Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.02.2019, Az.: 13 TaBV 24/18

Anspruch des örtlichen Betriebsrats auf innerbetriebliche Ausschreibung von Stellen für Nachwuchskräfte; Fehlende Kompetenz des Gesamt- oder Konzernbetriebsrats auch bei zentraler Personalplanung und Nachwuchsarbeitsplätzen in mehreren Konzernunternehmen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
20.02.2019
Aktenzeichen
13 TaBV 24/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 15424
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 29.09.2020 - AZ: 1 ABR 17/19

Fundstellen

  • ArbR 2019, 232
  • EzA-SD 19/2019, 14
  • FA 2019, 187
  • NZA-RR 2019, 423-425

Amtlicher Leitsatz

1. Das Recht gem. § 93 BetrVG, -innerhalb des Betriebs_ eine Ausschreibung zu verlangen, bezieht sich auf die Besetzung eines diesem Betrieb zuzuordnenden Arbeitsplatzes. Es steht deshalb regelmäßig dem einzelnen (örtlichen) Betriebsrat zu.

2. Eine Ausschreibung wird nicht schon dadurch zu einer über den örtlichen Betrieb hinausgehenden Angelegenheit, dass die Personalplanung in Bezug auf Nachwuchskräfte in einem Konzern zentral vorgenommen wird und die auszuschreibenden Arbeitsplätze in mehreren Konzernunternehmen bzw. in mehreren Betrieben einzelner Konzernunternehmen vorhanden sind.

3. Für eine Regelung, nach der eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen, die für Nachwuchskräfte vorgesehen sind, in bestimmten Fällen stets unterbleibt, fehlt dem Gesamt- bzw. dem Konzernbetriebsrat die nach § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1 BetrVG erforderliche Kompetenz.

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.03.2018 (11 BV 21/17) abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2 verpflichtet ist, auf Verlangen des Antragstellers im Geschäftskundenvertrieb Betrieb Nord/Ost auch solche Arbeitsplätze auszuschreiben, die mit Ausgebildeten/Nachwuchskräften besetzt werden sollen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Antragstellers, innerbetriebliche Ausschreibungen zu verlangen.

Die Beteiligte zu 2, bei der ein Gesamtbetriebsrat (GBR) existiert, ist Teil eines Konzerns, für den ein Konzernbetriebsrat (KBR) gebildet ist. Der Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2 am Standort H-Stadt bestehende Betriebsrat.

Im Konzern werden regelmäßig mehrere tausend Nachwuchskräfte an einer Vielzahl von Standorten ausgebildet. Um Praxiseinsätze übergreifend in unterschiedlichen Tochtergesellschaften zu ermöglichen, hat die D. AG den Betrieb T. gegründet. Jährlich werden im Konzern Übernahmequoten für Nachwuchskräfte festgelegt. Um diese Quoten zu sichern werden die auf die Betriebe der Konzerngesellschaften verteilten und zu besetzenden Stellen zunächst nicht ausgeschrieben, sondern den Nachwuchskräften im sogenannten "private Posting Verfahren" nach einem jährlich vorgegebenen Zeitplan unmittelbar angeboten. Die nicht auf diese Weise besetzten Stellen werden in einem zweiten Schritt allein in der Jobbörse für Nachwuchskräfte und nicht in der konzernweiten Jobbörse ausgeschrieben. Hierzu bestehen innerhalb des Konzerns verschiedene Regelungen:

In dem seit 01.01.2005 geltenden Manteltarifvertrag für die Auszubildenden der D. AG (kurz MTV-Azb; Bl. 52 - 59 d.A.) heißt es:

"§ 23 Übernahme in ein Arbeitsverhältnis

Die Übernahme der Ausgebildeten in ein Arbeitsverhältnis erfolgt jährlich aufgrund des konkreten Bedarfs der Konzerngesellschaften (d.h. auf Basis der jeweiligen IPF-Budgetplanungen). Die Ausgestaltung des Übernahmeverfahrens bleibt den Betriebsparteien auf Konzernebene (Arbeitgeber und Konzernbetriebsrat) vorbehalten."

In der Konzernbetriebsvereinbarung zur Stellenbesetzung vom 12.12.2003 (Bl. 138 f d.A.; kurz KBV Stellenbesetzung) ist geregelt:

§ 1 Leitgedanke

Die D. und der Konzernbetriebsrat sind sich darin einig, dass das Verfahren zur Ausschreibung und Besetzung von Arbeitsplätzen bei den inländischen Konzernunternehmen mit Zugang zum T.-Intranet durch unternehmensübergreifende verbindliche Rahmenregeln harmonisiert werden soll. Ziel ist ein transparenter und durchgängiger Arbeitsmarkt, der die konzerninterne Personalgewinnung erleichtert und den internen Personaltransfer fördert.

(...)

§ 3 Konzernrichtlinie Stellenbesetzung

1. Die anliegende Konzernrichtlinie Stellenbesetzung ist Bestandteil dieser Vereinbarung und enthält die weiteren Einzelheiten zum Verfahren.

2. Zur Änderung der Konzernrichtlinie Stellenbesetzung bedarf es nicht der Kündigung dieser Vereinbarung. Vor jeder beabsichtigten Änderung wird der Konzernbetriebsrat informiert. Änderungen erfolgen unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte gemäß BetrVG.

§ 4 Schlußbestimmungen

(...)

3. Unberührt bleibt die Möglichkeit, auf der Basis dieser Konzernbetriebsvereinbarung unternehmensinterne Regelungen zu schaffen. Diese dürfen der Konzernbetriebsvereinbarung nicht entgegenstehen.

(...)

Die Konzernrichtlinie Stellenbesetzung in der Fassung vom 29.10.2010 (Bl. 140 - 151 d.A.) enthält Rahmenregelungen zur Ausschreibung und Besetzung von Stellen bei den inländischen Konzernunternehmen. Dort heißt es:

2. Umfang der Ausschreibung

2.1 Grundsatz

Freie und besetzbare Arbeitsplätze bei inländischen Konzernunternehmen mit Zugang zum T.Intranet werden unternehmensübergreifend ausgeschrieben.

2.2 Ausnahmen

(1) Von einer Ausschreibung kann abgesehen werden, wenn die Besetzung des Arbeitsplatzes bereits in der Nachfolgeplanung bzw. Entwicklungsplanung vorgesehen ist oder ein freier Arbeitsplatz benötigt wird

□ zur Eingliederung von Auszubildenden, Trainees oder Förderkreisteilnehmern,

(...)

(2) Weitere Ausnahmen von der Ausschreibung sind nur zulässig, wenn dies aus besonders gelagerten personellen oder betrieblichen Gründen geboten ist.

(3) Die Entscheidung, ob nach Absatz 1 oder 2 von einer Ausschreibung abgesehen werden soll, trifft die für die Besetzung des Arbeitsplatzes zuständige Organisationseinheit. Erklärt sich der Betriebsrat nach Erörterung nicht mit dieser Absicht einverstanden, wird der Arbeitsplatz umgehend ausgeschrieben.

(...)

In der Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) Auswahlrichtlinie vom 07.07.2011 (Bl. 9 - 13 d.A.) ist u.a. bestimmt:

§ 3 Kollektivrechtliche Regelung

Das Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren richtet sich nach der Konzernbetriebsvereinbarung zur Stellenbesetzung und ergänzend nach dieser Vereinbarung.

§ 4 Ausschreibungen

Zu besetzende Stellen sind grundsätzlich auszuschreiben.

Bei Ausschreibungsverzicht ist gemäß KBV/Konzernrichtlinie Stellenbesetzung vorzugehen.

Schließlich schlossen die Konzernbetriebsparteien unter dem 17.06.2016 eine Konzernbetriebsvereinbarung zum Übernahmeverfahren Nachwuchskräfte (kurz KBV Übernahmeverfahren; Bl. 7 - 8 d. A.). Dort ist u.a. Folgendes geregelt:

3. Eckpunkte

Die Übernahme der Nachwuchskräfte in ein Arbeitsverhältnis erfolgt jährlich aufgrund des konkreten Bedarfs der Konzerngesellschaften (d.h. auf Basis der jeweiligen Budgetplanungen). Das Verfahren wird so frühzeitig angestoßen, dass eine nahtlose Übernahme der Nachwuchskräfte möglich ist. Die Konzerngesellschaften können den Nachwuchskräften ein direktes Übernahmeangebot aussprechen, eine Ausschreibung erfolgt in diesen Fällen nicht. Bis zu 80 % der zu besetzenden Stellen werden hierbei durch die Angebotslogik besetzt.

Die danach verbleibenden offenen Stellen werden in der Jobbörse ausgeschrieben. Nachwuchskräfte, welche noch keine Zusage von einer Konzerngesellschaft erhalten haben, können sich auf die ausgeschriebenen Stellen bewerben.

(...)

5. Rechte der Betriebsräte

Die Rechte der Betriebsräte gem. BetrVG (insb. §§ 99, 95 BetrVG) sollen von der KBV unberührt bleiben.

Der Antragsteller hat nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit seinem am 29.09.2017 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag die Verpflichtung der Beteiligten zu 2 begehrt, auf sein Verlangen alle zu besetzenden Arbeitsplätze zunächst intern auszuschreiben.

Er hat gemeint, sein Recht, die Ausschreibung zu verlangen, könne weder durch Tarifverträge noch durch Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen eingeschränkt werden.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, alle zu besetzenden Arbeitsplätze gemäß § 93 BetrVG auszuschreiben, wenn er dieses Verlangen gegenüber der Beteiligten zu 2 äußert.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Antrag sei mangels alleiniger Zuständigkeit des Antragstellers für ein Ausschreibungsverlangen zu weit gefasst und mangels hinreichender Bestimmtheit schon unzulässig.

Im Übrigen sähen die konzernbezogenen Regelungen für Nachwuchskräfte eine wirksame Ausnahmeregelung zur Ausschreibungsverpflichtung vor. Mithin seien nur die übrigen Stellen auszuschreiben.

Das Arbeitsgericht hat mit einem dem Antragsteller am 23.03.2018 zugestellten Beschluss vom 07.03.2018 (Bl. 77 - 82 d.A.), auf den wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie seiner Würdigung durch das Arbeitsgericht verwiesen wird, den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 09.04.2018 eingelegte und am 08.05.2018 begründete Beschwerde des Antragstellers.

Der Antragsteller macht geltend, eine Zuständigkeit des KBR für eine Regelung, die zur Besetzung von Arbeitsplätzen mit Personen einer bestimmten Beschäftigtengruppe von einer Ausschreibung vollständig absehe, lasse sich nicht begründen. Die Nichtausschreibung führe zur Intransparenz und entziehe anderen schon Beschäftigten die Möglichkeit, ihre Rechte auf Zuweisung eines Arbeitsplatzes zu verfolgen. Dies widerspreche dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.

Der Antragsteller beantragt

den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.03.2018 (11 BV 21/17) abzuändern und festzustellen, dass die Beteiligte zu 2 verpflichtet ist, auf Verlangen des Antragstellers im Geschäftskundenvertrieb Betrieb Nord/Ost auch solche Arbeitsplätze auszuschreiben, die mit Ausgebildeten/Nachwuchskräften besetzt werden sollen.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt vor, die Einstellungsquote, die der Konzern für Nachwuchskräfte zur Verfügung stelle, könne wegen des ansonsten zu beachtenden Prinzips der Bestenauslese nicht zu deren Gunsten ausgeschöpft werden, wenn die Nachwuchskräfte ausschreibungsbedingt in Konkurrenz zu erfahrenen Beschäftigten treten müssten, die sich bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befänden. Dies stelle einen triftigen Grund dar, Arbeitsplätze dem innerbetrieblichen Stellenmarkt zu entziehen.

Die Personalplanung in Bezug auf die Nachwuchskräfte werde im Konzern zentral in der D. AG vorgenommen. Deshalb könne allein eine konzernweite Vereinbarung den Sachverhalt regeln.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

II.

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2, 66, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig. Die Falschbezeichnung der Beteiligten zu 2 in der Beschwerdeschrift ist unschädlich. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der rechtsmittelführenden Partei gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Aufgrund der Gesamtumstände bestand zu keinem Zeitpunkt Zweifel darüber, gegen wen sich das Rechtsmittel richtet. Die richtigen Bezeichnungen der Beteiligten sind im Rubrum der der Beschwerde in Kopie beigefügten angefochtenen Entscheidung enthalten. Zudem lag eine bloße Namensänderung bei der Beteiligten zu 2 vor, die zwischen den Beteiligten unstreitig war. Beide hatten erstinstanzlich übereinstimmend die entsprechende Berichtigung des Passivrubrums beantragt. Anhaltspunkte für einen Willen, das Rechtsmittel gegen eine andere (natürliche oder juristische) Person zu richten, als den Gegner im erstinstanzlichen Verfahren, sind nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist auch begründet.

1.

Der Feststellungsantrag ist zulässig.

a)

Der Übergang von dem zu Protokoll des Arbeitsgerichts gestellten Antrag auf Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung auf den im Beschwerdeverfahren angekündigten Feststellungsantrag ist keine Antragsänderung im Sinne der §§ 87 Abs. 2 S. 3, 81 Abs. 3 S. 1 ArbGG. Der Begriff der Antragsänderung entspricht dem der Klageänderung in § 263 ZPO. In den Fällen des § 264 ZPO hingegen liegt keine Änderung des Antrages iSv § 81 Abs. 3 vor (GMP/Spinner, ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 81 Rn. 79). Hier liegt in der Sache ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO vor. Von dieser Vorschrift erfasst wird auch eine qualitative Änderung des Antrags bei gleichbleibendem Grund, wie etwa der Übergang vom Leistungs- zum Feststellungsantrag (vgl. BAG 14.12.2010 - 9 AZR 642/09 -, Rn. 21, juris). Mit dem äußerlich geänderten Antrag verfolgt der Antragsteller in der Sache kein anderes Begehren. Es geht ihm weiterhin darum, dass die Beteiligte zu 2 auch die Arbeitsplätze innerbetrieblich ausschreibt, die mit konzernintern ausgebildeten Nachwuchskräfte besetzt werden sollen.

b)

Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist gegeben. Der Antragsteller kann die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bestimmte Arbeitsplätze innerbetrieblich auszuschreiben, losgelöst vom konkreten Einzelfall durch einen abstrakten Feststellungsantrag zur gerichtlichen Entscheidung stellen (vgl. BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 -, juris Rn. 11). Es geht ihm nach seinen schriftsätzlichen Ausführungen sowie den Erörterungen im Anhörungstermin des Beschwerdeverfahrens für den Fall seines Verlangens um die innerbetriebliche Ausschreibung derjenigen Arbeitsplätze, die gemäß Nr. 3 KBV Übernahmeverfahren mit Nachwuchskräften besetzt werden sollen. Eine entsprechende Verpflichtung bestreitet die Beteiligte zu 2.

c)

Der Antragsteller ist antragsbefugt. Die Beteiligte zu 2 kann nicht mit Erfolg auf eine - bedingt durch die KBV Stellenbesetzung und die KBV Übernahmeverfahren - nicht mehr bestehende Zuständigkeit des Antragstellers für sein Ausschreibungsverlangen verweisen.

Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (BAG 24.10.2018 - 7 ABR 1/17 -, Rn. 10, juris).

So liegt der Fall hier. Der Antragsteller macht ein eigenes Recht aus § 93 BetrVG geltend.

Rechteinhaber ist nach dem Wortlaut der Vorschrift der Betriebsrat und nicht der GBR oder der KBR. Zwar erscheint es möglich, dass im Einzelfall auch ein entsprechendes Recht des GBR bzw. des KBR besteht (§§ 50, 58 BetrVG). Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten aber in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Er hat die Interessen der Belegschaften der einzelnen Betriebe gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen. Diese Aufgabe weisen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat und § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf den einzelnen Betrieb oder zumindest das Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der betrieblichen Ebene bzw. der Ebene des Unternehmens gewahrt werden können (BAG 22.07.2008 - 1 ABR 40/07 -, juris, Rn. 66). Bei einem Streit hierüber muss aber der Betriebsrat antragsbefugt sein. Anderenfalls könnte die Rechtsfrage nicht geklärt werden.

2.

Der Antrag ist begründet, weil der Antragsteller aus § 93 BetrVG ein Recht hat, die betriebliche Ausschreibung auch solcher Arbeitsplätze zu verlangen, die mit Ausgebildeten/Nachwuchskräften aufgrund eines direkten Übernahmeangebots besetzt werden sollen.

a)

Der Wortlaut von § 93 BetrVG ist eindeutig. Danach kann der Betriebsrat die innerbetriebliche Ausschreibung der Arbeitsplätze verlangen, die der Arbeitgeber zu besetzen beabsichtigt. Ausnahmen hiervon für bestimmte Arten von Arbeitsplätzen oder für bestimmte für die Besetzung in Betracht kommende Personenkreise sieht das Gesetz nicht vor.

b)

Dies entspricht auch dem Normzweck des § 93 BetrVG. Die Vorschrift soll es dem Betriebsrat im Interesse der von ihm vertretenen Belegschaft ermöglichen, durch die Bekanntmachung der freien Beschäftigungsmöglichkeiten den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren. Die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer sollen die Gelegenheit erhalten, sich auf die zu besetzenden Arbeitsplätze zu bewerben. Daneben soll das Stellenbesetzungsverfahren für die verfügbaren Arbeitsplätze durch die innerbetriebliche Stellenausschreibung transparent ausgestaltet werden (BAG 15.10.2013 - 1 ABR 25/12 -, Rn. 22, juris).

c)

Dem Anspruch des Antragstellers stehen keine konzernbezogenen kollektivrechtlichen Regelungen entgegen.

aa)

Der MTV-Azb selbst enthält keine Regelungen zur Ausschreibung von Arbeitsplätzen, die mit Auszubildenden besetzt werden sollen. Er überlässt lediglich die Ausgestaltung des Übernahmeverfahrens den Betriebsparteien auf Konzernebene.

bb)

Weder die KBV Stellenbesetzung in Verbindung mit der Konzernrichtlinie Stellenbesetzung in der Fassung vom 29.10.2010 noch die GBV Auswahlrichtlinie hindern den Anspruch des Antragstellers. Zwar enthalten diese Regelungen zum Ausschreibungsverzicht. Die GBV verweist insoweit aber nur auf die Konzernrichtlinie Stellenbesetzung. In Letztgenannter wiederum ist ausdrücklich geregelt, dass der Arbeitsplatz auszuschreiben ist, wenn sich der Betriebsrat der für die Stellenbesetzung und die Nichtausschreibungsentscheidung zuständigen Organisationseinheit mit einem Absehen von der Ausschreibung nicht einverstanden erklärt. Dies betrifft nach Nr. 2.2 Abs. 1 der Konzernrichtlinie Stellenbesetzung auch die Fälle, in denen ein Arbeitsplatz zur Eingliederung von Auszubildenden benötigt wird.

cc)

Schließlich steht auch die KBV Übernahmeverfahren dem Anspruch des Antragstellers nicht entgegen. Bei dieser handelt es sich um eine freiwillige Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG). Soweit diese regelt, dass eine Ausschreibung bei der Abgabe eines Übernahmeangebotes durch eine Konzerngesellschaft an Nachwuchskräfte unterbleibt, fehlt dem KBR die Zuständigkeit.

(1)

Eine Zuständigkeit des KBR besteht nur für Angelegenheiten, die einen über den Betrieb hinausgehenden Funktionsbereich betreffen und von den Betriebsräten oder den Gesamtbetriebsräten nicht geregelt werden können (§ 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1 BetrVG). Es muss ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche, zumindest unternehmensübergreifende Regelung bestehen. Diese originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats kann sich aus objektiv zwingenden Gründen oder aus der "subjektiven Unmöglichkeit? einer Regelung auf Betriebs- oder Unternehmensebene ergeben. Ein objektiv zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder eine unternehmensübergreifende Regelung können technische oder rechtliche Umstände begründen. Allein der Wunsch des Konzernarbeitgebers nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung, sein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen hingegen nicht, um die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats zu begründen. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Konzerns, seiner Unternehmen und Betriebe (BAG 22.07.2008 - 1 ABR 40/07 -, juris, Rn. 66).

(2)

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des KBR liegen hier nicht vor.

(a)

Bei einem auf § 93 BetrVG gestützten - betriebsbezogenen - Ausschreibungsverlangen handelt es sich schon nicht um eine Angelegenheit, die einer weiteren Regelung bedarf. Die Vorschrift gewährt dem Betriebsrat einen Rechtsanspruch auf die Vornahme der verlangten Stellenausschreibung, dem sich der Arbeitgeber nicht entziehen kann. Dieser Anspruch ist allein von der Äußerung eines entsprechenden Verlangens durch den Betriebsrat abhängig. Mit dessen Zugang beim Arbeitgeber ist die Angelegenheit abgeschlossen (BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 -, juris, Rn. 26).

(b)

Gegenstand des § 93 BetrVG sind regelmäßig auch keine Angelegenheiten, die einen über den Betrieb hinausgehenden Funktionsbereich betreffen.

Die Vorschrift regelt die Ausschreibung "innerhalb des Betriebs". Das Beteiligungsrecht bezieht sich auf die Besetzung eines diesem Betrieb zuzuordnenden Arbeitsplatzes (vgl. BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 -, juris, Rn. 26; GK-Raab, 11. Aufl. 2018, § 93, Rn. 30). Dieser hat regelmäßig keinen betriebsübergreifenden Bezug, wenn er nicht im Einzelfall einen über die Betriebsgrenzen hinausgehenden Einsatz mit sich bringt. Das aus § 93 BetrVG folgende Recht, "innerhalb des Betriebs" eine Ausschreibung zu verlangen steht deshalb regelmäßig dem einzelnen Betriebsrat zu (Fitting/Engels/Schmidt/Treber/Linsenmaier, BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 50 Rn. 13). Es ist nicht erkennbar, dass im Betrieb des Antragstellers die für Nachwuchskräfte vorgesehenen Arbeitsplätze regelmäßig einen über die Betriebsgrenzen hinausgehenden Einsatz mit sich bringen.

Im vorliegenden Fall wird die Ausschreibung auch nicht dadurch zu einer über den Betrieb AStadt hinausgehenden Angelegenheit, dass die Personalplanung in Bezug auf die Nachwuchskräfte im Konzern zentral in der D. AG vorgenommen wird und die auszuschreibenden Arbeitsplätze in mehreren Konzernunternehmen bzw. in mehreren Betrieben der Beteiligten zu 2 vorhanden sind. Die Ausschreibung ist zwar ein Instrument der Personaldeckungsplanung, zu der auch die Personalbeschaffung zählt. Bei § 93 BetrVG geht es jedoch nicht um die Beteiligung des Betriebsrats an der Personalplanung, sondern um die Einräumung einer Möglichkeit sicherzustellen, dass sich Betriebsangehörige auf im Betrieb zu besetzende Arbeitsplätze bewerben können sowie darum, das Stellenbesetzungsverfahren für die im Betrieb verfügbaren Arbeitsplätze transparent auszugestalten (wie hier und zugleich zum kontroversen Meinungsstand: GK-Raab, 11. Aufl. 2018, § 93, Rn. 30 m.w.N.; NK-GA Eylert/Waskow, 1. Auf. 2016, § 93 Rn. 7). Dies ist eine Angelegenheit, die den (örtlichen) Betrieb betrifft. Die Ausschreibung in einem einzelnen örtlichen Betrieb, erfüllt ihren Sinn auch dann, wenn der Arbeitgeber zur Ausschreibung in anderen von der Planung betroffenen Betrieben nicht verpflichtet ist. Dies gilt insbesondere in Bezug auf im einzelnen örtlichen Betrieb vertretene gesetzlich besonders geschützte Personen, zu deren Gunsten die Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers eingeschränkt sein kann, namentlich Schwerbehinderten (aufgrund § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX a.F., § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX n.F.), sonstigen Leistungsgeminderten (aufgrund § 241 Abs. 2 BGB) und Teilzeitkräften (§ 9 TzBfG; näher zu alledem: BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 -, juris Rn. 23).

Es mag sein, dass Nr. 3 S. 3 KBV Übernahmeverfahren - unter Berücksichtigung auch des Schriftsatzes der Beteiligten zu 2 vom 30.01.2019 - einem an sich anerkennenswerten Interesse entspricht. Es ist aber andererseits zu berücksichtigen, dass § 93 BetrVG eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen nicht generell vorgibt. Eine Verpflichtung hierzu besteht nur, wenn der Betriebsrat die Ausschreibung verlangt hat oder die Ausschreibung zwischen den Betriebsparteien vereinbart ist (BAG 01.02.2011 - 1 ABR 79/09 -, juris Rn. 13). Der Antragsteller muss bei seiner Entscheidung, ob er generell oder im Einzelfall eine Ausschreibung auch von solchen betrieblichen Arbeitsplätzen verlangt, die für eine Übernahme durch Nachwuchskräfte vorgesehen sind, das Interesse der von ihm vertretenen Belegschaft berücksichtigen. Zu dieser gehören gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 BetrVG auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Mit der Regelung in Nr. 3 S. 3 KBV Übernahmeverfahren wird hingegen Koordinierungs- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten sowie Interessen der Nachwuchskräfte pauschal der Vorrang vor den Interessen der übrigen Belegschaft, einschließlich gesetzlich besonders geschützter Personengruppen eingeräumt. Das erscheint mit dem Sinn und Zweck des § 93 BetrVG nicht vereinbar.

Es kann dahinstehen, ob angesichts der besonderen Ausgestaltung dieses Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats Einzelfälle denkbar sind, in denen das Ausschreibungsverlangen zwingend nur betriebsübergreifend erfolgen kann. Hier streiten die Beteiligten um eine Regelung, die umgekehrt bestimmt, dass eine Ausschreibung in bestimmten Fällen stets unterbleibt. Für eine solche Regelung fehlt dem GBR bzw. dem KBR die Kompetenz.

III.

Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.