Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.11.2021, Az.: 10 Sa 176/21
Anforderungen an eine Stufenklage i.S.d. § 254 ZPO; Betriebliche Übung als arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage; Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage bei Vergütungsansprüchen
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.11.2021
- Aktenzeichen
- 10 Sa 176/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 63758
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 12.10.2022 - AZ: 5 AZR 135/22
Rechtsgrundlagen
- § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
- § 254 ZPO
- § 151 BGB
- § 241 Abs. 2 BGB
- § 242 BGB
- § 615 S. 1 BGB
Redaktioneller Leitsatz
1. Über den Wortlaut des § 254 ZPO hinaus werden auch Informationsansprüche erfasst, sofern sie dazu dienen, den Leistungsantrag gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO beziffern zu können, und deshalb in einem prozessual gebotenen Zusammenhang mit der Bestimmbarkeit des Zahlungsanspruchs stehen. Das Auskunftsbegehren der ersten Stufe der Stufenklage muss also ein notwendiges Hilfsmittel sein, um die noch fehlende Bestimmtheit des auf der zweiten Stufe verfolgten Leistungsanspruchs vorzubereiten und herbeiführen zu können.
2. Nach ständiger Rechtsprechung entsteht eine betriebliche Übung durch ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn und soweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durfte, ihm werde eine entsprechende Leistung auch zukünftig gewährt. Dieses Verhalten ist als Vertragsangebot zu werten, das von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen werden kann, wobei der Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB entbehrlich ist.
3. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie eine sachfremde Bildung von Arbeitnehmergruppen. Der Arbeitgeber ist hiernach an ein Verhalten gebunden, wenn er Vorteile gewährt, mit denen er die betriebliche Ordnung gestaltet, soweit er dabei erkennbar selbst gesetzten abstrakten Regeln und generalisierenden Prinzipien folgt. Im Bereich der Vergütung ist dieser Grundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, soweit der Arbeitgeber bei der Verteilung einem abstrakt-generalisierenden Prinzip folgt.
In dem Rechtsstreit
pp.
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2021 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreher sowie die ehrenamtliche Richterin Frau Heymann und den ehrenamtlichen Richter Herrn Miehe als Beisitzer für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 20. Januar 2021 - 2 Ca 214/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft über Gehaltsanpassungen und deren Gewährung.
Der Kläger ist seit dem 2014 bei der Beklagten beschäftigt; seit 2015 ist er Leiter des Bereichs Finanzen und Controlling für den Geschäftsbereich Waffe und Munition. Nach § 1 Abs. 2 seines Arbeitsvertrags (Bl. 13 d.A.) gehört er zum Kreis der "leitenden Führungskräfte". Im Jahre 2015 hob die Beklagte sein Jahreszieleinkommen von 165.000 auf 170.000 Euro, im Folgejahr auf 172.550 Euro an. Am 7. November 2016 stellte die Beklagte ihn von der Arbeitsleistung frei; am 30. Juni 2017 sprach sie ihm eine Kündigung, am 31. Dezember 2017 eine Änderungskündigung aus. Die dagegen gerichteten Klagen hatten Erfolg; eine dritte Kündigung nahm die Beklagte zurück. Ab dem 1. Februar 2019 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf.
In den Jahren 2017 bis 2020 erhöhte die Beklagte das Entgelt mehrerer Arbeitnehmer, nicht aber des Klägers, wobei der jeweilige Vorgesetzte die Höhe bestimmte. Art und Grund der Erhöhungen sind streitig. Im Januar 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Gehalt erhöhe sich ab dem 1. Januar 2021 um 2,5 v.H.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe das Gehalt bei "nahezu allen leitenden Führungskräften" leistungsunabhängig als Inflationsausgleich angepasst und ihn zu Unrecht davon ausgenommen. Zu den hiervon begünstigten Mitarbeitern zählten nach seiner Kenntnis die im Antrag benannten, mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer.
Der Kläger hat beantragt,
a) die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die bei den Angestellten
B., H., St., B., He., St2, B2, W., B3, M., Sch., K. und M1 in den Jahren 2017 bis 2019 als Inflationsausgleich erfolgten Gehaltsanpassungen zu erteilen,
b) die Beklagte zu verurteilen, sein Gehalt nach Maßgabe der unter lit. a) erteilten Auskünfte in gleicher Weise anzupassen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die einzelnen Erhöhungen folgten keinem generalisierenden Prinzip, sondern seien individuell vereinbart worden. Einzelne Mitarbeiter hätten belohnt oder ihre Entgelte an das Marktniveau angepasst werden sollen, um einem Fachkräfteverlust entgegenzuwirken.
Das Arbeitsgericht hat die Klage einschließlich des Zahlungsantrags abgewiesen. Es hat ausgeführt: Ein Anspruch auf Auskunftserteilung aus vertraglicher Nebenpflicht iSv. § 241 Abs. 2 BGB bestehe nicht, denn ein Zahlungsanspruch scheide aus; er folge insbesondere nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass die Gehaltsanpassungen einem bestimmten und generalisierenden Prinzip folgten. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich vergütet habe. Ein generalisierendes Prinzip sei auch nicht bei der Verteilung durch die jeweiligen Vorgesetzten erkennbar. Im Übrigen sei unklar, auf welche Gruppe der Kläger sich beziehe und wen er mit "leitenden Angestellten bzw. leitenden Führungskräften" meine. Ebenso unklar bleibe, wer unter diese vom Kläger definierte Gruppe falle, aber keine Anpassung erhalte, und wer in welchem Jahr eine Gehaltsanpassung in welcher Höhe erhalten habe. Sein Beweisangebot ziele auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Auch habe er durch seine Stellung Einblick in die generelle Gehaltspraxis der Beklagten gehabt.
Gegen das ihm am 11. Februar 2021 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 9. März 2021 Berufung eingelegt und sie innerhalb der verlängerten Frist am 10. Mai 2021 begründet.
Die Berufung führt aus: Das Arbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, ein Zahlungsanspruch des Klägers erscheine als Voraussetzung des Auskunftsanspruchs nicht möglich. Der Kläger habe unmissverständlich ausgeführt, er gehöre ausweislich seines Arbeitsvertrages zum Kreis der "leitenden Führungskräfte". Die Beklagte habe diese Gruppe selbst klar definiert. Der Kläger trage die fachliche und disziplinarische Verantwortung für zahlreiche Mitarbeiter, so dass er dem "Management Level 3" zuzuordnen und deshalb mit den benannten Arbeitnehmern vergleichbar sei. Er habe keine eigene Kenntnis, ob weitere Führungskräfte eine Gehaltsanpassung erhalten hätten. Das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Solange er nicht aufgrund der unwirksamen Kündigungen freigestellt gewesen sei, habe er Gehaltsanpassungen erhalten. Dies zeige, dass die Anpassungen automatisiert erfolgten. Entscheidend sei gewesen, dass ein Mitarbeiter in der Gehaltsliste geführt worden sei. Der Kläger sei aufgrund seiner Freistellung ungleich behandelt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und
a) dem Kläger Auskunft über die bei leitenden Angestellten in den Jahren 2017 bis 2019 erfolgten Anpassungen des Jahreszielgehalts zu erteilen; b) das Jahreszielgehalt des Klägers nach Maßgabe der unter lit. a) erteilten Auskünfte in gleicher Weise anzupassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil und macht insbesondere geltend, die vom Kläger genannten Arbeitnehmer seien teilweise auf deutlich höheren Hierarchiestufen als er beschäftigt und nicht mit ihm vergleichbar. Sämtliche Gehaltsanpassungen unterlägen dem Vorrang der Vertragsfreiheit. Es gebe bei der Beklagten keine allgemeinen Gehaltsanpassungen nach abstrakt-generalisierenden Regelungen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I.
Die Berufung ist an sich statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2b, 6 ArbGG, 511 Abs. 1 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 517, 519 ZPO) und damit insgesamt zulässig.
II.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder Anspruch auf Auskunftserteilung noch auf Entgelterhöhung.
1.
Die Klage ist als Stufenklage zulässig.
a)
Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist die Zulassung eines unbestimmten Leistungsantrages dann gerechtfertigt, wenn das Unvermögen des Klägers zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruht, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt. Über den Wortlaut von § 254 ZPO hinaus werden auch Informationsansprüche erfasst, sofern sie dazu dienen, den Leistungsantrag gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO beziffern zu können, und deshalb in einem prozessual gebotenen Zusammenhang mit der Bestimmbarkeit des Zahlungsanspruchs stehen (BAG 4. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 13 f.). Das Auskunftsbegehren muss also ein notwendiges Hilfsmittel sein, um die fehlende Bestimmtheit des auf der letzten Stufe verfolgten Leistungsanspruchs vorzubereiten und herbeiführen zu können (BGH 29. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 8; 2. März 2000 - III ZR 65/99 - Rn. 18).
b)
Diesen Anforderungen genügt der Antrag des Klägers. Durch eine Auskunftserteilung über Gehaltsanpassungen bei "leitenden Angestellten" erhielte er diejenigen Informationen, die mit der Bestimmbarkeit seines Zahlungsanspruchs in einem prozessual gebotenen Zusammenhang stehen: Er möchte an den Gehaltssteigerungen teilhaben, die er für den Kreis der "leitenden Angestellten" bei der Beklagten behauptet. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
2.
Der Auskunftsanspruch besteht nicht.
a)
Ein allgemeiner Auskunftsanspruch besteht weder im Arbeitsverhältnis noch im allgemeinen Zivilrecht (BAG 4. November 2015 - 7 AZR 972/13 - Rn. 18; BGH 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - Rn. 23 mwN). Es ist allerdings gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass er ausnahmsweise aus Treu und Glauben, § 242 BGB, folgen kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass sich der Anspruchsteller in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang eines Anspruchs im Ungewissen befindet und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 21 f., BAGE 113, 55; 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - Rn. 25, BAGE 81, 15), denn es ist eine der Hauptaufgaben des Zivilrechts, eine Situation gestörter Vertragsparität, die auch aus einem Informationsgefälle folgen kann, auszugleichen (vgl. BVerfG 19. Oktober 1993 - 1 BvR 567/89 - zu II. 2. b) der Gründe, BVerfGE 89, 214 [BVerfG 19.10.1993 - 1 BvR 567/89]). In diesen Fällen bedarf es des Auskunftsanspruchs, damit gewährleistet ist, dass die Vertragsparteien die sich aus ihren Schuldverhältnissen ergebenden Rechte wahrnehmen können, wenn ihre Geltendmachung erst durch die Auskunftserteilung ermöglicht wird. Zu stützen ist ein solcher Auskunftsanspruch auch auf die nunmehr ausdrücklich in § 241 Abs. 2 BGB normierte Rücksichtnahmepflicht, die sich aus dem Schuldverhältnis ergibt. Besteht hiernach ein schutzwürdiges Interesse an der Auskunftserteilung, kann der Anspruchssteller ihre Erteilung verlangen, soweit sie nicht zu einer Veränderung der Darlegungs- und Beweislast führt. Diese muss weiterhin berücksichtigt bleiben (BAG 11. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 62, BAGE 143, 292 [BAG 14.11.2012 - 10 AZR 783/11]). Überdies muss der Anspruchsteller die Wahrscheinlichkeit des Anspruchs darlegen, dessen Bezifferung er durch sein Auskunftsbegehren zu erreichen versucht. Dieser Leistungsanspruch muss also nach dem Vortrag des Klägers tatsächlich und rechtlich möglich sein (BAG 21. November 2000 - 9 AZR 665/99 - Rn. 52, BAGE 96, 274; 27. Juni 1990 - 5 AZR 334/89 - Rn. 12, BAGE 65, 250).
b)
Ausgehend von diesem Maßstab steht dem Kläger ein Auskunftsanspruch nicht zu, denn sein auf Entgelterhöhung gerichteter Anspruch kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Er folgt weder aus § 611a Abs. 2 BGB noch - soweit die Beklagte durch Freistellung und Versetzung in Annahmeverzug geriet - unter Annahmeverzugsgesichtspunkten.
aa)
Nach § 611a Abs. 2 BGB kann der Arbeitnehmer die "vereinbarte Vergütung" verlangen, nach §§ 611a Abs. 2, 615 Satz 1 BGB auch die "vereinbarte Vergütung" für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug kommt. Die "vereinbarte Vergütung" nach §§ 611a Abs. 2, 615 Satz 1 BGB bemisst sich nach dem Lohnausfallprinzip, dh. der Arbeitnehmer ist so zu stellen, als hätte er vertragsgemäß gearbeitet, wobei sämtliche Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind (BAG 18. September 2001 - 9 AZR 307/00 - Rn. 44).
bb)
Die vom Kläger begehrte Gehaltsanpassung ist indes kein Teil der "vereinbarten Vergütung". Der Arbeitsvertrag sieht keine ausdrückliche Regelung zu Gehaltsanpassungen vor. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus dem Institut der betrieblichen Übung, denn aus dem Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit folgt nicht, dass sie sich auch für die Zukunft an jährliche Entgelterhöhungen gebunden hätte.
(1)
Nach ständiger Rechtsprechung entsteht eine betriebliche Übung durch ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn und soweit der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durfte, ihm werde eine entsprechende Leistung auch zukünftig gewährt (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 57/06 - Rn. 27; 5. Mai 2015 - 1 AZR 806/13 - Rn. 26; 28. Februar 1956 - 3 AZR 90/54 - zu II. der Gründe). Dieses Verhalten ist als Vertragsangebot zu werten, das von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen werden kann, wobei der Zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB entbehrlich ist (vgl. BAG 23. Februar 2021 - 3 AZR 267/20 - Rn. 39). Für jährliche Sonderzuwendungen gilt, dass der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers dann so verstehen darf, dass er eine entsprechende Leistung auch in der Zukunft erbringen wird, wenn die Leistungen in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltlos und in gleichbleibender Höhe gewährt werden (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 18).
(2)
Vorliegend fehlt es nach diesen Grundsätzen aber bereits an einer regelmäßigen Wiederholung eines gleichförmigen Verhaltens, das geeignet wäre, einen Anspruch aus betrieblicher Übung kraft entsprechender Übereinkunft im Einzelfall zu rechtfertigen. Der Kläger trägt nur zu Gehaltsanpassungen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren vor, nämlich 2015 und 2016.
cc)
Der Anspruch folgt schließlich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, denn der Kläger hat die dafür erforderliche generalisierende Praxis nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
(1)
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie eine sachfremde Bildung von Arbeitnehmergruppen. Der Arbeitgeber ist hiernach an ein Verhalten gebunden, wenn er Vorteile gewährt, mit denen er die betriebliche Ordnung gestaltet, soweit er dabei erkennbar selbst gesetzten abstrakten Regeln und generalisierenden Prinzipien folgt (BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - Rn. 13). Im Bereich der Vergütung ist dieser Grundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, soweit der Arbeitgeber bei der Verteilung einem abstrakt-generalisierenden Prinzip folgt (BAG 29. September 2004 - 5 AZR 43/04 - Rn. 15). Dabei kann es gegen eine am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messende Vorteilsgewährung und für eine dem Vorrang der Vertragsfreiheit unterliegende individualvertragliche Vereinbarung sprechen, wenn die Begünstigung nur einer im Verhältnis sehr geringen Zahl von Arbeitnehmern gewährt wird (BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - Rn. 14 ff.). Aus der Begünstigung allein lässt sich nicht notwendigerweise ein Schluss auf eine Gruppenbildung ziehen. Vielmehr bedarf es hierzu einer Besserstellung nach bestimmten Kriterien, die bei allen Begünstigten vorliegen (BAG 29. September 2004 - 5 AZR 43/04 - Rn. 15 f.).
(2)
Die Darlegungs- und Beweislastverteilung folgt hierbei im Grundsatz den allgemeinen Regeln, liegt also beim Arbeitnehmer. Von diesem Grundsatz ausgehend sind aber sachgerechte Abstufungen vorzunehmen (BAG 19. August 1992 - 5 AZR 513/91 - Rn. 31). Es genügt demnach, dass ein Arbeitnehmer eine Ungleichbehandlung mit vergleichbaren Mitarbeitern geltend macht. Dann ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen, wie groß im Einzelnen der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abzugrenzen ist und weshalb der Anspruchsteller nicht zu diesem Personenkreis zählt. Diese Abstufungen entbinden den Arbeitnehmer indes nicht von der Darlegung für die vorgelagerte Frage, ob überhaupt eine Gruppenbildung vorliegt und ob Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich vergütet werden (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 32, BAGE 113, 55).
(3)
Anders als in dem Sachverhalt, welcher der vom Kläger angezogenen Entscheidung (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - BAGE 113, 55) zugrunde lag, hat dieser schon keine Gruppenbildung dargelegt. Selbst wenn alle von ihm benannten Personen zum Kreis der "leitenden Angestellten" gehörten, genügte dies nicht für den Nachweis einer Gruppenbildung. Es bleibt unklar, wie groß der Kreis der nicht begünstigten Arbeitnehmer dieses Kreises ist und ob die Eigenschaft als "leitende Angestellte", wie sie die Beklagte definiert, das bestimmende Kriterium für eine Gruppenbildung und damit für die Leistungsgewährung war. Unklar bleibt insofern auch, ob der Kläger auf die Gruppe der "leitenden Angestellten" oder der "leitenden Führungskräfte" abstellen möchte, und zu welchem Personenkreis er sich selbst zählt. Er geht selbst nicht davon aus, die Anpassungen seien sämtlichen leitenden Angestellten gewährt worden, denn er trägt vor, weitere Kenntnisse nicht zu besitzen. Schließlich fehlen auch Ausführungen zu Umfang, Zeitpunkt und Anlass der Gehaltserhöhungen bei den genannten Personen sowie zum Rest der Gruppe und dem Anteil der Begünstigten. Selbst die Funktionen der von ihm genannten Arbeitnehmer trägt er nicht vor, obwohl die Beklagte gerügt hat, mehrere von ihnen befänden sich auf anderen Hierarchieebenen und seien daher nicht vergleichbar.
Des weiteren ist außer Streit, dass die Verteilung der Gehaltsanpassungen durch die jeweiligen Vorgesetzten erfolgte, so dass allenfalls diese die betreffenden Arbeitnehmer in Gruppen eingeteilt haben könnten. Auch hierzu, insbesondere zur Zusammensetzung der Gruppen und zur Einteilung der vom Kläger genannten Arbeitnehmer in sie, fehlt jeder Vortrag. Auf dieser Grundlage handelt es sich bei dem angebotenen Beweis um eine unzulässige Ausforschung. Die Einvernahme von Zeugen dient nicht dazu, fehlenden Sachvortrag zu kompensieren.
dd)
Auch die dem Kläger in den Jahren vor seiner Freistellung und im Jahre 2021 gewährten Entgelterhöhungen können eine andere Bewertung nicht rechtfertigen. Ein Erfahrungssatz, wonach ausgebliebene Entgelterhöhungen für freigestellte oder gekündigte Arbeitnehmer stets auf einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beruhten, ist nicht ersichtlich. Eine Veränderung der Darlegungs- und Beweislast zugunsten des Klägers können solche Umstände daher nicht begründen.
Die Vergütungsentwicklung in den umliegenden Zeiträumen kann allenfalls als Grundlage für eine Schätzung der Höhe der Anpassung auf der zweiten, nachgelagerten Ebene (vgl. BAG 18. September 2001 - 9 AZR 307/00 - Rn. 44) dienen, nicht aber schon zur Begründung einer Gehaltsanpassung dem Grunde nach. Dass vorliegend ein Anspruch unter Annahmeverzugsgesichtspunkten in Rede steht, führt gleichfalls zu keinem anderen Ergebnis.
3.
Die Klage war auch mit dem Leistungsantrag abzuweisen. Abweichend vom Grundsatz, dass bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO über die verschiedenen Stufen getrennt und nacheinander zu verhandeln und zu entscheiden ist, kann eine einheitliche Entscheidung über die in einer Stufenklage verbundenen Anträge dann ergehen, wenn die Klage entweder unzulässig ist oder sich bereits bei der Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, BAGE 138, 184; BGH 28. November 2001 - VIII ZR 37/01 - Rn. 20). So liegt es hier: Der Auskunftsanspruch ist zu verneinen, weil ein Leistungsanspruch, wie ausgeführt, nicht möglich ist.
III.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen, da das von ihm eingelegte Rechtsmittel keinen Erfolg hat, §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.