Bl. 45 d. A.) vorgelegt und erklärt, weitere Unterlagen zur einer Beteiligung des Personalrates lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 14. Januar 2020 hat das Arbeitsgericht Oldenburg der Klage stattgegeben. Die zulässige Klage sei begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe nicht aufgrund der vereinbarten Befristung mit Ablauf des 30. September 2019 sein Ende gefunden. Die Befristung sei wegen des fehlenden Nachweises einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrates unwirksam. Nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG habe der Personalrat bei der Befristung eines Arbeitsvertrages im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis mitzubestimmen. Dies erfordere die hinreichende Unterrichtung des Personalrates über die beabsichtigte Anschlussbefristung. Dieser Unterrichtungspflicht genüge der Arbeitgeber nur, wenn für den Personalrat der Befristungsgrund seiner Art nach hinreichend deutlich werde. Der Sachgrund sei zumindest durch seine typologische Bezeichnung gegenüber dem Personalrat anzugeben, damit gewährleistet sei, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht austauschen könne. Das beklagte Land habe lediglich die Zustimmungserteilung des Personalrates vorgelegt. Ohne konkreten Vortrag zu einem schriftlichen Nachweis der ordnungsgemäßen Unterrichtung könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Mindestanforderungen bei der Beteiligung des Personalrates, wie etwa die Mitteilung des Befristungsgrundes, eingehalten worden seien.
Das Urteil ist dem beklagten Land am 3. März 2020 zugestellt worden. Hiergegen hat das beklagte Land mit einem am 10. März 2020 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 2. Juli 2020 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen Antrag vom 1. April 2020 durch Beschluss vom 2. April 2020 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 6. Juli 2020 verlängert worden war.
Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land sein erstinstanzliches Ziel der Klagabweisung weiter. Das beklagte Land wiederholt und vertieft sein Vorbringen. Das Arbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlerhaft zitiert und übersehen, dass es zu der identischen personalvertretungsrechtlichen Problematik im § 75 Abs. 1 Nr. 3 ThürPersVG (Personalvertretungsgesetz Thüringen) eine einschlägige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Mai 2004 (- 7 AZR 629/03 -) gebe. Das Mitbestimmungsrecht beziehe sich nur auf die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages. Die vom Arbeitsgericht herangezogenen Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 2004 und 18. Juli 2012 bezögen sich auf das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, welches eine andere Regelung beinhalte. Nach dem Niedersächsischen Personalvertretungsrecht komme der Mitbestimmung des Personalrates keine Bedeutung als Wirksamkeitsvoraussetzung für arbeitsrechtliche oder beamtenrechtliche Maßnahmen zu. Der Streit und die unterschiedlichen Interpretationsversuche im Rahmen des Betriebsverfassungsrechtes ließen sich aufgrund der Regelung in
§ 63 NPersVG nicht auf das NPersVG übertragen. Im Übrigen ergebe sich aus der Bestätigung des Personalrates der Universität C-Stadt, dass die notwendige Zustimmung zur Befristung erteilt worden sei.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 25. Februar 2020 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 4. August 2020 (Bl. 151 d. A.).
Wege des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 17. März 2021 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung ist zulässig.
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des beklagten Landes ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und insgesamt zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Die Berufung setzt sich in ausreichender Weise mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinander.
B.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin kann die Feststellung begehren, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21. September 2016 nicht beendet worden ist.
I.
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses in dem Arbeitsvertrag vom 21. September 2016 zum 30. September 2019 gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam.
Die Klägerin hat mit der beim Arbeitsgericht Oldenburg am 19. August 2019 eingegangenen und dem beklagten Land am 26 August 2019 zugestellten Klage rechtzeitig die Rechtsunwirksamkeit der Befristung nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb der dort bestimmten dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG (BAG, 28. September 2016 - 7 AZR 549/14 - Rn. 9).
II.
Die Befristung des Arbeitsvertrages zum 30. September 2019 ist aus personalvertretungsrechtlichen Gründen wegen fehlerhafter Beteiligung des Personalrates nach §§ 63, 65 Abs. 2 Nr. 4, 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG unwirksam.
1.
Gemäß § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG bestimmt der Personalrat bei der Befristung eines Arbeitsvertrages im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis mit.
Gemäß § 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG gilt § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG bei Lehrkräften für besondere Aufgaben auch für die erstmalige Befristung eines Arbeitsvertrages.
In Hinblick darauf, dass sich der Arbeitsvertrag vom 21. September 2016 nahtlos an das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis anschloss, bedurfte die darin vereinbarte Befristung der Mitbestimmung des Personalrates.
2.
Die erforderliche Mitbestimmung des Personalrates liegt nicht vor.
a.
Unterliegt eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats, bedarf sie gemäß § 68 Abs. 1 NPersVG seiner Zustimmung. Der Dienststelle hat den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 NPersVG).
b.
Bei Durchführung der Mitbestimmung zur Befristung hat der Arbeitgeber den Personalrat so zu informieren, dass dieser sein Mitbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Der Arbeitgeber genügt seiner Unterrichtungspflicht, wenn für den Personalrat der Sachgrund für die Befristung seiner Art nach hinreichend deutlich wird. Der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts erfordert keine weitergehende unaufgeforderte Begründung des Sachgrundes durch den Arbeitgeber. Er ist durch die typologisierende Bezeichnung des Befristungsgrundes auf diesen festgelegt. Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen Sachgrund austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat (vgl. BAG, 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 51; BAG, 14. Juni 2017 - 7 AZR 608/15 - Rn. 40).
Zu diesen Angaben ist der Arbeitgeber auch ohne besondere Aufforderung des Personalrats verpflichtet, weil der Personalrat diese Informationen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG benötigt. Dieses Mitbestimmungsrecht dient dem Schutz des Arbeitnehmers und soll dessen Interesse an dauerhaften arbeitsvertraglichen Bindungen Rechnung tragen (vgl. BAG 18. April 2007 - 7 AZR 293/06 - Rn. 21). Der Personalrat soll prüfen können, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Außerdem soll er auch bei Vorliegen einer Rechtfertigung für die Befristung darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung abgesehen kann (vgl. BAG 18. April 2007 - 7 AZR 293/06 - Rn. 21). Nach der Gesetzesbegründung zu § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG sollten gerade die als problematisch angesehenen Kettenbefristungen der Kontrolle des Personalrates unterliegen (LT-Drs. 17/3759, S. 23 ff). Der Personalrat führt in den Fällen des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG eine eigenständige Befristungskontrolle im Sinne einer Mitbeurteilung des von der Dienststelle angegebenen Sachgrundes durch (Fricke/Bender/Dierßen/Otte/Thommes, NPersVG, 6. Aufl. 2018, § 65 Rn. 99).
c.
Das darlegungs- und beweispflichtige beklagte Land hat auch im Rahmen der Berufung nicht dargelegt, dass der Personalrat schriftlich inhaltlich so hinreichend unterrichtet worden ist, dass dieser sein Mitbestimmungsrecht ausüben und insbesondere prüfen konnte, ob die Befristung wirksam ist.
In dem zu den Akten gereichten Schreiben vom 15. September 2016 an den Personalrat hat das beklagte Land neben dem Namen der Klägerin nur angegeben "Weiterbeschäftigung, Aufstockung" (Bl. 45 d. A.). Dem Schreiben ist schon nicht zu entnehmen, dass mit der Klägerin ein (weiterer) befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden sollte.
Das beklagte Land hat keine Befristungsdauer mitgeteilt und keine Angaben zu einem Sachgrund gemacht. Damit war für den Personalrat keine rechtliche Überprüfung möglich.
Die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung wird nicht nur dann unterlassen, wenn die Dienststelle den Personalrat gar nicht, sondern auch nicht vollständig im Hinblick auf alle Aspekte des für die Maßnahme in Betracht kommenden Tatbestandes unterrichtet (Süllow/Weichbrodt, NPersVG (Stand Oktober 2020), § 63 Rn. 9 m. w. N.). Das beklagte Land kann sich deshalb nicht darauf stützen, der Personalrat habe seine "Zustimmung" erteilt.
3.
Die nicht ausreichende Beteiligung des Personalrates führt zur Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien.
a.
Bezüglich der hier vorliegenden Frage der Wirksamkeit der Befristung enthält das NPersVG keine ausdrückliche Regelung. § 108 Abs. 2 BPersVG, der unmittelbar auch in den Ländern anzuwenden ist, betrifft nur Kündigungen.
b.
Der Forderung des Verbandes der niedersächsischen Verwaltungsrichter, bei einer Verletzung von Beteiligungsrechten generell die Unwirksamkeit der Maßnahme anzuordnen, ist der Gesetzgeber des NPersVG nicht gefolgt (LT-Drs. 12/4370, S. 141).
c.
§ 63 NPersVG enthält keine positive Regelung dahingehend, dass Maßnahmen trotz unterbliebener oder fehlerhafter Beteiligung des Personalrates allgemein wirksam oder unwirksam sind.
Gemäß § 63 Satz 1 Nr. 1 NPersVG dürfen Maßnahmen, bei denen die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unterlassen oder bei einer Beteiligung gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist, nicht vollzogen werden. Gemäß § 63 Satz 2 NPersVG sind Maßnahmen, die entgegen Satz 1 durchgeführt worden sind, zurückzunehmen, soweit nicht Rechte Dritter oder öffentliche Interessen entgegenstehen.
d.
Mit dem Vollzugsverbot des § 63 Satz 1 Nr. 1 NPersVG wird der Dienststelle eine objektive Verpflichtung auferlegt, die unabhängig von ihrer ausdrücklichen Geltendmachung durch den Personalrat einsetzt. Den Gesetzesmaterialien (Entwurf [des Landesministeriums] eines Personalvertretungsgesetzes für das C. LT-Drucks. 12/4370, S. 141 f. zu § 62, und Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes für das C. LT-Drucks. 12/6206, S. 41 f., [Zu] § 62) ist zwar zu entnehmen, dass mit der Vorschrift des § 63 NPersVG in erster Linie die Position des Personalrates gegenüber der Dienstelle gestärkt werden sollte. Das Mitbestimmungsverfahren kann aber - wenn auch nicht in erster Linie - je nach der Art der in Rede stehenden personellen Maßnahme neben dem Wohl aller Beschäftigten zugleich den Individualinteressen Einzelner an einer Behandlung nach Recht und Billigkeit unter Einhaltung der gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsvorschriften dienen. Die Rechtsfolgen von Beteiligungsfehlern sind deshalb nicht einheitlich zu bestimmen, sondern auf Grund einer Abwägung differenziert nach der Art des Verstoßes und dem Schutzzweck der Mitbestimmung sowie nach Gegenstand, Bedeutung und Auswirkung der jeweiligen Maßnahme zu beurteilen. Insbesondere kommt es darauf an, ob es um Verwaltungsakte bzw. andere Formen hoheitlichen Handels geht oder aber um rechtsgeschäftliche Akte des Privatrechtes gegenüber Arbeitnehmern und ob diese dadurch begünstigt oder belastet werden (vgl. OVG Lüneburg, 18. Dezember 2008 - 5 ME 353/08 - Rn. 8; Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, § 63 Rn. 7 a m.w. N.; a. A. Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, § 63 Rn. 8 f: Maßnahmen sind wirksam, dürfen aber nicht durchgeführt werden).
e.
Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrates die Befristung unwirksam. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Regelung in § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG und der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung.
aa.
Durch die Regelung des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG hat der Gesetzgeber das Mitbestimmungsrecht des Personalrates auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses erstreckt und die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers eingeschränkt.
bb.
Soweit zu den mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen Rechtsgeschäfte gehören, ist die Beachtung des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit ist dabei nicht auf einseitige Rechtsgeschäfte beschränkt, sondern kann auch arbeitsvertragliche Vereinbarungen erfassen. Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Rechtsunwirksamkeit "von arbeitsvertraglichen Maßnahmen und Abreden" eine Sanktion dafür sein soll, dass der Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht verletzt hat (BAG, Urteil vom 13. April 1994 - 7 AZR 651/93 - Rn. 24 - 25).
Bei den Rechtsfolgen unterbliebener Mitbestimmung ist zu unterscheiden zwischen den betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsfolgen und den Rechtsfolgen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine Verknüpfung zwischen der Verletzung des Mitbestimmungsrechts und dem individualrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird hergestellt durch die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung". Danach führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist in diesen Fällen Wirksamkeitsvoraussetzung der den Arbeitnehmer belastenden Maßnahme bzw. des Rechtsgeschäfts. Dabei ist die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nicht auf einseitige Rechtsgeschäfte beschränkt, sondern kann auch arbeitsvertragliche Vereinbarungen erfassen. Die Rechtsunwirksamkeit ist eine Sanktion dafür, dass der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht verletzt hat. Daher kommt es darauf an, ob die Rechtsfolge der Rechtsunwirksamkeit dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts entspricht. Dient das Mitbestimmungsrecht zumindest auch dazu, den Arbeitnehmer vor ihm nachteiligen Maßnahmen und Vertragsgestaltungen zu schützen, so ist im Falle der Verletzung des Mitbestimmungsrechts die individualrechtliche Rechtsunwirksamkeit eine geeignete Sanktion. Sie ist durch den Schutzzweck der mitbestimmungsrechtlichen Norm gedeckt (vgl. BAG, 20. Februar 2002 - 7 AZR 707/00 - Rn. 17).
cc.
Vorstehende Grundsätze der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung sind auch bei dem Mitbestimmungstatbestand des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG anzuwenden. Dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts des Personalrats gemäß § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG entspricht es, wenn eine ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats vereinbarte Befristung unwirksam ist. Dieses Mitbestimmungsrecht des Personalrats dient zumindest auch dem Schutz des Arbeitnehmers und soll seinen Interessen an dauerhaften Bindungen Rechnung tragen. Nach der Gesetzesbegründung zu § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG sollten gerade die als problematisch angesehenen Kettenbefristungen der Kontrolle des Personalrates unterliegen (Drs. 17/3759, S. 23 ff). Der Personalrat soll prüfen, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Außerdem soll er auch bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden Sachgrunds darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung insgesamt abgesehen oder wegen der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben oder der in Aussicht genommenen Befristungsgründe eine längere Laufzeit vereinbart werden kann. Dieser Zweck würde weitgehend vereitelt, wenn eine unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats geschlossene Befristungsabrede gleichwohl wirksam wäre (vgl. BAG, 20. Februar 2002 - 7 AZR 707/00 - Rn. 18). Ohne wirksame Zustimmung des Personalrates kann deshalb die Befristung des Arbeitsvertrages nicht i.S.v. § 63 Satz 1 Nr. 1 NPersVG vollzogen werden.
dd.
Wenn eine Befristungsabrede wegen fehlender Zustimmung des Personalrats unwirksam ist, entfällt der vereinbarte Beendigungstatbestand. Die übrigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen bleiben unberührt. Dadurch kann zwar eine von dem Arbeitgeber nicht gewollte Vertragsgestaltung zustande kommen. Dies entspricht aber der vom Landesgesetzgeber gewollten Einschränkung der Privatautonomie, die insbesondere dem Interesse der Arbeitnehmer an unbefristeten Arbeitsverhältnissen Rechnung tragen will.
ee.
Die Zustimmung des Personalrats muss zumindest bis zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt rechtwirksam erteilt sein. Ob die fehlende Mitbestimmung bis zu diesem Zeitpunkt nachgeholt werden kann und die Befristungsabrede bis dahin nur schwebend unwirksam ist, kann offenbleiben. Es ist nicht ersichtlich und vom beklagten Land auch nicht vorgetragen worden, dass ein ordnungsgemäßes Mitbestimmungsverfahren nachgeholt worden ist.
V.
Auch das weitere Vorbringen des beklagten Landes, auf das in diesem Urteil nicht mehr besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe gemäß § 313 Abs. 3 ZPO lediglich eine kurze Zusammenfassung der tragenden Erwägungen enthalten sollen, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 42 Abs. 2 GKG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung war die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.