Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.09.2019, Az.: 13 TaBV 85/18

Nachträgliche Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder; Gerichtliche Überprüfung der Erforderlichkeit einer Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder; Keine befristete Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder; Fehlerhafte Beschlussfassung des Wahlvorstands über die Ordnungsmäßigkeit der schriftlich abgegebenen Stimmen als Anfechtungsgrund

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
11.09.2019
Aktenzeichen
13 TaBV 85/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 56280
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2019:0911.13TaBV85.18.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Braunschweig - 26.09.2018 - AZ: 1 BV 8/18

Fundstelle

  • ArbR 2020, 458

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    § 16 Abs. 1Satz 2 BetrVG erlaubt dem Betriebsrat unter Beachtung von S. 3 ohne Festlegung einer Höchstgrenze auch eine nachträgliche Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich nachprüfbar, wobei insbesondere die betrieblichen Verhältnisse (Größe des Betriebes; Schichtsystem) und die nach § 12 Abs. 2 WO, vorgeschriebene Mindestzahl an Wahlvorstandsmitgliedern im Wahlraum zu berücksichtigen sind.

  2. 2.

    Auch unter Berücksichtigung eines Wahlzeitraums von 6 Tagen, der Einrichtung von 13, teilweise täglich und durchgehend geöffneten Wahllokalen, des Fehlens einer gesetzlichen Höchstgrenze für die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder sowie unter Zubilligung eines Beurteilungsspielraums war eine nachträgliche Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder von 7 auf 113 durch den Betriebsrat im Streitfall u.a. deshalb nicht erforderlich, weil der Wahlvorstand zuvor bereits von der Möglichkeit gemäß § 1 Abs. 2 WO Gebrauch gemacht hatte, 113 Wahlhelfer für die Besetzung der Wahllokale zu bestellen und damit gem. § 12 Abs. 2 WO grundsätzlich je Wahllokal bereits die Anwesenheit eines stimmberechtigten Wahlvorstandsmitglieds und eines Wahlhelfers genügte.

  3. 3.

    § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG kann nicht dahin ausgelegt werden, dass er eine von vorneherein lediglich befristete Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder für den Zeitraum der Stimmabgabe erlaubt.

  4. 4.

    Nach Abschluss der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand im verfahren nach § 26 WO über die Ordnungsgemäßigkeit der schriftlich abgegebenen Stimmen (§ 25 WO) durch Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 1 Abs. 3 S 1 WO) zu entscheiden. Es war im Streitfall nicht auszuschließen, dass diese Entscheidungen in anderer Größe und personeller Zusammensetzung des Wahlvorstandes anders ausgefallen wären und sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt hätten.

Tenor:

  1. 1.

    Die Beschwerden des Beteiligten zu 5 und der Beteiligten zu 6 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 26.09.2018 (1 BV 8/18) werden zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die vier Antragsteller sind Arbeitnehmer der Beteiligten zu 6, die mehr als 6.000 Mitarbeiter in unterschiedlichen Schichtsystemen beschäftigt.

Der Beteiligte zu 5 ist der bei der Beteiligten zu 6 Anfang März 2018 gewählte Betriebsrat.

Zur Durchführung der Betriebsratswahl 2018 setzte der Beteiligte zu 5 in seiner damaligen Besetzung mit Beschluss vom 27.11.2017 einen siebenköpfigen Wahlvorstand ein. Laut Wahlausschreiben (Anlage 1, Bl. 30 f. d. A.) war die Wahl an 6 aufeinanderfolgenden Tagen in insgesamt 13 Wahllokalen vorgesehen, von denen 6 durchgehend, 4 täglich und 2 an vier Tagen jeweils zeitweise und 1 weiteres an drei Tagen zeitweise geöffnet sein sollte.

Am 23.02.2018 fasste der Wahlvorstand einen Beschluss über die Heranziehung von 113 Wahlhelfern für die Besetzung der Wahllokale und 66 Wahlhelfern für die Stimmauszählung (Anlagen B 4 und 5, Bl. 92 ff., 96 d. A.).

Zudem fasste der der Beteiligte zu 5 am 26.02.2018 einen Beschluss über die Bestellung von 106 weiteren, namentlich benannten Wahlvorstandsmitgliedern. In dem Protokoll dieser Sitzung (Anlage B1, Bl. 78 ff. d. A.) heißt es unter Ziff. 8.:

"Koll. C. erläutert den Hintergrund der o.g. Angelegenheit. Es stellt die Angelegenheit vor und erläutert die Bestellung weiterer Wahlvorstandsmitglieder anhand der Vorlage.

Der BA empfiehlt einstimmig der Bestellung weiterer Wahlvorstandsmitglieder nach § 16 (1) BetrVG gemäß vorliegender Vorlage zuzustimmen.

Der BR beschließt einstimmig der Bestellung weiterer Wahlvorstandsmitglieder nach § 16 (1) BetrVG gemäß vorliegender Vorlage zuzustimmen."

Als Anlage zu diesem Protokoll existiert eine Namensliste mit der Überschrift "Erweiterte Wahlvorstandsmitglieder für den Wahlzeitraum".

Die vorgesehenen Einsatzzeiten der Wahlvorstandsmitglieder und Wahlhelfer im Zeitraum der Stimmabgabe sind aus einer Besetzungsliste (Anl. B6, Bl. 97 - 123 d. A.) ersichtlich.

In der Zeit vom 01.03.2018, 08:00 Uhr bis zum 06.03.2018, 15:00 Uhr fand die Stimmabgabe statt. Es gab eine gültige Vorschlagsliste, aus der vom jeweiligen Wähler bis zu 33 Wahlbewerber ausgewählt werden konnten.

Die Öffnung der eingegangenen Freiumschläge aus der schriftlichen Stimmabgabe (Briefwahl), das Prüfen der betreffenden Unterlagen und das Einlegen der Briefwahlstimmen (Wahlumschläge) in die Wahlurne erfolgte am 06.03.2018 in der Zeit von ca. 14:55 bis 17:30 im Hauptwahllokal in Gegenwart von mindestens 5 der 7 ursprünglich bestellten 7 Wahlvorstandsmitglieder. Die Wahlumschläge aus 13 Freiumschlägen wurden erst im Rahmen der nachfolgenden Stimmauszählung zu den noch in Wahlumschlägen befindlichen Stimmen aus der bereits geöffneten Urne des Hauptwahllokals gegeben.

Die Stimmauszählung fand am 06.03.2018, ab 17:53 Uhr in einem anderen Raum statt und endete am Folgetag gegen ca. 05:30 Uhr. Sie erfolgte zeitgleich an 8 Tischen in einem Saal, in dem sich oberhalb der Türhöhe an 3 Seiten Tribünen für die Öffentlichkeit befanden. Auf der Saalebene war der Öffentlichkeitsbereich durch eine Tischreihe von den Auszähltischen und einem weiteren Tisch, an dem die Ergebnisse zusammengeführt und in die EDV eingepflegt wurden, abgegrenzt (Fotos Anlage ASt. 3, Bl. 34f d. A.). Die Vorsitzende des Wahlvorstandes verließ die Auszählung am 07.03.2018 um 02:24 Uhr.

Am 12.03.2018 wurde das Wahlergebnis bekannt gegeben.

Mit ihrer am 26.03.2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift haben sich die Antragsteller gegen die Wirksamkeit der Betriebsratswahl gewendet.

Die Antragsteller haben insbesondere vorgetragen, die Bestellung von 106 weiteren Wahlvorstandsmitgliedern sei nicht erforderlich und wegen Verletzung wesentlicher Wahlvorschriften unwirksam gewesen. Eine zeitliche Begrenzung des Amtes sei gesetzlich nicht vorgesehen. Ohnehin sei der Beschluss vom 26.02.2018, dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen sie mit Nichtwissen bestreiten würden, zu spät gefasst worden.

Es bestünden zudem bereits Zweifel an einer wirksamen Bestellung des ursprünglichen Wahlvorstandes, da ausweislich des Protokolls über die Betriebsratssitzung vom 27.11.2017 nur über eine Empfehlung abgestimmt worden sei. Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung würden sie mit Nichtwissen bestreiten.

Darüberhinaus hätten Wahlberechtigte ohne Angabe eines Verhinderungsgrundes auf bloße Anforderung Briefwahlunterlagen erhalten.

In 8 Wahllokalen sei im Zeitraum der Stimmabgabe Wahlwerbung durch amtierende Betriebsratsmitglieder und Wahlhelfer verteilt worden.

Ferner sei es im Zusammenhang mit der Öffnung, Prüfung und Behandlung der Briefwahlunterlagen zu Verstößen gegen wesentliche Verfahrensvorschriften gekommen.

Auch das Wahlausschreiben sei fehlerhaft, das Gebot der öffentlichen Stimmauszählung missachtet, die Wahl durch die Beteiligte zu 6 behindert und die Wahlurnen seien unzureichend versiegelt worden.

Es könne nicht sicher ausgeschlossen werden, dass sich diese Verfahrensverstöße jeweils auf das Wahlergebnis ausgewirkt hätten.

Die Antragsteller haben beantragt:

Die Betriebsratswahl in dem Betrieb der S. GmbH vom 01.03.2018 bis 06.03.2018 wird für unwirksam erklärt.

Der Beteiligte zu 5), und die Beteiligte zu 6), haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 5) hat vorgetragen, angesichts der Anzahl an Wahllokalen und der jeweiligen Öffnungszeiten sei die Erhöhung der Anzahl an Wahlvorstandsmitglieder erforderlich gewesen, um unter Berücksichtigung einzukalkulierender personeller Ausfälle die Mindestbesetzung mit Wahlvorständen und Wahlhelfern sicherzustellen. Selbst wenn insoweit das Maß des Erforderlichen überschritten worden sei, könne sich dies nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben.

Die Bestellung der zusätzlichen Wahlvorstandsmitglieder sei ordnungsgemäß beschlossen und zeitlich bis zur Beendigung der Stimmabgabe am 06.03.2018 um 15:00 Uhr begrenzt worden. Letzters sei erforderlich gewesen, da ein 113köpfiger Wahlvorstand nach Abschluss der Stimmabgabe hinsichtlich der dann vorzunehmenden Handlungen und zu treffenden Entscheidungen nicht mehr handlungsfähig gewesen wäre.

Auch der Beschluss vom 27.11.2017 sei ordnungsgemäß zustande gekommen.

Am 06.03.2018 von 14:55 - 15:00 seien nur Vorbereitungshandlungen für das nach 15:00 Uhr erfolgte Öffnen der Freiumschläge mit der Kontrolle und dem Einwerfen der Wahlumschläge in die Urne vorgenommen worden.

Die Beteiligte zu 6) hat gerügt, der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller sei zum Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift bei Gericht nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen.

Nach Überreichung von Vollmachten des Antragstellers zu 2 vom 15.03.2018, der Antragsteller zu 1 und 4 jeweils vom 21.03.2018 sowie sämtlicher Antragsteller jeweils vom 22.08.2018 (Schutzhülle Bl. 243 d. A.) hat das Arbeitsgericht hat mit einem dem Beteiligten zu 5 am 04.10.2018 und dem Beteiligten zu 6 am 01.10.2018 zugestellten Beschluss vom 26.09.2018 (Bl. 293 - 302 d.A.), auf den wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie seiner Würdigung durch das Arbeitsgericht verwiesen wird, dem Antrag stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine lediglich zeitlich befristete Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder sei unzulässig. Es sei nicht auszuschließen, dass bei Fortbestand eines 113-köpfigen Wahlvorstands nach der Stimmabgabe, Entscheidungen mit Auswirkungen auf das Wahlergebnis getroffen worden wären. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 5 ist am 08.10.2018 eingelegt und am 14.01.2019 innerhalb verlängerter Frist begründet worden. Die Beschwerde der Beteiligten zu 6 ist am 15.10.2018 eingelegt und am 21.12.2018 innerhalb verlängerter Frist begründet worden.

Der Beteiligte zu 5 wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, es fehle eine Grundlage für die Annahme des Arbeitsgerichts, die temporär bestellten Wahlvorstandsmitglieder seien wie Wahlhelfer eingesetzt worden.

Ungeachtet dessen könne sich eine evtl. Fehlerhaftigkeit nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben, denn während der Stimmabgabe hätten keine Beschlüsse bzw. Ermessensentscheidungen des Wahlvorstandes getroffen werden müssen.

Auch sei der Anfechtungsgrund "Bestellung zusätzlicher Wahlvorstandsmitglieder" nicht innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist, sondern erstmals im Schriftsatz der Antragsteller vom 20.07.2018 geltend gemacht worden.

Die Beteiligte zu 6 trägt darüberhinaus vor, zu Unrecht sei das Arbeitsgericht von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller ausgegangen. Tatsächlich sei dieser von Herrn K. zur Durchführung des Verfahrens beauftragt und hierzu informiert worden. Die vorgelegten Vollmachten mit Daten 15.03. und 21.03.2018 seien von den Antragstellern zu 1, 2 und 4 nicht an den angegebenen Tagen unterschrieben worden. Die 4 Antragsteller seien tatsächlich als sogen. Strohmänner tätig geworden und hätten insoweit bewusst die Unwahrheit vorgetragen. Denn in sie betreffenden Klageverfahren hätten die Antragsteller zu 2 und 4 behauptet, den Auftrag zur Wahlanfechtung erst am 23.03.2018 erteilt zu haben.

Der Beteiligte zu 5 und die Beteiligte zu 6 beantragen,

Den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 26.09.2018 (1 BV 8/18) abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsteller zu 1 bis 4 beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Sie wiederholen und vertiefen die erstinstanzlich vorgetragenen Anfechtungsgründe, verteidigen die angefochtene Entscheidung und tragen ergänzend vor, die Unterzeichnung der Vollmachten sei tatsächlich an den angegebenen Daten erfolgt. Ihr Verfahrensbevollmächtigter habe drei der Urkunden jedoch erst am 23.03.18 und eine weitere am 24.03.18 erhalten. Jedenfalls sei eine wirksame rückwirkende Genehmigung durch die 4 Vollmachten mit Datum 22.08.2018 erfolgt.

Es sei nicht ausgeschlossen, dass bei einer Anwesenheit von 113 Wahlvorstandsmitgliedern bei der Stimmauszählung Fehler aufgefallen wären, die den 7 anwesenden Wahlvorstandsmitgliedern nicht aufgefallen seien.

Zudem seien ihnen folgende weitere Verstöße bekannt geworden:

Bei der Öffnung der Briefwahlunterlagen seien nicht einmal durchgehend 5 Wahlvorstandsmitglieder anwesend gewesen, weil die Vorsitzende des Wahlvorstandes Frau S. noch vor ca. 15:45 Uhr das Hauptwahllokal verlassen habe. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass das bei diesem Vorgang beteiligte Ersatzmitglied P. für ein verhindertes reguläres Wahlvorstandsmitglied nachgerückt sei.

Eine unzulässige Wahlbehinderung liege auch in dem Schreiben der Beteiligten zu 6 an den Antragsteller zu 1 vom 01.03.2018 (Bl. 425 d. A.).

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

II.

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaften Beschwerden des Beteiligten zu 5 und der Beteiligten zu 6 sind jeweils form- und fristgerecht im Sinne der §§ 87 Abs. 2, 66, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie sind auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat das Verfahren zutreffend entschieden.

1.

Der Wahlanfechtungsantrag ist zulässig.

a)

Der Antrag ist gemäß § 2 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 80 ff ArbGG richtigerweise im Beschlussverfahren geltend gemacht worden.

b)

Zwischen den Antragstellern zu 1 bis 4 und den Beteiligten zu 5 und 6 ist ein Prozessrechtsverhältnis begründet worden. Für diese Feststellung kann dahinstehen, ob ihr Verfahrensvertreter zum Zeitpunkt des Antragseingangs ordnungsgemäß bevollmächtigt war. Jedenfalls haben sämtliche Antragsteller durch ihre Anwesenheit im Anhörungstermin vor der Kammer des Arbeitsgerichts und die Überreichung schriftlicher, vom 22.08.2018 datierender Vollmachten sowohl stillschweigend als auch ausdrücklich die gesamte bis dahin erfolgte Verfahrensführung ihres Vertreters gemäß § 89 Abs. 2 ZPO genehmigt. Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung, hier den Antragseingang zurück (Althammer in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 89 ZPO, Rn. 12; BGH 10.01.1995 - X ZB 11/92 -, juris, Rn. 12).

c)

Die Betriebsratswahlanfechtung ist gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG statthaft.

d)

Beteiligte des Verfahrens gem. § 83 Abs. 3 ArbGG sind neben den Antragstellern der Betriebsrat, dessen Wahl angefochten wird und der Arbeitgeber. Der Wahlvorstand ist auch dann nicht beteiligt, wenn sich die Wahlanfechtung - wie hier - auf Mängel seiner Bestellung bzw. seines Verfahrens bezieht, denn sein Amt ist mit der Einberufung des neu gewählten Betriebsrats zur konstituierenden Sitzung erloschen.

2.

Der Wahlanfechtungsantrag ist begründet.

a)

Die formellen Anfechtungsvoraussetzungen sind gegeben.

aa)

Die 4 Antragsteller sind unstreitig wahlberechtigte Arbeitnehmer der Beteiligten zu 6 und daher gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 1. Var. BetrVG eine ausreichende Anzahl anfechtungsberechtigter Personen.

bb)

Die Anfechtungsfrist gem. § 19 Abs. 2 S. 2 BetrVG ist gewahrt. Der Antrag ist am 26.03.2018 und damit innerhalb von 2 Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 12.03.2018 bei dem Arbeitsgericht eingegangen. Innerhalb der Anfechtungsfrist haben die Antragsteller auf S. 2 - 10 der Antragsschrift unter Angabe von Tatsachen diverse vermeintliche Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften gerügt, nämlich u.a. ein fehlerhaftes Wahlausschreiben, unzureichend versiegelte Wahlurnen, einen Verstoß gegen das Gebot der öffentlichen Stimmauszählung, unerlaubte Wahlwerbung, Wahlbehinderung und eine fehlerhafte Behandlung von Briefwahlstimmen. Diese Gründe sind an sich geeignet, eine Wahlanfechtung zu begründen. Dies ist für die Wahrung der Anfechtungsfrist ausreichend.

Die Wahrung der Anfechtungsfrist scheitert nicht am Fehlen einer Vollmacht des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller. Zwar erschiene durchaus fraglich, ob die Rückwirkung der am 22.08.2018 vorsorglich erklärten Genehmigung der Verfahrensführung über die verfahrensrechtliche Ebene hinaus (hierzu s.o. unter II. 1. b)) auch in materiell-rechtlicher Hinsicht Wirkung hätte. Insoweit könnte das Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht entsprechend § 180 Satz 1 BGB unzulässig und die rückwirkende Genehmigung des einseitigen Rechtsgeschäfts der Wahlanfechtung, das an eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist gebunden ist, nur innerhalb dieser Ausschlussfrist möglich sein (vgl. LAG Düsseldorf, 13.12.2006 - 12 TaBV 95/06 -, Rn. 48, juris). Das Arbeitsgericht hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass die auf den 15.03.2018 bzw. auf den 21.03.2018 datierenden Original-Vollmachten der Antragsteller zu 1), 2) und 4) inhaltlich den Anforderungen an eine Verfahrensvollmacht entsprechen. Entsprechendes gilt für die vom Antragsteller zu 3 im Beschwerdeverfahren vorgelegte, ebenfalls auf den 21.03.2018 datierende Original-Vollmacht. Hinreichende Anhaltspunkte, die eine Manipulation dieser Vollmachten - etwa in Form einer Rückdatierung zu einem Zeitpunkt nach Ablauf der Anfechtungsfrist - nahelegen, hat die Beteiligte zu 6 auch unter Berücksichtigung ihres Beschwerdevorbringens nicht aufgezeigt. Der in den herangezogenen Klageverfahren angegebene Bevollmächtigungszeitpunkt - 23.03.2018 - wiche zwar von den Daten der hier vorgelegten Vollmachten ab, läge aber ebenfalls noch vor dem Ablauf der Anfechtungsfrist. Zudem haben die Antragsteller das Auseinanderfallen der angegebenen Daten in ihrer Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar mit dem Übermittlungsweg erklärt. Für ein bloßes Tätigwerden als Strohmann für den allein nicht anfechtungsberechtigten Herrn K. bestehen bei dieser Sachlage selbst dann keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte, wenn das Wahlanfechtungsverfahren (auch) in dessen Interesse läge und der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller Informationen hierfür von Herrn K. erhalten hätte.

b)

Die angefochtene Wahl ist unwirksam, weil gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden ist. Die Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder um 106 Personen gemäß Beschluss des Betriebsrats vom 26.02.2018 verstößt gegen § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG.

aa)

Dieser Anfechtungsgrund ist nicht gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 BetrVG verfristet.

(1)

Im Bereich des Wahlanfechtungsverfahrens kommt es darauf an, ob innerhalb der Anfechtungsfrist überhaupt betriebsverfassungsrechtlich erhebliche Gründe vorgetragen worden sind. Der Antragsteller muss in seinem Antrag einen Sachverhalt darlegen, der möglicherweise die Ungültigkeit der durchgeführten Wahl begründen kann, der also nicht schon auf den ersten Blick erkennbar ganz unerheblich ist; der Sachverhalt muss Anlass zu der Ansicht des Antragstellers geben können, es sei bei der Wahl gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden. Ist das der Fall, so steht nicht nur einem Nachschieben von Anfechtungsgründen nichts im Wege, sondern das Gericht ist dann sogar gehalten, von Amts wegen allen für eine Wahlanfechtung in Betracht kommenden Wahlverstößen nachzugehen, die sich aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben (vgl. BAG 03.06.1969 - 1 ABR 3/69 -, BAGE 22, 38, Rn. 10).

(2)

Diesen Voraussetzungen ist hier genügt. Innerhalb der Anfechtungsfrist haben die Antragsteller auf S. 2 - 10 der Antragsschrift unter Angabe von Tatsachen diverse vermeintliche Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften gerügt. Auf die Ausführungen unter 2. a) bb) wird verwiesen.

bb)

Die Berufung der Antragsteller auf diesen Anfechtungsgrund ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Ersichtlich haben die Antragsteller erst aufgrund der Antragserwiderung durch den Beteiligten zu 5 von der dort behaupteten (temporären) Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erfahren. Nichts anderes behauptet die Beteiligte zu 6. Dann kann die nachfolgende Berufung auf diesen Umstand nicht rechtsmissbräuchlich sein. Ob und inwieweit die nunmehr vertretene Ansicht der Antragsteller zu 1 - 4 von ihrem ursprünglichen Vorbringen in der Antragschrift abweicht, ist dabei ohne Belang.

cc)

Der Beschluss vom 26.02.2018 verstößt gegen § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG, weil die Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder um 106 nicht erforderlich war.

(1)

§ 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG erlaubt dem Betriebsrat unter Beachtung von S. 3 ohne Festlegung einer Höchstgrenze auch eine nachträgliche Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder (h. M.: Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 29. Auf. § 16 Rn. 29f; GK-Kreutz, BetrVG, 10. Auf. § 16 Rn. 32f; Richardi-Thüsing, BetrVG, 16. Auf. § 16 Rn. 10; ErfK-Koch, 19. Auf. § 16 BetrVG Rn. 5), wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich nachprüfbar, wobei insbesondere die betrieblichen Verhältnisse (Größe des Betriebes; Schichtsystem) und die nach § 12 Abs. 2 WO, vorgeschriebene Mindestzahl an Wahlvorstandsmitgliedern im Wahlraum zu berücksichtigen sind (h. M. wie vorstehend; ferner: LAG Nürnberg 15.05.2005 - 2 TaBV 29/06 - juris, Rn. 24; Otto/Schmidt, NZA 2014, 169, 170). Ob dem Betriebsrat hinsichtlich der Voraussetzung der Erforderlichkeit ein Beurteilungsspielraum zusteht ist streitig (verneinend: GK-Kreutz, a.a.O. Rn. 33; bejahend: etwa Richardi-Thüsing, a.a.O. Rn. 10; ErfK-Koch, a.a.O. Rn. 5).

(2)

Auch unter Berücksichtigung des Fehlens einer gesetzlichen Höchstgrenze für die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder sowie unter Zubilligung eines Beurteilungsspielraums war eine nachträgliche Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder von 7 auf 113 durch den Betriebsrat im Streitfall nicht erforderlich. Unterstellt, die betrieblichen Verhältnisse rechtfertigten die Festsetzung eines Wahlzeitraums von 6 Tagen, die Einrichtung von 13 Wahllokalen, davon 6 durchgehend, 4 täglich zeitweise und 2 an vier Tagen zeitweise geöffnete Wahllokale sowie ein weiteres an drei Tagen zeitweise geöffnetes Wahllokal, ergäbe sich unter Berücksichtigung der erforderlichen Mindestzahl von 2 im Wahlraum anwesenden Wahlvorstandsmitglieder (§ 12 Abs. 2 WO) und einer täglichen maximal 8-stündigen Einsatzzeit je Wahlvorstandsmitglied und Wahltag für den Tag mit den umfangreichsten abzudeckenden Öffnungszeiten (02.03.2018) rechnerisch das Erfordernis für die Heranziehung von insgesamt 66 Wahlvorstandsmitgliedern. Es könnte darüberhinaus sogar davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte zu 5 angesichts der grundsätzlich bestimmten Anzahl von 3 Wahlvorstandsmitgliedern (§ 16 Abs. 1 S. 1 BetrVG), von denen gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 1. HS WO immer "mindestens" 2 im Wahlraum anwesend sein müssen, an sich auch die Anwesenheit von 3 Wahlvorstandsmitgliedern je Wahllokal für erforderlich halten durfte, mit der Folge, dass sich unter Berücksichtigung des Tages mit den umfangreichsten abzudeckenden Öffnungszeiten der Wahllokale sogar ein Bedarf an 99 Wahlhelfern ergäbe. Die Zahl von insgesamt 113 Wahlvorstandsmitgliedern überschreitet jedoch beide Zahlen deutlich. Zudem wäre selbst eine Bestellung von insgesamt 99 Wahlvorstandsmitgliedern jedenfalls im Streitfall nicht mehr vertretbar. Sie ließe sich insbesondere nicht mit kurzfristig auftretenden, etwa krankheitsbedingten Verhinderungen oder mit notwendigen kurzzeitigen Abwesenheitszeiten der Wahlvorstandsmitglieder während der planmäßigen Einsatzzeit begründen. Gerade weil der Wahlvorstand hier 3 Tage zuvor von der Möglichkeit gemäß § 1 Abs. 2 WO Gebrauch gemacht hatte, 113 Wahlhelfer für die Besetzung der Wahllokale zu bestellen und damit gem. § 12 Abs. 2 WO grundsätzlich je Wahllokal bereits die Anwesenheit eines stimmberechtigten Wahlvorstandsmitglieds und eines Wahlhelfers genügte, hätte bei Fehlen sonstiger, hier nicht erkennbarer Gesichtspunkte, unter Berücksichtigung von § 16 Abs. 1 S. 3 BetrVG die Bestellung von insgesamt ca. 67 Wahlvorstandsmitgliedern und - für den Fall einer Verhinderung - einer ausreichenden Zahl an Ersatzmitgliedern (§ 16 Abs. 1 S. 4 BetrVG) ausgereicht. Denn erkennbares Ziel des Gesetzes ist ein möglichst handlungsfähiger Wahlvorstand. Dies verdeutlichen insbesondere § 16 Abs. 1 S. 1 und S. 3 BetrVG sowie § 1 Abs. 2 und § 12 Abs. 2 WO. Danach ist die Besetzung des Wahlvorstands mit grundsätzlich drei Mitgliedern unabhängig von der Betriebsgröße vorgesehen und nicht eine an dem Gedanken der Repräsentation orientierte Staffelung der Mitgliederzahl wie in § 9 BetrVG für den Betriebsrat. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass mit steigender Mitgliederzahl der Abstimmungsbedarf steigt und zusätzlicher administrativer Aufwand entsteht, der eine Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit des Wahlvorstands zur Folge haben kann. Auch begründet jede Vergrößerung des Wahlvorstands potenziell die Gefahr, dass die vom Gesetz vorausgesetzte persönliche Verantwortung der Mitglieder für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl verloren geht (vgl. Otto/Schmidt, NZA 2014, 169, 171; DKK-Wedde, BetrVG, 15 Aufl. 2016, § 16 Rn. 15). Die Problematik der Handlungsfähigkeit hat der Beteiligte zu 5 nach eigener Darstellung bei der Beschlussfassung auch gesehen. Indes konnte die deswegen von ihm angeblich beschlossene, jedenfalls aber praktizierte temporäre Beschränkung der Bestellung - unterstellt, sie wäre wirksam - die Problematik für die Dauer des Bestellungszeitraums nicht entfallen lassen. Etwaige Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte (vgl. hierzu LAG Nürnberg 15.05.2005 - 2 TaBV 29/06 - juris, Rn. 24; GK-Kreutz, BetrVG, 10. Auf. § 16 Rn. 33; Otto/Schmidt, NZA 2014, 169, 170) oder etwa eine Absicht, möglichst vielen Personen Sonderkündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 KSchG zu verschaffen, können eine Bestellung einer so großen Anzahl an Wahlvorstandsmitgliedern nicht rechtfertigen.

Ungeachtet dessen hätte im Streitfall auch eine (stärkere) zeitliche Staffelung bei der Öffnung der Wahllokale nahegelegen, weil für die Wähler nach dem eigenen Vortrag des Beteiligten zu 5 die Möglichkeit bestand, auch in einem anderen Wahllokal zu wählen, als in dem, dem sie zugeordnet waren.

(3)

Selbst wenn man die Erhöhung auf 113 Wahlvorstandsmitglieder für wirksam erachten wollte, verstieße jedenfalls die hier nach dem Vortrag des Beteiligten zu 5 beschlossene, unstreitig aber zumindest tatsächlich praktizierte zeitliche Beschränkung der Erhöhung auf den Zeitraum der Stimmabgabe gegen § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Die Vorschrift erlaubt zwar nach zutreffender h. M. (s. o.) bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch eine erst nachträgliche Bestellung weiterer Wahlvorstandsmitglieder, mit der Folge, dass ein solchermaßen bestelltes Mitglied nicht bei allen Beschlüssen des Wahlvorstandes während der Einleitung und Durchführung der Wahl mitwirkungsberechtigt ist. Ansonsten erlischt das Amt des einmal bestellten Wahlvorstandes jedoch grundsätzlich erst mit der Einberufung des neu gewählten Betriebsrats zur konstituierenden Sitzung (vgl. BAG 28.02.1958 - 1 ABR 3/57 -, juris). Eine vorzeitige Abberufung oder Ersetzung einzelner Mitglieder des Wahlvorstandes ist gesetzlich nicht vorgesehen, wie § 18 Abs. 1 S. 2 BetrVG verdeutlicht (Fitting, a.a.O., § 18 Rn. 47; DKKW-Homburg, BetrVG, 15 Aufl. 2016, § 18 Rn. 17). Lediglich der Rücktritt/die Amtsniederlegung eines einzelnen Wahlvorstandsmitglieds wird für zulässig erachtet (vgl. LAG Düsseldorf 26. 3. 1975 - 12 Ta BV 29/75 -, juris). Dies dient erkennbar der Durchführung der Betriebsratswahl und der Unabhängigkeit des (einzelnen) Wahlvorstandsmitglieds. Vor diesem Hintergrund kann § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG nicht dahin ausgelegt werden, dass er eine von vorneherein lediglich temporäre Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder für den Zeitraum der Stimmabgabe erlaubt. Angesichts des erkennbaren Sinn und Zwecks der Regelungen in den §§ 16 und 18 BetrVG hätte es hierfür eindeutiger Anhaltspunkte im Wortlaut der Norm bedurft.

dd)

Der festgestellte Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens lässt nicht darauf schließen, hierdurch habe das Wahlergebnis insgesamt objektiv weder beeinflusst noch geändert werden können.

(1)

Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (BAG 18.07.2012 - 7 ABR 21/11 -, Rn. 30, juris).

(2)

Danach ist die Wahl unwirksam. Der Verstoß gegen § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses vom 26.02.2018 (vgl. LAG Nürnberg 15.05.2005 - 2 TaBV 29/06 - juris, Rn. 28). Damit bestand zum Zeitpunkt der Wahl lediglich ein 7-köpfiger Wahlvorstand. Ein 7-köpfiger Wahlvorstand war - auch zusammen mit 113 Wahlhelfern - unter Berücksichtigung von § 12 Abs. 2 WO nicht in der Lage, zeitgleich in bis zu 13 Wahllokalen den Wahlvorgang ordnungsgemäß durchzuführen.

Es lässt sich nicht konkret feststellen, dass auch bei Beachtung von § 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG, also der (unbefristeten) Bestellung einer erforderlichen Anzahl zusätzlicher Wahlvorstandsmitglieder, kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Ein Wahlvorstand hat nach der WO 2001 grundsätzlich Ermessensentscheidungen zu treffen, die je nach seiner personellen Zusammensetzung unterschiedlich ausfallen und sich auf das Wahlergebnis auswirken können (vgl. dazu BAG 31.05.2000 - 7 ABR 78/98 -, Rn. 51). Der Beteiligte zu 5 hat zwar unbestritten vorgetragen, dass der Wahlvorstand während der Wahl keine Ermessensentscheidungen treffen bzw. Beschlüsse fassen musste. Er hat dies jedoch in der Anhörung vor der Beschwerdekammer dahin präzisiert, dass damit lediglich der Zeitraum der Stimmabgabe vom 01.03. bis 06.03.2018, 15:00 Uhr gemeint ist. Nach Abschluss der Stimmabgabe hatte der Wahlvorstand im Verfahren nach § 26 WO über die Ordnungsmäßigkeit der schriftlich abgegebenen Stimmen (§ 25 WO), sowie bei der anschließenden Auszählung der Stimmen über deren Gültigkeit (§§ 21, 14 Abs. 1 S. 2 WO) durch Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 1 Abs. 3 S. 1 WO) zu entscheiden. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Entscheidungen in anderer Größe und personeller Zusammensetzung des Wahlvorstandes anders ausgefallen wären und sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt hätten (vgl. BAG 31.05.2000 - 7 ABR 78/98 -, juris, Rn. 51).

Dies gilt umso mehr, als der 7-köpfige Wahlvorstand nach Abschluss der Stimmabgabe auch gegen § 26 Abs. 1 S. 2 WO verstoßen hat. Die Wahlumschläge aus 13 Freiumschlägen wurden nicht in öffentlicher Sitzung gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 WO sondern erst im Rahmen der Stimmauszählung zu den noch in Wahlumschlägen befindlichen Stimmen aus der bereits geöffneten Urne des Hauptwahllokals gegeben. Die Sitzung gemäß § 26 Abs. 1 WO ist nicht identisch mit der öffentlichen Sitzung des Wahlvorstandes zur Stimmauszählung gemäß § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 WO. Zwar können beide Sitzungen so gelegt werden, dass sie ineinander übergehen (GK-Kreutz/Jacobs, aaO. § 26 WO, Rn. 2). Das war hier jedoch nicht der Fall. Die Sitzung gemäß § 26 WO fand im Hauptwahllokal statt und endete gegen 17:30 Uhr. Die Stimmauszählung erfolgte hingegen ab 17:53 Uhr in einem anderen Raum. Dort wurden die fraglichen 13 Stimmen erst nach Öffnung und Beginn der Auszählung der für die Briefwahlstimmen bestimmten Urne des Hauptwahllokals den noch verschlossenen Wahlumschlägen beigegeben. Die Verwendung einer verschlossenen Wahlurne im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 WO ist aber auch bei der schriftlichen Stimmabgabe unerlässlich (LAG Hamm 9.3.2007 - 10 TaBV 105/06 - juris, Rn. 60, m.w.N.; Richardi/Forst, BetrVG 16. Aufl. 2018, WO § 26 Rn. 4a; GK-BetrVG/Kreutz, a.a.O., § 26 Rz. 4). Die Wahlurne darf erst geöffnet werden, wenn der Wahlvorstand alle (ungeöffneten) Wahlumschläge aus rechtzeitig eingegangenen und auf Ordnungsmäßigkeit überprüften schriftlichen Stimmabgaben in die Wahlurne gelegt hat. § 26 WO soll im Rahmen einer eigenen Sitzung gewährleisten, dass sämtliche ordnungsgemäß abgegebenen Briefwahlstimmen von der Öffentlichkeit wahrnehmbar, ohne Verletzung des Wahlgeheimnisses und der Möglichkeit einer Manipulation zu den persönlich abgegebenen Stimmen gelegt werden. Dieser Zweck wird nicht erreicht, wenn ein Teil der Briefwahlstimmen in eine später an einem anderen Ort stattfindende und allein der Stimmauszählung dienende Sitzung gebracht und erst im Rahmen dieser zu den übrigen Stimmen gegeben wird. Ein Beimischen der schriftlichen Stimmen nach Öffnen und Ausleeren der Wahlurne wird deshalb zu Recht als unzulässig erachtet (vgl. DKKW-Homburg, a.a.O., § 26 Rz. 4).

III.

Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG).