Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.03.2003, Az.: 1 LA 125/02
Eigentumsübertragung; Grenzbebauung; Grundbuch; Mitwirkung; Vormerkung; Zugangszeitpunkt; Zustimmungserklärung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.03.2003
- Aktenzeichen
- 1 LA 125/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48464
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 15.03.2002 - AZ: 4 A 5138/01
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 3 BauO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Wirksamkeit einer Zustimmungserklärung nach § 12 Abs. 3 NBauO bedarf es der Mitwirkung desjenigen, zu dessen Gunsten eine Vormerkung zur Eigentumsübertragung eingetragen ist und der das Grundstück nutzt; ob es ausreicht, dass eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist, bleibt unentschieden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem die Erklärung der Bauaufsichtsbehörde zugeht.
Gründe
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Oktober 2001 nahm die Beklagte nach Widerspruch der beigeladenen Nachbarn ihre Baugenehmigung zur Errichtung einer Grenzgarage vom 22. Februar 1996 zurück und gab ihr einen Teilrückbau auf. Die Beteiligten streiten dabei insbesondere um die (vom Verwaltungsgericht verneinte) Frage, ob die Beigeladenen oder ihr Rechtsvorgänger auf Nachbarrechte verzichtet oder diese in formeller oder materieller Hinsicht verwirkt haben.
Die Klägerin und die Beigeladenen sind seit dem 18. August 1995 Grundstücksnachbarn. An diesem Tage wurde der am 13. Dezember 1994 zwischen den Beigeladenen und dem Voreigentümer, Herrn {A.}, notariell beurkundete Kaufvertrag durch Eigentumsumschreibung erfüllt. Den Beigeladenen gehört das nördliche der beiden an der Westseite der {B.}-Straße in {C.} gelegene Grundstück (Nr. 97). Das südliche Nachbargrundstück hatten die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann mit Bauschein vom 29. April 1994 in zweiter Reihe mit einem Wohnhaus nebst südlich bis zur Grenze anschließenden Stellplätzen bebaut. Ohne Genehmigung der Beklagten entstand offensichtlich im Zuge dieser Baumaßnahme in der Fachwerkbauweise des Hauptgebäudes an der Nordgrenze des Baugrundstücks eine Doppelgarage. Diese steht mit 9 m Länge hart an der Grenze. Parallel zu dieser befindet sich die Traufe, welche in einer Höhe von rund 2,60 m beginnt. Das Krüppelwalmdach hat eine Steigung von ca. 45°. Das Gebäude wurde nicht vollständig hergestellt, nachdem seine Herstellung über die Ortspolizei der Beklagten bekannt geworden war; es fehlen bislang unter anderem die Fenster sowie die beiden Garagentore.
Im Oktober 1994 stellten die Klägerin und ihr seinerzeit noch lebender Mann den Antrag, das Gebäude nachträglich zu genehmigen. Sie legten den Auszug einer nur vom Rechtsvorgänger der Beigeladenen unterschriebenen Zusatzerklärung zu einer Grenzbebauung vom 17.3.1994 vor. Diese reichte der Beklagten nicht aus. Unter dem 6. Juni 1995 unterzeichnete der Rechtsvorgänger der Beigeladenen eine Erklärung, die unter anderem den folgenden Wortlaut hat:
„Dieser Bestätigung durch Herrn {A.}, {B.}-Str. 97, geht eine Beratung durch das Bauamt der Stadt {C.}, Herrn {D.} vom 14.11.1994 voraus und einer Kenntnisnahme der Käufer des Grundstückes {B.}-Str. 97, Herrn u. Frau {E.}, während einer Besichtigung des Grundstückes Ende November.
Grenzbebauung, {B.}-Str. 95a
Hiermit erkläre ich mich einverstanden, daß beiliegendes Bauvorhaben die Höhe von 3 m überschreiten darf. (Entsprechend den beigefügten Plänen.)“
Auf dem Kopf der Erklärung (Blatt 59 BA A) sind als Bauherrn die Klägerin und ihr Mann sowie als Bauort „{B.}-Str. 95a“ angegeben; außerdem ist der Schnitt eines Gebäudes zu sehen, das 7 m breit ist, ein Walmdach aufweist und eine Firsthöhe von etwa 6,70 m hat. Die Erklärung ging ausweislich des Eingangsstempels am 16. August 1995 beim Bauamt der Beklagten ein.
Die Baugenehmigung wurde den Beigeladenen nicht bekannt gemacht. Im April erhielten sie eine Kopie der oben geschilderten Erklärung. Unter dem 28. April 1997 nahmen sie die Wirksamkeit dieser Einverständniserklärung in Abrede, weil diese nicht mit ihnen abgestimmt gewesen sei. Die Baugenehmigung sei schon wegen Überschreitung der zulässigen Höhe rechtswidrig. Sie baten einzuschreiten. Das lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 19. Juni 1997 zunächst mit der Begründung ab, die Abwehransprüche der Beigeladenen seien verwirkt. Diesen Bescheid hob sie auf Widerspruch der Beigeladenen auf. Unter dem 3. Dezember 1997 nahm sie die Baugenehmigung für die Garage teilweise zurück und gab einen Teilrückbau auf. Auch diesen Bescheid hob sie im Verlauf des (ersten) Klageverfahrens – 4 A 113/00 – auf, nachdem das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hatte, dass die Verfügung möglicherweise unter Ermessensfehlern leide.
Durch hier angegriffenen Bescheid vom 26. Oktober 2001 nahm die Beklagte den Bauschein vom 22. Februar 1996 teilweise zurück und gab der Klägerin und ihrem Ehemann auf, die bereits errichtete Baulichkeit bis zum 31. Dezember 2001 dergestalt umzubauen, dass sie eine Höhe von 3 m im Grenzbereich von 3 m ab der Grenze nicht überschreite. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt ihrer Erteilung keine Zustimmungserklärung der Beigeladenen vorgelegen habe. Deren Widerspruchsrecht sei weder in formeller noch materieller Hinsicht verwirkt. Denn die Bauherrn hätten das Gebäude errichtet, ohne auf eine Zustimmung der Nachbarn vertrauen zu können.
Das Verwaltungsgericht hat die nach Widerspruchserhebung erhobene Untätigkeitsklage mit der hier angegriffenen Entscheidung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Darin hat es unter anderem ausgeführt: Der Widerspruch der Beigeladenen sei zulässig, insbesondere nicht verspätet gewesen. Diese hätten trotz der im Zuge der Kaufverhandlungen durchgeführten Besichtigung des Grundstücks keinen Anlass gehabt, sich bei der Beklagten über die Existenz einer Baugenehmigung zu versichern. Die Erklärungen vom 17. März 1994 und 6. Juni 1995 führten nicht zur Unbegründetheit des Widerspruchs. Wirksam könne die Zustimmungserklärung nach § 12 Abs. 3 NBauO nur derjenige abgeben, der zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung Eigentümer des Nachbargrundstücks sei. Die Erklärung vom 2. April 1994 sei schon deshalb unwirksam, weil sie nicht vom Erklärungsgeber unterschrieben gewesen sei. Sie beziehe sich zudem auf ein ganz anderes Vorhaben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützte Zulassungsantrag. Diesem treten die Beklagte und die Beigeladenen entgegen.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Weder weist die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art auf, welche die Zulassung rechtfertigen; das ist nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. z.B. Beschl. v. 31.8.1998 – 1 L 3914/98 -, NdsRPfl. 1999, 44 = NuR 2000, 389 = NdsVBl. 1999, 95) der Fall, wenn das Zulassungsantragsvorbringen schwierige Fragen aufwirft, welche sich im Zulassungsverfahren nicht ohne weiteres beantworten lassen. Noch liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung vor. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschl. v. 31.7.1998 - 1 L 2696/98 -, NVwZ 1999, 431) anzunehmen, wenn für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis - auf dieses und nicht auf einzelne Begründungselemente kommt es dabei an - „die besseren Gründe sprechen“, d.h. wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Die von der Klägerin im Zulassungsantrag zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1163 [BVerfG 23.06.2000 - 1 BvR 830/00]) bedeutet dabei nicht, dass schon jedwede „Unklarheit“, die über einen einzigen zu prüfenden Punkt bestehen könnte, dem Zulassungsantrag zum Erfolg zu verhelfen vermag. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Beantwortung dieses Punktes das Entscheidungsergebnis ins Wanken bringen kann; anderenfalls fehlt es an der auch im Zulassungsverfahren zu beobachtenden Entscheidungserheblichkeit dieser Frage. Die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezog sich zudem im wesentlichen auf das Darlegungserfordernis und erging zu einer Gesetzesfassung, in der einem Beteiligten nur ein einziger Monat zwischen Zustellung der angegriffenen Entscheidung und Geltendmachung der Zulassungsgründe zur Verfügung stand. Zwischenzeitlich sind dies indes zwei Monate, welche die Klägerin auch im wesentlichen voll ausgeschöpft hat. Hier kommt des weiteren hinzu, dass die Beteiligten nunmehr im zweiten Verfahren gegeneinander stehen und jedenfalls nunmehr trotz zunächst vielleicht unübersichtlichen Sachverhalts sich die für die Rechtsfindung maßgeblichen Punkte präzise herausgeschält haben. Die nachstehend anzustellende Prüfung ergibt außerdem, dass für das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis sogar überwiegende Gründe sprechen.
Danach ist folgendes auszuführen:
Die Zulassungsschrift enthält bis zu ihrer Seite 3 unten keine im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO substantiierten Angriffe. Bis dahin besteht sie vielmehr im wesentlichen nur aus einer Wiedergabe des Tatbestandes, so wie er sich zu wesentlichen Teilen bereits aus der angegriffenen Entscheidung und der Akte ergibt. In den weiteren Teilen der Zulassungsantragsschrift werden im Grunde nur zwei Gedanken ventiliert und in einer dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerade noch entsprechenden Weise substantiiert. Zum einen: Die Beigeladenen hätten schon bei der Besichtigung des Grundstücks gesehen, dass das Nachbargrundstück eine Grenzgarage dieser Größe aufweise. Zum anderen: Für den „Verlust“ von Nachbarrechten komme es nicht nur auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung an, sondern auf den, an dem die Erklärung vom 6. Juni 1995 abgegeben worden sei. Beides rechtfertigt nicht anzunehmen, dass besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art bestehen, noch begründet dies ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung.
Richtig ist, dass die Klage schon dann hätte Erfolg haben müssen, wenn der Nachbarwiderspruch der Beigeladenen keinen Erfolg hätte haben dürfen. Denn die Beklagte hat die Baugenehmigung nicht, was unter Umständen auch in Betracht gekommen wäre, von Amts wegen – und dann u. U. nur gegen Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung – zurückgenommen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides folgt vielmehr, dass sie von den Vorteilen des § 50 VwVfG hat Gebrauch machen wollen. Das kommt indes nur dann in Betracht, wenn der Widerspruch zulässig und begründet war. Dass dies der Fall ist, wird durch das Zulassungsantragsvorbringen nicht entscheidend in Frage gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat zwar möglicherweise zu Unrecht darauf abgestellt, dass es für die Frage, welche Person als Nachbar gem. § 72 NBauO zu beteiligen ist, auf denjenigen ankommt, der zum Zeitpunkt der Baugenehmigung Eigentümer des Nachbargrundstücks ist (so auch Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Komm., 7. Aufl. 2002, § 72 Rdnr. 121). Das ist indes wohl nicht (allein) ausschlaggebend. Denn die unterlassene Nachbarbeteiligung führt für sich nicht zur Aufhebung der Baugenehmigung; das ist erst gerechtfertigt, wenn die Baugenehmigung auch materiell Nachbarrechte verletzt (Große-Suchsdorf/ Lindorf/Schmaltz/Wiechert, aaO, Rdnr. 123; ebenso OVG Lüneburg, Urt. v. 29.5.1998 – 6 L 1223/97 –, Vnb, unter Hinweis auf Urt. v. 14.3.1967 – VI A 110/66 -, BRS 18 Nr. 122).
Entscheidende Frage ist daher, ob der Rechtsvorgänger der Beigeladenen durch Abgabe der Erklärung vom 6. Juni 1995 dem Nachbarwiderspruch in einer Weise den Boden entzogen hat, welche auch die Beigeladenen bindet. Das hätte sich hier aus einer Anwendung des § 72 Abs. 4 NBauO ergeben können, greift im Ergebnis aber nicht durch. Nach dieser Vorschrift ist ein Nachbar nicht mehr gem. § 72 Abs. 2 NBauO zu beteiligen, wenn er der Baumaßnahme schriftlich zugestimmt und sich dadurch seiner Nachbarrechte begeben hat. Daraus ist mit der zitierten Kommentierung von Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert (aaO, Rdnrn 125 bis 127) zu folgern, dass zugunsten des Bauherrn auch eine Zustimmungserklärung des (früheren) Eigentümers ausreichen kann. Die hier am 6. Juni 1995 unterschriebene Erklärung hat dies nicht in wirksamer Weise bewirken können. Ihr wird man zwar nicht nachsagen können, sie bezeichne in nur unzureichender Weise das Vorhaben. Gerade im Falle einer Grenzgarage braucht nur festgelegt werden, dass diese mit einer Höhe von mehr als 3 m auf der Grenze errichtet werden soll; der genaue Standort muss nicht festgelegt werden (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, aaO, Rdnr. 125, für den hier interessierenden Fall des § 12 Abs. 3 NBauO). Erforderlich ist aber, dass sie von demjenigen in wirksamer Weise abgegeben wird, der - noch/schon – als Nachbar im Sinne der §§ 12, 72 NBauO anzusehen ist. Daran fehlt es hier. Bei der Zustimmung gem. § 12 Abs. 3 NBauO handelt es sich um eine empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Mit ihr wird auf Baurechte verzichtet. Das hat zwei Konsequenzen. Sie wird – erstens - erst dann wirksam, wenn sie bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 7.12.1994 – 4 TH 3032/94 -, DVBl. 1995, 525, 526f.). Zweitens muss sie von all denen abgegeben werden, die an dem Grundstück berechtigt sind. Das war hier zum Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei der Beklagten (16. August 1995) nicht mehr der Rechtsvorgänger der Beigeladenen allein. Zu diesem Zeitpunkt war die Vormerkung zur Eigentumsübertragung zugunsten der Beigeladenen bereits eingetragen gewesen (29. Dezember 1994) und die Nutzung des Grundstücks auf diese übergegangen. Jedenfalls das hat dazu geführt, dass sie neben dem Verkäufer des Grundstücks als „Nachbarn“ anzusehen waren und es zur Anwendung des § 12 Abs. 3 NBauO – auch – ihrer Zustimmung bedurft hätte. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu im Urteil vom 29. Oktober 1982 - 4 C 51.79 - (NJW 1983, 1626 = BRS 39, Nr. 176 = UPR 1983, 127 = ZfBR 1983, 33) ausgeführt:
„Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass den "in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich Berechtigten" auch derjenige gleichzustellen ist, der einen notariellen Kaufvertrag abgeschlossen hat, zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist und auf den Besitz, Nutzungen und Lasten übergegangen sind. Der solcher Art Berechtigte hat bereits eine dem Grundstückseigentum so angenäherte Rechtsposition erlangt, dass es gerechtfertigt ist, ihn als "Nachbarn" anzusehen. Diese zum baldigen Erwerb des Volleigentums berechtigende Rechtsposition kann durch Einwirkungen des benachbarten Bauvorhabens rechtswidrig in gleicher Weise beeinträchtigt und z.B. durch sie auch im Wert gemindert werden (vgl. zur Indizbedeutung der Wertminderung: Urteil vom 14. April 1978 - BVerwG 4 C 96 und 97.76 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 34), wie das zivilrechtliche Grundstückseigentum. Dies verschafft dem Inhalt dieser Rechtsposition die gleichen Abwehrrechte wie das zivilrechtliche Eigentum.
Eine schutzwürdige eigentumsähnliche Rechtsposition setzt voraus, dass sie hinsichtlich der von ihr vermittelten Berechtigungen nach außen erkennbar sein muss, und zwar sowohl für die Behörde - etwa wegen einer gebotenen Anhörung des Nachbarn oder der Zustellung der Baugenehmigung an ihn - als auch für den Bauherrn. Diese Erkennbarkeit ist aber in einem Fall wie dem vorliegenden anhand der im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung gegeben. Demgegenüber greifen die Bedenken des Berufungsgerichts nicht durch: Dass der Kläger zivilrechtlich nur eine obligatorische Rechtsstellung - allerdings verbunden mit einer dinglich wirkenden Absicherung seines Anspruchs - hatte, schließt - wie bereits erörtert - nicht aus, sie hier wie Eigentum zu behandeln. Daß diese Rechtsposition des Käufers nicht den Eigentümer sachenrechtlich hindern würde, vertragswidrig das Grundstück noch weiteren Käufern zu verkaufen, ist atypisch und mindert jedenfalls nicht die dargelegte Rechtsposition des Klägers.“
Die Beigeladenen haben im Vorprozess (4 A 113/00) mit Schriftsatz vom 28.2.2000 (Bl. 25 GA) dazu unwidersprochen ausgeführt, im Juli 1995 sei der Zeitpunkt der Übergabe des Grundstücks fernmündlich verabredet, diese am 31. Juli 1995 vollzogen worden. Jedenfalls aus diesem Grunde waren die Beigeladenen im Rechtssinne „Nachbarn“ und hätten daher zur Wirksamkeit einer Zustimmungserklärung gem. § 12 Abs. 3 NBauO hinzugezogen werden müssen.
Es sprechen zudem die besseren Gründe für die Annahme, dass es jedenfalls für den Fall der Zustimmungserklärung nach § 12 Abs. 3 NBauO des Übergangs der tatsächlichen Nutzung nicht bedarf, sondern die aus dem Grundbuch ersichtliche Eintragung der Vormerkung ausreicht. Eine Erklärung nach § 12 Abs. 3 NBauO tritt nach der gesetzlichen Regelung an die Stelle einer sonst an sich erforderlichen Baulast (vgl. Barth/Mühler, Abstandsvorschriften der NBauO, Komm., 2. Aufl. 2000, § 12 Rdnr. 50). Für die Baulast hat sich der Senat in seiner Entscheidung vom 12. September 1997 (- 1 L 5585/96 -, NJW 1998, 1168 = BRS 59 Nr. 192) der Auffassung des Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshofes (Urt. v. 13.7.1992 – 8 S 588/92 -, DVBl. 1993, 119 = BRS 54 Nr. 162) angeschlossen, diese könne nur dann in wirksamer Weise bestellt werden, wenn der im Grundbuch eingetragene Vormerkungsberechtigte dem zugestimmt habe. Das dürfte entsprechend auch für die Zustimmungserklärung gem. § 12 Abs. 3 NBauO zu gelten haben. Denn mit der Vormerkung wird eine weitere dingliche Berechtigung an einem Grundstück geschaffen. Diese wird durch die Zustimmungserklärung inhaltlich geschmälert. Das zieht das Mitwirkungserfordernis des Vormerkungsberechtigten nach sich. Dessen Stellung gleicht damit der eines Miteigentümers.
Ob der Beigeladene zu 2), wie die Klägerin unter Beweisantritt behauptet hat (Bl. 5 R der GA 4 A 113/00), den Verkäufer des Grundstücks fernmündlich am 22. Mai 1995 zur Abgabe dieser Erklärung „ermächtigt“ hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen unerheblich. Denn diese Erklärung hätte gegenüber der Bauaufsichtsbehörde abgegeben werden müssen. Ob etwas anderes gälte, wenn der Rechtsvorgänger der Beigeladenen noch vor der Übergabe des Grundstücks (31. Juli 1995) die Erklärung vom 6. Juni 1995 bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht hätte, ist hier nicht zu entscheiden. Das wäre ein anderer Fall. Daher muss auch nicht erörtert werden, ob es nicht auch noch der Zustimmung der Beigeladenen zu 1 bedurft hätte. Diese weist zutreffend darauf hin, durch die Vormerkung ebenfalls begünstigt worden zu sein. Die Klägerin hat nicht ausreichend darzutun vermocht, dass der Beigeladene zu 2) die Beigeladene zu 1) nach dem Inhalt des Kaufvertrages vertreten durfte.
Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass den Beigeladenen die Existenz der Garage aufgrund der Grundstücksbesichtigung bekannt gewesen sei und sie auch keinen Grund gehabt hätten anzunehmen, diese werde wieder beseitigt werden. Weder der Wortlaut des ersten Teils der Erklärung vom 6. Juni 1995 noch § 11 des Kaufvertrages geben hierfür etwas her. Die auf Seite 2 unten des Urteilabdrucks wiedergegebene Passage des Kaufvertrages macht vielmehr im Gegenteil Mehreres deutlich. Erstens: Die Beigeladenen nahmen gerade nicht an, dass das an der Grenze stehende Gebäude bauaufsichtsbehördlich bereits genehmigt und die dafür erforderliche Zustimmungserklärung bereits abgegeben war; andernfalls hätte man sich hiergegen nicht durch die Regelung des § 11 Kaufvertrag eigens vorsehen müssen. Die Richtigkeit dieser Annahme ergibt sich daneben daraus, dass das Grenzgebäude baulich noch nicht vollständig fertiggestellt war. Zweitens: Der Voreigentümer sollte nach dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Kaufvertrag weder berechtigt sein, Erklärungen abzugeben, die einer Baulast gleichen, noch solche, die – wie hier (s. die obigen Ausführungen unter Hinweis auf Barth/Mühler, Abstandsvorschriften der NBauO, Komm., 2. Aufl. 2000, § 12 Rdnr. 50) - in ihren Rechtswirkungen ihr gleich kommen. Die Beigeladenen hatten zudem auch gar keinen Anlass, sich bereits im Kaufvertrag hierüber abschließend zu erklären. Der Kaufvertrag wirkte nur inter partes, d.h. zwischen ihnen und dem Verkäufer. Und sein § 11 zeigt, wie ausgeführt, dass sich die Beigeladenen, was das öffentlich-rechtliche Verhalten zu Nachbargrundstücken anbetrifft, gerade nicht dem Ratschluss ihres Rechtsvorgängers unterwerfen wollten.
Nicht angegriffen hat die Klägerin die Verfügung hinsichtlich der Ausübung des Ermessens. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass die Anordnung zum Rückbau die Klägerin nicht daran hindern darf, ein Austauschmittel anzubieten, mit der auf andere Weise im Grenzbereich baurechtmäßige Zustände geschaffen werden. Richtiger wäre es daher unter Umständen gewesen, der Klägerin die Beseitigung des Grenzgebäudes insgesamt aufzugeben, um ihr so die Gelegenheit zu geben, ihre baulichen Vorstellung im Rahmen eines wirksamen Austauschmittels zur Geltung zu bringen (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, aaO, § 89 Rdnr. 40 mwN). Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die kalendarisch bestimmte Ausführungsfrist zum Teilrückbau des Gebäudes infolge Zeitablaufs überholt ist.