Landgericht Lüneburg
Urt. v. 18.02.2003, Az.: 6 S 141/02
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 18.02.2003
- Aktenzeichen
- 6 S 141/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 39581
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2003:0218.6S141.02.0A
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Bei einem Abbruch von Verhandlungen über Form bedürftige Verträge kommt eine Haftung aus c.i.c. nur in eingeschränktem Maße, nämlich nur bei besonders schwerwiegenden Treue Verstößen in Betracht (BGH NJW 1996 ,1.884). Wir in Erwartung eines Grundstückskaufvertrag ist Aufwendungen macht, tut dies grundsätzlich auf eigene Gefahr.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des vom 05.09.2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Rückzahlung rückständiger Mietzinsen für den Zeitraum Juni bis einschließlich Oktober 2001 in Höhe von insgesamt 2.147,43 € (= 4.200,00 DM) verurteilt. Die von den Beklagten erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen der Zahlung von Bereitstellungszinsen für die Zeit vom 01.06.2001 bis 30.11.2001 greife nicht. Eine Haftung der Klägerin aus c.i.c. setze, da es hier um den Abschluss eines formbedürftigen Vertrages gegangen sei, einen schweren vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflichten zum redlichen Verhalten voraus. Ein solcher sei nicht dargetan worden. Im Übrigen hätten die Beklagten nicht dargelegt, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Darlehensverträge auf das Zustandekommen des Grundstückskaufvertrages vertrauen durften.
Die Entscheidung des Amtsgerichts trifft zu. Auf sie wird verwiesen. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf die Berufungsangriffe auszuführen:
Den Beklagten steht ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus c.i.c. wegen der Bereitstellungszinsen, deren Höhe in der Berufungsinstanz nunmehr mit 1.297,40 € (3,5 Monate x 725,00 DM) angegeben werden, nicht zu. Die Aufwendungen der Beklagten in Form der Bereitstellungszinsen sind durch die im März 2001 abgeschlossenen Darlehensverträge begründet worden. Dass zu diesem Zeitpunkt der Vertragsabschluss nach den Verhandlungen zwischen den Parteien von den Beklagten bereits als sicher angenommen werden konnte, ist nicht ersichtlich. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ist ihnen einige Wochen vor Weihnachten 2000 über den Verwalter Jakob das Einfamilienhaus der Klägerin mündlich angeboten worden, bevor dann mit Schreiben des Verwalters vom 01.03.2001 ein schriftliches Angebot zu einem Kaufpreis von 275.000,00 DM erfolgte. Allein aufgrund dieses Angebotes der Klägerin war der Vertragsschluss als solcher aber noch keineswegs sicher. Die Beklagten konnten nicht wissen, ob das Objekt nicht auch anderen potentiellen Käufern angeboten worden war oder noch würde oder sich andere Interessenten bei der Klägerin melden würden. Im Hinblick darauf, dass sich der Verwalter Jakob nach dem Briefkopf seines Schreibens vom 01.03.2001 auch mit "Immobilienvermittlung" beschäftigte, war eine solche Möglichkeit jedenfalls nicht fernliegend. Dass den Beklagten über das Angebot hinaus weitergehende Zusicherungen gemacht worden sind, ist nicht ersichtlich. Allein aufgrund des Zugangs des schriftlichen Angebotes konnten die Beklagten deshalb entgegen der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung noch nicht mit Sicherheit von einem Vertragsschluss ausgehen.
Im Übrigen hat das Amtsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einem Abbruch von Verhandlungen über formbedürftige Verträge eine Haftung aus c.i.c. nur in eingeschränktem Maße, nämlich nur bei besonders schwerwiegenden Treueverstößen, in Betracht kommt (vgl. BGH NJW 1996, 1884 ff. [BGH 29.03.1996 - V ZR 332/94]; OLG Koblenz NJWRR 1997, 974). Wer in Erwartung eines Grundstückskaufvertrages Aufwendungen macht, tut dies grundsätzlich auf eigene Gefahr. Er muss, wenn er sich nicht durch notariellen Vertrag für einen bestimmten Zeitraum eine Kaufoption zu einem bestimmten Preis sichert, von vornherein berücksichtigen, dass er rechtlich bis zum Abschluss des notariellen Vertrages ungeschützt ist. Insbesondere darf ein Grundstücksverkäufer, selbst wenn er den Vertragsschluss schon als sicher hingestellt hat, diesen auch ohne triftigen Grund ablehnen. Ausnahmen können nur in ganz besonderen Fällen anerkannt werden, nämlich dann, wenn das Verhalten des "Abbrechenden" einen schweren Verstoß gegen die Verpflichtung zu redlichem Verhalten bei den Vertragsverhandlungen bedeutet; dies erfordert in der Regel die Feststellung eines vorsätzlich pflichtwidrigen Verhaltens (OLG Koblenz, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Dass die Klägerin den Beklagten eine tatsächlich nicht vorhandene Bereitschaft zum Abschluss des Kaufvertrages vorgespiegelt und sich insoweit arglistig verhalten hat, ist nicht dargetan worden. Unstreitig ist zwar am 12.06.2001 das Grundstück mit einer Sicherungshypothek für das Land Niedersachsen über 180.000,00 DM belastet worden. Allein daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die Klägerin von vornherein das Grundstück gar nicht lastenfrei übertragen konnte und wollte. Ab welchem Zeitpunkt die Eintragung der Sicherungshypothek für das Finanzamt konkret drohte, ist nicht bekannt. Selbst wenn aufgrund des vorhergehenden Verwaltungszwangsverfahrens eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück bereits längere Zeit im Raume stand, erscheint es doch möglich, dass die Klägerin weiterhin hoffen konnte und auch durfte, eine Einigung mit dem Finanzamt zu erzielen und dessen Zustimmung zu einer lastenfreien Übertragung zu erhalten. Dass das Finanzamt als Hypothekengläubiger einem freihändigen Verkauf des Grundstücks zwangsläufig schlechter dagestanden hätte als bei einer Durchsetzung seiner Rechte in einem etwaigen Zwangsversteigerungsverfahren, ist nicht ersichtlich.
Dass die Klägerin schließlich im Verlaufe der Verhandlungen von einer anfänglich vorhandenen Verkaufsbereitschaft abgerückt wäre und die Beklagten darüber pflichtwidrig nicht aufgeklärt hätte, ist ebenfalls nicht dargetan worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen.