Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.12.2019, Az.: 3 Sa 422/19 B

Beendigung des Arbeitsverhältnisses als zulässige Voraussetzung für die Zahlung einer Invaliditätsversorgung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
10.12.2019
Aktenzeichen
3 Sa 422/19 B
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 55338
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2019:1210.3Sa422.19.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 23.03.2021 - AZ: 3 AZR 99/20

Fundstellen

  • AA 2020, 108
  • NZA-RR 2020, 316-319

Amtlicher Leitsatz

Es stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv § 307 Abs 1 S 1, Abs 2 Nr 2 BGB dar, wenn der Arbeitgeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Zahlung einer Invaliditätsversorgung voraussetzt, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Redaktioneller Leitsatz

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, die Invaliditätsversorgung von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen. So erscheint es angemessen, dass der Arbeitgeber das von ihm übernommene Invaliditätsrisiko im Rahmen der Vertragsfreiheit durch Ausschluss bestimmter Risiken und Einschränkung des begünstigten Personenkreises begrenzt. Es stellt demnach keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn der Arbeitgeber für einen Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsversorgung voraussetzt, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 17.04.2019 (Az.: 3 Ca 421/18 B) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf Betriebsrente wegen voller Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2018 zusteht.

Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus der C. in P. Sie wendet die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des D. an.

Die am 00.00.1963 geborene Klägerin steht seit mindestens 1991 im Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Zumindest bis zum 31.12.2018 fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig die Ruhegeldordnung, erlassen vom Kuratorium des M. P., in der Fassung vom 18.11.1993 und der Änderung zum 01.01.1995 (nachfolgend RO 1993 genannt) Anwendung.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 14.11.2017 eine bis zum 30.04.2020 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach dem in der Berufungsinstanz vorgelegten Bescheid (Anlage zum Schriftsatz vom 09.12.2019, Bl. 148 ff. d. A.) sind die Anspruchsvoraussetzungen ab dem 08.12.2014 erfüllt; die Zahlung der Rente beginnt am 01.07.2015.

Unstreitig besteht das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fort. Nach § 18 ARV führt (erst) eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Für den Zeitraum ab dem 01.07.2015 erhielt die Klägerin von der Beklagten keinerlei Bezüge mehr.

Auszugsweise hat die RO 1993 folgenden Inhalt:

...

§ 2

Versorgungsleistungen

1. Nach Aufnahme in die Ruhegeldordnung und nach Erfüllung der jeweiligen Anspruchs-voraussetzungen werden als Versorgungsleistungen gewährt:

a) Altersrente (§ 7)

b) Berufsunfähigkeitsrente / Erwerbsunfähigkeitsrente (§ 9)

c) Witwen-/Witwerrente (§ 10)

d) Vollwaisenkapital (§ 11)

2. Mitarbeiter, die zum 1.1.1976 bzw. bei einem späteren Diensteintritt das rechnungsmäßige 55. Lebensjahr bereits überschritten haben, können keinen Anspruch auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente erwerben.

3. Auf diese Leistungen gewährt das Krankenhaus einen unmittelbaren Rechtsanspruch.

§ 3

Leistungsvoraussetzungen

1. Sofern diese RO nichts anderes bestimmt, werden Versorgungsleistungen nur gewährt, wenn der Mitarbeiter

a) beim Eintritt des Versorgungsfalles in einem ungekündigten Dienstverhältnis zum Krankenhaus steht, es sei denn, die Kündigung erfolgt aus Altersgründen oder es ist bereits eine unverfallbare Anwartschaft gegeben

b) unmittelbar nach dem Eintritt des Versorgungsfalles aus den Diensten des Krankenhauses ausscheidet.

c) Der Versorgungsfall nicht durch Selbsttötung in den ersten drei Jahren nach Aufnahme in diese RO entsteht

2. Vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschiedene Mitarbeiter erhalten Versorgungsleistungen nach Maßgabe des § 13 dieser RO.

...

§ 9

Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente

1. Für die Dauer der Berufs-/Erwerbsunfähigkeit erhält der Mitarbeiter eine Berufs-/Erwerbs-unfähigkeitsrente, der vor dem Erreichen der Altersgrenze aus dem Krankenhaus ausscheidet und nachweist, dass er von da ab zu mindestens 50 % berufs- oder erwerbsunfähig ist. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

2. Ein Anspruch auf Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente besteht nicht, wenn der Mitarbeiter die Berufs-/Erwerbs und Fähigkeit vorsätzlich herbeigeführt hat oder wenn er bereits beim letzten Eintritt in das Krankenhaus berufs- oder erwerbsunfähig war.

3. Die Berufs-/Erwerbsunfähigkeit ist durch Vorlage der vom Krankenhaus geforderten Nachweise (z.B. Rentenbescheid eines Sozialisierungsträgers, amtsärztliches Attest) nachzuweisen. Von jeder Änderung der Feststellung der Berufs-/Erwerbsunfähigkeit (z.B. durch den Sozialversicherungsträger) hat der Versorgungsempfänger den Krankenhaus Kenntnis zu geben.

4. Der Anspruch auf Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente entsteht zudem frühestens nach der Einstellung von Zahlungen wegen Maßnahmen der Rehabilitation bzw. der Zahlung von Überbrückungsgeldern. Der Anspruch auf Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrentenzahlung erlischt mit dem Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Rentenzahlung weggefallen sind.

5. Die Berufs-/bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente endet mit dem normalen Pensionierungstag. An ihre Stelle tritt die Altersrente.

6. Endet die Berufs-/bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente vorzeitig, ohne dass das Dienstverhältnis mit dem Krankenhaus fortgesetzt wird, so besteht zum normalen Pensionierungstag Anspruch auf eine gemäß § 13 anteilige Altersrente bzw. im Todesfall Witwen-/Witwerrente.

7. Die Höhe der monatlichen Rente beträgt ein Prozent der zum Zeitpunkt des Versorgungsfalles erreichten Anwartschaft auf Alterskapital nach § 7 Abs. 4.

...

§ 14

Rückdeckungsversicherungen

1. Das Krankenhaus ist berechtigt, zur Rückdeckung der Verpflichtung aus dieser Ruhegeldordnung einen entsprechenden Vertrag mit einem Versicherungsunternehmen abzuschließen und die notwendigen Daten weiterzugeben. Sämtliche Rechte aus dem Vertrag stehen ausschließlich dem Krankenhaus zu.

...

§ 16

Beginn, Ende und Auszahlung der Leistungen

1. Der Anspruch auf Zahlung der Leistungen entsteht mit dem Versorgungsfall, frühestens jedoch mit dem Ausscheiden und der Einstellung von Entgeltfortzahlungen. Die Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente wird am ersten eines jeden Monats gezahlt, und zwar erstmals für den Monat, der dem Versorgungsfall folgt, letztmalig für den Monat, in dem die Voraussetzungen für die Rentenzahlung wegfallen.

...

Die Beklagte schloss eine Rückdeckungsversicherung bei der N. AG ab, die ihre Leistungspflicht in einem Schreiben an die Klägerin vom 01.08.2018 anerkannte.

Mit Wirkung vom 01.01.2019 trat bei der Beklagten eine veränderte Ruhegeldordnung in Kraft. Seit dem Inkrafttreten zahlt die Beklagte an die Klägerin eine monatliche Erwerbsminderungsrente in Höhe von 318,13 EUR brutto. Eine Zahlung für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2018 lehnte die Beklagte ab.

Mit ihrer Klage, die am 28.12.2018 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat die Klägerin die Feststellung verlangt, dass ihr rückwirkend ab dem 01.07.2015 eine monatliche Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß der RO 1993 zustehe. Sie hat die Auffassung vertreten, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung der Erwerbsminderungsrente sei. §§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 16 Abs. 1 der RO 1993 seien im Rahmen einer AGB-rechtlichen Überprüfung unwirksam. Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten. Die Bestimmungen seien auch nicht klar und verständlich, denn es ergäben sich Widersprüche.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, rückwirkend ab dem 01.07.2015 an die Klägerin eine monatliche Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß der Ruhegeldordnung in der Fassung vom 18.11.1993 und Änderung vom 01.01.1995 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch nach der RO 1993 auf Erwerbsminderungsrente bestehe erst ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies ergebe die Auslegung der RO 1993. Die Zahlung einer Invaliditätsrente könne auch von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden.

Das Arbeitsgericht Lingen hat mit Urteil vom 17.04.2019 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die RO 1993 sei dahingehend auszulegen, dass Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Berufs-/Erwerbsunfähigkeitsrente die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei. Es gebe auch keine Zweifel bei der Auslegung der RO 1993. Außerdem sei es zulässig, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für den Eintritt des Versorgungsfalles zu normieren. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (dort Bl. 4-8 desselben, Bl. 78 bis 82 der Akte) verwiesen.

Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 24.04.2019 zugegangen ist, hat sie am 22.05.2019 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 08.07.2019, an diesem Tag begründet.

Sie führt aus, dass das BAG in seinem Urteil vom 05.06.1984 in einem ähnlichen Fall ausdrücklich offengelassen habe, ob anders zu entscheiden sei, wenn das Arbeitsverhältnis nur noch formal - wie vorliegend - bestehe. Außerdem benachteilige die streitgegenständliche Ruhegeldordnung diejenigen unangemessen, die das Arbeitsverhältnis nicht beendeten, jedoch auch keine Bezüge mehr aus dem Arbeitsverhältnis bezögen. Da die gesetzliche Rente lediglich befristet bewilligt worden sei, sei es der Klägerin nicht zuzumuten, nur um Rente wegen Berufsunfähigkeit zu beziehen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Nachdem die Klägerin in der Berufungsbegründung zunächst einen Hilfsantrag auf rückwirkende Zahlungen einer monatlichen Rente in Höhe von 318,13 EUR seit dem 01.07.2015 angekündigt hatte, hat sie diesen in der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2019 zurückgenommen und den Feststellungsantrag zur Hauptsache begrenzt auf den Zeitraum bis zum 31.12.2018.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des am 17.04.2019 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Lingen, Az. 3 Ca 421/18 B, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, rückwirkend für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2018 an die Klägerin eine monatliche Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß der Ruhegeldordnung (RO) in der Fassung vom 18.11.1993 und Änderung vom 01.01.1995 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Auffassung, es bestehe keine unangemessene Benachteiligung derjenigen, die das Arbeitsverhältnis nicht beendeten, jedoch auch keine Bezüge mehr aus dem Arbeitsverhältnis bezögen. Denn zumindest bestehe weiterhin die Möglichkeit für den Arbeitnehmer, nach Ablauf der Befristung der Erwerbsminderungsrente die aktive Beschäftigung wiederaufzunehmen.

Wegen der der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet und weist das notwenige Feststellungsinteresse auf.

Zwar können nach § 256 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 19.02.2019 - 3 AZR 219/18 - Rn. 12).

So verhält es sich hier. Die Klägerin begehrt die Feststellung der grundsätzlichen Verpflichtungen der Beklagten, ihr eine Erwerbsminderungsrente schon ab dem 01.07.2015 zu gewähren. Ihr geht es hingegen nicht darum, eine konkrete, lediglich nicht bezifferbare Zahlungspflicht feststellen zu lassen. Damit begehrt die Klägerin die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der Beklagten.

Dieser Feststellungsantrag ist bestimmt genug. Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung der Leistungspflicht, da die Beklagte eine Verpflichtung zur Erbringung der Erwerbsminderungsrente in Abrede stellt. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG a. a. O. Rn. 15).

II.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2018 kein Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung wegen ihrer vollen Erwerbsminderung gegen die Beklagte zu. Die Klägerin erfüllt nämlich nicht die Voraussetzungen von § 9 RO 1993. Diese Vorschrift ist auch wirksam.

1.

Die Auslegung der RO 1993 ergibt, dass der Klägerin erst ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung wegen ihrer Erwerbsminderung gegen die Beklagte zusteht.

Zunächst einmal macht sich das Landesarbeitsgericht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG die überzeugenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen, verweist auf diese und stellt diese fest.

Das Vorbringen der Klägerin in der Berufung und der Sach- und Streitstand im Übrigen veranlassen lediglich folgende ergänzende Anmerkungen:

Sowohl § 3 Ziff. 1 b, als auch § 9 Ziff. 1 Satz 1 und § 16 Ziff. 1 Satz 1 RO 1993 sehen vor, dass die Leistungen aus der Ruhegeldordnung erst gewährt werden, wenn das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers beendet wurde. Alle drei Regelungen setzen für die Leistung einer betrieblichen Altersversorgung voraus, dass der Arbeitnehmer (aus den Diensten des Krankenhauses / dem Krankenhaus) ausscheidet. Es handelt sich dabei um eine in Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung enthaltene typische Ausscheidensklausel (vgl. Schlewing et al-Ferstel Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung 2019 Teil 9A Nr. 110). Um mögliche Differenzen zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses und dem Eintritt des Versorgungsfalles zu vermeiden, werden häufig solche Ausscheidensklauseln vereinbart (Schlewing a. a. O. Rn. 30). Regelmäßig beinhaltet das "Ausscheiden" daher die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Entsprechend der Ausführungen des Arbeitsgerichts zu den Grundsätzen der Auslegung dieser RO 1993 und der Auslegung im Einzelnen ergibt sich vorliegend aus der RO 1993 kein Anhaltspunkt dafür, dass es abweichend von diesem typischen Wortsinn in § 9 für den Anspruch auf Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente ausreichend sein könnte, dass die gesetzliche Rentenversicherung eine dementsprechende Rente gewährt und dem Arbeitnehmer keinerlei Bezüge mehr gegen den Arbeitgeber zustehen. Vielmehr spricht der Umstand, dass nicht nur in § 9, sondern auch in § 3 und 16 vom "Ausscheiden" gesprochen wird dafür, dass dieses Anspruchsmerkmal für alle Leistungsarten gleich auszulegen ist.

Es liegen somit auch keine Zweifel bei der Auslegung im Sinne von § 305c BGB vor.

2.

Es mangelt auch nicht an der erforderlichen Transparenz im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die tatbestandliche Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist durch den Begriff des Ausscheidens hinreichend genau beschrieben worden, so dass für den Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und es dem Arbeitnehmer nicht unnötig erschwert ist, seine Rechte durchzusetzen.

3.

§ 9 Ziff. 1 Satz 1 RO 1993 ist auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

a)

§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht einer Überprüfung von § 9 Ziff. 1 RO 1993 nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gilt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzenden Regelungen vereinbart werden. Danach sind unter anderem auch Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrollfähig, die die sich aus der Natur des Vertrags ergebenden wesentlichen Rechte und Pflichten zum Nachteil des Vertragspartners einschränken. In vollem Umfang kontrollfähig sind Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen modifizieren, einschränken oder aushöhlen. Abweichungen von der sich aus rechtlichen Vorgaben ergebenden Vertragstypik unterliegen einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle (vgl. BAG 19.02.2019 - 3 AZR 150/18 - Rn. 22). Werden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt, sind damit Regelungen, die von den im Betriebsrentengesetz angelegten Formen der Risikoabdeckung abweichen, uneingeschränkt kontrollfähig. Keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt dagegen die Höhe der zugesagten Versorgung (BAG a. a. O. Rn. 23).

Kennzeichnend für eine Invaliditätsversorgung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist die Absicherung eines für den Fall der Invalidität bestehenden typisierten Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers. Dieses Versorgungsinteresse besteht insbesondere auch dann, wenn ein Arbeitsverhältnis noch besteht, aus diesem Arbeitsverhältnis jedoch keinerlei Leistungen mehr bezogen werden. Mit der Anspruchsvoraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt somit eine Einschränkung der Invaliditätsversorgung vor. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ermöglicht vorliegend daher die Inhaltskontrolle auch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB.

b)

Allerdings benachteiligt die Bedingung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitnehmer nicht unangemessen.

Unangemessen ist jede Benachteiligung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Bei einer danach erforderlichen wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung der rechtlich anzuerkennenden Interessen der Vertragsparteien ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel vor, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. BAG 19.02.2019 - 3 AZR 150/18 - Rn. 27).

Der Arbeitgeber kann bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung entscheiden. Entschließt er sich hierzu, ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert. Er kann Leistungen der Invaliditätsversorgung versprechen, eine Rechtspflicht hierzu trifft ihn nicht. Aus diesem Grund ist der Arbeitgeber grundsätzlich auch berechtigt, die Invaliditätsversorgung von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen und damit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von der Invaliditätsversorgung auszuschließen (vgl. BAG 10.12.2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 28). Eine Begrenzung des Kreises der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer durch besondere anspruchsbegründende oder anspruchsausschließende Merkmale liegt gerade im Bereich der Invaliditätsversorgung nah, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt. Diese betreffen den Zeitpunkt des Leistungsbeginns und damit die Dauer der Leistungserbringung. Die Zusage einer Invaliditätsversorgung ist zudem in der Regel Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Der Arbeitgeber kann das von ihm übernommene Invaliditätsrisiko im Rahmen der Vertragsfreiheit nicht nur hinsichtlich des Tatbestandes, sondern auch durch den Ausschluss bestimmter Risiken näher bestimmen und die von ihm freiwillig eingeführte Invaliditätsversorgung auf einen Personenkreis beschränken, hinsichtlich dessen bei typisierender Betrachtung ein besonderes Versorgungsbedürfnis besteht (BAG a. a. O. Rn. 30).

In der Regel steht die Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers zum Arbeitgeber im Zusammenhang mit seinen Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung. Dies zeigen schon die Regelungen über die unverfallbare Anwartschaft, die auf eine Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit abstelle (§§ 1 b, 30 f BetrAVG). Außerdem rechtfertigen vorliegend begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers den Ausschluss von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis trotz Bewilligung einer (befristeten) Erwerbsminderungsrente durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht beendet wurde. Im bestehenden Arbeitsverhältnis entsteht auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer beispielsweise aufgrund Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch (vgl. EuGH 22.11.2011 - C-214/10 -). Außerdem hat der Arbeitgeber bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis dafür Sorge zu tragen, dass er bei einem möglichen Ende der Erwerbsminderung den Arbeitnehmer wieder beschäftigen kann. Aus diesen Gründen stellt es keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn der Arbeitgeber für einen Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsversorgung voraussetzt, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird (vgl. auch LAG Hessen, 23.01.2019 - 6 Sa 389/18 -; Höfer-Höfer BetrAVG März 2019 Bd. I Kap. 7 Rn. 63, 66).

C.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG