Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.04.2019, Az.: 12 Sa 863/18

Auslegungsgrundsätze zum normativen Teil von Tarifverträgen; Einarbeitung eines neuen Kollegen an der Kasse als "Bedarfstätigkeit" einer Servicekraft im einschlägigen Tarifvertrag; Keine Verzugspauschale im Arbeitsgerichtsprozess; Keine "Bedarfstätigkeit" bei der Gegenprüfung von vereinnahmten Geldern durch eine Servicekraft nach dem einschlägigen Tarifvertrag

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
29.04.2019
Aktenzeichen
12 Sa 863/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 25611
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - 19.09.2018 - AZ: 7 Ca 217/18

Amtlicher Leitsatz

1. Die Einarbeitung eines neuen Kollegen an der Kasse stellt für eine Servicekraft in einem Multiplex-Kino eine tariflich höher zu vergütende "Bedarfstätigkeit" iSv. § 3 Abs. 2 des Entgeltrahmentarifvertrags (CinemaxX - verdi) vom 09.03.2016 dar.

2. Das Tätigwerden einer Servicekraft im Rahmen einer Arbrechnungsschicht stellt sich dann nicht als höher zu vergütende "Bedarfstätigkeit" iSv. § 3 Abs. 2 des Entgeltrahmentarifvertrags (CinemaxX - verdi) vom 09.03.2016 dar, wenn sich die dabei wahrzunehmenden Kontrollaufgaben darauf beschränken, im Rahmen der Gegenprüfung die von Kollegen vereinnahmten Gelder und Gutscheine nachzuzählen.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 19.09.2018 - 7 Ca 217/18 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und werden die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird hinsichtlich der Frage zugelassen, ob in der Einarbeitung durch eine Servicekraft bzw. der Teilnahme einer Servicekraft an einer Abrechnungsschicht eine "Bedarfstätigkeit" i.S.v. § 3 Abs. 2 ERTV vom 09.03.2016 liegt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine etwaige zusätzliche tarifliche Vergütung der Klägerin für Einarbeitungs- und Abrechnungstätigkeiten.

Zwischen den Parteien besteht seit dem 30.04.2013 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte betreibt bundesweit Multiplex-Kinos. Sie beschäftigt die Klägerin als Servicekraft in der Betriebsstätte in O.. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge zwischen der CinemaxX Holding GmbH und ver.di in der jeweils geltenden Fassung Anwendung (Bl. 21 ff. d.A.). Die Klägerin erhält einen Stundenlohn i.H.v. 10,03 EUR brutto. Ein Theaterleitungsassistent erhält eine durchschnittliche Stundenvergütung in Höhe von 13,27 EUR. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Entgelttarifvertrag (im Folgenden: ERTV) regelt u.a.:

§ 3 Berufsgruppen

(1) Der Mitarbeiter wird in diejenige Berufsgruppe/Tätigkeitsgruppe ein- oder umgruppiert, in der die ihm zugewiesene(n) und von ihm überwiegend auszuübende(n) Tätigkeit(en) aufgeführt ist/sind.

(2) Mitarbeitern können im Rahmen ihres Arbeitsvertrages höher bezahlte oder zuschlagspflichtige Tätigkeiten (Teamleiter), nach Bedarf der Arbeitgeberin und in Rücksprache mit den jeweils betroffenen Mitarbeitern, schicht- oder stundenweise übertragen werden (Bedarfstätigkeiten). Für jede Arbeitsstunde, die der Mitarbeiter eine Bedarfstätigkeit auszuüben hat, erhält er die entsprechende tarifvertragliche Vergütung. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bleiben hiervon unberührt.

(3) ...

(4) ...

(5) Tätigkeiten, die nicht üblicherweise im Servicebereich eines Kinobetriebes verrichtet werden und nicht unter die in deren nachfolgenden Tätigkeitsbeschreibungen gefasst werden können, müssen besonders vereinbart werden.

(...)

Servicekraft

Servicekräfte arbeiten in drei Tätigkeitsfeldern (a, b, c).

Servicekräfte können im Rahmen der betrieblichen Notwendigkeiten in allen drei Tätigkeitsfeldern eingesetzt werden. (...)

Die Servicekraft verrichtet innerhalb der drei enthaltenen Tätigkeitsfelder folgende Tätigkeiten:

a) Kasse/Abrechnung

(...)

• Führen und Verwalten des operativen Wechselgeldbestandes

• Abrechnung der eigenen vereinnahmten Gelder und Transport zum Tresor im Kinobetrieb

• Gegenprüfung (Vier-Augen-Prinzip) der vereinnahmten Gelder

(...)

b) Einlasskontrolle/Platzanweisung

(...)

c) Gastronomie/Concessions

(...)

• Abrechnung der eigenen vereinnahmten Gelder und Transport zum Tresor im Kinobetrieb

(...)

Team Manager

Der Team Manager sichert durch seine Arbeit die Einhaltung des vom Unternehmen und der Theaterleitung festgelegten Qualitätsstandards.

Seine Tätigkeit umfasst die Organisation und Überwachung der Arbeitsabläufe der operativen Bereiche. Er ist den Servicemitarbeitern gegenüber weisungsbefugt. Sein Aufgabengebiet umfasst folgende Tätigkeiten:

(...)

• Unterstützung bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter

(...)

Junior Theaterleitungsassistent

Junior Theaterleitungsassistent ist, wer die Organisation und Überwachung der Tätigkeiten der Servicemitarbeiter, Service Manager, Teamleiter und Team Manager und der Arbeitsabläufe im operativen Kinobetrieb sowie in sonstigen Veranstaltungen (Vor- und Nachbereitung) übernimmt. Er unterstützt die operativen Arbeiten der Servicemitarbeiter, Service Manager, Teamleiter und Team Manager. Darüber hinaus übernimmt er zusätzlich nach Weisung des Theaterleitungsassistenten oder des Theaterleiters die organisatorischen Aufgaben und weitere Führungsaufgaben. Beispielsweise sind folgende Tätigkeiten davon erfasst:

(...)

• Unterstützung bei Einarbeitung und Entwicklung der Mitarbeiter

Theaterleitungsassistent

Theaterleitungsassistent ist, wer organisatorische Tätigkeiten im direkten Zusammenhang mit der Abwicklung des Kinobetriebes oder kaufmännische bzw. verwaltende Tätigkeiten in einem Kinobetrieb ausübt. Zudem verantwortet er die Organisation und Durchführung sonstiger Veranstaltungen sowie deren Vor- und Nachbereitung. Schwerpunkt der Tätigkeit des Theaterleitungsassistenten ist die Organisation und Führung des Kinobetriebes. Beispielsweise sind folgende Tätigkeiten davon erfasst:

• Hausöffnung, operatives Tagesgeschäft, Kassenabrechnung und Tagesabschlüsse und Hausschließung

• Personaleinsatzplanung, Pauseneinteilung, Nachbesetzung Mitarbeiter, Vorbereitung der Personalabrechnung

• Bestellung von Waren, Inventuren, Umsetzung der betriebsinternen Vorgaben

• Anlage und Pflege des Kinoprogramms sowie von Events in der Kassensoftware und im Projektionssystem

• Einarbeitung und Entwicklung der Mitarbeiter

(...)

Die Beklagte weist ihren Mitarbeitern im Servicebereich Arbeitszeiten und Tätigkeiten mittels eines Dienstplanes zu. Die Einarbeitung eines Mitarbeiters in einen Aufgabenbereich wird im Dienstplan durch die Abkürzung "E" kenntlich gemacht. Dabei wird zwischen drei Kategorien unterscheiden. Unter "E1" ist eine Hilfestellung zu verstehen, bei der der eingeteilte Mitarbeiter den einzuarbeitenden Mitarbeiter begleitet und unterstützt. Gleiches gilt bei der Einarbeitungsstufe "E2". Im Rahmen der Einarbeitungsstufe "E3" führt der einarbeitende Mitarbeiter selbst - z.B. an der Kasse - seine Tätigkeit aus. Der einzuarbeitende Mitarbeiter besetzt die Kasse daneben, so dass letzterer weiterhin Hilfestellungen geben kann.

Mit der Abkürzung "A" im Dienstplan teilt die Beklagte die Mitarbeiter zu Aufgaben in der Abrechnung ein. Während dieser "Abrechnungsschicht" halten sich die eingeteilten Mitarbeiter in einem separaten Raum auf. Die Servicekräfte bringen nach Kassenschluss nacheinander die eigenen, zuvor selbst verwalteten Kasseneinnahmen zum sog. "Abrechner". Die Servicekräfte wiegen den Bargeldbestand mit einer im Abrechnungsraum befindlichen Waage unter Beobachtung des "Abrechners". Im Anschluss daran wiederholt der "Abrechner" den Wiegevorgang. Während der Wiederholung zählt die Servicekraft die von ihr verkauften sowie die eingelösten Kinogutscheine. Auch dieser Vorgang wird im Anschluss durch den "Abrechner" überprüft. Die Ergebnisse des Wiege- und des Zählvorganges werden mit je einem Abrechnungszettel festgehalten. Anschließend verstauen die Arbeitnehmer die Abrechnungszettel und den Bargeldbestand in einem sog. "Safebag", welchen sie gemeinsam in den Tresor der Tageseinnahmen einwerfen. Der Zähl- bzw. Wiegevorgang wird nicht erneut überprüft. In einem weiteren Arbeitsvorgang gleicht ein Theaterleitungsassistent der Beklagten die Angaben auf den erstellen Abrechnungszetteln mit dem Kassenbestand im Computersystem ab, welcher aufgrund einer Verbindung zu den einzelnen Kassen einsehbar ist. Die Servicekräfte überprüfen im Rahmen am Ende der Abrechnungsschicht den Bestand des Wechselgeldtresors. Diese Tätigkeit wird in der Frühschicht durch einen Theaterleitungsassistenten ausgeführt. Der Bestand im Wechselgeldtresor wird ausschließlich durch den Theaterleitungsassistenten oder den Theaterleiter aufgefüllt.

Die Klägerin arbeitete am 14.11.2017 in der Zeit von 16:00 bis 21:30 Uhr einen Mitarbeiter an der Kasse ein. Sie war zudem, aufgrund dienstplanmäßiger Einteilung, am 28.01.2018 (20:30 bis 22:00 Uhr), am 04.02.2018 (20:30 bis 22:00 Uhr), am 11.02.2018 (20:30 bis 22:15 Uhr), am 23.02.2018 (23:00 bis 01:00 Uhr), am 16.03.2018 (23:30 bis 01:00 Uhr), am 17.03.2018 (23:30 bis 01:00 Uhr), am 23.03.2018 (23:30 bis 01:00 Uhr), am 08.04.2018 (20:30 bis 22:15 Uhr) und am 15.04.2018 (20:30 bis 22:00 Uhr) in der "Abrechnungsschicht" der Beklagten tätig.

Mit Schreiben vom 19.02.2018 forderte die Klägerin für die Einarbeitungstätigkeit am den stündlichen Differenzbetrag zur Vergütung eines Theaterleitungsassistenten. Mit Schreiben vom 27.04.2018 machte die Klägerin den genannten Differenzbetrag für ihre Tätigkeiten im Rahmen der "Abrechnungsschicht" geltend. Mit der am 25.05.2018 durch ihre Prozessbevollmächtigten eingereichte Klage sowie Klageerweiterung vom 19.07.2018 verfolgt die Klägerin die genannten Ansprüche.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Tätigkeiten der Einarbeitung und der Abrechnung Bedarfstätigkeiten i.S.d. § 3 Abs. 2 ERTV seien. Hierzu meint sie, dass diese Tätigkeiten unter die Tätigkeitsbeschreibung "Kassenabrechnung" und "Einarbeitung und Entwicklung der Mitarbeiter" der Theaterleitungsassistenten zu subsumieren seien.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin restliche Vergütung für den Monat November 2017 in Höhe von 17,77 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 40,00 EUR zu zahlen;

3. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin restliche Vergütung für den Monat Januar 2018 in Höhe von 4,85 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin restliche Vergütung für den Monat Februar 2018 in Höhe von 15,34 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

5. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Monat März 2018 restliche Vergütung in Höhe von 14,54 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

6. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin restliche Vergütung für den Monat April 2018 in Höhe von 10,50 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

7. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weiteren Schadensersatz in Höhe von 160,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Tätigkeiten nicht um Bedarfstätigkeiten im Sinne des ERTV handele. Sie meint, dass die tarifliche Tätigkeitsbeschreibung der Servicekraft nicht abschließend sei. So spräche die Formulierung "üblicherweise im Kinobetrieb" in § 3 Abs. 5 ERTV für eine Zuweisungsmöglichkeit von weiteren Tätigkeiten.

Die Klägerin sei im Rahmen eines "Training on the Job" mit der Einarbeitung der Mitarbeiter betraut worden. Dies stelle eine üblicherweise durch Servicekräfte ausgeübte Tätigkeit in einem Kinobetrieb und damit eine originäre Aufgabe für Servicekräfte dar. Ferner hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter nicht um eine Aufgabe eines Theaterleitungsassistenten handele. Die Aufgabenbeschreibung des Theaterleitungsassistenten sei nach dem Sinn und Zweck unter Beachtung des Tätigkeitsfeldes eines Theaterleitungsassistenten auszulegen. Diesem oblägen im Wesentlichen organisatorische Tätigkeiten, die im direkten Zusammenhang mit der Abwicklung des Kinobetriebes stünden sowie kaufmännische bzw. verwaltende Tätigkeiten. Dem Theaterleitungsassistenten käme daher nur eine organisatorische Einweisung in bestehende Verhaltensregeln, Übergabe der Dienstleistung und eine Führung durch den Bürobereich sowie Umkleide- und Pausenräume zu. Ein anderes Ergebnis entspräche nicht dem erheblichen Qualifikations- und Verantwortungsgefälle zwischen der Servicekraft und einem Theaterleitungsassistenten und widerspräche einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Dieses Ergebnis ergäbe auch ein systematischer Vergleich zu den Aufgaben des Junior Theaterleitungsassistenten.

Hinsichtlich der Tätigkeiten in der "Abrechnungsschicht" handele es sich nach Ansicht der Beklagten ebenfalls um eine originäre Aufgabe der Servicekräfte. Diese fände zudem im Wortlaut der Aufgabenbeschreibung der Servicekraft unter "Gegenprüfung nach dem Vier-Augen-Prinzip" Niederschlag. Die beispielhafte Nennung der "Kassenabrechnung und Tagesabschlüsse" in der Tätigkeitsbeschreibung des Theaterleitungsassistenten meine eine lediglich kontrollierende Abrechnung der Kassen, die bei der Fertigung der Tagesabschlüsse vorgenommen werde.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung ausdrücklich Bezug genommen.

Mit Urteil vom 19.09.2018 hat das Arbeitsgericht Oldenburg die Klägerin für die fünfeinhalbstündige Einarbeitungsschicht am 14.11.2018 die Differenz zum Stundenlohn eines Theaterrettungsassistenten sowie einmalig die Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung hat das Arbeitsgericht für beide Parteien gesondert zugelassen. Diese Entscheidung wurde am 12.10.2018 an die Prozessbevollmächtigen der Klägerin zugestellt und am 16.10.2018 an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Die hiergegen gerichtete Berufungsschrift der Beklagten ist am 07.11.2018 und diejenige der Klägerin am 08.11.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der Eingang der Berufungsbegründung der Klägerin datiert auf den 11.12.2018. Am 14.01.2019 kurz nach 19:30 Uhr ist beim Landesarbeitsgericht per Fax die mit Anlagen 34-seitige Berufungsbegründung der Beklagten eingegangen (Bl. 291 ff. d.A.). Am 14.01.2019 endete die für die Beklagte verlängerte Berufungsbegründungsfrist.

Die Klägerin bleibt in ihrer Berufungsbegründung vom 10.12.2018 bei ihrer Auffassung, dass ihre Mitwirkung bei der Prüfung der von ihren Kollegen vereinnahmten Gelder ebenfalls eine höherwertige "Bedarfstätigkeit" i.S.v. § 3 Abs. 2 ERTV darstelle. Die im Tätigkeitsfeld "Kasse/Abrechnung" erwähnte "Gegenprüfung (Vier-Augen-Prinzip) der vereinnahmten Gelder" beziehe sich nur auf die vom betreffenden Mitarbeiter selbst vereinnahmten und abgerechneten Gelder. Die Verzugspauschale in Höhe von 40,00 € gem. § 288 Abs. 5 BGB stehe ihr zu, weil es sich dabei nicht um ihre Rechtsverfolgungskosten, sondern um einen pauschalen Schadensersatz für Rücklastschriften o. ä., mit denen Arbeitnehmer bei unvollständiger oder verspäteter Zahlung belastet werden, handele. In ihrer Berufungserwiderung vom 21.02.2019 verteidigt die Klägerin die erstinstanzliche Entscheidung insoweit ihr für die Dauer der Einarbeitung eines Kollegen die Lohndifferenz zur Vergütung eines Junior Theaterleitungsassistenten zugestanden worden ist.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 19.09.2018 - 7 Ca 217/18 - zu verurteilen, an die Klägerin weitere 45,23 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 19.09.2018 - 7 Ca 217/18 - zu Schadensersatz in Höhe von 160,00 € zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 19.09.2018 - 7 Ca 217/18 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, dass der Klägerin kein Zahlungsanspruch in Höhe von 17,77 € brutto nebst Verzugszinsen und Verzugspauschale in Höhe von 40,00 € für die Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters in der "Abrechnung" zustehe. Die Voraussetzungen für eine Differenzvergütung wegen einer sogenannten "Bedarfstätigkeit" lägen nicht vor, da das Einarbeiten einer neuen Servicekraft eine originäre Aufgabe der Klägerin als Servicekraft sei. Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass die Aufzählung der Tätigkeiten der Servicekräfte in § 3 ERTV abschließend sei. Dagegen spreche schon die in § 3 Abs. 5 ERTV vorgesehene Möglichkeit, die Übernahme zusätzlicher Tätigkeiten zu vereinbaren. Dieses Auslegungsergebnis werde zudem durch die Tarifgeschichte und den tariflichen Gesamtzusammenhang bestätigt.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zahlung eines tariflichen Zuschlags in Höhe von 45,23 € brutto wegen der Durchführung von Kassenabrechnungen im Rahmen der sogenannten "Abrechnungsschicht". Die Tätigkeiten, die während der Abrechnungsschicht ausgeübt würden, fielen nach dem Wortlaut und der Systematik des § 3 ERTV unter das Tätigkeitsfeld "Gegenprüfung (Vier-Augen-Prinzip) der vereinnahmten Gelder" der Berufsgruppe Servicekraft. "Gegenprüfung" bedeute nach dem üblichen Sprachgebrauch eine kontrollierende Tätigkeit und beziehe sich hier auf die von den Kollegen vereinnahmten Gelder. Dies werde auch daran deutlich, dass die beiden Arbeitsschritte "Abrechnung der eigenen vereinnahmten Gelder und Transport zum Tresor im Kinobetrieb" sowie "Gegenprüfung (Vier-Augen-Prinzip) der vereinnahmten Gelder" in zwei separaten Spiegelstrichen genannt würden. Dabei beziehe sich die "Gegenprüfung" eben nicht auf die "eigenen vereinnahmten Gelder", sondern auf die des Kollegen gegenüber.

Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 14.01.2019, ihre Berufungserwiderung vom 11.04.2019 und das Protokoll der Kammerverhandlung am 29.04.2019 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die vom Arbeitsgericht ausdrücklich zugelassenen und form- bzw. fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen der Parteien sind zulässig. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet - diejenige der Beklagten teilweise begründet.

I.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, diejenige der Beklagten teilweise begründet. Die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Einarbeitung von Kollegen ist als "Bedarfstätigkeit" mit einem Zuschlag von einem Euro brutto pro Stunde zu vergüten. Ein Anspruch auf eine Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB wird im arbeitsgerichtlichen Verfahren jedoch nicht zugesprochen. Die von der Klägerin im Rahmen der Abrechnungsschichten erbrachten Tätigkeiten sind mit dem Tarifentgelt für eine Servicekraft abgegolten.

1.

Für die fünfeinhalbstündige Einarbeitung eines Kollegen am 14.11.2017 steht der Klägerin ein Zuschlag in Höhe von 5,50 x 1,00 € brutto wegen der Wahrnehmung einer sogenannten "Bedarfstätigkeit" im Sinne von § 3 Absatz 2 ERTV zu. Dies ergibt sich aus der Auslegung der §§ 2 und 3 des ERTV vom 09.03.2016.

a)

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110; 26. April 2017 - 10 AZR 589/15 - Rn. 14; 27. Juli 2017 - 6 AZR 701/16 - Rn. 19). Die Auslegung der Tarifnorm durch das Landesarbeitsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachprüfbar (BAG, Urteil vom 20.06.2018 - 4 AZR 339/17 -, Rn. 19, juris).

b)

Wortlaut und Systematik der §§ 2 und 3 ERTV sprechen dafür, dass es sich bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter nicht um eine Tätigkeit handelt, die zu den Standardaufgaben einer Servicekraft gehört. Die Tätigkeiten, welche eine Servicekraft zu verrichten hat, sind für die Tätigkeitsfelder Kasse/Abrechnung, Einlasskontrolle/Platzanweisung und Gastronomie/Concessions in insgesamt 41 Spiegelstrichen sehr detailliert aufgezählt. Eingeleitet wird diese Aufzählung durch den Satz: "Die Servicekraft verrichtet innerhalb der drei enthaltenen Tätigkeitsfelder folgende Tätigkeiten:" Sprachliche Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine exemplarische, nicht abschließende Aufzählung handeln soll wie zum Beispiel "insbesondere", "unter anderem" oder "beispielsweise" fehlen. Vor dem Hintergrund, dass es die Tarifvertragsparteien für nötig befunden haben, recht basale und einfach auszuführende Tätigkeiten wie das "Einsammeln und Entsorgen von Leergut" oder die "Grobreinigung des Foyers" explizit aufzuführen, hätte auch die Erwähnung einer anspruchsvolleren und verantwortungsvolleren Tätigkeit wie das Einarbeiten neuer Mitarbeiter an der Kasse oder bei der Abrechnung nahegelegen. Dass die Tarifvertragsparteien diesen und ähnliche Arbeitsvorgänge kennen und in seiner Wertigkeit zu würdigen wissen, zeigt die Erwähnung des Tätigkeitsmerkmals "Unterstützung bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter" beim Aufgabengebiet des Team Managers bzw. die Erwähnung des Tätigkeitsmerkmals "Unterstützung bei Einarbeitung und Entwicklung der Mitarbeiter" bei den Tätigkeiten des Junior Theaterleitungsassistenten oder das Tätigkeitsmerkmal der "Einarbeitung und Entwicklung der Mitarbeiter" im Rahmen der Tätigkeiten, die dem Theaterleitungsassistenten obliegen. Für die Servicemitarbeiter handelt es sich daher bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter um eine höher bezahlte oder zuschlagspflichtige Tätigkeit (Teamleiter), die nach Bedarf der Arbeitgeberin und in Rücksprache mit den jeweils betroffenen Mitarbeitern, schicht- oder stundenweise übertragen wird (Bedarfstätigkeit i.S.v. § 3 ERTV).

Bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter an der Kasse oder in der Abrechnung handelt es sich dagegen nicht um eine Tätigkeit, die unter § 3 Abs. 5 ERTV fällt. Das Erfordernis der gesonderten Vereinbarung weiterer Tätigkeiten besteht nämlich nur für solche, "die nicht üblicherweise im Servicebereich eines Kinobetriebes verrichtet werden und nicht unter die in deren nachfolgenden Tätigkeitbeschreibungen gefasst werden können." Gesondert vereinbart werden müsste nach dieser Vorschrift zum Beispiel die Teilnahme an einer Promotion-Aktion außerhalb der Räumlichkeiten des Kinos. Bei Einarbeitung neuer Mitarbeiter an der Kasse und in der Abrechnung handelt es sich indes um Tätigkeiten, die üblicherweise im Servicebereich eines Kinobetriebs verrichtet werden. Sie gehören nur nicht in den Aufgabenbereich der - sehr gering vergüteten - Servicekräfte, sondern in den Aufgabenbereich der herausgehobenen Mitarbeiter mit größerer Verantwortung und höherer Bezahlung.

Dieses Auslegungsergebnis widerspricht weder der Tarifgeschichte noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang. Es mag sein, dass - wie die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung vom 14.01.2019 auf Seite 15 ff. ausführt - sich die Regelung in § 3 Abs. 5 ERTV in der der Fassung vom 09.03.2016 nur noch auf Mitarbeiter im Servicebereich, also auf die Servicekräfte, bezieht. Vorliegend geht es aber bezüglich der Einarbeitung neuer Servicekräfte gar nicht darum, dass diese Einarbeitungstätigkeit für den Servicebereich eines Kinobetriebs so untypisch ist, dass sie ausdrücklich vereinbart werden müsste, sondern darum, dass sie höherwertig ist und ausdrücklich nur im Berufsbild der qualifizierteren Kräfte ab Team Manager aufwärts Erwähnung findet. Gerade das Erlernen des den betrieblichen Vorgaben entsprechenden korrekten Umgangs mit Geld und Gutscheinen an der Kasse und im Rahmen der Abrechnung ist für die Beklagte von überragender Wichtigkeit. Daher ist es nur konsequent, dass die Tarifvertragsparteien diese Funktion grundsätzlich dem Team Manager vorbehalten haben.

In der mündlichen Verhandlung am 29.04.2019 haben die Parteien klargestellt, dass die Servicekräfte nicht nach einem abstrakten System und ohne Ansehen ihrer betrieblichen Erfahrung für Einarbeitungsschichten herangezogen werden. Es erfolge vielmehr eine summarische Auswahl, bei der Erfahrung und Zuverlässigkeit der Servicekräfte, denen eine Einarbeitung übertragen werden solle, eine Rolle spielten. Tatsächlich herangezogen würden dann nur Mitarbeiter, die gegenüber der Personalabteilung ihre Bereitschaft dazu erklärt hätten, eine Einarbeitung zu übernehmen. Dieses Vorgehen passt zu dem Tatbestandsmerkmal "in Rücksprache mit den jeweils betroffenen Mitarbeitern" in § 3 Abs. 5 ERTV.

c)

Allerdings fällt die einfache Unterstützung bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter zunächst in den Tätigkeitsbereich des Team Managers. Dieser erhält für seine Tätigkeit nach der Anlage B zu § 2 des Entgeltarifvertrags ab dem 01.07.2017 eine Team Manager-/Teamleiter-Zulage in Höhe von 1,00 € pro Stunde. Demgegenüber stellt sich das entsprechende Tätigkeitsmerkmal bei dem Junior Theaterleitungsassistenten und dem Theaterleitungsassistenten als noch höherwertig dar, da es nicht nur die (Unterstützung bei) der Einarbeitung, sondern auch die Entwicklung der Mitarbeiter einschließt. Die damit angesprochene Personalentwicklung umfasst mehr als das bloße "training on the job" welches vom Teammanager zu leisten ist bzw. bei Zahlung der entsprechenden Zulage als Bedarfstätigkeit den Servicemitarbeitern übertragen werden kann.

Für die am 14.11.2017 geleistete Einarbeitung eines neuen Kollegen kann die Klägerin daher 5,5 mal 1,00 € brutto als Zulage nach § 3 Abs. 2 ERTV verlangen.

2.

Auch wenn die Beklagte der Klägerin bislang die für die Einarbeitungsschicht am 14.11.2017 geschuldete Differenz von 5,50 € brutto vorenthalten hat, so kann die Klägerin nicht zusätzlich die Verzugspauschale i.H.v. 40,00 € nach § 288 Abs. 5 BGB verlangen.

Dem Anspruch der Klägerin aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB steht nämlich § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Diese Bestimmung schließt als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten und damit insoweit auch einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus (BAG, Urteil vom 25.09.2018 - 8 AZR 26/18 -, Rn. 23, juris). Soweit die Klägerin dagegen mit ihrer Berufungsbegründung vom 10.12.2018 eingewandt hat, dass es sich bei dem pauschalen Schadensersatz eben nicht um Rechtsverfolgungskosten der Klägerin, sondern um einen pauschalen Schadensersatz für Rücklastschriften o. ä., mit denen ein Arbeitnehmer bei unvollständiger oder verspäteter Zahlung des Arbeitgebers belastet wird, handelt, ist das Bundesarbeitsgericht auch diesem Argument entgegengetreten: Von den in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG aufgeführten Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten werden sowohl die Gebühren des Bevollmächtigten als auch dessen Auslagen sowie Reisekosten erfasst. Die Zeitversäumnis der Partei iSv. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG umfasst sowohl den Zeitaufwand für die Teilnahme an der Verhandlung selbst einschließlich der Anreise als auch den Zeitaufwand für vorbereitende Handlungen wie z.B. die Klageerhebung, das Aufsuchen des Bevollmächtigten etc.. Ausgeschlossen durch § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist darüber hinaus die Geltendmachung eines Verdienstausfalls (vgl. etwa GMP/Germelmann/Künzl 9. Aufl. § 12a Rn. 16; Schleusener/Kühn NZA 2008, 147, 148). Damit schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG eine Erstattung der im Rahmen arbeitsrechtlicher Streitigkeiten typischerweise entstehenden und wirtschaftlich bedeutsamen externen sowie internen Beitreibungskosten aus. Dass § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG eine Erstattung von Auslagen der Prozesspartei wie Portokosten, Sachaufwendungen oder Fotokopien sowie der Kosten, die der Partei für die Wahrnehmung des Gerichtstermins tatsächlich entstehen, nicht ausschließt, und dass auch in dem Fall, dass eine Partei nicht selbst erscheint, sondern einen Prozessbevollmächtigten entsendet, die hierdurch entstehenden Kosten im Rahmen hypothetisch berechneter Reisekosten, die der Partei sonst entstanden wären, grundsätzlich erstattungsfähig sind (vgl. hierzu BAG 17. August 2015 - 10 AZB 27/15 - Rn. 14), führt zu keiner anderen Bewertung. Durch diese Ausnahmen wird die grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers, das Kostenrisiko in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten - wie unter Rn. 30 ausgeführt - überschaubar zu halten, nicht in Frage gestellt. Deshalb ist es auch unerheblich, ob § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG auch die Erstattung von Auslagen, die der Partei für die außergerichtliche Geltendmachung entstehen, ausschließt, was von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht geklärt wurde (BAG, Urteil vom 25.09.2018 - 8 AZR 26/18 -, Rn. 42 - 43, juris).

3.

Das Tätigwerden eines Servicemitarbeiters im Rahmen einer Abrechnungsschicht stellt sich demgegenüber nicht als Bedarfstätigkeit i.S.v. § 3 Abs. 2 die ERTV dar. Zum Tätigkeitsfeld "Kasse/Abrechnung" zählt nämlich nach dem maßgeblichen Tariftext nicht nur die "Abrechnung der eigenen vereinnahmten Gelder und Transport zum Tresor im Kinobetrieb", sondern auch die "Gegenprüfung (Vier-Augen-Prinzip) der vereinnahmten Gelder". Die zuletzt genannte "Gegenprüfung (4-Augen-Prinzip)" kann sich sprachlich-logisch nicht auf die vom Mitarbeiter im Rahmen seiner eigenen Kassenführung vereinnahmten Gelder beziehen. Die von der Klägerin mit ihrer Klageerweiterung vom 19.07.2018 zum Gegenstand des Verfahrens gemachte "Kassenabrechnung" umfasst aber nicht mehr und nicht weniger als die oben zitierten beiden Spiegelstriche aus der Tätigkeitsbeschreibung für Servicekräfte. Die höherwertige und daher auch höher zu bezahlende Tätigkeit der "Kassenabrechnung und Tagesabschlüsse", wie sie in der Tätigkeitsbeschreibung für (Junior) Theaterleitungsassistenten Erwähnung findet, umfasst nicht nur das Zählen und Gegenzählen des vereinnahmten Bargeldes und der entgegengenommenen Gutscheine, sondern schließt auch den Abgleich der erstellten Abrechnungszettel mit dem Kassenbestand im Computersystem ein. Diese verantwortungsvollere Tätigkeit wird unstreitig weder vom Kläger noch von den anderen Servicekräften wahrgenommen. Mit der Übernahme der streitgegenständlichen Abrechnungsschichten im Zeitraum vom 28.01.2018 bis 15.04.2018 hat die Klägerin lediglich typische Aufgaben einer Servicekraft im Tätigkeitsfeld "Kasse/Abrechnung" wahrgenommen.

II.

Die Revision war in dem im Tenor bezeichneten Umfang wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da es um die Auslegung eines bundesweit geltenden Tarifvertrages geht (§ 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG). Es ist nicht sicher absehbar, dass die umstrittene Auslegungsfrage im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen geklärt werden wird.