Landgericht Lüneburg
Urt. v. 18.02.2003, Az.: 6 S 137/02
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 18.02.2003
- Aktenzeichen
- 6 S 137/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 39580
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2003:0218.6S137.02.0A
Fundstelle
- JWO-MietR 2004, 83
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Wer Schadensersatz begehrt, muss darlegen und beweisen, dass der behauptete Schaden durch die Pflichtverletzung entstanden ist.
Es gibt keine Vermutung, dass eine ordnungsgemäß hergerichtete Wohnung bereits unmittelbar nach dem Ende eines Mietverhältnisses sofort am nächsten Tag weitervermietet ist.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Celle vom 23.09.2002 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Kläger teilweise geändert und insgesamt, wie folgt, neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 2.187,50 € nebst 8,8 % Zinsen seit dem 19.10.1999 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Kläger zu 62 % und die Beklagte zu 38 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 57 % den Klägern und zu 43 % der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht hat die Beklagte nach der Beendigung des Mietverhältnisses mit den Klägern wegen nicht ordnungsgemäßer Rückgabe der Wohnung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2.136,37 € verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, die Anschlussberufung der Kläger lediglich zu einem geringen Teil. Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz noch streitigen Positionen gilt Folgendes:
I. Küche:
Auf der Grundlage des Kostenvoranschlages des Möbelhauses ... , das den Klägern per Faxschreiben vom 07.09.2000 übersandt worden ist, haben die Kläger aus pVV des Mietvertrages gegen die Beklagte wegen Beschädigung der Küche bzw. Kücheneinrichtung einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 2.672,58 DM. Soweit das Amtsgericht hier zu einem Betrag von 2.572,00 DM gekommen ist, liegt offensichtlich ein Rechenfehler vor, der auf die Anschlussberufung der Kläger hin zu korrigieren ist. Im einzelnen gilt hier Folgendes:
1.Herd und Einbauspüle
Zur Recht hat das Amtsgericht den Klägern wegen der Beschädigung von Herd und Einbauspüle die Hälfte der in dem genannten Kostenvoranschlag aufgeführten Neuanschaffungskosten zuerkannt, nämlich 612,53 DM für den Herd und 294,50 DM für die Einbauspüle. Aufgrund der dort durchgeführten umfänglichen Beweisaufnahme ist das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass keine vertragsgemäße Nutzung dieser Geräte mehr gegeben sei, sondern diese vielmehr während der Mietzeit von der Beklagten beschädigt worden und ein Austausch der Geräte erforderlich gewesen sei. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist nachvollziehbar, Verstöße gegen Denk, Natur oder Erfahrungssätze sind nicht ersichtlich. Die Angriffe gegen die Würdigung des Amtsgerichts gehen fehl.
Dass die Einbauspüle über den normalen vertragsgemäßen Gebrauch hinaus bei Auszug der Beklagten aus der Wohnung unten angelaufen, bräunlich bzw. schwarz und zerkratzt gewesen ist, folgt aus den Aussagen der Zeugen ... . Der Zeuge ... hat in seinem Kostenvoranschlag vom 01.06.1999 dazu ausdrücklich festgestellt, dass das Spülbecken ausgetauscht werden müsse. Die Emaillespüle hat zwar aufgrund der Benutzung durch die Vormieterin Gebauer bereits gewisse Gebrauchsspuren aufgewiesen, befand sich nach den Aussagen der Zeugen ... damals aber insgesamt noch in einem gepflegten Zustand. Die zwischenzeitlich aufgetretenen Verschmutzungen und Kratzer müssen danach in der Mietzeit der Beklagten entstanden sein.
Nicht nur hinsichtlich der Einbauspüle sondern auch hinsichtlich des Herdes ist das Amtsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nachvollziehbar und vertretbar zu dem Ergebnis gelangt, dass insoweit von der Beklagten zu vertretende Beschädigungen vorliegen. Dass das Amtsgericht sich hinsichtlich des Zustandes des Herdes maßgeblich auf die Angaben des Zeugen ... gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Auch wenn dieser als Verkäufer von Küchengeräten ein Interesse an dem Verkauf eines neuen Herdes haben könnte, macht dies seine Angaben nicht per se unglaubhaft. Die Zeugen ... haben bestätigt, dass der Herd stark verschmutzt war. Selbst der Lebensgefährte der Beklagten, der Zeuge ... , hat angegeben, dass der Backofen innen "wohl (ein) bisschen schmutzig" gewesen sei. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts war der Herd nicht mehr zu reinigen. Dass es im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht der gegenteiligen, ohnehin recht vagen Einschätzung der Zeugin ... , sondern der Bewertung des Fachmanns ... gefolgt ist, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Verstöße gegen Beweisregeln sind auch insoweit nicht ersichtlich.
Im Ergebnis sind danach Spüle und Herd von der Beklagten zu ersetzen. Beide Geräte waren etwa 5 Jahre alt. Legt man eine regelmäßige Lebensdauer von ca. 12 bis 15 Jahren für diese Geräte in einer Mietwohnung zugrunde, erscheint der vom Amtsgericht vorgenommene Abzug Neu für Alt in Höhe von 50 % auch im Hinblick darauf, dass insbesondere bei der Spüle schon sichtbare Gebrauchsspuren durch die Vormieterin vorhanden gewesen sein sollen, insgesamt als vertretbar und angemessen.
2.Arbeitsplatten und Türen der Einbauschränke
Zu Recht hat das Amtsgericht den Klägern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch Schadensersatz für die Erneuerung der Arbeitsplatten und die Türen der Einbauküche zugestanden. Die Zeugen haben übereinstimmend Beschädigungen daran beschrieben, bei denen es sich nicht mehr um übliche Gebrauchsspuren handelt. So hat der Zeuge ... bekundet, dass "die Türen und Arbeitsplatten an der Einbauküche Kratzer hatten und zwar auch tiefe Kratzer". Es habe so ausgesehen, als ob die Katzen versucht hätten, sich hochzuziehen. Auch die anderen Zeugen haben das Vorhandensein von Kratzspuren und Rillen bestätigt. Selbst der Lebensgefährte der Beklagten, der Zeuge ... , hat wörtlich angegeben: "Die Küche bei Auszug, es war so, dass sie ganz eindeutig die Gebrauchsspuren der Katze aufwiesen, d.h. die Katze hat die Türen zerkratzt. Das war so. Die Arbeitsplatte am Herd, da war auch ein Kratzer, das stimmt." Insbesondere aus der letztgenannten Zeugenaussage folgt auch, dass diese Beschädigungen während der Mietzeit der Beklagten erfolgt und damit von ihr zu vertreten sind. Denn der Zeuge hat auch angegeben: "Die Türen usw. und auch die Arbeitsplatten waren, als Frau ... eingezogen ist, in Ordnung. Die waren nicht zerkratzt oder so. Das kann ich sagen".
Im Ergebnis sind deshalb von den von den Klägern durch die Rechnung des Möbelhauses ... vom 07.09.2000 nachgewiesenen Reparatur bzw. Neuanschaffungskosten für die Küche von 4.900,00 DM brutto Beträge von 612,53 DM und 294,50 DM für den Herd und die Einbauspüle abzuziehen sowie die in der Berufungsinstanz nicht mehr weiter verfolgten Kosten für die Dunstabzugshaube von 220,40 DM und den Kühlschrank von 1.099,99 DM. Dies ergibt für die Küche einen zu zahlenden Schadensersatz von 2.672,58 DM. Weitere Abzüge sind nicht vorzunehmen. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2003 hat die Beklagte einen Abzug Neu für Alt auch hinsichtlich der zu ersetzenden Arbeitsplatten und des Korpus der Küche in den Raum gestellt. Unabhängig davon, dass die Frist zur Berufungsbegründung zu diesem Zeitpunkt längst abgelaufen war, fehlt es an jeglicher Darlegung dazu, in welcher Höhe von welchen Beträgen Abzüge vorgenommen werden sollen. Allein der pauschale Hinweis auf einen möglichen Abzug Neu für Alt reicht nicht aus.
II. Balkon
Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen von ihr verursachter Beschädigungen an dem Balkon der Mietwohnung darüber hinaus aus pVV des Mietvertrages ein weiterer Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.605,80 DM (730,80 DM Materialkosten + 875,00 DM Arbeitskosten) zu. Aufgrund der Zeugenaussagen, insbesondere der Zeugen ... , ist das Amtsgericht nachvollziehbar und vertretbar zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund von Kotablagerungen (soweit in den Urteilsgründen von "Kobalt"ablagerungen die Rede ist, handelt es sich erkennbar um einen Schreib bzw. Übertragungsfehler) und anderer Verschmutzungen die für die Entwässerung des Balkons vorhandenen Abflüsse verstopft und infolge der dann mangelnden Entwässerung die Zinkanschlüsse zur Wand des Wohnzimmers oxidiert seien. Die von den Zeugen geschilderten, erheblichen Kotablagerungen auf dem Balkon gehen auf die Kleintierhaltung der Beklagten zurück. So hat der Zeuge ... , der Lebensgefährte der Beklagten, ausgesagt, dass die Beklagte dort Kaninchen gehalten habe. Diese seien auf dem Balkon "frei rumgelaufen" und hätten dort auch Kot gelassen. Es sei richtig, dass dadurch die Fugen zwischen den Platten verstopft worden seien. Soweit die Beklagte demgegenüber in der Berufungsinstanz anführt, dass kein Zeuge ausgesagt habe, dass jemals Kaninchen oder andere Haustiere auf dem Balkon frei herumgelaufen seien, ist dies also unrichtig. Auch ist es unerheblich, dass die Beklagte nunmehr Verunreinigungen durch Kleintiere mit neuem Vortrag zur Dauer und Art der Haltung ohne jegliche Auseinandersetzung mit den insoweit gegensätzlichen Zeugenaussagen bestreitet. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung des Amtsgerichts liefert die Beklagte nicht.
Auf der Grundlage der Zeugenaussage des Dachdeckermeisters ... und den Feststellungen des Sachverständigen ... ist das Amtsgericht auch nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die starken Verunreinigungen durch die Kleintierhaltung der Beklagten kausal für die Verstopfung der Entwässerungsleitungen und die starke Verunreinigung der Oberflächenplatten des Balkons geworden sind. Für Baumängel oder altersbedingte Verschleißerscheinungen liegen insoweit keine Anhaltspunkte vor. Im Gegenteil, der Zeuge ... hat hinsichtlich der Zinkanschlüsse und auch des Zustandes der Platten ausdrücklich klargestellt, dass es sich um "keinen normalen Alterungsprozess" gehandelt habe, sondern als Ursache nur auf die Tierhaltung abgestellt. Die erforderlichen Kosten für Reinigungs bzw. Reparaturmaßnahmen hat das Amtsgericht schlüssig auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen ... ermittelt. Kosten für die Renovierung des Untergrundbelages hat das Amtsgericht ausdrücklich ausgenommen bzw. nicht zugesprochen, da insoweit eine Haftung der Beklagten nicht festgestellt werden könne. Die diesbezüglichen Erklärungen in der Berufungsbegründung der Beklagten gehen demnach ins Leere.
III. Kosten für die Reinigung der Wohnung
Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Kläger von der Beklagten die Bezahlung der (End)Reinigung der Wohnung inklusive verlangen, wofür die Kläger jetzt neben anderen Arbeiten zur "Wiederherstellung der Vermietbarkeit" einen Betrag von 880,00 DM fordern (44 h a 20,00 DM). Schadensersatzansprüche gemäß § 326 a.F. BGB scheitern an der fehlenden Aufforderung an die Beklagte zur Vornahme der erforderlichen Arbeiten nebst Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Allein aus dem pauschalen Hinweis auf das Verhalten der Beklagten im übrigen kann eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung nicht hergeleitet werden. Ob aus der vorgetragenen Äußerung des Zeugen ... , die Beklagte werde sowieso nichts machen, bereits eine endgültige Leistungsverweigerung hergeleitet werden kann, kann dahin stehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass dieser zur Abgabe entsprechender Erklärungen von der Beklagten bevollmächtigt gewesen ist.
Soweit im übrigen Arbeitskosten für die Erneuerung des Teppichbodens und die Beseitigung weiter Schäden geltend gemacht werden, besteht ein Anspruch aus pVV des Mietvertrages nicht. Die Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs sind nicht ansatzweise dargetan worden. Für welche konkreten Schäden welche Arbeiten aufgewendet worden sind, wird im einzelnen nicht vorgetragen. Hinsichtlich des Teppichbodens ist zudem unklar, ob dieser nicht noch hätte gereinigt werden können.
IV. Mietausfall
Soweit die Kläger sich mit ihrer Anschlussberufung auch dagegen wenden, dass das Amtsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Mieten für die Monate Juni bis September 1999 abgelehnt hat, kann auf die zutreffenden Gründe des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen werden. Wer Schadensersatz begehrt, muss darlegen und beweisen, dass der behauptete Schaden durch die Pflichtverletzung der Gegenseite entstanden ist. Auch wenn die Beklagte verpflichtet gewesen ist, die Wohnung zum Ende des Mietverhältnisses am 31.05.1999 in ordnungsgemäßem und gereinigten Zustand zurückzugeben, kann nicht unterstellt werden, dass die Wohnung dann ab dem 01.06.1999 weitervermietet worden wäre. Es gibt keine allgemeine Vermutung dafür, dass eine ordnungsgemäß hergerichtete Wohnung bereits unmittelbar nach dem Ende eines Mietverhältnisses sofort am nächsten Tag weitervermietet werden kann. Dies ist vielmehr vom Anspruchsteller im einzelnen darzulegen. Das haben die Kläger nicht getan.
Sie haben lediglich auf das im selben Hause wohnende Ehepaar ... als potentielle Nachmieter verwiesen. Diese haben, wie ihre Zeugenaussagen belegen, lediglich einmal auf Betreiben der Kläger die Wohnung besichtigt. Ein hinreichend konkretes Interesse an der Anmietung der Wohnung lässt sich den Zeugenaussagen aber nicht entnehmen. Die Zeugin ... hat insbesondere nicht angegeben, dass sie die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand unmittelbar zum 1.6.1999 bzw. zum nächstmöglichen Zeitpunkt angemietet hätten.
Im Ergebnis haben die Kläger damit nach dem oben Gesagten gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2.187,50 € = 4.278,38 DM (= 2.672,58 DM + 730,80 DM + 875,00 DM).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen.