Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 18.02.2003, Az.: 6 S 10/03

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
18.02.2003
Aktenzeichen
6 S 10/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 39578
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2003:0218.6S10.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Celle - AZ: 13 C 1420/02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz:

Das Berufungsgericht kann sein Ermessen nicht an die Stelle des fehlerfrei ausgeübten Ermessens der ersten Instanz setzen.

Tenor:

  1. Das Berufungsgericht beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

    Der Berufungskläger/n/in wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Gründe

1

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

2

Das Amtsgericht hat die Schadensersatzklage, soweit die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche nicht anerkannt haben, zu Recht abgewiesen, weil es an einem substantiierten Vortrag zu den Schadenspositionen und der Schadensberechnung fehlt.

3

I.Ein Teilurteil war zulässig, weil darin über die geltend gemachten Schadensersatzansprüche abschließend entschieden wurde. Die Klageerweiterung betrifft Ansprüche auf Zahlung von Miete. Künftiger Vortrag der Kläger zu dem beim Amtsgericht noch anhängigen Teil kann sich auf die im Teilurteil entschiedenen Schadensersatzansprüche nicht auswirken.

4

Die Kläger haben in der Klage eine Vielzahl von Schäden aufgeführt. Für den größten Teil dieser Schäden verlangen sie mit der Klage Ersatz, nämlich für den Kühlschrank, den Herd und eine neue Spüle insgesamt 1. 500 €, für die Tapete und die Befestigung des Handlaufs  500 € und für die Schäden im Wohnzimmer (Fußleisten, Fenstergriffe, Filzteppichboden, Kippschalter [unklar ist, ob dazu auch der Doppelkippschalter und der Stecker gehören]) 1. 000 € sowie für die Reinigung der Wohnung  400 €. Für die Fußleisten in der Küche, den Küchenschrank neben dem Herd und den Türrahmen der Wohnungstür sind keine Beträge angesetzt.

5

Diese Art der Schadensberechnung genügt nicht den an eine detaillierte Darstellung zu stellenden Anforderungen. Ebenso wie das Gericht sich zu jedem einzelnen Gegenstand äußern müsste und nicht pauschal für alle Gegenstände einen Betrag ansetzen kann, müssen auch die Kläger die einzelnen von ihnen für jeden Gegenstand verlangten Werte nennen. Ohne eine solche Angabe können die Beklagten sich nicht dazu äußern, welchen im Wert sie für zutreffend und welchen Wert sie für falsch halten. Die Tatsache, dass die Beklagten sich nicht zu den pauschalen für mehrere Gegenstände zusammengefassten Werten geäußert haben, bedeutet nicht, dass diese Werte unstreitig sind. Zu einem solchen unsubstantiierten Vortrag braucht die Gegenseite sich nicht zu äußern. Folge des pauschalen Vortrags der Kläger ist, dass die Beklagten ihrerseits pauschal einen Betrag von  500 € anerkannt haben, ohne dass sich dieser Betrag auf einzelne Schadenspositionen aufteilen lässt.

6

Wenn der Herd ausgewechselt werden musste, wie die Kläger vortragen, so können sie ohne Schwierigkeiten den Preis des Herdes nennen. Auch können sie Angaben zur Marke und zum Alter des alten Herdes machen. Dasselbe gilt für den Kühlschrank und die Spüle. Diese Gegenstände scheinen aber nicht ausgewechselt worden zu sein, denn mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz legen die Kläger ein Angebot für einen neuen Herd und einen neuen Kühlschrank vor. Die im Wohnzimmer nach dem Vortrag der Kläger entstandenen Schäden sind nicht auf die einzelnen Gegenstände aufgegliedert. So ist nicht angegeben, was die Fußleisten kosten, wie viel Fenstergriffe fehlen und was ein Fenstergriff kostet. Auch Größe, Qualität und Preis des Filzteppichfußbodens sind nicht genannt. Nähere Angaben zu den Kosten des Kippschalters, des Doppelkippschalters und des Steckers fehlen. Welche Kosten entstehen für die Befestigung des Handlaufs? Muss die Tapete (wo?) erneuert werden, soweit sie sich von der Wand löst oder reicht ein erneutes Befestigen? Welche Kosten entstehen dafür? Die für die Reinigung angesetzten  400 € sind so nicht nachvollziehbar. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Wohnung inzwischen gereinigt worden ist. Ist dies durch eine Fremdfirma geschehen, müsste es darüber ein Rechnung geben. Haben die Kläger die Wohnung selbst gereinigt, müsste sie den Zeitaufwand und den angesetzten Stundensatz angeben.

7

Bei einer unsubstantiierten Klage ist das Gericht gemäß § 139 ZPO verpflichtet, die Kläger auf die fehlende Substantiierung hinzuweisen und im einzelnen anzugeben, zu welchen Punkten weiterer Vortrag erforderlich ist. Das hat das Amtsgericht in dem Termin vom 18.10.2002 getan. Wie in dem angefochtenen Urteil festgestellt worden ist, sind die damit in Zusammenhang stehenden Gesichtspunkte im Einzelnen erörtert worden, wie zum Beispiel der Abzug "neu für alt".

8

Das Amtsgericht hat den Anforderungen des § 139 Abs. 4 ZPO genügt, indem es in der ersten mündlichen Verhandlung auf die fehlende Substantiierung hinwies. Zu diesem Termin hatte das Amtsgericht die Akten durchgearbeitet. Das Gericht muss nicht bereits bei Eingang der Klage überprüfen, ob und welche Hinweise zu erteilen sind.

9

Auf Hinweise in der mündlichen Verhandlung wird sich ein Prozessbevollmächtigter häufig nicht sofort erklären können. Für diesen Fall bietet das Gesetz die Möglichkeit, einen Schriftsatznachlass zu beantragen. In der Regel ist einem solchen Antrag stattzugeben, damit die Partei die Möglichkeit hat, den Hinweisen Rechnung zu tragen.

10

In der mündlichen Verhandlung vom 18.10.02 ist nach Hinweis auf die fehlende Substantiierung und die Notwendigkeit, noch zu dem Abzug "Neu für alt" vorzutragen, kein Antrag auf Schriftsatznachlass gestellt worden. Auch ergibt das angefochtene Urteil, dass die Kläger an der von ihnen vertretenen Auffassung, dass die Schadensberechnung in der vorgetragenen Art ausreichend sei, festhielten. Unter diesen Umständen war das Amtsgericht auch nicht gehalten, auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31.10.02 die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Ein Ermessensfehler liegt nicht vor. Das Berufungsgericht kann sein Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens des Amtsrichters setzen.

11

In der Berufungsinstanz kann der in der ersten Instanz erforderlich gewesene Vortrag nicht nachgeholt werden.

12

II.Es wird darauf hingewiesen, dass bei einer Rücknahme der Berufung Gerichtskosten in Höhe von 0,5 Gebühren entstehen, während bei einem Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO eine 4,5fache Gebühr anfällt, also das Neunfache.

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Lüneburg, 18.02.2003

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Landgericht - 6. Zivilkammer