Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.07.2021, Az.: 12 Sa 1341/20

Kein Beweisverfahren zur Ermittlung der internationalen Gerichtszuständigkeit; Schlüssiger Sachvortrag des Arbeitnehmers als Grundlage der Entscheidung über internationale Zuständigkeit der Gerichte; Ermittlung des gewöhnlichen Arbeitsorts bei Tätigkeit in mehreren Vertragsstaaten; Feststellung des Mittelpunkts der Tätigkeit nach der Rechtsprechung des EuGH; Effektivitätsgrundsatz im Unionsrecht

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
12.07.2021
Aktenzeichen
12 Sa 1341/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 37926
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2021:0712.12Sa1341.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Emden - 25.11.2020 - AZ: 1 Ca 554/18

Fundstellen

  • EzA-SD 6/2022, 16
  • FA 2021, 366

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    a) Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach der Brüssel Ia-VO ist nicht erforderlich, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen, weil dies die Gefahr birgt, der Begründetheitsprüfung vorzugreifen.

b) Der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers ist für die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausreichend, weil es im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nach der Brüssel Ia-VO nicht erforderlich ist, ein umfassendes Beweisverfahren zur strittigen Tatsache des gewöhnlichen Arbeitsorts des Arbeitnehmers durchzuführen, da diese _ nach der Lehre von den doppelrelevanten Tatsachen _ sowohl für die Zuständigkeit als auch für das Bestehen des Klaganspruchs, namentlich für die kollisionsrechtliche Anknüpfung nach der Rom I-VO, relevant ist und erst in der Begründetheitsprüfung näher untersucht werden muss.

  1. 2.

    a) Unter dem gewöhnlichen Arbeitsort gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Brüssel Ia-VO, ist der Ort zu verstehen, an dem der Arbeitnehmer die mit seinem Arbeitgeber vereinbarten Tätigkeiten tatsächlich ausübt, und dass dies, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in mehr als einem Vertragsstaat ausübt, der Ort ist, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber hauptsächlich erfüllt und, in Ermangelung eines Mittelpunkts der Tätigkeit, sich auf den Ort bezieht, an dem oder von dem aus er den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt.

b) Für die Bestimmung des Mittelpunkts der Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Aufgabe von einem Büro in einem Vertragsstaat aus erfüllt hat, von dem aus er seine Arbeit für seinen Arbeitgeber organisierte, wo er seinen Wohnsitz begründet hatte, von wo aus er seinen Tätigkeiten nachging und wohin er nach jeder im Zusammenhang mit seiner Arbeit stehenden Auslandsreise zurückkehrte.

c) Die -an dem_-Klausel gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 1 Brüssel Ia-VO und die -von dem aus_-Klausel gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 2 Brüssel Ia-VO stehen zueinander in einem Subsidiaritätsverhältnis. Ersteres liegt dann vor, wenn der Arbeitsort nicht lediglich als ein gewöhnlicher Arbeitsantrittsort fungiert und damit weder eine Art Stützpunkt noch Basis ist, sondern vielmehr den Mittelpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers bildet. Nur wenn es keinen Ort gibt, -an dem_ die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, kommt die -von dem aus_-Klausel zum Zuge, die auf schwächere Bezüge ausweicht, da es die stärkeren Bezüge des -an dem_ eben konkret nicht gibt.

Redaktioneller Leitsatz

Die Anwendung nationaler Vorschriften darf die praktische Wirksamkeit von EU-Verordnungen nicht beeinträchtigen. Dies gebietet der Effektivitätsgrundsatz, wonach die nationalen Bedingungen zur gerichtlichen Geltendmachung unionsrechtlicher Positionen nicht so gestaltet sein dürfen, dass sie die Ausübung der unionsrechtlichen Positionen, die zu schützen die nationalen Gerichte verpflichtet sind, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Emden vom 25. November 2020 - Aktenzeichen 1 Ca 554/18 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten vorab über die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit, insbesondere des angerufenen Arbeitsgerichts für vom Kläger aus einem Arbeitsverhältnis geltend gemachte restliche Vergütungsansprüche.

Der 1962 geborene Kläger ist portugiesischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz in E. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft portugiesischen Rechts mit Sitz in A. (Kreis S.), Portugal, deren Zweck die Erbringung von Bauleistungen und das Betreiben einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung ist. Die Parteien schlossen am 01. Dezember 2012 einen in portugiesischer Sprache abgefassten Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als Leiter der Vertriebsabteilung International zu einer Nettomonatsvergütung von 5.000,00 Euro eingestellt. Als Einsatzort des Klägers vereinbarten die Parteien in Klausel 5 des Arbeitsvertrages den Sitz der Beklagten im portugiesischen A.. Ferner vereinbarten die Parteien in Klausel 19 des Arbeitsvertrages die Zuständigkeit des portugiesischen Gerichts in S..

Mit seiner am 27. Dezember 2018 beim Arbeitsgericht Emden eingegangenen Klage begehrt der Kläger - ua. gestützt auf die Behauptung, der Vorstand der Beklagten habe ihm im Verlauf des Monats März 2018 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass er seine Tätigkeit wegen Auftragsmangels nicht fortsetzen könne - die Zahlung restlicher Vergütung für den Zeitraum vom April 2012 bis Februar 2018, Verzugsvergütung für den Zeitraum ab März 2018 und fortlaufend, Urlaubsentgelt für die Kalenderjahre 2012 bis 2018, Weihnachtsentgelt für die Kalenderjahre 2012 bis 2018 sowie Entschädigung bzw. Aufwendungsersatz für die Nutzung seines Privatwagens.

Die Beklagte rügt vorab die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das Arbeitsgericht sei örtlich und international zuständig. Der im Arbeitsvertrag genannte Sitz der Beklagten im portugiesischen A. sei nur formal vereinbart worden. Er sei seit 1970 nicht mehr in Portugal wohnhaft, sodass er seine Tätigkeit keinesfalls an dem im Arbeitsvertrag formal angegebenen Einsatzort ausüben könne. Vielmehr habe er seine Arbeit für die Beklagte vollständig von seinem Büro in E. organisiert und durchgeführt. In seinem in E. gelegenen Einfamilienhaus unterhalte er ein Büro, dass den tatsächlichen Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit bilde und von dem aus er seine vertraglichen Arbeitspflichten, insbesondere alle notwendigen betrieblichen Verwaltungsaufgaben, gegenüber der Beklagten erfülle. Wozu auch der Empfang des an die Beklagte gerichteten Schreibens vom 24. Juni 2013 der Agentur für Arbeit N. gehöre, mit welchem sowohl die Erlaubnisurkunde als auch der Erlaubnisbescheid zur Arbeitnehmerüberlassung an den Kläger als Zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Beklagten in Deutschland übersandt wurde, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages habe er ein komplett eingerichtetes Büro in seinem Haus in E. unterhalten, weil er zuvor für eine andere portugiesische Firma tätig gewesen sei. Dies sei dem Vorstand der Beklagten bekannt gewesen, da dieser ihn in seinem eingerichteten Büro mehrmals besucht habe. Bereits die Vertragsverhandlungen zwischen ihm und dem Vorstand der Beklagten hätten im März 2012 in seinem Büro in E. stattgefunden. Dabei sei vereinbart worden, dass die Beklagte die Unterhaltungskosten des Büros übernehme. Die Beklagte habe für die Unterhaltung des Büros angefallene Kosten ausweislich der Kontoauszüge auch teilweise ausgeglichen. Der Vorstand der Beklagten habe sich zudem explizit damit einverstanden erklärt, dass der Kläger seine Tätigkeit in E. verrichte. Seine Tätigkeit habe in der Kundenakquise für die Beklagte und in der Organisation des Einsatzes der Leiharbeitnehmer bestanden. Im Rahmen der Kundenakquise habe er in seinem Büro per Internet nach potentiellen Kunden der Metall- und Elektroindustriebranche und deren Firmenkontakten recherchiert. Danach habe er eine Liste dieser Kunden erstellt sowie die infrage kommenden Kunden kontaktiert. Sodann habe er diese bei Interesse an einer Zusammenarbeit per E-Mail angeschrieben und ein Präsentationsschreiben mit dazugehöriger Dokumentation bestehend aus Überlassungserlaubnis, Handelsregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts und der Sozialversicherungsträger, Zertifizierungen ua. dem künftigen Kunden übersandt. Soweit der jeweilige Kunde sich per E-Mail oder telefonisch zurückmeldete und sein Interesse an den Diensten der Beklagten bekräftigte, habe er mit dem künftigen Kunden ein Meeting in dessen Geschäftsräumen vereinbart. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er alle seine Aufgaben im Büro in E. erledigt. Im Nachgang der Kundenbesuche habe er der Beklagten die Resultate der Gespräche per E-Mail übermittelt und das weitere Procedere mit deren Vorstand telefonisch besprochen. Zur Verrichtung der Tätigkeit sei er mit seinem eigenen Fahrzeug von E. aus losgefahren und nach jeder im Ausland ausgeführten Arbeit nach E. zurückgekehrt. Soweit er zur Erbringung seiner Tätigkeit nach Belgien, in die Niederlande, nach Österreich und Slowenien - nicht aber nach Frankreich - fuhr, habe es sich hierbei um Besuche der Kunden der Beklagten im Rahmen des ersten Einsatztages der Arbeitnehmer der Beklagten gehandelt. Hierbei habe er den Einsatz der Leiharbeitnehmer am jeweiligen Einsatzort organisiert. Nachdem er die Durchführung der Sicherheitstests begleitet und der Unterweisung beigewohnt habe, die er bei Bedarf auch übersetzte, kehrte er nach E. zurück. Daneben sei er für die Anmietung der Unterkünfte für die verliehenen Arbeitnehmer der Beklagten am jeweiligen Einsatzort verantwortlich. Die Anmietung sei dabei per E-Mail erfolgt. Auch habe er im Namen der Beklagten Fahrzeuge für den Transport der verliehenen Arbeitnehmer der Beklagten vom Flughafen bis zu den angemieteten Unterkunftsräumen und für den Transport von deren Unterkunft bis zum Einsatzort angemietet. Dies sei von seinem Büro aus telefonisch erfolgt. Ferner habe er die verliehenen Arbeitnehmer der Beklagten von einem bestimmten Flughafen abgeholt und in die jeweilige Unterkunft eingewiesen. Er habe auch im Falle von etwaigen Problemen zwischen den Leiharbeitnehmern der Beklagten und dem Vermieter der Unterkunft vermittelt. Hierfür habe er mit den Vermietern telefonisch Kontakt aufgenommen. Zudem habe er mit dem jeweiligen Entleiher und den Arbeitnehmern Gespräche geführt, wenn diese die ihnen obliegenden Arbeitsleistungen nicht ordnungsgemäß ausgeführt hätten, der Arbeit ferngeblieben waren oder den Weisungen des Entleihers keine Folge geleistet hätten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer des Arbeitsgerichts vom 25. November 2020 hat der Kläger erklärt, nach seiner Einschätzung zu 99 Prozent in E. gearbeitet zu haben.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 400.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich bereits gezahlter Vergütung in Höhe von 236.615,00 Euro hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte ferner zu verurteilen, ihm zukünftig fällig werdende monatliche Vergütung in Höhe von 5.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem jeweiligen Fälligkeitsdatum beginnend zum 20. Januar 2019 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Urlaubsentgelt für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2018 in Höhe von 33.749,94 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

4. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn Weihnachtsentgelt für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2018 in Höhe von 32.749,94 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich erhaltenen Entgelt von 1.000,00 Euro hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

5. des Weiteren die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.460,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat wegen der arbeitgeberseitig erhobenen Zuständigkeitsrüge beantragt,

festzustellen, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage als unzulässig abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die internationale Zuständigkeit liege bei der portugiesischen Gerichtsbarkeit. Daneben seien nicht auch die deutschen Arbeitsgerichte zuständig. Der Einsatzort des Klägers sei nicht nur formal vereinbart worden. Sie habe zu keiner Zeit ein eigenmächtig eingerichtetes Homeoffice des Klägers geduldet, geschweige denn von einem solchen überhaupt Kenntnis gehabt. Es habe zudem kein Bedürfnis nach einem Homeoffice bestanden, da die gesamte administrative Arbeit seit jeher in Portugal erledigt werde und die Aufgabe des Klägers lediglich darin bestanden habe, zum Kunden zu fahren und Aufträge vor Ort zu akquirieren. Der Kläger habe nur diejenigen Kunden aufzusuchen gehabt, die zuvor in Portugal identifiziert worden waren. In der Betriebsorganisation sei nicht vorgesehen, dass der Kläger eigenständig neue Kunden identifiziere. Dies sei nicht Teil seines Aufgabengebiets. Die telefonische Kundenakquise entsprach jedenfalls nicht dem Wunsch der Beklagten und sei von ihr auch nicht geduldet worden. Deshalb habe es auch keine Vereinbarung bezüglich der Übernahme der Unterhaltungskosten des Büros des Klägers gegeben. Zudem seien sämtliche Informationen über das Unternehmen der Beklagten im portugiesischen Büro der Geschäftsführung erstellt und an potentielle Kunden verschickt worden. Der Kläger habe hieran keinen Anteil gehabt. Die gesamte Geschäftsanbahnung sei über das portugiesische Büro der Geschäftsführung der Beklagten gesteuert und durchgeführt worden und auch sämtliche Unterlagen seien von dort aus verschickt worden. So habe der Vorstand der Beklagten die Angebote vorbereitet und mitsamt den erforderlichen Informationen an die Kunden geschickt. Im Übrigen habe der Kläger keine arbeitsvertraglichen Aufgaben, die einer nennenswerten häuslichen Vorbereitung bedurft hätten. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt wenigstens 60 Prozent seiner Arbeit in Deutschland und damit nicht seine Arbeit gewöhnlich in E. verrichtet. Der ganz überwiegende Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers habe außerhalb von Deutschland gelegen. Der Kläger sei nur teilweise und in begrenztem Umfang in Deutschland tätig gewesen. Daneben sei er insbesondere in den Niederlanden, Belgien und Frankreich eingesetzt worden. Auf keines der vier Länder entfalle dabei ein Arbeitsanteil von wenigstens 60 Prozent. Dies ergäbe sich aus den in diesen Ländern erzielten Umsätzen mit Geschäften, an denen der Kläger im Zeitraum vom 01. Dezember 2012 bis 31. März 2018 beteiligt gewesen sei. Daneben ergäbe sich dies aus den exemplarisch für das Jahr 2017 genannten Projekten, an denen der Kläger beteiligt gewesen sei. So sei der Kläger vom 01. bis 31. Januar 2017 und vom 20. bis 26. März 2017 in den Niederlanden, vom 03. bis 09. Juli 2017 in Frankreich sowie vom 17. bis 23. Juli 2017 und vom 18. bis 30. September 2017 in Belgien eingesetzt worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im erstinstanzlichen Verfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 25. November 2020 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Emden hat unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 5. August 2020 durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2020 gemäß § 280 ZPO angeordnet, über die Zulässigkeit der Klage und insoweit über die internationale Zuständigkeit abgesondert zu verhandeln.

Mit Zwischenurteil vom 25. November 2020 - auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird - hat das Arbeitsgericht Emden sich für den Rechtsstreit gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 2 Brüssel Ia-VO für international zuständig erklärt. Der Kläger habe nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, welche Tätigkeiten er von seinem Wohnsitz aus erledigte. Insgesamt lägen genügend Indizien dafür vor, dass der Kläger seine Arbeit gewöhnlich von E. aus verrichtete, was die beantragte Anhörung des Vorstandes der Beklagten oder eine sonstige Beweiserhebung entbehrlich machte.

Das Urteil ist der Beklagten am 17. Dezember 2020 zugestellt worden. Hiergegen hat die Beklagte mit einem am 29. Dezember 2020 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 17. März 2021 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf ihren Antrag vom 28. Dezember 2020 durch Beschluss vom 4. Januar 2021 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. März 2021 verlängert worden war.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Ziel der Klageabweisung weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen. Sie trägt zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 17. März 2021 - auf die ergänzend Bezug genommen wird - zweitinstanzlich im Wesentlichen vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht seine internationale Zuständigkeit bejaht. Die Zuständigkeit für die Klage ihr gegenüber liege gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. a) iVm. Art. 63 Abs. 1 Buchst. a) Brüssel Ia-VO beim Gericht des satzungsmäßigen Sitzes der Beklagten in A., Portugal. Das Arbeitsgericht habe fehlerhafte und unvollständige Feststellungen hinsichtlich der konkreten Umstände der Geschäftsanbahnung und zu dem Anteil, den der Kläger daran hatte, getroffen. Hierzu habe das Arbeitsgericht zwingend den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten als Partei hören müssen. Fehlerhafte und unvollständige Feststellungen folgten auch daraus, dass das Arbeitsgericht es unterlassen habe, die für das Jahr 2017 exemplarisch vorgetragenen, außerhalb von Deutschland durchgeführten Projekte, an denen der Kläger beteiligt gewesen sei, zu würdigen. Eine fehlerhafte und unvollständige Feststellung des Arbeitsgerichts ergebe sich schließlich auch daraus, dass diverse von dem Kläger vorgetragenen Tätigkeiten keinerlei Bezug zu Deutschland hätten und er für diese Tätigkeiten insbesondere auch keine oder jedenfalls keine nennenswerten Vorbereitungshandlungen in E. durchzuführen gehabt habe. Ferner habe das Arbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislastverteilung in Bezug auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit verkannt. Die für die Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts maßgeblichen Tatsachen seien vom Kläger darzulegen und zu beweisen. Der Kläger sei seiner Darlegungs- und Beweislast nicht gerecht geworden. Die internationale Zuständigkeit sei eigenständige Sachurteilsvoraussetzung. Als solche sei ihr Vorliegen zwar von dem erkennenden Gericht von Amts wegen zu prüfen. Eine Prüfung von Amts wegen bedeute allerdings keine Amtsermittlung, es bleibe vielmehr beim Beibringungsgrundsatz. Auf dieser Grundlage müsse der Kläger die für die Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts maßgeblichen Tatsachen beweisen, sofern sie bestritten seien. Dies sei dem Kläger nicht gelungen. Der Kläger sei seiner Beweislast in Bezug auf die vermeintlichen Tätigkeiten in E. nicht nachgekommen. Das Arbeitsgericht habe für die Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte Indizien herangezogen, hinsichtlich derer der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast schuldig geblieben ist. Der Kläger habe auch keine arbeitsvertraglichen Aufgaben, die einer nennenswerten häuslichen Vorbereitung bedurft hätten. Etwaige arbeitsvertraglich nicht geschuldete und von der Beklagten auch nicht geduldete Tätigkeiten hätten zur Begründung der internationalen Zuständigkeit nicht herangezogen werden dürfen. Eine Homeoffice-Abrede habe mit dem Kläger nicht bestanden. Eine solche könne auch nicht aus seiner Positionsbezeichnung hergeleitet werden. Die allermeisten der von dem Kläger vorgelegten Dokumente, die angeblich seine Tätigkeit in Deutschland bzw. an seinem Wohnsitz belegen sollen, seien veraltet und haben daher für Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Brüssel Ia-VO keine maßgebliche Bedeutung. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte sei auch nicht aufgrund anderer Vorschriften eröffnet, insbesondere nicht aufgrund von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 1 Brüssel Ia-VO, da ein Tätigkeitsschwerpunkt des Klägers in Deutschland von mindestens 60 Prozent nicht dargelegt sei.

Die Beklagte beantragt,

das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Emden vom 25. November 2020 - 1 Ca 554/18 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 7. Mai 2021, auf die ergänzend Bezug genommen wird.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 12. Juli 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zwar zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, insbesondere ist das Zwischenurteil vom 25. November 2020 selbstständig anfechtbar. Die Berufung wurde von der Beklagten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 17. Dezember 2020 mit am 29. Dezember 2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 28. Dezember 2020 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 17. März 2021, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig ist, weil der Kläger E. zum tatsächlichen Mitteilpunkt seiner Tätigkeit im Rahmen des mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrags gemacht hat.

1.

Das Arbeitsgericht Emden ist als örtlich zuständiges Gericht zur Entscheidung in dieser Sache gemäß § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) ArbGG berufen.

2.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: Brüssel Ia-VO), die nach ihrem Art. 81 Satz 2 Brüssel Ia-VO zeitlich ab dem 10. Januar 2015 Anwendung findet, wobei gemäß Art. 66 Abs. 1 Brüssel Ia-VO der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens entscheidend ist.

Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (außer in Dänemark - ausweislich Art. 1 und Art. 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks; siehe auch Erwägungsgrund 41 Brüssel Ia-VO - was hier nicht von Bedeutung ist). Sie geht nationalem Recht im Rang vor. Soweit nationale Vorschriften über die internationale Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und anderer Titel der Brüssel Ia-VO widersprechen, werden sie durch die Verordnung verdrängt.

a)

Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Brüssel Ia-VO ist diese sachlich anwendbar, da die Parteien eine zivilrechtliche Streitigkeit führen, wozu auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten gehören.

b)

Die räumliche Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO auf die Beklagte folgt - unbeschadet der Regelung in Art. 21 Abs. 2 Brüssel Ia-VO, wonach die Verordnung seit Inkrafttreten der Neufassung bei individuellen Arbeitsverträgen ausnahmsweise unabhängig von einem Wohnsitz des Arbeitgebers Anwendung findet - aus Art. 63 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. Danach haben Gesellschaften und juristische Personen ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsgemäßer Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Die Beklagte hat ihren satzungsmäßigen Sitz nach Art. 63 Abs. 1 lit. a) Brüssel Ia-VO in A. und damit ihren "Wohnsitz" im EU-Mitgliedsstaat Portugal.

c)

Der für die Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften der Brüssel Ia-VO nach Art. 81 Abs. 1 AEUV - als maßgebliche Kompetenzvorschrift für die Europäische Union zum Erlass von Rechtsakten im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit - erforderliche grenzüberschreitende Bezug liegt vor, da es sich nicht um einen reinen Inlandssachverhalt handelt.

d)

Da vorliegend Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach dem 5. Abschnitt der Brüssel Ia-VO, also nach deren Art. 20 bis Art. 23.

aa)

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich aus Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 1 Brüssel Ia-VO, da der Kläger E. zum tatsächlichen Mitteilpunkt seiner Tätigkeit im Rahmen des mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrags gemacht hat.

Nach Art. 21 Abs. 1 Brüssel Ia-VO kann ein Arbeitgeber nicht nur vor den Gerichten des Mitgliedstaats verklagt werden, in dem er seinen Wohnsitz hat, sondern wahlweise auch in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(1)

Der gewöhnliche Arbeitsort ist - wie auch andere zentrale Begriffe der Brüssel Ia-VO -autonom ohne Rückgriff auf Begriffsbildungen in den nationalen Rechtsordnungen zu ermitteln (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 10; EuGH 9. Januar 1997 - C-383/95 - [Rutten / Cross Medical] Rn. 12). Dadurch wird sichergestellt, dass sich aus der Verordnung für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die betroffenen Personen, soweit wie möglich, gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten ergeben (Wagner in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. Bd. 10 Einl. vor Art. 1 EuGVVO Rn. 31).

(2)

Dabei ist seine entstehungsgeschichtliche Verwurzelung im Gerichtsstand des Erfüllungsorts unter Beachtung der zu Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen (Ulrici in Gesamtes Arbeitsrecht 1. Aufl. Bd. 2 Art. 21 Brüssel Ia-VO Rn. 6). Denn aus dem Erwägungsgrund 34 der Brüssel Ia-VO folgt, dass die Kontinuität zwischen dem Brüsseler Übereinkommen, der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 und der Brüssel Ia-VO zu wahren ist, was auch für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens und der es ersetzenden Verordnungen durch den Gerichtshof der Europäischen Union gilt.

(3)

Daneben ist der systematische Gleichklag mit Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (im Folgenden: Rom I-VO) zu berücksichtigen, da ausweislich des Erwägungsgrundes 7 der Rom I-VO beide Bestimmungen im Einklang stehen und damit einheitlich auszulegen sind (Krebber in Franzen/Gallner/Oetker Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht 3. Aufl. Art. 21 Brüssel Ia-VO Rn. 8). Dies gilt auch für die zum Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (im Folgenden: Übereinkommen von Rom) ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH 14. September 2017 - C-168/16 - [Nogueira u.a.] Rn. 56; Schlussanträge Generalanwalt Saugmandsgaard Øe 27. April 2017 - C-168/16 - [Nogueira u.a.] Rn. 73 ff.). Denn aus der Präambel des Übereinkommens von Rom ergibt sich nämlich, dass dieses geschlossen wurde, um auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts die Rechtsvereinheitlichung fortzusetzen, die mit dem Brüsseler Übereinkommen begonnen hatte (EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 33; EuGH 6. Oktober 2009 - C-133/08 - [ICF] Rn. 22).

(4)

Der Gerichtshof der Europäischen Union führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass sich die Vorschrift des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Brüssel Ia-VO durch das Bestehen einer besonders engen Verknüpfung zwischen dem Rechtsstreit und dem zu seiner Entscheidung berufenen Gericht im Hinblick auf die sachgerechte Gestaltung des Verfahrens rechtfertigt (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 17; EuGH 26. Mai 1982 - C-133/81 - [Ivenel / Schwab] Rn. 15). Vor dem Hintergrund ist das Gericht des Ortes, an dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist, am besten zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten in der Lage, die sich aus einer oder mehreren auf diesen Verträgen beruhenden Verpflichtungen ergeben können (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 17).

(5)

Die Vorschrift des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Brüssel Ia-VO ist unter Berücksichtigung der - auch im Erwägungsgrund Nr. 18 der Brüssel Ia-VO zum Ausdruck kommenden - Zielsetzung auszulegen, der sozial schwächeren Vertragspartei, dh. in diesem Fall dem Arbeitnehmer, einen angemessenen Schutz zu gewährleisten (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 18). Ein solcher angemessener Schutz ist besser gewährleistet, wenn Streitigkeiten über einen Arbeitsvertrag in die Zuständigkeit der Gerichte des Ortes fallen, an dem der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber erfüllt. An diesem Ort kann sich der Arbeitnehmer mit dem geringsten Kostenaufwand an die Gerichte wenden oder sich vor ihnen als Beklagter zur Wehr setzen (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 19; EuGH 9. Januar 1997 - C-383/95 - [Rutten / Cross Medical] Rn. 24).

(6)

Dabei muss eine Häufung der Gerichtsstände vermieden werden, um der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zu begegnen und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen außerhalb des Urteilsstaats zu erleichtern (EuGH 11. Januar 1990 - C-220/88 - [Dumez France u.a. / Hessische Landesbank u.a.] Rn. 18; EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 21). Deshalb weist die Vorschrift den Gerichten aller Vertragsstaaten, in deren Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer einen Teil seiner Berufstätigkeit verrichtet, keine konkurrierende Zuständigkeit zu (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 23).

bb)

Vor diesem Hintergrund ist nach den Maßstäben des Gerichtshofs der Europäischen Union unter dem gewöhnlichen Arbeitsort der Ort zu verstehen, an dem der Arbeitnehmer die mit seinem Arbeitgeber vereinbarten Tätigkeiten tatsächlich ausübt, und dass dies, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit in mehr als einem Vertragsstaat ausübt, der Ort ist, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber hauptsächlich erfüllt (EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 20, 24, 26) und, in Ermangelung eines Mittelpunkts der Tätigkeit, sich auf den Ort bezieht, an dem oder von dem aus er den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt (EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 45; EuGH 27. Februar 2002 - C-37/00 - [Weber] Rn. 49, 50; EuGH 9. Januar 1997 - C-383/95 - [Rutten / Cross Medical] Rn. 23).

cc)

Für die Bestimmung des Mittelpunkts der Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Aufgabe von einem Büro in einem Vertragsstaat aus erfüllt hat, von dem aus er seine Arbeit für seinen Arbeitgeber organisierte, wo er seinen Wohnsitz begründet hatte, von wo aus er seinen Tätigkeiten nachging und wohin er nach jeder im Zusammenhang mit seiner Arbeit stehenden Auslandsreise zurückkehrte (EuGH 9. Januar 1997 - C-383/95 - [Rutten / Cross Medical] Rn. 25, 27; EuGH 13. Juli 1993 - C-125/92 - [Mulox IBC / Geels] Rn. 25).

dd)

Nach diesen Maßstäben kommt es vorliegend nicht darauf an, dass die Parteien den Arbeitsort des Klägers arbeitsvertraglich in A., Portugal festgelegt haben, da der gewöhnliche Arbeitsort sich an den objektiven, tatsächlichen Verhältnissen orientiert und der Kläger zu keinem Zeitpunkt in Portugal tätig geworden ist.

ee)

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten, kommt es vorliegend nicht darauf an, wo der Kläger den größten Teil seiner Arbeitszeit geleistet hat. Dieser Umstand kommt subsidiär zur Anwendung, wenn der Mittelpunkt der Tätigkeit schlechterdings nicht ermittelt werden kann (EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 45; EuGH 27. Februar 2002 - C-37/00 - [Weber] Rn. 50, 58). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist in solchen Fällen unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, die diese Tätigkeit kennzeichnen, anhand von Indizien festzustellen, wo der Ort liegt, an dem oder von dem aus ein Arbeitnehmer seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt (sog. indiziengestützte Methode; EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 50; EuGH 9. Januar 1997 - C-383/95 - [Rutten / Cross Medical] Rn. 23). Das Zeitmoment ist dabei lediglich eines der vom Gerichtshof der Europäischen Union anerkannten Indizien (EuGH 14. September 2017 - C-168/16 - [Nogueira u.a.] Rn. 61 ff.; EuGH 15. Dezember 2011 - C-384/10 - [Voogsgeerd] Rn. 38, 40; Schlussanträge Generalanwältin Trstenjak 16. Dezember 2010 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 96 ff.; EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 49; EuGH 27. Februar 2002 - C-37/00 - [Weber] Rn. 58).

ff)

Ungeachtet dessen, dass vorliegend die indiziengestützte Methode nicht zur Anwendung kommt, können etwaige von der Beklagten erzielte Umsätze nicht als Indiz herangezogen werden. Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsortes geht es ausschließlich um die Aktivitäten des Arbeitnehmers. Deshalb haben alle Aktivitäten auf der Seite des Arbeitgebers und damit die von der Beklagten im Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis 31. März 2018 erzielten Umsätze hier keinen Platz.

gg)

Durchaus zutreffend arbeitet die Berufungsbegründung heraus, dass für das Vorliegen der den Anwendungsbereich des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Brüssel Ia-VO eröffnenden Tatsachen grundsätzlich diejenige Partei darlegungs- und beweisbelastet ist, welche die begründende Wirkung in Anspruch nimmt (Wagner in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. Bd. 10 Einl. vor Art. 2 EuGVVO Rn. 24).

Gleichwohl kommt es auf den Sachvortrag der Beklagten - anders als die Beklagte meint - insoweit nicht an. Der schlüssige Sachvortrag des Klägers ist für die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausreichend, weil es im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nach der Brüssel Ia-VO nicht erforderlich ist, ein umfassendes Beweisverfahren zur strittigen Tatsache des gewöhnlichen Arbeitsorts des Klägers durchzuführen, da diese - nach der Lehre von den doppelrelevanten Tatsachen - sowohl für die Zuständigkeit als auch für das Bestehen des Klaganspruchs, namentlich für die kollisionsrechtliche Anknüpfung, relevant ist und erst in der Begründetheitsprüfung näher untersucht werden muss (Mankowski IPrax 2009, 474, 477; Mankowski in Rauscher Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht 5. Aufl. Vorb. zu Art. 4 Rn. 18; Stadler in Musielak/Voit ZPO Aufl. 13 Art. 4 EuGVVO Rn. 4; Geimer in Zöller ZPO 33. Aufl. Art. 21 EuGVVO Rn. 12; Wagner in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. Bd. 10 Einl. vor Art. 2 EuGVVO Rn. 25 ff.; Krebber in Franzen/Gallner/Oetker Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht 3. Aufl. Art. 21 Rn. 16; EuGH 28. Januar 2015 - C-375/13 - [Kolassa] Rn. 61; BAG 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 41; BGH 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99; LAG Rheinland-Pfalz 08. Oktober 2019 - 6 Sa 97/19 - Rn. 34). Dies folgt dem Gedanken der Zuständigkeitsgerechtigkeit und Prozessökonomie (Wagner in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. Bd. 10 Einl. vor Art. 2 EuGVVO Rn. 26). Gründe des materiellen Rechts sollen nicht auf die Zuständigkeit durchschlagen, die Beklagte soll nicht durch bloße Gegenbehauptungen den vom Kläger bezeichneten Gerichtsstand nehmen können (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 42).

Die Brüssel Ia-VO - wie auch bereits die Vorgängerverordnung Nr. 44/2001 und das Brüsseler Übereinkommen (auch in der Fassung der Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen vom 26. Mai 1989, sog. Übereinkommen von San Sebastián) - bestimmt nicht ausdrücklich den Umfang der Kontrollpflichten, die den nationalen Gerichten bei der Überprüfung ihrer internationalen Zuständigkeit obliegen (EuGH 28. Januar 2015 - C-375/13 - [Kolassa] Rn. 59).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat klargestellt, dass es sich dabei um einen Aspekt des innerstaatlichen Verfahrensrechts handelt, dessen Vereinheitlichung nicht Gegenstand der Brüssel Ia-VO ist (EuGH 15. März 2012 - C-292/10 - [G] Rn. 44; EuGH 15. Mai 1990 - C-365/88 - [Hagen / Zeehaghe] Rn. 17, 19). Denn die Brüssel Ia-VO hat die Verteilung der gerichtlichen Zuständigkeiten für Zivil- und Handelssachen innerhalb der Union sowie die Erleichterung der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen zum Gegenstand (EuGH 15. Mai 1990 - C-365/88 - [Hagen / Zeehaghe] Rn. 17).

Indes darf die Anwendung der einschlägigen nationalen Vorschriften die praktische Wirksamkeit der Brüssel Ia-VO nicht beeinträchtigen (EuGH 7. März 1995 - C-68/93 - [Shevill u.a. / Presse Alliance] Rn. 36; EuGH 28. Januar 2015 - C-375/13 - [Kolassa] Rn. 60; EuGH 15. Mai 1990 - C-365/88 - [Hagen / Zeehaghe] Rn. 20). Dies gebietet der Effektivitätsgrundsatz, wonach die Bedingungen zur gerichtlichen Geltendmachung unionsrechtlicher Positionen nicht so gestaltet sein dürfen, dass sie die Ausübung der unionsrechtlichen Positionen, die zu schützen die nationalen Gerichte verpflichtet sind, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Mankowski IPRax 2009, 474, 476).

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezweckt die Brüssel Ia-VO, ua. den Rechtsschutz für die in der Union niedergelassenen Personen dadurch zu verbessern, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und einer verständigen Beklagten erkennbar wird, vor welchem Gericht sie verklagt werden kann (EuGH 3. Juli 1997 - C-269/95 - [Benincasa / Dentalkit] Rn. 26). Insoweit hat der Gerichtshof der Europäischen Union befunden, dass das Ziel der Rechtssicherheit es erfordert, dass das angerufene nationale Gericht in der Lage ist, ohne Schwierigkeiten über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden, ohne in eine Sachprüfung eintreten zu müssen (vgl. EuGH 3. Juli 1997 - C-269/95 - [Benincasa / Dentalkit] Rn. 27; EuGH 29. Juni 1994 - C-288/92 - [Custom Made Commercial / Stawa Metallbau] Rn. 20).

Vor diesem Hintergrund hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach der Brüssel Ia-VO nicht erforderlich ist, zu strittigen Tatsachen, die sowohl für die Frage der Zuständigkeit als auch für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs von Relevanz sind, ein umfassendes Beweisverfahren durchzuführen, weil dies die Gefahr birgt, der Begründetheitsprüfung vorzugreifen (EuGH 28. Januar 2015 - C-375/13 - [Kolassa] Rn. 63). Dem angerufenen Gericht steht jedoch frei, seine internationale Zuständigkeit im Licht aller ihm vorliegender Informationen zu prüfen, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Beklagten gehören (EuGH 28. Januar 2015 - C-375/13 - [Kolassa] Rn. 65).

Zwar verhält sich das Arbeitsgericht nicht ausdrücklich zu der Frage der Darlegungs- und Beweislast. Gleichwohl hat es seine internationale Zuständigkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b sublit. i) Brüssel Ia-VO zutreffend bejaht.

Der Kläger hat im dargestellten Sinne schlüssig behauptet, dass er seine Arbeit gewöhnlich in E. verrichtet.

Der Vortrag des Klägers lässt auf das Vorliegen eines tatsächlichen Mittelpunkts seiner Tätigkeit in E. schließen. Soweit einzelne Tatsachen zwischen den Parteien streitig sind, ist angesichts ihrer Doppelrelevanz für Zulässigkeit und Begründetheit eine Beweisaufnahme im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht erforderlich.

Denn die Frage nach dem gewöhnlichen Arbeitsort hat im spezifischen Kontext der internationalen Zuständigkeit Bedeutung sowohl für die internationale Zuständigkeit als auch für Fragen der Begründetheit (doppelrelevante Tatsachen), namentlich die kollisionsrechtlichen Anknüpfungspunkte im Internationalen Privatrecht. Letzteres folgt bei einer konkludenten Rechtswahl aus Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO, der eine überlagernde Anknüpfung der zwingenden Bestimmungen des objektiv verwiesenen Arbeitsstatuts gebietet, sofern das Wahlstatut hinter deren Standards zurückbleibt. Das objektive Arbeitsvertragsstaut knüpft gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO an den gewöhnlichen Arbeitsort an. Entsprechendes gilt, wenn keine Rechtswahl getroffen wurde.

Die Frage, welches Recht materiell anzuwenden sein wird, stand für die Kammer nicht zur Entscheidung an. Im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO ergibt sich ein bevorzugter Gleichlauf von Forum und anwendbarem Recht. Aufgrund fehlender Rechtswahl dürfte das Arbeitsvertragsstatut objektiv anzuknüpfen sein. Primäres Anknüpfungskriterium ist der gewöhnliche Ort der Arbeitsleistung und damit das Recht des gewöhnlichen Arbeitsortes nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO. Eine unzulässige Gerichtsstandsvereinbarung entfaltet keine Indizwirkung (vgl. Schlachter in Müller-Glöge/Preis/Schmidt Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 21. Aufl. Art. 9 Rom I-VO Rn. 6).

hh)

Vorliegend hat der Kläger E. zum tatsächlichen Mittelpunkt seiner Tätigkeit im Rahmen des mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrags gemacht. Denn dort hat er, ausweislich seines im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit als zutreffend zu unterstellenden Vortrages, als Leiter der Vertriebsabteilung International ein in seinem Einfamilienhaus eingerichtetes Büro, dass er als Ausgangspunkt für seine Tätigkeiten nutzt und von Zeit zu Zeit von diesem Ausgangspunkt in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union reist, um Kunden zu besuchen und den Einsatz der Leiharbeitnehmer zu organisieren. Dort hat er auch seinen Wohnsitz, von dort aus geht er der Kundenakquise nach, nimmt mittels E-Mail und Telefon Verbindungen zum Arbeitgeber, etwaigen Kunden und Dritten auf und empfängt Post für die Beklagte. Von hier plant er seine Auslandsreisen in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zu diesem Ort kehrt er nach jeder Auslandsreise zurück. Im Einzelnen:

Im Rahmen der Kundenakquise hat der Kläger nach seinem Vortrag von seinem Büro am Emder Wohnsitz per Internet nach potentiellen Kunden recherchiert und eine Liste dieser Kunden erstellt sowie die infrage kommenden Kunden anschließend kontaktiert und bei Interesse an einer Zusammenarbeit per E-Mail angeschrieben, ein Präsentationsschreiben mit dazugehöriger Dokumentation übersandt und nach Rückmeldung ein Meeting mit dem Kunden in dessen Geschäftsräumen vereinbart. Im Nachgang der Kundenbesuche hat er der Beklagten die Resultate der Gespräche per E-Mail übermittelt und das weitere Procedere mit deren Vorstand telefonisch besprochen.

Darüber hinaus hat der Kläger, dessen Vortrag insoweit als zutreffend unterstellen ist, vorgetragen, im Zusammenhang mit der Organisation des Einsatzes der Leiharbeitnehmer Unterkünfte am jeweiligen Einsatzort per E-Mail angemietet zu haben. Auch habe er im Namen der Beklagten Fahrzeuge für den Transport der verliehenen Arbeitnehmer der Beklagten vom Flughafen bis zu den angemieteten Unterkunftsräumen und für den Transport von deren Unterkunft bis zum Einsatzort angemietet. Die Anmietung habe er von seinem Büro aus telefonisch getätigt.

Im Zusammenhang mit der Organisation des Einsatzes der Leiharbeitnehmer folgten sodann Auslandsreisen nach Belgien, in die Niederlande, und zusätzlich - nach seinem Vortrag - auch nach Österreich und Slowenien, die er von E. aus durchführte und wohin er nach seinen Auslandsreisen zurückkehrte. So habe der Kläger die verliehenen Arbeitnehmer der Beklagten von einem zuvor mitgeteilten Flughafen abgeholt und in die jeweilige Unterkunft eingewiesen. Anschließend habe der Kläger die Kunden der Beklagten im Rahmen des ersten Einsatztages der Arbeitnehmer der Beklagten besucht und den Einsatz der Leiharbeitnehmer am ersten Einsatztag am jeweiligen Einsatzort organisiert. Nachdem er die Durchführung der Sicherheitstests begleitet und der Unterweisung beigewohnt habe, die er bei Bedarf auch übersetzte, kehrte der Kläger nach E. zurück.

Nach seinem als zutreffend zu unterstellenden Vortrag hat der Kläger auch im Falle von etwaigen Problemen zwischen den Leiharbeitnehmern der Beklagten und dem Vermieter der Unterkunft vermittelt. Er habe hierfür mit den Vermietern telefonisch Kontakt aufgenommen. Zudem habe der Kläger mit dem jeweiligen Entleiher und den Arbeitnehmern Gespräche geführt, wenn diese die ihnen obliegenden Arbeitsleistungen nicht ordnungsgemäß ausgeführt hätten, der Arbeit ferngeblieben waren oder den Weisungen des Entleihers keine Folge geleistet haben.

Auch diente die Adresse des klägerischen Büros in E. für den an die Beklagte gerichteten Briefverkehr ua. mit der Agentur für Arbeit Nürnberg. Dies ergibt sich aus dem Schreiben vom 24. Juni 2013, wonach die Erlaubnisurkunde und der Erlaubnisbescheid zur Arbeitnehmerüberlassung an den Kläger als Zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Beklagten in Deutschland übersandt wurde.

Unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags ist E. der Ort, "an dem" gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 1 Brüssel Ia-VO und nicht "von dem aus" gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) sublit. i) Alt. 2 Brüssel Ia-VO der Kläger seine Arbeit gewöhnlich verrichtet hat. Denn E. fungiert nicht lediglich als ein gewöhnlicher Arbeitsantrittsort und ist damit weder eine Art Stützpunkt noch Basis, sondern bildet vielmehr den Mittelpunkt seiner Tätigkeit. Nur wenn es keinen Ort gibt, an dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, kommt die "von dem aus"-Klausel zum Zuge, die auf schwächere Bezüge ausweicht, da es die stärkeren Bezüge des "an dem" eben konkret nicht gibt (Mankowski/Knöfel, EuZA 2011, 521, 528).

Müsste sich der Kläger an ein Gericht in Portugal wenden, so wäre dies im Lichte des Auslegungsmaßstabs des Gerichtshofs der Europäischen Union weder mit dem allgemeinen Bestreben vereinbar, die sozial schwächere Partei zu schützen, noch mit dem besonderen Bestreben, sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer vor dem für ihn günstigsten Gericht klagen kann.

e)

Die Vereinbarung der ausschließlichen Unterwerfung unter die portugiesische Gerichtsbarkeit in Seixal gemäß der Klausel 19 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 1. Dezember 2012 kann die gegebene internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht ausschließen. Nach Art. 23 Brüssel Ia-VO kann von den Vorschriften des 5. Abschnitts im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird (Nr. 1) oder wenn sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumt, andere als die in dem 5. Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen (Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weshalb die Vereinbarung keine rechtliche Wirkung entfaltet. Denn die Gerichtsstandsvereinbarung war bereits Gegenstand des Arbeitsvertrages vom 1. Dezember 2012 und wurde damit nicht vor dem Entstehen der vertraglichen Streitigkeit getroffen. Auch ist die Gerichtsstandsvereinbarung vorliegend eine ausschließliche und keine optionale, da sie dem Kläger keine zusätzliche Option zu den in Art. 21 Brüssel Ia-VO benannten gesetzlichen Gerichtsständen gibt.

3.

Die Beklagte trägt gemäß § 97 ZPO die Kosten der von ihr erfolglos eingelegten Berufung.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.