Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.2019, Az.: 9 Sa 222/19

Vergütungshöhe bei außertariflich geführten Angestellten; Umrechnung der Arbeitszeiten als Vergleichsgröße für das Abstandsgebot der Vergütungshöhe bei AT-Angestellten

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
29.10.2019
Aktenzeichen
9 Sa 222/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 52506
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 18.11.2020 - AZ: 5 AZR 21/20

Amtlicher Leitsatz

Für die Einhaltung des Abstandgebotes von einer außertariflichen Vergütung zur tariflichen Vergütung ist eine Umrechnung der beiden Vergleichsgrößen zugrundeliegenden Arbeitszeiten vorzunehmen, wenn die tariflich vorgesehene Arbeitszeit von der mit AT-Angestellten vereinbarten Arbeitszeit abweicht.

Redaktioneller Leitsatz

Die Vergütungshöhe eines AT-Angestellten unterfällt nicht mehr dem persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrages. Außertarifliche Mitarbeiter sind regelmäßig Arbeitnehmer, deren Vergütung gerade nicht durch Tarifvertrag geregelt wird, weil ihre Tätigkeit höher zu bewerten ist als die Tätigkeit in der obersten Tarifgruppe. Sinn und Zweck eines AT-Vertrages besteht darin, das Arbeitsverhältnis auf eine vom Tarifvertrag losgelöste Grundlage zu stellen.

Tenor:

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24.01.2019, 5 Ca 172/18, teilweise abgeändert und die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen -

1. verurteilt, an den Kläger 6.064,- € brutto nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 1.226,- € seit dem 01.04., 01.05., 01.06.2018 und auf jeweils 1.193,- € seit dem 01.07. und 01.08.2018 zu zahlen.

2. an den Kläger ab dem 01.09.2018 ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 7.706,- € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 40 %, die Beklagte zu 60 % zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen, im Übrigen nicht.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Einhaltung des Abstandsgebotes der außertariflichen Vergütung des Klägers zu der Vergütung der tariflichen Mitarbeiter.

Der Kläger ist seit dem 01.10.1989 bei der Beklagten als Diplomingenieur für IT-Angelegenheiten beschäftigt. Seit 01.04.1997 besteht das Arbeitsverhältnis als außertarifliches Arbeitsverhältnis. Auf den Arbeitsvertrag vom 17.04./24.04.1997 wird Bezug genommen (Bl. 6 u. 7 d. A.). Auf die Arbeitsverhältnisse der Tarifmitarbeiter finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie im Bereich B-Stadt/Emsland Anwendung.

Nach § 1 Ziff. 1.3 c des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie im Bereich B-Stadt/Emsland vom 12.12.2005 in der Fassung vom 04.12.2006 (nachfolgend MTV) sind "Beschäftigte, die durch Einzelarbeitsvertrag aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages herausgenommen sind und deren durchschnittlichen monatlichen Bezüge das jeweils höchste in der Entgelttabelle ausgewiesene Tarifentgelt um mehr als 15 % übersteigen" AT-Mitarbeiter. § 1 Ziff. 1.3 c MTV hat seit 1987 denselben Wortlaut, allerdings zunächst mit 20% statt 15% Abstand der AT-Vergütung zur Tarifvergütung. Mit Einführung des Entgeltrahmenabkommens wurde der Abstand von 20 % auf 15 % bei ansonsten gleichlautenden Wortlaut von § 1 Ziff. 1.3. c MTV herabgesetzt.

Am 18.12.2003 hatte die Schiedsstelle gem. § 22 MTV folgenden Beschluss zu § 1 Ziff. 1.3 c MTV gefasst: "Die für das tarifliche Mindestabstandsgebot in § 1 Nr. 3 c MTV genannten "durchschnittlichen monatlichen Bezüge" ergeben sich aus der Summe aller im Jahr zu zahlenden nicht variablen Verdienstbestandteile, auf die der Angestellte einen unwiderruflichen vertraglichen Anspruch hat." (Bl. 33 d. A.).

§ 2 Ziff. 2.2 des MTV lautet:

"...

Soll für einzelne Beschäftigte die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden, bedarf dies der Zustimmung des/der Beschäftigten. Lehnen Beschäftigte die Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen. Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden erhöht sich die Bezahlung entsprechend der verlängerten Arbeitszeit.

..."

§ 2 Ziff. 2.3 des Entgelttarifvertrages (im Folgenden ETV) vom 16.02.2018 lautet:

"Dem Monatsgrundentgelt liegt die jeweils gültige tarifliche Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 2.1 MTV zu Grunde. Beschäftigte, deren individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von der tariflichen Arbeitszeit abweicht, erhalten ein Tarifentgelt, das nach folgender Formel ermittelt wird:

Monatsgrundentgelt x individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

----------------------------------------------------------------------

tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 2.1 MTV

..."

Das für den streitigen Zeitraum maßgebliche höchste Tarifentgelt EG 12 beträgt 5.863,00 € brutto. Die maßgebliche Wochenarbeitszeit für Tarifbeschäftigte beträgt gemäß § 2 Ziff. 2.2 MTV 35 Stunden. Tarifangestellte erhalten darüber hinaus eine Leistungszulage in Höhe von 10 % des Tariflohnes gemäß § 7 Ziff. 7.5 des Entgeltrahmentarifvertrages. Eine Betriebsvereinbarung, die Abweichungen bei der Höhe der Leistungszulage zulässt, besteht bei der Beklagten nicht.

Das Gehalt des Klägers betrug seit dem 01.07.2007 6.300,00 € und wurde zum 01.04.2018 auf 6.480,00 € und zum 01.07.2018 auf 6.513,00 € erhöht. Die arbeitsvertraglich mit dem Kläger vereinbarte Wochenarbeitszeit beträgt 40 Stunden. Der Kläger erhält außerdem eine Sonderzahlung in Höhe eines halben Bruttoentgelts pro Jahr.

Der Kläger begehrt seit dem 01.04.2018 eine um 1.997,00 € brutto erhöhte monatliche Vergütung. Er vertritt die Auffassung, dass das Abstandsgebot von 15 % zu den tariflichen Mitarbeitern nicht eingehalten sei. Zu dem Tarifgehalt der höchsten Entgeltgruppe müsse die 10 %ige Leistungszulage hinzugerechnet werden, die jeder Tarifmitarbeiter der Beklagten erhalte. Darüber hinaus sei das Tarifentgelt, welches für eine 35 Stunden-Woche bemessen sei, auf 40 Stunden hochzurechnen, weil ansonsten die Vergleichbarkeit mit seinem Entgelt nicht gegeben sei. Hieraus ergebe sich die geltend gemachte Differenz seit 01.04.2018.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.985,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 1.997,00 € seit dem 01.04., 01.05., 01.06., 01.07. und 01.08.2018 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.09.2018 künftig wiederkehrend ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 8.477,00 € brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung wird das Abstandsgebot des § 1 Ziff. 1.3 c MTV eingehalten. Die Leistungszulage in Höhe von 10 % sei bei der Höhe des Tarifentgeltes der tariflichen Mitarbeiter nicht hinzuzurechnen. Das ergebe sich aus dem Wortlaut des Tarifvertrages. Die durchschnittlichen monatlichen Bezüge des Klägers hingegen würden nach dem Spruch der Schiedsstelle gemäß § 22 Ziff. 2 MTV aus dem Jahr 2003 auch die dem Kläger zustehenden Sonderzahlungen umfassen. Mithin stehe dem Kläger das Gehalt in Höhe von 6.513,00 € 12,5 Mal im Jahr zu. Eine Umrechnung der Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden pro Woche für das höchste Tarifentgelt sei hingegen nicht vorzunehmen, da der Tarifvertrag hierauf nicht abstelle. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger weitere 700,00 € brutto monatlich zugesprochen. Ausweislich der Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils sei bei der Höhe des höchsten Tarifentgeltes der tariflichen Mitarbeiter auch die 10 %ige Leistungszulage zu berücksichtigten. Eine Umrechnung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden habe hingegen nicht zu erfolgen. Insoweit hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Die Parteien haben wechselseitig gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Das Urteil vom 24.01.2019 wurde beiden Prozessbevollmächtigten der Parteien am 28.02.2019 zugestellt. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 12.03.2019 Berufung eingelegt, die am 29.03.2019 begründet wurde. Die Berufung des Prozessbevollmächtigten des Klägers ging am 25.03.2019 ein, die Berufungsbegründung am 26.05.2019.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Berücksichtigung der 10 %igen Leistungszulage bei der Ermittlung des höchsten Tarifentgeltes. Sie verweist auf den Wortlaut von § 1 Ziff. 1.3 c MTV und die Tarifhistorie zu § 1 Ziff. 1.3 c MTV. Seit 1970 gebe es eine tarifliche Regelung zu AT-Angestellten. Seit1987 sei zudem der Wortlaut mit Ausnahme der Höhe des Abstandes unverändert. Bei Einführung des Entgeltrahmenabkommens sei im Jahr 2005 der Abstand von 20 % auf 15 % bei ansonsten gleichlautenden Wortlaut von § 1 Ziff. 1.3 c MTV herabgesetzt worden. Eine Berücksichtigung der Leistungszulage scheide nach dem Wortlaut daher aus. Eine ergänzende Auslegung des Tarifvertrages, soweit sie überhaupt in Betracht käme, scheide ebenfalls aus, da die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Einführung der Leistungszulage den Wortlaut bei gleichzeitiger Herabsetzung des Abstandsgebotes unverändert gelassen hätten. Das vom Arbeitsgericht zitierte Urteil des LAG Köln vom 28.04.2016, 8 Sa 1193/15 zur Berücksichtigung von Leistungszulagen sei zu einer anderen tariflichen Regelung ergangen.

Sie beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24.01.2019 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung. Er verweist auf die unterschiedliche Entwicklung seines AT-Gehaltes und der Tarifgehälter der höchsten Tarifgruppe EG 12. Da sämtliche Tarifmitarbeiter die Leistungszulage erhielten, müsse diese auch berücksichtigt werden. Die Tarifvertragsparteien hätten bei Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung der Gehälter Leistungszulage und Sonderzahlungen auf beiden Seiten berücksichtigt.

Darüber hinaus macht der Kläger mit seiner Berufung geltend, dass bei der Ermittlung der Bezüge eine Umrechnung auf eine 40 Stunden-Woche zu erfolgen habe. Schließlich sehe § 2 Ziff. 2.3 ff. ETV die Umrechnung des Entgeltes bei veränderter Arbeitszeit als die der tariflichen von 35 Stunden pro Woche vor. Die Umrechnung in § 2.3 des ETV vom 16.02.2018 gelte nicht nur für Teilzeitarbeitnehmer, sondern auch für längere individuelle Arbeitszeiten.

Er beantragt seinerseits,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24.01.2019, 5 Ca 172/18 abzuändern und

a. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über die ausgeurteilten Beträge hinaus insgesamt 9.985,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf jeweils 1.997,00 € seit dem 01.04., 01.05., 01.06., 01.07. und 01.08.2018 zu zahlen und

b. die Beklagte zu verurteilen, künftig über die in der angefochtenen Entscheidung ausgeurteilten Beträge hinaus insgesamt ab dem 01.09.2018 wiederkehrend monatlich ein Bruttogehalt in Höhe von 8.477,00 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Nicht-Berücksichtigung der unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten durch das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung.

Im Übrigen wird für das beiderseitige Parteivorbringen auf die wechselseitigen Schriftsätze beider Instanzen nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die wechselseitigen Berufungen der Parteien sind jeweils zulässig und begründet.

A.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

I.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO). Sie genügt insbesondere auch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Bei der Ermittlung des Tarifentgelts der tariflichen Mitarbeiter ist die tarifliche Leistungszulage nach Ziff. 7 des Entgeltrahmentarifvertrages nicht zu berücksichtigen. Insoweit hat das Arbeitsgericht zu Unrecht weitere 700,00 € monatlich bzw. 667,00 € dem Kläger zugesprochen.

1.

Der Kläger hat nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf eine Vergütung, die den Tarifabstand i. S. d. § 1 Ziff. 1.3 c MTV wahrt. Der Kläger hat Anspruch auf um mehr als 15 % erhöhte durchschnittliche Monate Bezüge gegenüber dem jeweils höchsten in der Entgelttabelle ausgewiesenen Tarifentgelt. Das folgt im Umkehrschluss aus der Definition von AT-Angestellten in § 1 Ziff. 1.3 c MTV i. V. m. dem Arbeitsvertrag vom 17./24. April 1997. Nach dem Wortlaut von Ziff. 1 des Arbeitsvertrages vom 17.04.1997 wird der Kläger in ein außertarifliches Arbeitsverhältnis übernommen. Damit hat der Kläger den Status eines AT-Angestellten erhalten. Die Vergütungshöhe unterfällt nicht mehr den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrages. Außertarifliche Mitarbeiter sind regelmäßig Arbeitnehmer, deren Vergütung gerade nicht durch Tarifvertrag geregelt wird, weil ihre Tätigkeit höher zu bewerten ist als die Tätigkeit in der obersten Tarifgruppe. Sinn und Zweck eines AT-Vertrages besteht gerade darin, das Arbeitsverhältnis auf eine vom Tarifvertrag losgelöste Grundlage zu stellen (BAG vom 25.04.2018, 5 AZR 84/17, Rn 23 und Rn 24).

2.

Die Auslegung des Tarifvertrages erfolgt ausgehend vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmten Wortsinn ist der Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck der tarifrechtlichen Regelung zu berücksichtigten, sofern und soweit sie im Regelungswerk ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelung, weil dieser Anhaltspunkt für den Willen der Tarifvertragsparteien liefern kann. Bleiben im Einzelfall gleichwohl Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte Rheinfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, wie etwa auf die Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung in der Praxis. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonform und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG vom 03.09.2014, 5 AZR 240/13, Rn 16 m. w. N.).

a.

Bereits aus dem Wortlaut der Tarifbestimmung folgt, dass die monatlich gezahlten Bezüge variieren können und daher auf die Gesamtsumme im Jahr abzustellen ist. Das kommt mit dem Wort "durchschnittlich" zum Ausdruck. Die Formulierung "Bezüge" unterscheidet sich ausdrücklich von der Vergleichsgröße der Entgeltgruppe gem. Entgelttabelle des Tarifvertrages. Diese Formulierung wird dem Umstand gereicht, dass AT-Angestellte häufig nicht nur die regelmäßige monatliche Zahlung als Entgelt erhalten, sondern darüber hinaus Sonderzahlungen oder Zulagen, auf deren Zahlung ein Anspruch besteht, die aber nicht in monatlichen Turnus gezahlt werden. In diesem Sinne hat die tarifliche Schiedsstelle mit Beschluss gem. § 22 Nr. 2 MTV vom 18.12.2003 den Tarifvertrag ausgelegt und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass heute eine andere Auslegung geboten ist. Insbesondere ist der Wortlaut des Manteltarifvertrages seitdem unverändert. Es kann keinen Unterschied machen, ob Sonderzahlungen anteilig monatlich gezahlt werden oder in einer Summe pro Jahr. Nach dem Sinn und Zweck sowie dem Wortlaut der Tarifbestimmung ist auf die Summe aller im Jahr zu zahlenden nicht variablen Verdienstbestandteile abzustellen, auf die der Kläger einen Anspruch hat. Die durchschnittlichen monatlichen Bezüge des Klägers sind nach dem Beschluss der tariflichen Schiedsstelle auf die Summe aller im Jahr zu zahlenden nicht variablen Verdienstbestandteile festgesetzt worden. Das berücksichtigt der Kläger auch bei seiner Berechnung.

b.

Dem gegenüber stellt die Tarifbestimmung für das Vergleichsentgelt der Tarifmitarbeiter nicht auf die durchschnittlichen monatlichen Bezüge, sondern das in der Entgelttabelle ausgewiesene Tarifentgelt ab. Dieser Wortlaut bezieht sich schlicht auf die Entgelttabelle im Entgelttarifvertrag und berücksichtigt keine weiteren Leistungen. Auch aus dem Sinn und Zweck und der Historie der Regelung ergibt sich kein anderes Verständnis, weil der Wortlaut eindeutig ist und das höchste in der Entgelttabelle ausgewiesene Tarifentgelt Leistungszulagen und andere Sonderzuzahlungen nicht berücksichtigt. Es ist für die Auslegung unerheblich, ob sie zu einer Schieflage bei der Bemessung des Abstandgebotes führen kann. Für die Auslegung des Tarifvertrages sind die oben genannten Grundsätze maßgeblich und nicht die Frage, was sinnvollerweise hätte geregelt werden können. Die Tarifvertragsparteien haben sogar in Kenntnis der Einführung der Leistungszulage für die Tarifmitarbeiter den Wortlaut unverändert gelassen und in der Folge wiederholt. Das spricht dagegen, dass die Tarifvertragsparteien die Leistungszulage berücksichtigen wollten. Hierbei kann eine Rolle gespielt haben, dass die Tarifvertragsparteien durch die Möglichkeit, durch Betriebsvereinbarung abweichende Leistungszulagen zu zahlen auch kein anderes Regelungsbedürfnis gesehen haben, weil nicht zwingend ist, dass im Geltungsbereich des Tarifvertrages generell 10 % Leistungszulagen gezahlt werden.

Auf Seiten der Tarifmitarbeiter ist also lediglich das in der Entgelttabelle ausgewiesene Tarifentgelt in Höhe von 5.863,00 € bei einer 35 Stunden-Woche zu berücksichtigen.

B.

Auch die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

I.

Sie ist zulässig, da form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft und den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügend.

II.

Auch die Berufung des Klägers hat Erfolg. Bei der Betragsermittlung des höchsten in der Entgelttabelle ausgewiesenen Tarifentgeltes ist die unterschiedliche Wochenarbeitszeit zu berücksichtigen mit der Folge, dass das höchste tarifliche Entgelt bei einer 40 Stunden Woche 6.701,00 € beträgt.

1.

Auch hier gelten für die Auslegung der Tarifbestimmung die oben dargestellten Grundsätze der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes.

2.

Der Wortlaut der Tarifbestimmung in § 1 Ziff. 1.3 c selbst gibt zunächst keinen Hinweis auf die geltende Arbeitszeit. Aus dem Sinn und Zweck des tariflichen Abstandsgebotes sowie § 2 MTV und § 2 des ETV ergibt sich aber, dass eine Umrechnung der Wochenarbeitszeit gewollt ist.

Entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.11.2003, 4 ABR 54/02, zu einer vergleichbaren tariflichen Formulierung ist von einer Umrechnung der beiden Vergleichsgrößen zugrundliegenden Arbeitszeiten auszugehen. Sowohl der Manteltarifvertrag als auch der Entgelttarifvertrag sehen eine Umrechnung des Tabellenentgelts bei geänderter Arbeitszeit ausdrücklich vor und geben auch die Umrechnungsformel vor. Das hat seinen Hintergrund darin, dass das gezahlte Monatsentgelt Gegenleistung für die geleistete Arbeit ist. Die geleistete Arbeit bemisst sich aber nicht nur nach dem Inhalt der Tätigkeit, sondern auch nach dem Umfang und damit nach der wöchentlichen Arbeitszeit. Das gilt auf Seiten von Tarifbeschäftigten gleichermaßen wie auf Seiten von AT-angestellten Mitarbeitern. Auch wenn bei AT-angestellten Mitarbeitern davon auszugehen ist, dass sie aufgrund des AT-Status eine besondere Stellung im Arbeitsverhältnis haben und nicht unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen, gilt auch für sie, dass das gezahlte Entgelt Gegenleistung für die geleistete Arbeit und damit für Art und Umfang der Arbeitsleistung darstellt. Auch AT-Angestellte haben eine wöchentliche Arbeitszeit, an der die Bezüge zu messen sind. Das wird auch daran deutlich, dass auch AT-Angestellte - im Rahmen der zulässigen arbeitsvertraglichen Regelungen - nur in bestimmtem Umfang zur Mehrleistung verpflichtet, ohne dass eine zusätzliche Vergütung anfällt. Alles andere wäre ein Verstoß gegen §§ 305 ff. BGB und hielte einer AGB-Kontrolle nicht Stand (vgl. BAG vom 01.09.2010, 5 AZR 517/09). Die Diskrepanz wird umso deutlicher, wenn im Betrieb auch AT-Angestellte beschäftigt werden, die nicht in Vollzeit arbeiten, sondern möglicherweise nur mit 20 oder 30 Stunden pro Woche. Hier ließe sich das Abstandsgebot zwangsläufig ohne eine Umrechnung der Wochenarbeitszeit auf Seiten der AT-Angestellten nicht realisieren. Nichts Anderes kann im umgekehrten Fall gelten. Es macht auch keinen Unterschied, ob der Normsetzungswille der Tarifvertragsparteien ausdrücklich im Zusammenhang mit der Definition von AT-Angestellten genannt wird (so im Fall vom BAG vom 25.04.2018, 5 AZR 84/17, Rn 30 ff.) oder ob die Umrechnungsmöglichkeiten bei geänderter Arbeitszeit in nachfolgenden tariflichen Bestimmungen genannt werden. Der Normsetzungswille für eine Umrechnung ist jedenfalls hinreichend erkennbar. Dem gegenüber hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 26.11.2003, 4 ABR 54/02, Rn 32 trotz einer im Tarifvertrag vorgesehenen tariflichen Umrechnungsmöglichkeit der Wochenarbeitszeit darauf abgestellt, dass es keine Rolle für die Vergleichsgröße spiele, aus welcher regelmäßigen Arbeitszeit das Monatseinkommen des AT-Angestellten resultiere. Aus der tariflichen Umrechnungsmöglichkeit soll nicht gefolgert werden können, dass das Überschreiten der tariflichen Arbeitszeit nicht maßgeblich sei. Dem kann aus oben genannten Gründen nicht gefolgt werden. Nach der tariflichen Bestimmung ist die höchste Stufe der Entgeltgruppe so zu lesen, dass die Arbeitszeit hinzugenommen werden muss. Das kommt auch in Ziff. 2.3 ETV zum Ausdruck, wonach darauf hingewiesen wird, dass das Monatsgrundentgelt der gültigen tariflichen Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 2.1 MTV zugrunde liegt.

C.

Daraus ergibt sich folgende Berechnung: Auf Seiten des Klägers sind für die Monate April, Mai, Juni 2018 6.480,00 € brutto zu berücksichtigen während die Vergleichsgröße bei einem tariflichen Mitarbeiter bei 6.701,00 € (hochgerechnet auf 40 Stunden) liegt. Die monatliche Differenz beträgt damit 1.226,00 €. Ab Juli 2018 beträgt die monatliche Differenz 1.193,00 €, weil die monatlichen Bezüge des Klägers ab 01.07. auf 6.513,00 € erhöht wurden. Damit stehen dem Kläger ab Juli 1.193,00 € monatlich mehr zu. Daraus folgt auch, dass dem Kläger ab September 2018 monatlich 7.706,-- € brutto zu zahlen sind.

D.

Die Revision wurde für die Beklagte vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 26.11.2003, 4 ABR 54/02 zugelassen. Gründe für die Zulassung der Revision für den Kläger bestehen nicht. Die Kostenentscheidung folgt aus dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien (§§ 92, 97 ZPO).