Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 20.01.2003, Az.: 6 S 114/02
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 20.01.2003
- Aktenzeichen
- 6 S 114/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 39583
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2003:0120.6S114.02.0A
Amtlicher Leitsatz
Wer in einem unfertigen Neubaugebiet mietet, weiß, dass dort durch Baumaßnahmen Baulärm entstehen wird. Der Mieter kann dann nicht wegen Baulärms eine Minderung geltend machen.
Eine Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO schließt eine gleichzeitige Berichtigung des erstinstanzlichen Tenors nach § 319 ZPO nicht aus.
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 1.150,41 € nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auf je 138,05 € seit dem 05.01.2001 und dem 05.02.2001 auf weitere je 184,07 € seit dem 06.03.2001 und dem 06.04.2001, auf weitere 138,05 € seit dem 05.05.2001, auf je weitere 184,07 € seit dem 05.06.2001 und dem 07.07.2001 zu zahlen.
Die Berufung ist zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Den Berufungsklägern wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Das Amtsgericht hat die Beklagten zu Recht zur Zahlung rückständigen Mietzinses iHv 1.150,41 € verurteilt.
Durch den Baulärm, der in der Zeit von Dezember 2000 bis Juni 2001 durch Baumaßnahmen auf dem ehemaligen Grundstück der Fa. Brennstoffhandel ... hervorgerufen worden ist, ist die Miete nicht gemindert. Ein Minderungsrecht der Beklagten ist durch § 539 BGB a.F. ausgeschlossen. Die Beklagten hatten bei Anmietung des Mietobjektes Kenntnis von zukünftig zu erwartenden Baulärm, jedenfalls ist eine grobfahrlässige Unkenntnis gegeben. Bei Anmietung des Hauses wussten die Beklagten, dass in der näheren Umgebung noch weitere Baumaßnahmen durchgeführt werden würden. Dies ergab sich bereits aus dem dort aufgestellten Bauschild. Der erstinstanzlich vernommene Zeuge ... hat bestätigt, dass Inhalt des Schildes ein Hinweis auf den Bau von 150 Wohneinheiten gewesen sei. Bereits aufgrund dieses Umstandes war den Beklagten bekannt, dass in der Folgezeit aufgrund der angekündigten Baumaßnahmen Baulärm unvermeidlich sein würde. Es ist gerichtsbekannt, dass jede Baumaßnahme mit Baulärm verbunden ist. Wenn die Beklagten in Kenntnis dieses Umstandes das Haus zu einem bestimmten Mietzins anmieten, so haben sie damit gezeigt, dass ihnen das Mietobjekt trotz des zu erwartenden Baulärms den vereinbarten Mietzins wert gewesen ist. Sie können daher aufgrund des Baulärms keine Minderung geltend machen.
Soweit sich die Beklagten darauf berufen, dass "sich aus Bauschildern ergebende Baumaßnahmen im Jahre 2000 abgeschlossen waren" und der streitgegenständliche Lärm von einem anderen - nicht durch ein Bauschild angekündigten - Bauvorhaben ausgegangen sei, ist dieser Einwand unerheblich. Aus dem Bauschild ergab sich nicht, wie lange die angekündigten Baumaßnahmen letztlich dauern würden. Die Beklagten konnten daher bei Anmietung des Hauses nicht davon ausgehen, dass sämtliche Baumaßnahmen im Jahre 2000 vollständig beendet sein würden. Darüber hinaus hatten die Beklagten auch von dem weiteren Bauvorhaben, auf das sie nunmehr ihre Minderung stützen, Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis. Der Beklagte zu 2) hat im Rahmen seiner Parteivernehmung ausdrücklich bekundet, dass ihnen bereits bei Anmietung bekannt gewesen sei, dass die Firma ... Brennstoffhandel verlagert werden würde, weil das Grundstück Wohngebiet wird. Angesichts dieser Kenntnis hätten die Beklagten insbesondere aufgrund der äusseren Umstände, es handelte sich immerhin um ein Neubaugebiet, damit rechnen müssen, dass auch das Grundstück der Fa. ... ... irgendwann bebaut werden wird. Insoweit ist auch unerheblich, ob die Kläger den Beklagten mitgeteilt hatten, dass Herr Peters mit dem Bauland "noch etwas vorhatte".
Die Beklagten hatten somit bereits zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses Kenntnis über sämtliche Umstände der zu erwartenden Baumaßnahmen. Ihnen war lediglich nicht bekannt, wie lange sich die Baumaßnahmen hinziehen würden, bzw. wann mit welcher Baumaßnahmen begonnen werden würde. Dieser Umstand ist jedoch unerheblich, da auch die Kläger hiervon keine Kenntnis gehabt haben. Wer in einem Neubaugebiet ein Haus in dem Wissen anmietet, dass in der Nachbarschaft noch weitere Grundstücke bebaut werden, der kann wegen Baulärms keine Minderung geltend machen.
Die Kammer beabsichtigt, im Falle einer Entscheidung Ziffer 1 des Tenors des amtsgerichtlichen Urteil wie angekündigt gem. § 319 ZPO aufgrund offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen. Für den Fall der Rücknahme der Berufung wird über den Berichtigungsantrag das Amtsgericht Winsen/Luhe entscheiden.
Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei einer Rücknahme der Berufung Gerichtskosten in Höhe von 0,5 Gebühren entstehen, während bei einem Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO eine 4,5fache Gebühr anfällt, also das Neunfache.