Landgericht Lüneburg
Urt. v. 11.02.2003, Az.: 3 O 141/02

Geltendmachung von Bürgschaftsansprüchen aus abgetretenem Recht; Nichtigkeit der Abtretung durch den Darlehensgeber auf Grund eines Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
11.02.2003
Aktenzeichen
3 O 141/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 32949
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2003:0211.3O141.02.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 10.09.2003 - AZ: 3 U 137/03

Fundstellen

  • EWiR 2003, 309 (red. Leitsatz mit Anm.)
  • ZBB 2003, 230 (red. Leitsatz)
  • ZVI 2003, 161-163

In dem Rechtsstreit
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
durch
den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs.2 ZPO nach dem 27.01.2003
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht im Wege der Teilklage Ansprüche aus Bürgschaften aus abgetretenem Recht geltend. Die Klägerin betreibt im ... auf ... ein Strandhotel. Der Beklagte war wirtschaftlich verbunden mit mehreren Gesellschaften, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Strandhotel ein Grandhotel errichten und betreiben wollten. Hierfür erwarben diese Gesellschaften im Jahre 1992 die Flurstücke Nr.92, 95 und 96 der Gemarkung ...in Größe von insgesamt 3.832 qm. Der Kaufpreis und die Vorplanungskosten für den angestrebten Hotelneubau wurden über mehrere Darlehen der ... mit Sitz in ... finanziert. Wegen der Einzelheiten der Darlehensverträge wird auf BI.11-27 und 30-33 d.A., Anlagen K1.-K2, K3 und K5 Bezug genommen. Inwieweit die Darlehen ausgezahlt wurden, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Am 30.12.1992 wurden dem Notar Vogelsang, dem Urkundsnotar für das o.g. Grunderwerbsgeschäft, 1.750.025,00 DM überwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf BI.28, 29 d.A. (Anlage K4) Bezug genommen.

2

Der Rechtsnachfolger der ursprünglichen Darlehensgeberin, die ..., hat für den 30.09.2000 das im Kontokorrent geführte Darlehenskonto ... mit 7.082.620,26 DM im Saldo geführt. Wegen der Einzelheiten wird auf BI.34 d.A., Anlage K6, Bezug genommen.

3

Der Beklagte hat sich für die Verbindlichkeiten aus den vorgenannten Darlehensverträgen durch 2 selbstschuldnerische Bürgschaften vom 25.06.1992 und 14.09.1992 verbürgt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 61, 62 d.A. (Anlage K18, 19) Bezug genommen.

4

Die Darlehensgeberin, nunmehr also die ..., hat die jeweiligen Kredite gekündigt, und zwar vorprozessual als auch nochmals während des laufenden Rechtsstreites.

5

Auch die Bürgen wurden auf Rückzahlung in Anspruch genommen. Weder die Darlehensnehmer noch die Bürgen haben Rückzahlungen geleistet.

6

Die Klägerin behauptet, dass ihr die Darlehensrückzahlungsansprüche und damit auch die Ansprüche aus den Bürgschaften, von der Darlehensgeberin abgetreten worden seien. Die Darlehenskündigungen seien den Darlehensnehmern mit Einschreiben übersandt worden und seien diesen auch zugegangen.

7

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 250.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 01.01.2001 zu zahlen, und zwar zahlbar auf das Konto bei der Landesbank ..., Konto-Nr. ... .

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen den Zugang der Kündigungsschreiben. Der Bürgschaftsvertrag sei sittenwidrig, weil er entsprechend Tilgungsleistung zu keinem Zeitpunkt habe erbringen können. Im Übrigen habe die Darlehensgeberin bei einer etwaigen Abtretung gegen das Bankgeheimnis verstoßen.

10

Die Klägerin hat ihre Ansprüche zunächst im Urkundsprozess geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 03.12,2002 (BI.215 ff d.A.) hat die Klägerin vom Urkundenprozess Abstand genommen. Sie verfolgt ihre Ansprüche im ordentlichen Verfahren weiter. Die Prozessbevollmächtigten der Parteien haben in der mündlichen Verhandlung am 29.10.2002 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs.2 ZPO ausdrücklich zugestimmt (BL.208 d.A.). Diese Zustimmungserklärung haben sie telefonisch am 07.02.2003 ausdrücklich wiederholt und erneuert (BI.364 R d.A.).

11

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage hat keinen Erfolg.

13

I.

Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert.

14

Eine etwaige Abtretung durch die Darlehensgeberin ist gem. § 134 BGB nichtig, weil sie gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt. Der Grundsatz des Schutzes personenbezogener Daten, der auch die wirtschaftlichen Verhältnisse aus Kreditverträgen mit umfasst, ist nur dann wirksam umzusetzen, wenn ein erheblicher Verstoß zur Nichtigkeit der Forderungsabtretung führt. Ein Ausnahmetatbestand nach § 28 Abs.1 Bundesdatenschutzgesetz liegt nicht vor, insbesondere liegen nicht die Voraussetzungen des § 28 Abs.1 Nr.2 Bundesdatenschutzgesetz vor. Zwar dient es grundsätzlich der Wahrung wirtschaftlicher Interessen eines gewerblichen Darlehensgebers, wenn er "Not leidende Kreditforderungen" aus seinem normalen Bearbeitungs- und Bilanzverlauf aussondern kann. In diesem konkreten Einzelfall überwiegen aber die schutzwürdigen Interessen des Beklagten an der Nichtabtretbarkeit der Forderung an die Klägerin. Dies ergibt sich aus folgenden Gesichtspunkten:

15

1.

Der Darlehensgeberin bleibt es unbenommen, die bestehenden Ansprüche aus den Bürgschaften selbst oder auch durch eine eigene Tochtergesellschaft gerichtlich geltend zu machen. Die Abtretung an einen unmittelbaren Geschäftskonkurrenten des Beklagten, deren Geschäftsgegenstand mit dem gewerblichen Forderungseinzug nichts zu tun hat, impliziert aber das Vorhandensein sachfremder Gesichtspunkte, die mit dem eigentlichen Forderungseinzug nichts mehr zu tun haben - so etwa die Vermeidung einer unliebsamen Konkurrenz in unmittelbarer Nachbarschaft.

16

2.

Außerdem war zwischen den Parteien der Darlehensverträge vereinbart, dass die Rückzahlung der Darlehenssumme primär aus dem Verkauf des Beleihungsobjektes (BI.19 d.A.) erfolgen sollte. Dies ist jetzt aber gerade nicht mehr der Fall. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es grundsätzlich die Pflicht der Darlehensnehmer war, für eine entsprechende Verwertung des Objektes zu sorgen. Allerdings ist für die Darlehensgeberin auch eine erstrangige Grundschuld im Grundbuch eingetragen worden, sodass es ihr unbenommen bleibt zu förderst aus dieser Grundschuld Vollstreckungsmaßnahmen - gegebenenfalls nach Erlangung eines Titels - einzuleiten.

17

3.

Die Darlehensgeberin hat für ca. 10 Jahre die Darlehen nicht gekündigt. Zwar steht ihr ein Kündigungsrecht ohne Zweifel zu, aber unter Berücksichtigung der Verkaufsbemühungen der Schuldnergesellschaften hätte die Darlehensgeberin zunächst selbst auf die ihr gegebenen Sicherheiten zurückgreifen müssen.

18

Es kann daher auch letztlich dahinstehen, ob die Darlehensgeberin mit einer etwaigen Abtretung auch gegen das vertragliche Bankgeheimnis verstoßen hat und von einem konkludent vereinbarten Abtretungsverbot auszugehen ist, zumal § 354 a HGB insoweit zur Unwirksamkeit des Abtretungsverbotes führen würde.

19

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.