Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.09.2019, Az.: 17 Sa 300/19
Annahmeverzug des Arbeitgebers nach Ablauf einer befristet zugewiesenen leidensgerechten Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 25.09.2019
- Aktenzeichen
- 17 Sa 300/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 44952
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 14.10.2020 - AZ: 5 AZR 649/19
Rechtsgrundlagen
- BGB § 293
- BGB § 294
- GewO § 106 Abs. 3
- SGB IX a.F. § 81 Abs 4
Fundstellen
- ArbR 2020, 16
- FA 2020, 37
Amtlicher Leitsatz
Weist der Arbeitgeber einem als schwerbehinderter Mensch anerkannten Arbeitnehmer, der seine Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, befristet eine leidensgerechte Beschäftigung in Erfüllung seiner Verpflichtung nach § 106 Satz 3 GewO, § 81 Abs. 4 SGB IX aF zu gerät er in Annahmeverzug, wenn es die ursprünglich ausgeübte Tätigkeit nicht mehr gibt und er nach Befristungsablauf sein Direktionsrecht nicht neu ausübt.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 4. März 2019 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.472,78 € brutto zu zahlen sowie 26,59 € auf das VML-Konto des Klägers zu überweisen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die von dem Kläger für Juni 2018 geforderte Annahmeverzugsvergütung.
Der am 00.00.1980 geborene, von Geburt hörgeschädigte Kläger, der mit einem GdB von 100% als Schwerbehinderter anerkannt ist, wurde auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 26. Juni 2008 (Anlage K 1 zum Klägerschriftsatz vom 20. Dezember 2018, Bl. 49 ff. dA) zum 01. Juli 2008 als "Industriearbeiter im Pool (zur flexiblen Abdeckung von Leistungsbedarfen bei S., C., P. GmbH, I. GmbH, Konzernfirmen und Drittfirmen)" bei der S. und T. GmbH eingestellt. Diese Firma war eine Tochtergesellschaft der S. AG und ist im Jahre 2013 oder 2014 auf die Beklagte verschmolzen worden. Der Kläger wurde zunächst als Bohrwerkshelfer eingesetzt. Aufgrund eines Rückenleidens kann er diese Tätigkeit seit 2012 nicht mehr ausüben. Zwischenzeitlich wird die Tätigkeit eines Bohrwerkshelfers bei der Beklagten nicht mehr ausgeübt. Die Tätigkeiten der ehemaligen Bohrwerkshelfer haben die Bohrwerker übernommen. Ab August 2013 begann der Kläger eine Umschulung zum Bürokaufmann, die er im Jahre 2016 abschloss. Ab dem 24. Juni 2016 wurde der Kläger befristet bis zum 30. November 2017 im Rahmen einer sogenannten Abstellung (Anlage K 1 zur Klagschrift, Bl. 6 dA) als Sachbearbeiter bei der Werksfeuerwehr der Beklagten eingesetzt. Anschließend absolvierte er vom 01. Dezember 2017 bis zum 10. Januar 2018 eine Reha-Maßnahme. In der Folgezeit war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die Beklagte zahlte dem Kläger Vergütung für die Monate Dezember 2017 bis Februar 2018. Anschließend bezog der Kläger Krankengeld bis zum 03. Juni 2018.
Ab dem 04. Juni 2018 bot der Kläger der Beklagten wiederholt seine Arbeitsleistung an. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05. Juni 2018 (Anlage K 5 zur Klagschrift, Bl. 13 dA) mit, dass er laut arbeitsmedizinischer Stellungnahme vom 11. Januar 2018 dauerhaft nicht mehr in der Lage sei, seine vertraglich geschuldete Leistung als Bohrwerkshelfer im Bereich Hauptwerkstatt Zerspanung zu erbringen, und auch keine leidensgerechten Einsatzmöglichkeiten gegeben seien, weshalb er davon absehen möge, weiterhin im Betrieb oder in der Personalabteilung zu erscheinen, um seine Arbeitsleistung anzubieten. Die Beklagte zahlte dem Kläger für den Monat Juni 2018 keine Vergütung. Von einer zunächst seit März 2018 beabsichtigten Kündigung des Klägers, für die das Integrationsamt mit Schreiben vom 15. Juni 2018 seine Zustimmung erteilt hatte (Anlage K 10 zur Klageschrift, Bl. 21 ff. dA), nahm die Beklagte Abstand, nachdem im Juni 2018 ein Arbeitsplatz im Lager aufgrund des Ablebens eines Kollegen frei geworden war. Vom 1. Juli 2018 bis 31. Dezember 2018 setzte die Beklagte den Kläger befristet als Lageristen ein. In weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Braunschweig streiten die Parteien unter anderem um Annahmeverzugsvergütungsansprüche für 2019 und eine zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Mit Schreiben seiner Gewerkschaft vom 01. August 2018 (Anlage K 11 zur Klageschrift, Bl. 25 dA) hat der Kläger Annahmeverzugsansprüche in Höhe von 2.499,37 € br. (2.472,78 € zzgl. des Arbeitgeberanteils der vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 26,59 €) für den Zeitraum 04. - 30. Juni 2018 geltend gemacht. Die Beklagte wies den Anspruch mit Schreiben vom 14. August 2018 zurück (Anlage K 12 vom 14. August 2018, Bl. 27 dA).
Mit seiner am 28. September 2018 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger - soweit zweitinstanzlich noch von Interesse - Vergütung für die Zeit vom 04.06.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von 2.499,37 € brutto zzgl. Zinsen aus Annahmeverzug ab dem 01. Juli 2018 verlangt.
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, 2.499,37 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2018 an den Kläger zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Verzugsschaden in Höhe von 40,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft als Bohrwerkshelfer nicht mehr einsetzbar sei, so dass ein entsprechendes Arbeitsangebot keinen Annahmeverzug habe begründen können. Die Stelle eines Bohrwerkshelfers sei auch nicht abgeschafft worden. Sie sei lediglich für einen gewissen Zeitraum nicht besetzt und "genullt" (Schriftsatz der Beklagten vom 14. Januar 2019, Bl. 52 dA) worden, weil derzeit auf diesem Arbeitsplatz niemand eingesetzt werde. Die Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Werksfeuerwehr sei dem Kläger lediglich befristet als Elternzeitvertretung zugewiesen worden - eben im Rahmen einer befristeten Abstellung - wie dem Kläger bekannt gewesen sei. Für die Zeit nach dem Ende dieser Abstellung habe es an einer leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeit gefehlt. Erst ab dem 01. Juli 2018 habe man den Kläger als Lagerist einsetzen können. Annahmeverzugsansprüche würden daher für Juni 2018 nicht bestehen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 4. März 2019 die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 2.499,37 € festgesetzt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, soweit sich das Arbeitskraftangebot des Klägers auf eine Tätigkeit als Bohrwerkshelfer bezogen haben sollte, habe es Annahmeverzug der Beklagten schon deshalb nicht begründen können, weil der Kläger gemäß § 297 BGB unstreitig aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen dauerhaft nicht mehr zur Ausübung dieser Tätigkeiten in der Lage gewesen sei. Soweit sich das Angebot des Klägers auf eine Tätigkeit als Bürokaufmann bezogen haben sollte, stehe dem Annahmeverzug entgegen, dass eine Tätigkeit als Bürokaufmann nicht die von dem Kläger zu bewirkende Leistung im Sinne von § 294 BGB gewesen sei. Die Beklagte habe den Kläger lediglich befristet bis zum 30. November 2017 als Sachbearbeiter eingesetzt und ihn von vornherein nur für diesen Zeitraum abgestellt. Für die Zeit danach habe keine Weisung der Beklagten über einen Einsatz des Klägers als Bürokaufmann oder Sachbearbeiter vorgelegen. Daher habe der Kläger die Beklagte durch ein diesbezügliches Arbeitsangebot auch nicht in Annahmeverzug versetzen können. Einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Beschäftigungspflicht aus § 164 Abs. 4 SGB IV habe der Kläger nicht geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten, die das Arbeitsgericht zu seinem Urteil haben gelangen lassen, wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 7. März 2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 4. April 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 3. Juni 2019 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. Juni 2019 verlängert worden war.
Der Kläger rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, ein Annahmeverzugsanspruch könne nur dann an der Leistungsfähigkeit des Leistungsanbieters nach § 297 BGB scheitern, wenn es den Arbeitsplatz, auf den sich die Arbeitsunfähigkeit beziehe und die darauf bezogene geschuldete Leistung noch gäbe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, denn die Tätigkeit des Bohrwerkshelfers sei auf die umverteilt worden, denen der Kläger früher zugearbeitet habe. In Bezug auf die von ihm zuletzt geschuldete und tatsächlich auch angebotene Leistung als Sachbearbeiter in der Werksfeuerwehr, die er ab dem 24. Juni 2016 ausgeübt habe, sei er leistungsfähig gewesen. Wegen des Wegfalls seines zuvor ausgeübten Arbeitsplatzes als Bohrwerkshelfer habe die Beklagte ihm die Tätigkeit als Sachbearbeiter auch nicht nur befristet zuweisen können. Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf seinen Berufungsbegründungsschriftsatz vom 3. Juli 2019 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zuletzt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig mit dem Aktenzeichen 1 Ca 373/18 vom 4. März 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.472,78 Euro brutto zu zahlen sowie 26,59 Euro auf das VML-Konto des Klägers zu überweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 5. August 2019, auf die die Kammer Bezug nimmt.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung des Klägers ist statthaft sowie form- und fristgemäß beim Landesarbeitsgericht eingegangen und begründet worden und somit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.
B.
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
Der Kläger kann von der Beklagten 2.472,78 € brutto zzgl. des Arbeitgeberanteils der vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 26,59 € verlangen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 4. März 2019 war daher abzuändern und wie tenoriert zu erkennen.
I.
Der Kläger hat nach §§ 611, 615, 293 ff. BGB iVm. dem Arbeitsvertrag vom 26. Juni 2008 Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum 4. - 30. Juni 2018. Die Beklagte befand sich vom 4. bis 30. Juni 2018 in Annahmeverzug.
1.
Gemäß § 615 Satz 1 BGB iVm. § 293 BGB kann der Arbeitnehmer für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist nach § 294 BGB ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung, so wie sie zu bewirken ist, erforderlich, dh. der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft in eigener Person, zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Weise anbieten. Erforderlich ist das Angebot der geschuldeten Arbeitsleistung. Die geschuldete Arbeitsleistung bestimmt sich nach der zulässigen Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers iSv. § 315 BGB (BAG 28. Juni 2017 - 5 AZR 263/16 - Rn. 21). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 21).
2.
Bei der gebotenen Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lag im streitbefangenen Zeitraum Annahmeverzug vor, denn die Beklagte hat die ihr persönlich ab dem 4. Juni 2018 angebotene Arbeitsleistung des Klägers nicht angenommen, § 293 BGB.
a)
Im Streitfall war die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Leistung iSv. § 294 BGB die Tätigkeit eines Sachbearbeiters.
aa)
Die Beklagte hat dem Kläger nach Abschluss seiner Umschulung zum Bürokaufmann zuletzt eine Sachbearbeitertätigkeit zugewiesen. Dies geschah im Einvernehmen mit dem Kläger aufgrund der unstreitigen Tatsache, dass der Kläger die vor der Umschulung bis 2012 ausgeübte Tätigkeit eines Bohrwerkshelfers aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte. Mit der Zuweisung einer Sachbearbeitertätigkeit kam die Beklagte ihrer Verpflichtung zur behindertengerechten Beschäftigung des Klägers nach § 106 Satz 3 GewO und § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX aF nach. Die Beklagte hat daher im Streitfall ihr Direktionsrecht mit der Zuweisung der Tätigkeit als Sachbearbeiter bei der Werksfeuerwehr neu ausgeübt und damit diese Tätigkeit ab 24. Juni 2016 bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts zu der konkret geschuldeten Leistung iSv. § 294 BGB bestimmt.
bb)
Der Kläger ist nicht aufgrund der befristeten Tätigkeitsübertragung bei der Werksfeuerwehr auf die ihm bis 2012 zugewiesene Tätigkeit eines Bohrwerkshelfers "zurückgefallen".
(1)
Entgegen der Auffassung des Klägers ist allerdings die Befristung des Arbeitseinsatzes bei der Werksfeuerwehr für die Dauer der Elternzeit der Arbeitnehmerin Gruße nicht unwirksam.
(aa)
Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Bestimmung nicht für die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen gilt (BAG 24.2.2016 - 7 AZR 253/14 - Rn. 57; BAG 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 52).
(bb)
Die Befristung der Zuweisung hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand. Gegen eine Unwirksamkeit nach dieser Bestimmung spricht schon, dass die Elternzeit der Arbeitnehmerin Gruße sogar die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG bzw. § 21 Abs. 1 BEEG hätte rechtfertigen können (vgl. zum Prüfungsmaßstab bei der Befristung einzelner Vertragsbedingungen BAG 25. April 2018 - 7 AZR 520/16 - Rn. 36 und zur befristeten Übertragung einer (höherwertigen) Tätigkeit: BAG 24.2.2016 - 7 AZR 253/14 - Rn. 30 ff.). In der befristeten Zuweisung liegt daher im Streitfall keine unangemessene Benachteiligung des Klägers.
(2)
Die Befristung des Einsatzes bei der Werksfeuerwehr führt aber nicht dazu, dass die vom Kläger geschuldete Tätigkeit nach Befristungsablauf wieder die bis 2012 ausgeübte Tätigkeit des Bohrwerkshelfers ist.
(aa)
Die Beklagte hat diese ursprüngliche Tätigkeitszuweisung mit der Anerkennung des klägerischen Anspruchs auf leidensgerechte Beschäftigung aufgegeben. Mit der Zuweisung der leidensgerechten Sachbearbeitertätigkeit bei der Werksfeuerwehr, ist die Beklagte - wie oben bereits unter B. I. 2. b) aa) ausgeführt - ihrer Verpflichtung zur behindertengerechten Beschäftigung des Klägers nach § 106 Satz 3 GewO und § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX aF nachgekommen. Zugleich liegt hierin die konkludente Anerkennung, dass ein Arbeitseinsatz als Bohrwerkshelfer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist. Ein "Rückfallen" auf diese Tätigkeit ist damit ausgeschlossen. Für diese Auslegung spricht gem. §§ 133, 157 BGB nicht zuletzt, dass es die Tätigkeit der Bohrwerkshelfer bei der Beklagten nicht mehr gibt. Ob die Stelle formal noch geführt wird oder "genullt" wurde, wie die Beklagte erstinstanzlich noch vorgetragen, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht aber in Abrede gestellt hat, ist demgegenüber unerheblich, weil die Helfertätigkeiten unstreitig auf die Bohrwerker umverteilt wurden.
(bb)
Im Übrigen ist die Beklagte nach § 241 Abs. 2 BGB daran gehindert, den Kläger auf die vormals ausgeübte Tätigkeit als Bohrwerkshelfer zu verweisen, die er unstreitig nicht mehr ausüben kann und die es zudem nicht mehr gibt.
b)
Der Kläger hat die Leistung nach § 294 BGB so angeboten, wie sie zu bewirken ist. Dies ergibt die gem. §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung des Arbeitsangebots des Klägers. Der auch der Beklagten erkennbare Leistungswillen des Klägers richtete sich ersichtlich auf eine seinem Leistungsvermögen und seiner Behinderung entsprechende Tätigkeit, wie sie ihm zuletzt bis zum 30. November 2017 als Sachbearbeiter zugewiesen worden war. Soweit der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vorgetragen hat, er habe im Beisein eines Betriebsratsmitglieds seine Arbeitskraft - auch - in der Abteilung angeboten, in der er bis 2012 als Bohrwerkshelfer beschäftigt war, lässt dies nicht auf einen entsprechenden Leistungswillen des Klägers schließen, denn diese Tätigkeit konnte er nach seinem eignen Vorbringen nicht mehr ausüben. Im Übrigen wäre ein entsprechendes Leistungsangebot auch wegen des unstreitigen Arbeitskraftangebots in der Personalabteilung unschädlich.)
c)
Der Annahmeverzug der Beklagten ist nicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit des Klägers gem. § 297 BGB ausgeschlossen. Denn die ihm zuletzt zugewiesene Sachbearbeitertätigkeit konnte der Kläger ausüben. Damit ist im vorliegenden Fall - anders als bei dem der Entscheidung des BAG vom 19. Mai 2010 (5 AZR - 162/09 - Rn. 12 ff.) zugrundeliegenden Sachverhalt das Arbeitskraftangebot des Klägers auch nicht deshalb ohne Belang, weil er die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben konnte.
3.
Die Beklagte war daher nach Auslaufen der Vertretungstätigkeit bei der Werksfeuerwehr verpflichtet, ihr Direktionsrecht neu auszuüben.
Eine wirksame Neuausübung des Direktionsrechts hat die Beklagte für den hier streitbefangenen Zeitraum nicht vorgenommen. Erst ab dem 01. Juli 2018 hat sie dem Kläger eine neue Tätigkeit zugewiesen. Darauf, ob die Beklagte zuvor keine freie Sachbearbeitertätigkeit oder anderweitige leidensgerechte Arbeit hatte, kommt es nach alledem nicht an. Dabei handelt es sich um das typische, vom Arbeitgeber nach § 615 BGB zu tragende Betriebsrisiko. Damit befand sich die Beklagte ab dem 04. Juni 2018 gem. § 615 BGB in Annahmeverzug.
4.
Der Höhe nach ist der vom Kläger errechnete Vergütungsanspruch nicht streitig.
5.
Die Höhe des vwl-Anspruchs ist zwischen den Parteien ebenfalls nicht streitig. Zwar hat der Kläger sein vwl-Konto, auf das der Betrag von 26,59 € zu überweisen ist, nicht benannt. Dieses ist aber der Beklagten bekannt. Zudem hat sie zugesagt, im Falle der Verurteilung den Arbeitgeberanteil der vwl auf das ihr bekannte Konto zu überweisen. Wegen dieser Besonderheiten war daher vorliegend von der Vollstreckbarkeit und Zulässigkeit auch des vwl-Antrags auszugehen.
II.
Zinsen auf seine Forderung hat der Kläger im Rahmens seines in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 25. September 2019 zuletzt gestellten Antrags nicht mehr verlangt. Insoweit ist von einer stillschweigenden teilweisen Berufungsrücknahme auszugehen.
C.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen.