Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.03.2003, Az.: 11 ME 420/02
Zur Charakterisierung von Sportwetten (sog. Oddset-Wetten) als Glücksspiele; Zum Vorliegen einer wirksamen Erlaubnis zum Abschluss von Sportwetten; Zur territorialen Reichweite fortgeltender DDR-Verwaltungsakte
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.03.2003
- Aktenzeichen
- 11 ME 420/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 22557
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2003:0304.11ME420.02.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 49 EGV
- Art. 19 EGV
- Art. 70 Abs. 1 GG
- Art. 72 Abs. 1 GG
- Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG
- § 11 NGefAG
- § 16 NLottG
- § 3 NLottG
- § 284 StGB
Fundstellen
- DVBl 2003, 683 (amtl. Leitsatz)
- GewArch 2003, 247-248
- NdsVBl 2003, 158-160
Amtlicher Leitsatz
Sportwetten (sog. Oddset-Wetten) sind Glücksspiele im Sinne von § 284 StGB.
Eine Sportwettenerlaubnis der DDR gilt nicht im gesamten Bundesgebiet fort.
Gründe
Die Beschwerden des Antragstellers und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Die mit ihnen vorgebrachten Einwände, die im Beschwerdeverfahren allein zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zeigen nichts auf, was die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen könnte.
Der Antragsteller betreibt in E. und F. Wettannahmestellen für Sportwetten. Diese Wetten werden durch die C. Vermittlungs GmbH - Beigeladene zu 2) - für die Sportwetten GmbH Gera - Beigeladene zu 1) - vermittelt (vgl. den Vertrag über die Vermittlung von Sportwetten zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen zu 2) vom 28. Dezember 2001). Die Beigeladene zu 1) verfügt über eine Erlaubnis für den Abschluss von Sportwetten - Buchmacher -, die ihr am 14. September 1990 von dem Magistrat der Stadt Gera erteilt worden ist.
Mit Bescheid vom 12. August 2002 untersagte die Antragsgegnerin unter Anordnung des Sofortvollzuges dem Antragsteller, Sportwetten der Beigeladenen zu 1) zu bewerben und anzunehmen. Gleichzeitig drohte sie für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1. 000, -- Euro an. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. August 2002 mit Beschluss vom 14. November 2002 ab. Dagegen richten sich die Beschwerden des Antragstellers und der Beigeladenen. Die von ihnen dargelegten Gründe rechtfertigen jedoch keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführer kann das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheides nicht mit der Begründung verneint werden, dass es an der Eilbedürftigkeit fehle, da die Antragsgegnerin monatelang untätig gewesen sei, bevor sie sich zu einem Einschreiten entschlossen habe. Diese Argumentation verkennt, dass eine vorübergehende Duldung rechtswidriger Zustände weder die Eingriffsbefugnis noch die besondere Dringlichkeit der Verwirklichung eines Verwaltungsakts im Recht der Gefahrenabwehr entfallen lässt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 80 Rdnr. 96). Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 11 NGefAG). Liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäss § 2 Nr. 1 a NGefAG (hier in Gestalt der Verletzung von Strafvorschriften) vor, sind diese also zu ihrer Abwehr berechtigt, grundsätzlich aber nicht verpflichtet. Das Ermessen umfasst auch die Entscheidung über den Zeitpunkt des Einschreitens. Eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens durch die Antragsgegnerin lässt sich im Übrigen auch nicht feststellen. Der Antragsteller hat seine Tätigkeit erst Anfang 2002 aufgenommen. Außerdem war die Sach- und Rechtslage nicht einfach zu beurteilen, so dass hinreichender Anlass für eine sorgfältige Prüfung bestand. Der bloße Zeitablauf bis zum Erlass des Bescheides vom 12. August 2002 vermag deshalb die Eilbedürftigkeit der getroffenen Maßnahme nicht in Zweifel zu ziehen.
Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend entschieden, dass der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die hiergegen vorgebrachten Rügen der Rechtsmittelführer greifen nicht durch.
Bei den in Rede stehenden Sportwetten (sog. G. -Wetten) handelt es sich um Glücksspiele im Sinne von § 284 StGB. Im Gegensatz zum Geschicklichkeitsspiel, bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust des Spieles nach den Spielbedingungen wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt, ist das Glücksspiel dadurch geprägt, dass der Erfolg allein oder überwiegend vom Zufall abhängt (BVerwG, Urt. v. 23. 8. 1994, BVerwGE 96, 293, 295) [BVerwG 23.08.1994 - 1 C 18/91]. Ein Glücksspiel liegt auch dann vor, wenn der Spielerfolg zwar nicht allein vom Zufall abhängt, dem Zufallselement aber ein deutliches Übergewicht gegenüber den vom Spieler zu beeinflussenden Umständen zukommt (BVerwG, Urt. v. 28. 3. 2001, BVerwGE 114, 92 = GewArch 2001, 334). Maßgeblich für die Beurteilung sind die Fähigkeiten und Erfahrungen des Durchschnittsspielers, so dass der Annahme eines Glücksspiels nicht entgegensteht, dass sich daran auch besonders geübte oder versierte Spieler beteiligen (vgl. BGH, Urt. v. 28. 11. 2002 - 4 StR 260/02 -; Eser/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, Komm. , 28. Aufl. 2001, § 284 Rdnr. 5). Mit der Strafandrohung des § 284 StGB soll eine übermäßige Nachfrage nach Glücksspielen verhindert, ein ordnungsgemäßer Spielablauf gewährleistet und eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken verhindert werden (vgl. Hahn, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht in der Rechtsprechung des BVerwG ab 1999, GewArch 2002, 41, 49 f. m. Nachw. ).
Nach diesen Maßstäben fallen unter das Verbot des § 284 StGB auch die streitbefangenen Sportwetten (ebenso BVerwG, Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O. ; BGH, Urt. v. 28. 11. 2002, a. a. O. ; OVG NRW, Beschl. v. 13. 12. 2002 - 4 B 1844/02 -; OVG Sachs. -Anh. , Beschl. v. 28. 1. 2002, GewArch 2002, 199 [BVerfG 20.02.2002 - 1 BvR 423/99]; Tröndle/Fischer, StGB und Nebengesetze, 51. Aufl. 2003, § 284 StGB Rdnr. 3 und 7). Die davon abweichende Rechtsprechung einzelner Strafgerichte (vgl. etwa Amtsgericht Karlsruhe, Urt. v. 13. 7. 2000, GewArch 2001, 234 und das vom BGH, a. a. O. , aufgehobene Urteil des Landgerichts Bochum vom 26. 2. 2002) ist rechtlich nicht haltbar.
Sportwetten der vorliegenden Art sind dadurch gekennzeichnet, dass die Teilnehmer auf den Ausgang von Sportereignissen, vornehmlich im Bereich des Fußballs, wetten und die Gewinnquoten - im Unterschied zum herkömmlichen Fußballtoto - im voraus festgelegt werden. Nach dem Spielsystem der Beigeladenen zu 1) bestimmt jeder Mitspieler die Höhe seines Wetteinsatzes unter Beachtung der Mindesteinsätze selbst. Die Höchstsumme des im Fall der richtigen Voraussage des Ergebnisses der Sportveranstaltung auszuzahlenden Gewinns pro Teilnehmer und Woche beträgt unabhängig von der Anzahl der abgegebenen Wetten oder der Höhe der Wetteinsätze 125. 000, -- Euro. Bei dieser Art von Wetten kommt dem Zufallselement ein deutliches Übergewicht gegenüber den vom Spieler zu beeinflussenden Umständen zu. Niemand - auch nicht umfassend informierte und erfahrene Spieler - kann den Ausgang eines sportlichen Wettkampfs exakt vorhersagen, wobei Fälle von Manipulation natürlich ausgenommen sind. Der Reiz eines sportlichen Wettbewerbs, besonders eines Fußballspiels, liegt vor allem darin, dass dessen Ergebnis nicht im Voraus bestimmbar ist. Zu Recht haben daher sowohl das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O. ) als auch der Bundesgerichtshof (vgl. Urt. v. 28. 11. 2002, a. a. O. ) darauf hingewiesen, dass das Konzept der sog. G. -Wetten gerade auf der Unkalkulierbarkeit der Sportergebnisse basiert und nur dadurch die Gewinnerwartung des Veranstalters begründet.
Der Senat lässt offen, ob der Antragsteller, der die Sportwetten der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage eines Vermittlungsvertrags mit der Beigeladenen zu 2) in seinen Ladenlokalen in E. und F. annimmt und bewirbt, den Tatbestand des § 284 StGB als Täter erfüllt. Denn er leistet jedenfalls der Beigeladenen zu 1) eine nach § 27 StGB strafbare Beihilfe (so auch OVG NRW. Beschl. v. 13. 12. 2002, a. a. O. , zu einem vergleichbaren Fall). Außerdem verstößt er mit seiner Tätigkeit gegen die Vorschrift des § 16 des Niedersächsischen Gesetzes über das Lotterie- und Wettwesen (NLottG). Danach macht sich strafbar, wer ohne behördliche Genehmigung gewerbsmäßig für eine in Niedersachsen nicht zugelassene Lotterie, Wette oder Ausspielung zum Abschluss oder zur Vermittlung von Spielverträgen auffordert oder sich erbietet (Nr. 1) oder Angebote zum Abschluss oder zur Vermittlung von Spielverträgen entgegennimmt. Es ist unstreitig, dass der Antragsteller selbst über eine derartige Genehmigung nicht verfügt. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass die dem Beigeladenen zu 1) am 14. September 1990 vom Magistrat der Stadt Gera erteilte Erlaubnis zum Abschluss von Sportwetten im gesamten Bundesgebiet gelte; außerdem sei § 16 NLottG wegen Verstoßes gegen Art. 72 Abs. 1 GG nichtig. Dieser Argumentation vermag der Senat aber nicht zu folgen.
Während das Bundesrecht die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis verbietet und mit Strafe bedroht (vgl. §§ 284 Abs. 1 und 4, 27 und 9 Abs. 1 StGB; beruhend auf der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht - Art. 74 Nr. 1 GG -), fällt die Genehmigung von Lotterien und Wetten in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (vgl. BVerwG, Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O. ; OVG NRW, Beschl. v. 13. 12. 2002, a. a. O. ; Dietlein, Das staatliche Glücksspiel auf dem Prüfstand, BayVBl. 2002, 161, 166 f. ). Dies folgt entweder aus der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Sicherheits- und Ordnungsrecht (Art. 70 Abs. 1 GG) oder aus dem Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung, wobei der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit insoweit keinen Gebrauch gemacht hat. Damit war das Land Niedersachsen auch in Ansehung des Art. 72 Abs. 1 GG befugt, das NLottG zu erlassen.
Nach § 3 NLottG kann das gewerbsmäßige Veranstalten öffentlicher Wetten über den Ausgang sportlicher Wettkämpfe (Sportwetten) von der zuständigen Behörde durch Erteilung einer Konzession zugelassen werden (Abs. 1); Träger der Konzession darf aber nur eine Gesellschaft (Wettunternehmen) sein, an der das Land unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist und deren andere Beteiligte entweder juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Zusammenschlüsse oder Gesellschaften solcher Personen sind oder die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes 1996 erfüllen (Abs. 2). Die Beigeladene zu 1) verfügt weder über eine Konzession nach § 3 Abs. 1 NLottG noch kann ihr diese als private Gewerbetreibende nach § 3 Abs. 2 NLottG erteilt werden. Dass sie im Besitz einer am 14. September 1990 vom Magistrat der Stadt Gera erteilten Erlaubnis zum Abschluss von Sportwetten ist, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Allerdings hat jene Erlaubnis nicht mit der Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 ihre Wirksamkeit verloren, sondern gilt gemäß Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) fort. Danach bleiben vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR wirksam. Da die betreffende Erlaubnis nicht aufgehoben worden ist (vgl. Art. 19 Satz 2 EV), ist ihr Regelungsgehalt auch von den Gerichten zu beachten. Art. 19 EV verfolgt das Ziel, schnell eine Rechtseinheit herbeizuführen (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. , Einl. Rdnr. 90 und § 35 Rdnr. 263). Infolgedessen kommt den Verwaltungsakten der DDR nach Art. 19 Satz 1 EV grundsätzlich ebenso Geltung im gesamten (erweiterten) Bundesgebiet zu, wie dies auch für Verwaltungsakte zutrifft, die bis zum 3. Oktober 1990 von der Behörde eines alten Bundeslandes erlassen worden sind (BVerwG, Urt. v. 15. 10. 1997, BVerwGE 105, 255, 260 f.[BVerwG 15.10.1997 - 7 C 21/96] ). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall jedoch nicht, dass die Erlaubnis des Magistrats der Stadt Gera vom 14. September 1990 auch die Durchführung von Sportwetten in Niedersachsen (und in den übrigen alten Bundesländern) gestattet (ebenso OVG NRW, Beschl. v. 13. 12. 2002, a. a. O. ; Stelkens, a. a. O. , § 35 Rdnr. 266; Dietlein, a. a. O. S. 166 f. ; a. A. Thür. OVG, Beschl. v. 21. 10. 1999, GewArch 2000, 118 [OVG Thüringen 21.10.1999 - 3 EO 939/97]). Insbesondere gebieten die Grundsätze der Rechtseinheit und der Gleichbehandlung zwischen alten und neuen Ländern eine derartige Auslegung nicht.
Maßstab für die territoriale Reichweite der fortgeltenden DDR-Verwaltungsakte kann nur sein, ob und inwieweit ein entsprechender in den alten Ländern ergangener Verwaltungsakt bundesweit gelten würde oder nicht. Wie bereits dargelegt konnte und kann die Genehmigung von Sportwetten nach bundesdeutschem Recht nur durch die Länder erfolgen. Auch ist die Verwaltungshoheit eines Bundeslandes grundsätzlich auf sein eigenes Gebiet beschränkt (BVerfG, Beschl. v. 15. 11. 1960, BVerfGE 11, 6, 19 [BVerfG 15.03.1960 - 2 BvG 1/57]) [BVerfG 15.03.1960 - 2 BvG 1/57]. Etwas Anderes gilt für sog. überregionale Verwaltungsakte (vgl. dazu Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HStR IV, § 89 Rdnr. 35; Lerche, in: Maunz/Düring, Komm. z. GG, Art. 83 Rdnr. 49; Broß, in: von Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar, Bd. 3, Art. 83 Rdnr. 13). Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor. Denn es geht nicht um den Landesvollzug von Bundesrecht oder um die Erstreckung eines Landesakts auf das gesamte Bundesgebiet aufgrund einer Ermächtigung oder Zustimmung der anderen Länder. Vielmehr handelt es sich um den Vollzug des den Ländern vorbehaltenen Wett- und Lotterierechts, für das auch dem Wortlaut des Art. 19 Satz 1 EV keine räumliche Ausweitung einer von Behörden der DDR erteilten Erlaubnis auf das gesamte Bundesgebiet zu entnehmen ist (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 13. 12. 2002; Stelkens, a. a. O. , § 35 Rdnr. 266 und Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O. , § 43 Rdnr. 233 b; Dietlein, a. a. O. , S. 166 f. ). Es wäre der Förderung der deutschen Rechtseinheit gerade nicht dienlich, wenn eine Sportwettenerlaubnis der DDR nunmehr im gesamten Bundesgebiet gelten sollte, während derartige von Behörden der alten Bundesländer erteilte Erlaubnisse nur im jeweiligen Bundesland gelten. Eine solche sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung würde deshalb Sinn und Zweck des Art. 19 Satz 1 EV widersprechen.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Zwar hat dieses im Urteil vom 15. Oktober 1997 (a. a. O. ) die Ansicht vertreten, dass Verwaltungsakte der DDR nach Art. 19 Satz 1 EV grundsätzlich im gesamten (erweiterten) Bundesgebiet fortgelten. Der zugrundeliegende Fall betraf aber einen statusrechtlichen Verwaltungsakt, nämlich die Feststellung der Identität einer bestehenden Religionsgemeinschaft mit einer früheren Kirchenkörperschaft. Dass derartige Verwaltungsakte schon wegen ihres Inhalts in ihrer Geltung nicht auf Teile des Bundesgebietes beschränkt werden können, ist naheliegend (so zu Recht Sachs, a. a. O. ; Dietlein, a. a. O. , S. 167 Rdnr. 71). Damit ist aber der vorliegenden Fall der Genehmigung einer Sportwette nicht zu vergleichen. Das Bundesverwaltungsgericht hat für die Auslegung des Art. 19 Satz 1 EV darauf abgehoben, dass DDR-Verwaltungsakte grundsätzlich ebenso zu behandeln seien wie Verwaltungsakte, die vor der Wiedervereinigung in den alten Bundesländern erlassen worden sind, da eine Begrenzung ihres räumlichen Anwendungsbereiches die mit dem Einigungsvertrag angestrebte Rechtseinheit anderenfalls gefährden würde. Diese Überlegungen gelten aber gerade nicht für Verwaltungsakte im Wett- und Lotteriewesen, die - wie aufgezeigt - nicht für das gesamte Bundesgebiet gegolten hätten, wenn sie bis zum 3. Oktober 1990 von der Behörde eines alten Bundeslandes erlassen worden wären. Dies bedeutet, dass - worauf auch das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - die der Beigeladenen zu 1) erteilte Sportwettenerlaubnis der Stadt Gera vom 14. September 1990 auf das jetzige Bundesland Thüringen räumlich beschränkt ist.
Schließlich bestehen auch keine europarechtlichen Bedenken gegen die Fernhaltung Privater von Veranstaltung und Vermittlung von gewerblichen Sportwetten / G. -Wetten. Die Regelung des Art. 49 EG-Vertrag über den freien Dienstleistungsverkehr steht nationalen Rechtsvorschriften über den Vorbehalt staatlicher Veranstaltung von Wetten nicht entgegen, wenn diese durch Ziele der Sozialpolitik, hier dem Schutz der Gesundheit der Spieler und des Vermögens des Einzelnen, gerechtfertigt und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH, Urt. v. 21. 9. 1999, GewArch 1999, 476 [BVerwG 13.04.1999 - BVerwG 1 C 11.98] und v. 21. 10. 1999, GewArch 2000, 19; BVerwG, Urt. v. 28. 3. 2001, a. a. O. ; OVG NRW, Beschl. v. 13. 12. 2002 - 4 B 2124/02 -).