Landgericht Lüneburg
Urt. v. 14.02.2003, Az.: 6 S 72/01

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
14.02.2003
Aktenzeichen
6 S 72/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 39574
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2003:0214.6S72.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Lüneburg - AZ: 12 C 125/98

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz:

Entscheidungsreife liegt nur dann vor, wenn zu dem zu entscheidenden Teil des einheitlichen Anspruchs nicht in der Folgezeit etwas vorgetragen werden kann, was für das Schlussurteil von Bedeutung ist und zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Teilurteils erwecken kann.

Tenor:

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 26.04.2001 aufgehoben, soweit die Klage in Höhe von mehr als 2.233,88 DM abgewiesen worden ist. Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Lüneburg zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens übertragen wird.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung des Klägers führt überwiegend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Das Teilurteil des Amtsgerichts Lüneburg ist unzulässig, soweit es um Nutzungsentschädigung für die Zeit ab Mitte November 1996 bis Mitte Juli 1997 geht.

2

Nach § 301 Abs. 1 ZPO ist ein Teilurteil zulässig, wenn einer von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüche zur Entscheidung reif ist. Insoweit hat das Amtsgericht zu Recht ein Teilurteil hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Miete für die Zeit bis 15. November 1996 erlassen. Der Anspruch auf Zahlung von Miete ist gegenüber dem Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz ein selbständiger Anspruch, über den durch Teilurteil entschieden werden kann.

3

Ein Teilurteil ist ferner nach § 301 Abs. 1 ZPO möglich, wenn ein Teil eines einheitlichen Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Nach der Rechtsprechung kann eine Entscheidungsreife aber nur dann angenommen werden, wenn zu diesem Teil des einheitlichen Anspruchs nicht in der Folgezeit etwas vorgetragen werden kann, was für das Schlussurteil von Bedeutung ist und zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Teilurteils erwecken kann.

4

Für das Schlussurteil, in dem über einen angeblichen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen unterlassener Schönheitsreparaturen entschieden werden soll, wird es auf die Art und den Umfang der Mängel, auf Fristsetzung und dergleichen weiter ankommen. Der aus § 326 BGB hergeleitete Schadensersatzanspruch erfasst zum einen den Schaden, der durch das Unterlassen von Schönheitsreparaturen entstanden ist, zum anderen die dadurch angeblich bedingte Nichtvermietbarkeit der Wohnung. Anspruchsgrundlage hinsichtlich beider Schadensarten ist somit § 326 BGB. Für die von dem Amtsgericht für wesentlich erachtete Frage, warum der Vermieter nicht sogleich nach Auszug der Beklagten mit der Mängelbeseitigung der von ihm vorgetragenen Mängel begonnen hat, wird es z. B. darauf ankommen, wie lange eine solche Mängelbeseitigung gedauert hätte, da während der Mängelbeseitigung eine Vermietung nicht möglich gewesen sein dürfte, außerdem aber auch darauf, welche vorherigen Maßnahmen zur Feststellung der Mängel notwendig waren, denn anderenfalls würde der Vermieter mit einer sofortigen Beseitigung der Mängel das Risiko eingehen, die vorhandenen Mängel im späteren Prozess nicht mehr nachweisen zu können. Der Umfang der geschuldeten Schönheitsreparaturen, das Ausmaß der nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen und der Umfang des Folgeschadens "Nichtvermietbarkeit" hängen somit sehr eng zusammen. Bei einer solchen Sachlage darf das Amtsgericht nicht den Vortrag, soweit er den Mietausfall als Schaden betrifft, als unsubstantiiert ansehen und darauf ein Teilurteil stützen. Weil sowohl zu Grund und Höhe des Schadensersatzanspruches weiter verhandelt werden muss, besteht genügend Gelegenheit, den Kläger auf einen etwaigen unsubstantiierten Vortrag hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, hierzu ausreichend vorzutragen. Dieses würde auch nicht zu einer Verzögerung des Abschlusses des Rechtsstreits führen, da der Rechtsstreit zu dem Anspruch "Schadensersatz aus § 326" ohnehin weiter aufgeklärt werden muss. Zudem könnte es zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen, wenn das Landgericht die Höhe der Forderung als substantiiert vorgetragen ansieht, jedoch den Anspruchsgrund in diesem Berufungsverfahren verneint, das Amtsgericht ihn dagegen im Schlussurteil - und möglicherweise im anschließenden Berufungsverfahren gegen das Schlussurteil auch das Landgericht - bejahen würde.

5

Dass gleichwohl die Aufhebung nicht den gesamten für die Zeit von Mitte November 1996 bis Mitte Juli 1997 geltend gemachten Mietausfall umfasst, ist darauf zurückzuführen, dass der Kläger die von den Beklagten mit dem Umzugskosten erklärte Aufrechnung in Höhe von 2.233,88 DM akzeptiert (Bl. 385 d. A.). Wie sich dies im einzelnen berechnet, wird bei der Fortsetzung der Verhandlung vor dem Amtsgericht zu berücksichtigen sein.

6

Die Kostenentscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens war dem Amtsgericht zu übertragen, da der endgültige Erfolg der Berufung erst nach Abschluss des Rechtsstreits insgesamt feststehen wird.