Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.11.2021, Az.: 10 Sa 15/21

Keine Arbeitslosmeldung als "böswilliges Unterlassen" i.S.d. § 11 Abs. 2 KSchG; Keine Sanktionen bei Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 SGB III; Verhinderung anderweitigen Arbeitsangebots als "böswilliges Unterlassen" der Annahme einer zumutbaren Arbeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
09.11.2021
Aktenzeichen
10 Sa 15/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 57637
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2021:1109.10Sa15.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Celle - 18.11.2020 - AZ: 2 Ca 103/19

Fundstellen

  • AE 2023, 36-37
  • ArbR 2022, 128
  • EzA-SD 10/2022, 4-5
  • FA 2022, 73

Amtlicher Leitsatz

Arbeitnehmer zur aktiven Mitarbeit bei der Vermeidung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit angehalten und daneben verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, § 38 Abs. 1 SGB III. Auch wenn es sich dabei zunächst 1. Das Unterlassen der Meldung des Arbeitnehmers bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend erfüllt das Merkmal des böswilligen Unterlassens im Sinne von § 11 Ziff. 2 KSchG.

  1. 2.

    Der Arbeitnehmer genügt seinen Obliegenheiten aus § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG daher nur, wenn er sich arbeitslos meldet und sich mit den ihm von der Agentur für Arbeit ernsthaft befasst. Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus Art. 12 GG begründen, weil die Arbeitslosmeldung nicht dazu zwingt, eine nachgewiesene Arbeitsmöglichkeit auch zu nutzen.

  2. 3.

    Wer vorsätzlich ohne ausreichenden Grund verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird, unterlässt es im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 böswillig, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen; Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich.

Redaktioneller Leitsatz

Unterlässt es der Arbeitgeber, den Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über dessen Verpflichtung zur Arbeitslosmeldung zu informieren, können daran keine Sanktionen geknüpft werden. Denn die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 SGB III begründet keine selbstständige Nebenpflicht des Arbeitgebers, das Vermögen des Arbeitnehmers zu schützen. Es handelt sich nicht um ein Schutzgesetz, sondern um eine nicht sanktionsbewehrte Sollvorschrift, deren Nichtbefolgung keine Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers auszulösen vermag.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 18. November 2020 - 2 Ca 103/19 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird hinsichtlich des Zahlungsantrages abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Die erstinstanzlichen Kosten fallen dem Kläger zu 4/5 und der Beklagten zu 1/5 zur Last.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um Zahlung von Arbeitsentgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

Der Kläger ist bei der Beklagten in leitender Position beschäftigt. Am 1. Oktober 2019 versetzte ihn die Beklagte auf eine andere Tätigkeit. Nachdem der Kläger diese nicht aufnahm, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Mit Urteil vom 18. November 2020, das in Rechtskraft erwachsen ist, befand das Arbeitsgerichts Celle die Versetzung für unwirksam. Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 5. März 2019 nicht aufgelöst worden ist. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig geworden.

Der Kläger, der sich zu keinem Zeitpunkt arbeitslos meldete, hat geltend gemacht, weder anderweitiges Einkommen noch Einkommensersatzleistungen bezogen zu haben. Der von ihm betriebene Fahrzeughandel sei ein Hobby, aus dem er keinen Verdienst bezogen habe. Überdies sei er dieser Tätigkeit auch nicht während der Zeit nachgegangen, in der er Arbeitsleistung für die Beklagte hätte erbringen müssen.

Der Kläger hat, soweit es Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm 174.201,07 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass der Kläger keinen Verdienst aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit erzielt habe, und ausgeführt, er habe es böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen. Es sei davon auszugehen, dass die Agentur für Arbeit ihm im Fall der Arbeitslosmeldung Angebote unterbreitet hätte.

Das Arbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag entsprochen und dazu ausgeführt: Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung schulde die Beklagte dem Kläger die Vergütung aus Annahmeverzug. Der Kläger habe keinen Zwischenverdienst und keine Sozialleistungen bezogen und müsse sich auch keinen böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anrechnen lassen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Böswilligkeit setze vorsätzliches Außerachtlassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbsarbeit voraus, während Fahrlässigkeit nicht genüge. Auch wenn man von seiner Verpflichtung ausgehe, sich arbeitsuchend zu melden, könnte Böswilligkeit nicht angenommen werden, weil Positionen der hier in Rede stehenden Hierarchieebene typischerweise nicht über die Agentur für Arbeit, sondern eher über sogenannte Headhunter besetzt würden. Böswilligkeit setze die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit voraus, nicht jedoch einer niederrangigen, schlechter vergüteten Position. Auch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit habe dem Kläger nicht oblegen.

Gegen das ihr am 7. Dezember 2020 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 6. Januar 2021 Berufung eingelegt und sie innerhalb der verlängerten Frist am 5. März 2021 begründet.

Die Berufung führt aus: Das Arbeitsgericht habe die Änderung in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verkannt. Arbeitnehmer seien verpflichtet, sich unverzüglich arbeitsuchend zu melden. Die sozialversicherungsrechtliche Meldeobliegenheit finde auch für den Annahmeverzug Beachtung. Wer es, wie der Kläger, bewusst unterlasse, sich arbeitslos zu melden, nehme sich vorsätzlich die Chance, sich mit den ihm von der Agentur für Arbeit unterbreiteten Angeboten zu befassen. Es bleibe offen, worauf das Arbeitsgericht seine Annahme stütze, Stellen wie die des Klägers würden nicht von der Agentur für Arbeit vermittelt. Diese biete sogar eine speziell auf Managerpositionen zugeschnittene Vermittlung an, so dass sie wahrscheinlich auch dem Kläger eine entsprechende Position hätte vermitteln können. Die Einschaltung externer Dienstleister, sogenannter Headhunter, sei bei der Beklagten die Ausnahme. Die Berufung bestreitet das Vorbringen des Klägers zu anderweitigen Erwerbungsbemühungen und hält es für unsubstantiiert. Sie trägt vor, soweit der Kläger auf die Kontaktaufnahme zu einem "Headhunter" abstelle, habe diese vor dem Kündigungsausspruch gelegen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, der Beklagten sei es verwehrt, sich auf die fehlende Arbeitslosmeldung zu berufen, weil sie sowohl die Versetzung als auch die Kündigung in rechtsmissbräuchlicher Weise ausgesprochen habe. Er behauptet, eine Arbeitslosmeldung müsse in einem Lebenslauf angegeben werden und daher zu einem Imageschaden führen. Die Beklagte habe ihn nicht über die Pflicht zur Arbeitslosmeldung informiert und damit ihrerseits eine sozialrechtliche Verpflichtung verletzt, die auf das Arbeitsrecht durchschlage. Positionen wie die des Klägers würden ausschließlich durch "Headhunter" besetzt. Gerade im Rüstungsbereich sei aufgrund der sehr speziellen Expertise ein branchenfremder Wechsel nahezu ausgeschlossen. Der Kläger sei Experte im öffentlichen Auftragswesen für Rüstungsgüter. Solche Positionen würden nicht über die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter vermittelt. Er habe sich um andere Stellen bemüht; so sei er kostenpflichtigen Internetportalen beigetreten, habe auf Internet-Jobbörsen regelmäßig Ausschau gehalten und sich - erfolglos - über "Headhunter" als kaufmännischer Leiter bei verschiedenen Arbeitgebern beworben. Er vertritt die Auffassung, ihn treffe keine Obliegenheit zu einer selbständigen Tätigkeit.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg.

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1, 3 ZPO, § 66 Abs. 1, 2 ArbGG) und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung ist begründet. Der Kläger kann Arbeitsentgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nicht verlangen, weil er es vorsätzlich versäumte, sich arbeitslos zu melden. Die Verletzung der entsprechenden sozialrechtlichen Obliegenheit führt vorliegend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf Annahmeverzugsentgelt.

1.

Nach der Rechtsprechung des nunmehr für Rechtsfragen des Annahmeverzuges zuständigen Fünften Senates des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, erfüllt das Unterlassen der Meldung des Arbeitnehmers bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend das Merkmal des böswilligen Unterlassens im Sinne von § 11 Ziff. 2 KSchG. Gemäß § 2 Abs. 5 SGB III sind Arbeitnehmer zur aktiven Mitarbeit bei der Vermeidung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit angehalten und daneben verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, § 38 Abs. 1 SGB III. Auch wenn es sich dabei zunächst um eine rein sozialversicherungsrechtliche Meldeobliegenheit handelt, hat die Meldepflicht auch im Rahmen der Anrechnungsvorschriften beim Annahmeverzug Beachtung zu finden, weil dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich das zugemutet werden kann, was ihm das Gesetz ohnehin abverlangt. Zudem können die sozialrechtlichen Handlungspflichten bei Auslegung des Begriffs des böswilligen Unterlassens am Maßstab der gemeinsamen Vertragsbeziehung unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nicht außer Acht gelassen werden (BAG 27. Mai 2020 - 5 AZR 387/19 - BAGE 170, 327, Rn. 47).

Der Arbeitnehmer genügt seinen Obliegenheiten aus § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG daher nur, wenn er sich arbeitslos meldet und sich mit den ihm von der Agentur für Arbeit ernsthaft befasst (ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2022, § 11 KSchG Rn. 8; Witteler/Brune, NZA 2020, 1689, 1691). Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus Art. 12 GG begründen, weil die Arbeitslosmeldung nicht dazu zwingt, eine nachgewiesene Arbeitsmöglichkeit auch zu nutzen (KR/Spilger, 12. Aufl., § 11 KSchG Rn. 48). Wer vorsätzlich ohne ausreichenden Grund verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird, unterlässt es im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 böswillig, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen; Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich (ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2022, § 11 KSchG Rn. 7).

2.

Daraus folgt für den Streitfall, dass der Kläger sich in voller Höhe seiner Klageforderung böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anrechnen lassen muss.

a)

Die Anrechnung ist zunächst nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte es entgegen § 2 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 SGB III unterließ, den Kläger vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung zur Arbeitslosmeldung zu informieren. Diese Vorschrift begründet keine selbständige Nebenpflicht des Arbeitgebers, das Vermögen des Arbeitnehmers zu schützen (BAG 29. September 2005 - 8 AZR 571/04 - BAGE 116, 78, Rn. 12). Es handelt sich nicht um ein Schutzgesetz, sondern um eine nicht sanktionsbewehrte Sollvorschrift, die Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers nicht auszulösen vermag (BAG 29. September 2005 - 8 AZR 571/04 - BAGE 116, 78, Rn. 19 ff.). Davon abgesehen beruft sich der Kläger selbst nicht darauf, seine Verpflichtung zur Arbeitslosmeldung nicht gekannt zu haben. Vielmehr hielt er eine solche Meldung lediglich nicht für sinnvoll, weil er annahm, die Agentur für Arbeit vermittle keine Tätigkeiten, die seinen Vorstellungen von Zumutbarkeit entsprechen.

Diese Wertung kann der Kläger auch nicht dadurch umgehen, dass er es als rechtsmissbräuchlich ansieht, wenn sich die Beklagte nach unterlassenem Hinweis darauf beruft, dass sich der Kläger nicht arbeitsuchend meldete. Wollte man dem folgen, so führte man entgegen dem Schutzzweck und der Systematik des Gesetzes wiederum eine Sanktion für die Nichtbefolgung von § 2 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 SGB III ein.

b)

Die Umstände der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte und die vorangegangene, gleichfalls unwirksame Versetzung des Klägers führen ebenfalls nicht dazu, dass die Beklagte rechtsmissbräuchlich oder sonst treuwidrig handelt, wenn sie sich zur Abwehr des Entgeltanspruchs auf die fehlende Arbeitslosmeldung beruft. Die Vorschrift des § 11 KSchG setzt immer voraus, dass die Parteien über die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung gestritten haben und dass nunmehr die Unwirksamkeit dieser Kündigung feststeht. So liegt es auch hier. Weshalb ein bestimmter "Grad der Unwirksamkeit" der Kündigung oder der ihr vorausgegangenen Versetzung es dem Kläger unzumutbar werden lassen soll, sich arbeitslos zu melden, ist nicht ersichtlich. Dann aber handelt die Beklagte auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich darauf beruft, dass der Kläger sich nicht arbeitsuchend meldete.

c)

Auch das Vorbringen des Klägers, herausgehobene Managementpositionen wie die von ihm bei der Beklagten innegehabte würden nicht seitens der Agentur für Arbeit, sondern ausschließlich über "Headhunter" vermittelt, ist unbehelflich. Weder besteht ein dahingehender Erfahrungssatz noch existiert sozialrechtlich eine Beschränkung der Vermittlungsaufgaben der Agentur für Arbeit auf solche Stellen, die weniger anspruchsvoll, bedeutend oder gut dotiert sind als diejenige des Klägers bei der Beklagten. Die Behauptung des Klägers, solche Positionen würden jedenfalls im Rüstungsbereich nicht über die Agentur für Arbeit vermittelt, bleibt ohne hinreichende Substanz und stellt eine Behauptung ins Blaue hinein dar, für deren Richtigkeit greifbare Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Das hierfür angebotene Sachverständigengutachten war daher nicht einzuholen, denn es handelte sich um einen prozessual unzulässigen Ausforschungsbeweis.

d)

Nicht nachvollziehbar ist das Argument, durch die Arbeitslosmeldung hätte dem Kläger ein Imageschaden gedroht. Es ist schon nicht ersichtlich, weshalb der Kläger verpflichtet sein sollte, eine Arbeitslosmeldung in seinem Lebenslauf zu erwähnen, wenn, wie vorliegend, das Arbeitsverhältnis der Parteien ungekündigt fortbesteht. Erklärungsbedürftig wären allenfalls Lücken im Lebenslauf wie längere Zeiten der Arbeitslosigkeit. Solche Lücken können durch die Arbeitslosmeldung und die dadurch ausgelöste Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit jedoch eher vermieden werden als durch deren Unterlassen.

e)

Die vom Kläger behaupteten eigenen Initiativen zur Stellensuche führen zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass der Kläger einerseits behauptet, aus seiner Sicht zumutbare Positionen würden ausschließlich über "Headhunter" vermittelt, er aber nach der Kündigung keinen solchen mehr kontaktierte, können eigene Aktivitäten zur Stellensuche zwar zusätzlich erforderlich sein, um die Anrechnung fiktiven Einkommens nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG zu vermeiden (ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2022, § 11 KSchG Rn. 8a mwN). Ein solches eigenes Tätigwerden kann jedoch die Arbeitslosmeldung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

f)

Anhaltspunkte dafür, dass die Agentur für Arbeit dem Kläger im Falle einer rechtzeitigen Arbeitslosmeldung nur Stellen mit einem geringeren Einkommen nachgewiesen hätte, liegen nicht vor. Daher muss die Anrechnung in voller Höhe der vorliegend geltend gemachten Vergütung erfolgen. Im Ergebnis steht dem Kläger mithin ein Anspruch gegen die Beklagte nicht zu.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

IV.

Die Zulassung der Revision folgt aus der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.