Landgericht Lüneburg
Urt. v. 13.02.2003, Az.: 6 S 87/01
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 13.02.2003
- Aktenzeichen
- 6 S 87/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 39572
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2003:0213.6S87.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Uelzen - AZ: 13 C 5608/00
Fundstelle
- JWO-MietR 2004, 204
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz:
Der Verzug setzt voraus, dass der Vermieter dem Mieter im einzelnen mitteilt, welche Arbeiten der Mieter als Schönheitsreparaturen vornehmen soll. Erst dann weiß der Mieter zuverlässig, was von ihm verlangt wird.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Amtsgerichts Uelzen vom 31.05.2001 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und dessen Ehefrau als Gesamtgläubiger 1.073,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem 21.11.2000 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 15% der Kläger und zu 85% der Beklagte.
Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von 2.300,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem 21.11.2000 verurteilt. Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen wegen behaupteter Mietrückstände in Höhe von 1.636,00 DM, Nachzahlungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2000/2001 (1.861,00 DM) und 1999/2000 (2.046,22 DM) sowie Schadensersatzansprüche wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen u.a. (6.356,00 DM) greife nicht durch.
Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg. Die Berufung ist, soweit sie zulässig ist, teilweise begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von nur noch 1.073,00 DM zu.
In der restlichen Höhe von 1.227,00 DM ist die Rückzahlungsforderung durch die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung mit restlichen Mietzahlungsansprüchen für die Zeit von August bis Oktober 2000 gemäß § 389 BGB erloschen. Der Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung restlichen Mietzinses für die Monate August bis Oktober 2000 in Höhe von 1.227,00 DM. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte klargestellt, dass der geforderte Mietrückstand in Höhe von 1.227,00 DM für die genannten Monate entstanden sei, weil der Kläger in allen drei Monaten nur einen Betrag von jeweils 831,00 DM anstatt der geschuldeten monatlichen Bruttomiete von 1.240,00 DM gezahlt habe. Der Kläger hat darauf nicht erwidert, obwohl dies gemäß § 138 Abs. 2 ZPO erforderlich gewesen wäre. In der ersten Instanz hat der Kläger nur pauschal vorgetragen, dass der Beklagte die Miete für die Monate Juli bis Oktober erhalten habe, und zwar den "größeren Teil" durch das Sozialamt, den Rest von ihm. Dies reicht so nicht aus. Der Kläger ist für die Erfüllung seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses darlegungs- und beweispflichtig. D.h., dass er im Einzelnen vortragen muss, welche Zahlungen in welcher Höhe das Sozialamt und welche er persönlich wann geleistet hat. Da er dies nicht getan hat, ist sein Vortrag zur Erfüllung der Verbindlichkeiten unerheblich. Auf der Grundlage des Vortrages des Beklagten ist deshalb davon auszugehen, dass die verlangten Restmieten für die Monate August bis Oktober 2000 (3 x 409, DM) noch geschuldet werden.
Die von dem Beklagten vorgenommene Verrechnung der monatlichen Zahlungen zunächst auf die Nebenkosten und dann auf die Kaltmiete ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers kann allein der Bezeichnung "Miete" keine anderweitige Tilgungsbestimmung im Sinne des § 366 Abs. 1 BGB entnommen werden. Da bei der Zahlung keine weitergehende Differenzierung bzw. Aufteilung vorgenommen worden ist (wie etwa ... DM Miete + ... DM Nebenkosten) ist nicht ersichtlich, dass die Zahlungen nur auf die Kaltmiete erfolgen sollten.
Die danach verbleibende Restforderung in Höhe von 1.073,00 DM ist durch die weiteren von dem Beklagten erklärten (Hilfs) Aufrechnungen nicht erloschen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Ein Anspruch auf Ersatz der behaupteten Kosten für den Erwerb einer neuen Einbauküche in Höhe der jetzt geltend gemachten 3.035,62 DM steht dem Beklagten gegen den Kläger nicht zu. Einen diesbezüglichen Schadensersatzanspruch aus pVV des Mietvertrages wegen Beschädigung der mitvermieteten Küche, der ohnehin nur auf den Ersatz des Zeitwertes und nicht des Neuwertes gehen könnte, hat der Beklagte nicht ansatzweise schlüssig dargetan. Nunmehr hat er klargestellt, dass er die Einbauküche als Ganze ersetzt haben will. Einen völligen Austausch der alten Einbauküche gegen eine neue - unter Vornahme eines Abzuges neu für alt - könnte der Beklagte aber nur dann verlangen, wenn die behaupteten Beschädigungen an der Küche (welche?) so schwer waren, dass eine Reparatur derselben nicht mehr möglich oder wirtschaftlich unsinnig war. Dazu hat der Beklagte jedoch nichts dargetan. Allein die pauschale Behauptung, die Küche sei "irreparabel beschädigt", reicht insoweit nicht aus. Auch zu den wertbildenden Faktoren der Küche wie Alter, Ausstattung, Neuwert etc. wird nichts vorgetragen. Es ist nicht einmal ersichtlich, aus welchen Teilen die alte Küche überhaupt bestanden hat und ob die neue Küche dem entspricht. Auch ist nicht erkennbar, ob in dem jetzt geforderten Betrag von 3.035,62 DM die drei Elektrogeräte (Kühlgefriertruhe, Herd und Waschmaschine) mitenthalten sind, für die der Beklagte ursprünglich ohne nähere Begründung einen Schadensersatzbetrag von allein 1.000,00 DM veranschlagt hatte.
Auch der weiterhin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Renovierungskosten in Höhe von 6.356,00 DM besteht nicht, da die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 326 BGB nicht erfüllt sind. Jedenfalls fehlt es an einer wirksamen InVerzugSetzung des Klägers. Da der Mieter den genauen Umfang der im einzelnen von ihm geforderten Leistungen nicht kennt oder anders als der Vermieter einschätzt, setzt der Verzug voraus, dass der Vermieter dem Mieter im einzelnen mitteilt, welche Arbeiten dieser als Schönheitsreparaturen vornehmen soll. Erst nach einer solchen konkreten Mitteilung, die mit einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung verbunden werden kann, weiß der Mieter, was von ihm verlangt wird. Dass der Beklagte als Vermieter dem Kläger als Mieter hier eine solche konkrete Mitteilung darüber gemacht hat, was im einzelnen renoviert werden soll, ist nicht ersichtlich.
Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz erstmalig hilfsweise mit Ansprüchen auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten aufrechnet, ist diese Aufrechnung zwar als sachdienlich im Sinne des § 530 Abs. 2 ZPO zuzulassen, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Schadensersatzansprüche aus pVV des Mietvertrages oder gegebenenfalls Verzug sind nicht ansatzweise schlüssig dargetan. Im Zusammenhang mit den für die außergerichtliche Kündigung des Vertrages vom 29.09.2000 geforderten Anwaltsgebühren von 1.488,05 DM hat der Beklagte zwar Pflichtverletzungen des Klägers unter schlichter Bezugnahme auf den Inhalt des Kündigungsschreibens behauptet, ohne diese aber auf das Bestreiten der Gegenseite hin unter Beweis zu stellen. Auch ist nichts dazu vorgetragen worden, dass und warum die Einschaltung eines Rechtsanwalts in dem konkreten Fall überhaupt erforderlich gewesen ist. Schließlich fordert der Beklagte für die fristlose Kündigung vom 29.09.2000 jetzt mit 1.488,05 DM fast doppelt so viel an Anwaltsgebühren, wie sein Prozessvertreter in dem Kündigungsschreiben selbst noch errechnet und der Gegenseite in Rechnung gestellt hat (dort 736,50 DM), ohne diese Erhöhung zu erklären.
Soweit dann noch mit der "weiteren" Kostennote vom 05.11.2000 weitere Gebühren von 391,50 DM geltend gemacht und zur Aufrechnung gestellt werden, wird nicht einmal vorgetragen, für welche konkrete anwaltliche Tätigkeit diese denn in Rechnung gestellt worden sind. Schon aus diesem Grunde lässt sich nicht beurteilen, warum der Kläger dafür haften soll.
Soweit der Beklagte schließlich hilfsweise mit noch ausstehenden Nachzahlungen aus Betriebs bzw. Heizkostenabrechnungen für die Jahre 1999/2000 in einer Gesamthöhe von nunmehr 3.626,09 DM aufrechnet, ist die Berufung gemäß § 519 b ZPO teilweise unzulässig. Denn insoweit fehlt es an der gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderlichen Berufungsbegründung. Das Amtsgericht hat die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Nachzahlungen wegen Fehlens ordnungsgemäßer Nebenkostenabrechnungen mangels Fälligkeit abgelehnt und dies näher begründet. Damit setzt sich der Beklagte in seiner Berufungsbegründung nicht auseinander, sondern wiederholt zunächst nur seinen erstinstanzlichen Vortrag zu diesen Positionen. Dies reicht nicht aus. Denn es ist nicht ersichtlich, warum das amtsgerichtliche Urteil insoweit falsch sein soll. Mit seinem Schriftsatz vom 18.09.2001 legt der Beklagte dann ohne weitere Erklärung schlicht andere Abrechnungen vor, die inhaltlich den in erster Instanz vorgelegten Abrechnungen zum Teil widersprechen. In welchem Zusammenhang diese mit den zuvor vorgelegten Abrechnungen stehen, wird nicht erläutert. Eine Auseinandersetzung mit dem amtsgerichtlichen Urteil zu den Nebenkostenabrechnungen fehlt weiterhin und ist nach Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung ohnehin nicht zulässig. Eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung liegt nach alledem nicht vor.
Im Ergebnis gehen also die weiteren (Hilfs) Aufrechnungen ins Leere. Es bleibt demnach bei einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 1.073,00 DM. Da die Ehefrau des Klägers ebenfalls Partei des Mietvertrages war, sind beide Gesamtgläubiger hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs, weshalb der Tenor auch insoweit abzuändern war.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 11.10.2001 gibt der Kammer keine Veranlassung dazu, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO). Soweit der Beklagte darin, nachdem er den vom Amtsgericht festgestellten Rückzahlungsanspruch dem Grunde nach bisher nicht in Frage gestellt hat, erstmals einwendet, der Kläger sei in Höhe von 846, DM nicht forderungsberechtigt, ist seine Berufung nicht zulässig. Die Frist zur Begründung der Berufung ist längst abgelaufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.