Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.06.2021, Az.: 5 ME 50/21

Becherde gegen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens einer Professur wegen Besorgnis der Befangenheit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.06.2021
Aktenzeichen
5 ME 50/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 27868
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 10.03.2021

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 7. Kammer - vom 10. März 2021 geändert. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 39.789,54 EUR festgesetzt. Für den zweiten Rechtszug wird der Wert des Streitgegenstandes auf 40.346,58 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Streitgegenstand ist die Entscheidung der Antragsgegnerin - einer Hochschule für D. -, das Stellenbesetzungsverfahren betreffend eine W 3-Professur "E." unter Verweis auf einen Verfahrensfehler (Besorgnis der Befangenheit von Berufungskommissionsmitgliedern) abzubrechen.

Die im ... 1968 geborene Antragstellerin studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie an der Universität A-Stadt. Im Jahr 2006 wurde sie an der Antragsgegnerin zur Doktorin der Philosophie promoviert und hatte dort im Zeitraum Sommersemester 2009 bis Wintersemester 2013/2014 eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für F. inne. Im unmittelbaren Anschluss hieran (Wintersemester 2013/2014 bis einschließlich Wintersemester 2017/2018) war sie als Gastprofessorin am Institut für F. der Antragsgegnerin tätig; die Gastprofessur war an das Graduiertenkolleg "G." gekoppelt, welches in der Zeit vom Wintersemester 2013/2014 bis einschließlich Wintersemester 2017/2018 bei der Antragsgegnerin bestanden hatte. Seit dem Sommersemester 2018 ist die Antragstellerin Inhaberin einer W 2-Professur im Fachbereich H. der Hochschule I..

Im November 2018 setzte die Antragsgegnerin eine Berufungskommission für zwei zu besetzende W 3-Professuren - darunter die o. g. W 3-Professur "E." - ein. In ihrer konstituierenden Sitzung am 28. Januar 2019 wählte die Berufungskommission Frau Professorin Dr. J. zu ihrer Vorsitzenden und beschloss die Ausschreibungstexte. Frau Professorin Dr. J. ist Inhaberin der Professur "K." am Institut für F. der Antragsgegnerin und war seinerzeit stellvertretende Sprecherin des Graduiertenkollegs "G." gewesen.

Nach entsprechender Freigabe durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur Anfang Juli 2019 schrieb die Antragsgegnerin am 26. Juli 2019 zum 1. April 2020 die streitgegenständliche W 3-Professur "E." aus. Hierauf bewarben sich neben der Antragstellerin 66 weitere Bewerber.

In der (zweiten) Sitzung der Berufungskommission am 7. November 2019 fand eine Befangenheitsüberprüfung der Berufungskommissionsmitglieder statt. Hierzu gaben die Kommissionsmitglieder nacheinander anhand der Bewerberliste an, ob gegenüber einzelnen Personen unter Berücksichtigung der "Handreichung des Präsidiums [der Antragsgegnerin] zum Umgang mit Befangenheiten in Berufungsverfahren gemäß Beschluss des Präsidiums vom 28.08.2019" (im Folgenden: "Präsidiumshandreichung Befangenheiten") die Besorgnis der Befangenheit bestehe. Aufgrund der Angaben wurden in Bezug auf zwei Kommissionsmitglieder Befangenheitsgründe bejaht - einmal im Verhältnis zur Antragstellerin und einmal im Verhältnis zu einem Mitbewerber -; außerdem stimmte die Berufungskommission aufgrund der Schilderung eines weiteren Kommissionsmitglieds darüber ab, dass in Bezug auf dieses Kommissionsmitglied kein Anschein der Befangenheit (relativer Ausschlussgrund) im Verhältnis zur Antragstellerin bestehe. Eine Äußerung der Vorsitzenden der Berufungskommission, Frau Professorin Dr. J., zu einer möglichen Befangenheit ihrer Person im Verhältnis zur Antragstellerin enthält das Protokoll der Kommissionssitzung nicht. Im Anschluss an die Befangenheitsüberprüfung gelangte die Berufungskommission zu der Einschätzung, dass insgesamt zehn Bewerber die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen und alle in der Stellenausschreibung genannten Kriterien erfüllten und daher entsprechende Schriften einreichen sollten; hierunter befand sich auch die Antragstellerin.

Am 12. Dezember 2019 wählte die Berufungskommission in ihrer dritten Sitzung diejenigen Bewerber aus, die zu einer Anhörung geladen werden sollten, darunter auch die Antragstellerin. Die hochschulöffentlichen Anhörungen fanden am 21. und 22. Januar 2020 statt. Im Anschluss an die Anhörungen entschied die Berufungskommission, die Antragstellerin auf den ersten Platz der insgesamt drei Plätze umfassenden Berufungsliste zu setzen.

Im April 2020 wurde die Berufungsliste dem Senat der Antragsgegnerin zur Beschlussfassung vorgelegt. In den dortigen Diskussionen am 22. und 29. April 2020 sowie am 6. Mai 2020 wurde kritisiert, dass die Mitwirkung der Antragstellerin im Graduiertenkolleg "G." und die Frage der Besorgnis der Befangenheit (von Kommissionsmitgliedern in Bezug auf die Person der Antragstellerin) in der Berufungsakte nicht erörtert worden seien.

Am 19. August 2020 beschloss das Präsidium der Antragsgegnerin auf der Grundlage einer Beschlussvorlage vom 11. Mai 2020 im Umlaufverfahren, das Berufungsverfahren für die W 3-Professur "E." wegen einer fehlenden und nicht mehr nachholbaren Befangenheitsüberprüfung ohne Stellenbesetzung abzubrechen. Zur Begründung war in der Beschlussvorlage ausgeführt worden, es sei aufgefallen, dass der genaue Umfang der Mitwirkung der erstplatzierten Antragstellerin in einem Graduiertenkolleg der Antragsgegnerin bis Ende 2017 und die eventuell daraus resultierende Nähe zu einzelnen Kommissionsmitgliedern in der Berufungskommission nicht hinreichend erörtert bzw. durch einen Beschluss dokumentiert worden sei. Formal fehle es daher an der erforderlichen Dokumentation der Befangenheitsüberprüfung und dem entsprechenden Beschluss der Berufungskommission. Eine Nachholbarkeit erscheine nicht möglich, weil durch die Auswahl der Bewerber für die hochschulöffentliche Anhörung und die bereits erfolgten Probelehrveranstaltungen sowie die Vorstellungsgespräche bei der Berufungskommission eine gewisse Festlegung erfolgt sei; eine anderweitige Heilung des Verfahrens erscheine nicht möglich. Es sei daher nicht hinreichend sichergestellt, dass das Verfahren noch zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen könne. In Anbetracht des deutlichen Risikos, gegen Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) zu verstoßen, sei das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen.

Mit E-Mail vom 20. November 2020 teilte die Antragsgegnerin den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass das Verfahren aufgrund von Verfahrensfehlern ohne Stellenbesetzung habe beendet werden müssen; eine erneute Ausschreibung sei für das erste Halbjahr 2021 geplant.

Am 9. Dezember 2020 hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht L. um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel nachgesucht, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das abgebrochene Berufungsverfahren für die in Rede stehende Professur fortzuführen. Ein sachlicher Grund dafür, das Verfahren abzubrechen, bestehe nicht. Insbesondere bestehe bei Frau Professorin Dr. J. in Verhältnis zur Person der Antragstellerin keine Besorgnis der Befangenheit.

Die Antragsgegnerin unterstelle aufgrund der bloßen Mitarbeit der Antragstellerin im Graduiertenkolleg "G." eine unzulässige fachliche Nähe zu Frau Professorin Dr. J.. Eine solche Nähe sei jedoch nicht gegeben. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei bei Mitgliedern einer Berufungskommission "ein gewisser wissenschaftlicher oder beruflicher Kontakt zu einem der Bewerber" unter dem Gesichtspunkt der Befangenheitsbesorgnis unschädlich, weil ein solcher Kontakt im wissenschaftlichen und universitären Bereich üblich sei. Über einen solchen Kontakt gehe auch der Kontakt zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. nicht hinaus. Das Graduiertenkolleg sei ein thematisch ausgerichtetes und wissenschaftlich ausgestaltetes Promotionsprogramm gewesen, zu dem während der Gastprofessur der Antragstellerin neun bzw. sieben Professoren und insgesamt 40 Promovierende gehört hätten. Die Aufgabe der Antragstellerin habe darin bestanden, Dissertationen zu begutachten und zu betreuen sowie sich im Rahmen von Kolloquien an der Lehre zu beteiligen. Zum Graduiertenkolleg habe zudem die Durchführung von Tagungen gehört, die von kleineren Arbeitsgruppen organisiert worden seien. Eine wie auch immer geartete wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. habe es im Rahmen des Graduiertenkollegs nicht gegeben; sie hätten auch nicht gemeinsam publiziert. Selbstverständlich seien sich beide im Rahmen des Graduiertenkollegs - beispielsweise bei den von allen beteiligten Professoren gemeinsam durchgeführten Doktorandenkolloquien - gelegentlich begegnet. Es habe zudem in unregelmäßigen Abständen - wie auch mit anderen Mitgliedern des Graduiertenkollegs - einen kurzen Austausch über das Graduiertenkolleg betreffende Themen gegeben. Ein freundschaftliches oder sonstiges privates Verhältnis habe aber zu keinem Zeitpunkt bestanden.

Außerdem habe die Antragstellerin im Rahmen ihrer Gastprofessur Bachelor- und Masterkolloquien durchgeführt, drei gemeinsam mit Frau Professorin Dr. J.. Dies habe die Antragstellerin in ihren Bewerbungsunterlagen auch offengelegt; sie habe vor dem Hintergrund ihrer mehrjährigen Gastprofessur alles darangesetzt, bereits zu Beginn des Verfahrens Transparenz herzustellen. Eine derartige Zusammenarbeit sei indes im Vorlesungsbetrieb einer Hochschule üblich.

Zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. ließe sich - wenn überhaupt - ein vorübergehendes und im Ergebnis oberflächliches berufliches Verhältnis annehmen. Der bloße Umstand, dass beide für einen Zeitraum von gut vier Jahren am selben Institut der Antragsgegnerin als Professorinnen tätig gewesen seien, begründe keine besondere Nähe. Nach alledem habe Frau Professorin Dr. J. alle Fragen der "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" verneinen dürfen. Auch eine Besorgnis der Befangenheit gemäß § 21 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) liege nicht vor.

Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sei nicht zu beanstanden.

Die "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" sehe ein bestimmtes Verfahren als Reaktion auf mitgeteilte (mögliche) Befangenheitsgründe vor. Im Streitfall fehle es bereits an einer Mitteilung der Vorsitzenden der Berufungskommission, dass zumindest ein relativer Ausschlussgrund gegeben sein könne. Dementsprechend habe auch eine Erörterung und Beschlussfassung in Bezug auf diese Frage nicht vorgelegen. Die Antragstellerin könne ihre eigene Rechtsauffassung zu dieser Frage nicht ohne Weiteres an die Stelle einer unterbliebenen Beschlussfassung der Berufungskommission setzen.

Ungeachtet dessen gelte, dass nach § 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) in Verbindung mit § 21 VwVfG solchen Personen eine stimmberechtigte oder nur beratende Mitwirkung in der Berufungskommission versagt sei, bei denen ein Grund vorliege, der geeignet sei, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsführung zu rechtfertigen (Besorgnis der Befangenheit). Allein aus der Tätigkeit der Antragstellerin als Gastprofessorin bei der Antragsgegnerin, insbesondere bei dem Graduiertenkolleg "G.", ergebe sich eine fachliche Nähe zu Frau Professorin Dr. J., der seinerzeitigen stellvertretenden Sprecherin des Graduiertenkollegs und nunmehrigen Vorsitzenden der Berufungskommission. Der Einfluss einer Vorsitzenden der Berufungskommission auf die Erarbeitung der Berufungsempfehlung sei offensichtlich. Diese fachliche Nähe wäre von Frau Professorin Dr. J. anzuzeigen gewesen, damit die Berufungskommission über ein Vorliegen der Besorgnis der Befangenheit hätte entscheiden und die Vorsitzende gegebenenfalls hätte ersetzen können. Die organisatorische Zuordnung der Antragstellerin und die sich aus dem Auswahlvorgang ergebende Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden der Berufungskommission seien objektiv geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, zumal gerade die Mitwirkung der Antragstellerin am Graduiertenkolleg von der Berufungskommission zu ihren Gunsten gewertet worden sei. Selbst wenn man keinen absoluten Ausschlussgrund annehmen wollte, so wäre zumindest eine Einzelfallentscheidung der Berufungskommission über die Frage der Besorgnis der Befangenheit der Frau Professorin Dr. J. zu treffen gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag mit Beschluss vom 10. März 2021 vollumfänglich stattgegeben, also die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, das abgebrochene Berufungsverfahren für die W 3-Professur "E." fortzuführen. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch der für die begehrte einstweilige Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch sei gegeben, denn die Abbruchentscheidung beruhe nicht auf einem sachlichen Grund. Die Antragsgegnerin habe die Abbruchentscheidung damit begründet, dass die Frage der Besorgnis der Befangenheit von Frau Professorin Dr. J. von der Berufungskommission nicht hinreichend geprüft und dokumentiert worden sei, obwohl für eine solche Prüfung Anlass bestanden habe. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hätten indes im Streitfall keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Befangenheit von Frau Professorin Dr. J. gegenüber der Person der Antragstellerin zu besorgen sei. Daher sei auch kein entsprechender Beschluss der Berufungskommission herbeizuführen gewesen.

Anhaltspunkte für Zweifel daran, ob ein bestimmter Amtsträger nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden werde, könnten bestehen, wenn eine über eine bloße Bekanntschaft hinausgehende besondere persönliche Beziehung, beispielsweise in Gestalt einer engen Freundschaft, vorliege. Lediglich gelegentliche berufliche Kontakte hingegen begründeten regelmäßig keine Besorgnis der Befangenheit. Nach diesen Maßstäben bestünden keine Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit von Frau Professorin Dr. J.. Es sei nicht feststellbar, dass zwischen dieser und der Antragstellerin über gelegentliche berufliche Kontakte hinaus eine besondere kollegiale Nähe und damit das für die Besorgnis einer Befangenheit erforderliche besondere Näheverhältnis bestehe. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass allein aufgrund der Tätigkeit der Antragstellerin im Graduiertenkolleg "G." von 2013 bis 2018, deren stellvertretende Sprecherin Frau Professorin Dr. J. gewesen sei, eine solche besondere kollegiale Nähe (im Sinne auch der Frage 13 der "Präsidiumshandreichung Befangenheiten") resultiert habe. Vielmehr habe es sich hierbei um eine Zusammenarbeit im Rahmen des gewöhnlichen Lehrbetriebs und nicht um eine künstlerische oder wissenschaftliche Kooperation im Sinne der Frage 11 der "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" gehandelt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, der die Antragstellerin entgegentritt.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die von ihr in der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der angegriffenen Entscheidung im tenorierten Sinne.

1. Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Das hierin zum Ausdruck kommende Leistungsprinzip, welches auch bei der mit der Ernennung zum Professor verbundenen Besetzung von Lehrstühlen an Universitäten gilt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 1.8.2006 - 2 BvR 2364/03 -, juris Rn. 17), eröffnet dem Einzelnen keinen Anspruch auf Beförderung bzw. auf Übertragung des begehrten Amtes, sondern gibt ihm lediglich Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Maßgabe dieser Kriterien entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Nach Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG kann der unterlegene Bewerber in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt worden ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.11.2011 - 2 BvR 1181/11 -, juris Rn. 20). Die konkrete Stellenausschreibung und das daran anschließende Auswahlverfahren dienen der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Bewerber (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.2.2007 - 2 BvR 2494/06 -, juris Rn. 7). Um eine Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.11.2011, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 19.1.2012 - 5 ME 464/11 -; Beschluss vom 27.5.2014 - 5 ME 60/14 -).

Dem Bewerbungsverfahrensanspruch ist auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.4.2005 - 1 BvR 2231/02 u. a. -, juris Rn. 40; Kammerbeschluss vom 28.11.2011, a. a. O., Rn. 22). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden ist, kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites Organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu; der Abbruch des Auswahlverfahrens erfordert jedoch einen sachlichen Grund (BVerwG, Urteil vom 25.4.1996 - BVerwG 2 C 21.95 -, juris Rn. 21; Urteil vom 22.7.1999 - BVerwG 2 C 14.98 -, juris Rn. 26; Urteil vom 31.3.2011 - BVerwG 2 A 2.09 -, juris Rn. 16; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 15; Urteil vom 3.12.2014 - BVerwG 2 A 3.13 -, juris Rn. 19; Urteil vom 10.12.2020 - BVerwG 2 C 12.20 -, juris Rn. 26; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 14.9.2006 - 5 ME 219/06 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 24.1.2008 - 5 LA 68/07 -; Beschluss vom 30.9.2010 - 5 ME 169/10 -, juris Rn. 17; Beschluss vom 16.6.2011 - 5 ME 199/11 -; Beschluss vom 19.1.2012 - 5 ME 464/11 -; BVerfG, Beschluss vom 19.12.2008 - 2 BvR 627/08 -, juris Rn. 8f; Beschluss vom 28.2.2007, a. a. O., Rn. 7), welcher grundsätzlich - d. h. sofern er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt - in den Akten schriftlich dokumentiert sein muss (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.11.2011, a. a. O., Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 26.1.2012 - BVerwG 2 A 7.09 -, juris Rn. 29; Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 19; Urteil vom 3.12.2014, a. a. O., Rn. 20). Ein Bewerber wird grundsätzlich nur durch die schriftliche Fixierung der wesentlichen (Abbruch-)Erwägungen in die Lage versetzt, etwa anhand von Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob die Entscheidung des Dienstherrn seinen Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn. 28f.; Urteil vom 3.12.2014, a. a. O., Rn. 34). Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation des Grundes für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens dem Gericht die Möglichkeit, die Beweggründe für den Abbruch nachzuvollziehen. Die Annahme, die maßgeblichen Erwägungen könnten auch erstmals im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens gegen den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens dargelegt werden, mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.12.2014, a. a. O., Rn. 34). In formeller Hinsicht setzt der Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens weiter voraus, dass die Bewerber von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form - etwa durch die erneute Ausschreibung der betreffenden Stelle oder durch Mitteilung - Kenntnis erlangen (BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn. 28; Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 19).

Ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens kann sich aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn ergeben. So kann der Dienstherr etwa das Verfahren abbrechen, wenn er die Stelle, die dem erfolgreichen Bewerber übertragen werden sollte, nicht mehr besetzen will (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 16). Ebenso stellt es einen sachlichen, dem Organisationsermessen zugehörigen Grund für einen Abbruch dar, wenn der Dienstherr sich entschlossen hat, die Stelle neu zuzuschneiden (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 16). Darüber hinaus ist der Dienstherr berechtigt, ein Stellenbesetzungsverfahren aus Gründen abzubrechen, die aus Art. 33 Abs. 2 GG hergeleitet werden. So kann er aufgrund seines Beurteilungsspielraums bei der Bewerberauswahl das Verfahren abbrechen, wenn kein Bewerber seinen Erwartungen entspricht (BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn. 27; Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 17; Urteil vom 3.12.2014, a. a. O., Rn. 19) oder wenn nachträglich ein wesentlich besser geeigneter Interessent auftritt, der dem zunächst ausgewählten Bewerber nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG vorgeht (BVerwG, Urteil vom 10.12.2020, a. a. O., Rn. 23). Der Dienstherr kann das Stellenbesetzungsverfahren aber auch abbrechen, weil er erkannt hat, dass es vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG fehlerhaft ist (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 17; Urteil vom 3.12.2014, a. a. O., Rn. 19; Urteil vom 10.12.2020, a. a. O., Rn. 30). Dementsprechend ist der Abbruch regelmäßig gerechtfertigt, wenn dem Dienstherrn im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt worden ist, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen, denn daraus kann regelmäßig der Schluss gezogen werden, dass die bisherige Verfahrensweise im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG erheblichen Zweifeln begegnet (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 20; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.3.2012 - 5 ME 41/12 -). Unsachlich sind demgegenüber solche Gründe, die das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen oder einen bestimmten Bewerber bei der späteren Auswahlentscheidung zu bevorzugen (BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn. 27; Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 20).

Wird der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens diesen formellen und materiellen Anforderungen nicht gerecht, darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen, weil dadurch die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.11.2011, a. a. O., Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 3.12.2014, a. a. O., Rn. 19). Ist hingegen der Abbruch des Auswahlverfahrens rechtmäßig, so ist der Bewerbungsverfahrensanspruch der ursprünglichen Bewerber erloschen (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 11; Beschluss vom 27.2.2014 - BVerwG 1 WB 7.13 -, juris Rn. 28; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2014 - 5 ME 60/14 -) und ein Eilantrag mit dem Ziel, den Dienstherrn zur Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten, bleibt ohne Erfolg.

2. Mit Blick auf diese Grundsätze ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem Fortbestehen des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin - und damit von einem Anordnungsanspruch - ausgegangen.

Der beschließende Senat teilt die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, dass ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens gegeben ist, weil das Berufungsverfahren jedenfalls aufgrund einer fehlerhaften Besetzung der Berufungskommission in Person von Frau Professorin Dr. J. verfahrensfehlerhaft war. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Mitwirkung von Frau Professorin Dr. M. in der Berufungskommission einen weiteren Verfahrensfehler darstellt, kann somit mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen.

Die Antragsgegnerin hat das Berufungsverfahren wegen "des deutlichen Risikos, gegen Art. 33 Abs. 2 GG zu verstoßen", abgebrochen und dieses Risiko mit einer fehlenden Beschlussfassung über den "genauen" Umfang der Mitwirkung der Erstplatzierten in einem Graduiertenkolleg der [Antragsgegnerin] bis Ende 2017 und die evtl. daraus resultierende Nähe zu einzelnen Kommissionsmitgliedern" durch die Berufungskommission begründet (so Präsidiumsbeschluss vom 19.8.2020 [Bl. 306/Beiakte 001] in Verbindung mit der Beschlussvorlage vom 11.5.2020 [Bl. 297/Beiakte 001]). Damit hat die Antragsgegnerin darauf abgestellt, aus der Mitwirkung der Antragstellerin in Graduiertenkolleg "G.", welches bei der Antragsgegnerin im Zeitraum von 2013 bis 2018 bestanden hatte, resultiere ein Näheverhältnis der Antragstellerin zu einzelnen Berufungskommissionsmitgliedern, welches in Bezug auf die Mitwirkung dieser Mitglieder in der Berufungskommission die Besorgnis der Befangenheit begründe und deshalb zu einer entsprechenden Beschlussfassung der Berufungskommission hätte führen müssen; dass eine solche Beschlussfassung unterblieben sei und diese Mitglieder somit am Berufungsverfahren mitgewirkt hätten, stelle einen Verfahrensfehler dar, der einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG zur Folge habe (vgl. Protokolle der Senatssitzungen vom 15.4. 2020 und 29.4.2020 [Bl. 299 bis 300/Beiakte 001]; Präsidiumsbeschluss vom 19.8.2020 [Bl. 306/Beiakte 001]).

Ausgehend von dem oben dargestellten Grundsatz, dass der Dienstherr das Stellenbesetzungsverfahren abbrechen kann, wenn er erkannt hat, dass es vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG fehlerhaft ist, ist der Abbruch regelmäßig gerechtfertigt, wenn dem Dienstherrn im Wege der einstweiligen Anordnung - also durch eine förmliche verwaltungsgerichtliche Entscheidung - vorläufig untersagt worden ist, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen, denn daraus kann regelmäßig der Schluss gezogen werden, dass die bisherige Verfahrensweise im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG erheblichen Zweifeln begegnet (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012, a. a. O., Rn. 20). Liegt indes eine solche (rechtskräftige) gerichtliche Eilentscheidung nicht vor, beruft sich der Dienstherr aber - wie hier - gleichwohl zur Begründung des Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens darauf, die Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens erkannt zu haben, so unterliegt diese Auffassung der vollen gerichtlichen Überprüfung, weil nur so dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Bewerbers, der obsiegt hat, hinreichend Rechnung getragen wird (so Nds. OVG, Beschluss vom 6.5.2021 - 5 ME 29/21 - [zum Abbruch eines Bewerbungsverfahrens nach rechtlichem Hinweis des Verwaltungsgerichts in einem anhängigen Eilverfahren]).

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend geprüft, ob im Streitfall (jedenfalls) ein Verfahrensfehler in Gestalt der fehlerhaften Besetzung der Berufungskommission vorliegt, weil deren Vorsitzende, Frau Professorin Dr. J., wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht hätte mitwirken dürfen, denn Frau Professorin Dr. J. ist unstreitig während des gesamten Zeitraums des Bestehens des Graduiertenkollegs "G." dessen stellvertretende Sprecherin gewesen. Die Vorinstanz hat indes zu Unrecht festgestellt, im Streitfall bestünden keine Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit in Bezug auf Frau Professorin Dr. J..

a) Die Frage, ob Mitglieder der Berufungskommission einer Hochschule an der Mitwirkung in diesem Gremium gehindert sind, richtet sich gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG nach den Regelungen der §§ 20, 21 VwVfG (vgl. OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 26.5.2008 - OVG 4 S 4.08 -, S. 3 [Bl. 83/GA] unter Verweis auf §§ 1, 2 BlnVwVfG) sowie nach den Regeln, welche sich die Antragsgegnerin in ihrer "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" selbst auferlegt hat und an welche die Berufungskommission gebunden ist. Für die Berufungskommission als Ausschuss (§ 20 Abs. 4 VwVfG) gelten zunächst die absoluten Ausschlussgründe des § 20 Abs. 1 VwVfG; außerdem sind in Ziffer 1. der "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" absolute Ausschlussgründe für die Kommissionsmitglieder benannt. Dass diese in der Person der Vorsitzenden der Berufungskommission, Frau Professorin Dr. J., vorliegen könnten, ist indes von der Antragsgegnerin weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Ferner können Ausschussmitglieder in Anwendung des § 21 Abs. 1, Abs. 2, § 20 Abs. 4 VwVfG (Besorgnis der Befangenheit) durch eine gesonderte Entscheidung von der Mitwirkung ausgeschlossen werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsführung zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen nach den Gesamtumständen aus der Sicht eines vernünftigen Beteiligten des Verfahrens die Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (OVG M.-V., Beschluss vom 21.4.2010 - 2 M 14/10 -, juris Rn. 25; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 21 Rn. 13, 16).

Die Besorgnis der Befangenheit kann sich aus einer besonderen persönlichen Beziehung ergeben (Ramsauer, a. a. O., § 21 Rn. 17); Bekanntschaft, berufliche oder fachliche Zusammenarbeit oder auch ein kollegiales Verhältnis reichen als solche nicht aus, um die Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (Ramsauer, a. a. O., Rn. 17). Dementsprechend kann etwa allein die Zugehörigkeit zu ein und derselben Dienststelle die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen; auch gelegentliche private Kontakte sind insoweit unschädlich (OVG M.-V., Beschluss vom 21.4.2010, a. a. O., Rn. 26). In diesem Sinne gilt für akademische Berufungsverfahren, dass nicht jede Form von wissenschaftlicher Zusammenarbeit oder jede (frühere) berufliche oder akademische Verbundenheit eines Mitglieds der Berufungskommission mit einem Bewerber gleichsam automatisch die Annahme der Befangenheit begründet, weil ein gewisser wissenschaftlicher oder beruflicher Kontakt im wissenschaftlichen und universitären Bereich üblich ist (OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 26.5.2008 - OVG 4 S 4.08 -, S. 5 [Bl. 85/GA]; vgl. auch Hamb. OVG, Beschluss vom 8.6.2005 - 1 Bs 89/05 -, juris Rn. 16). Etwas Anderes kann aber dann gelten, wenn sich aus dem beruflichen bzw. fachlichen Zusammenwirken eine besondere kollegiale Nähe, ein besonderes kollegiales Näheverhältnis entwickelt hat (OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 26.5.2008 - OVG 4 S 4.08 -, S. 5 [Bl. 85/GA]; OVG M.-V., Beschluss vom 21.4.2010, a. a. O., Rn. 26; Ramsauer, a. a. O., § 21 Rn. 17). So ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung etwa die Besorgnis der Befangenheit eines Berufungskommissionsmitglieds in einem Stellenbesetzungsverfahren um eine Professur verneint worden, welches gemeinsam mit einem Bewerber und einem weiteren Autor einen Kommentar zum N. Polizeigesetz verfasst hatte (Hamb. OVG, Beschluss vom 9.10.1998 - 1 Bs 214/98 -, juris Rn. 8). Die Besorgnis der Befangenheit ist hingegen angenommen worden, wenn der Vorsitzende einer Berufungskommission und ein Bewerber gemeinsam wissenschaftliche Assistenten an einer Hochschule waren, gemeinsam publiziert und Gutachten erstellt haben (OVG M.-V., Beschluss vom 21.4.2010, a. a. O., Rn. 26 bis 28) oder im Verhältnis des Doktorvaters und Professors zu seinem Doktoranden und Assistenten (OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 26.5.2008 - OVG 4 S 4.08 -, S. 5f. [Bl. 85f./GA]). Offenbar mit Blick auf diese Rechtsprechung wird unter Ziffer der "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" der Antragsgegnerin danach gefragt, ob derzeit oder in den letzten drei Jahren eine "besondere kollegiale Nähe zu Bewerbern" bestanden habe, etwa durch frühere gemeinsame Assistenztätigkeiten, ein Mentor/Mentee-Verhältnis oder andere Zusammenarbeit mit Bewerbern. Entscheidend sind letztlich immer die Umstände des konkreten Einzelfalls, d. h. es ist danach zu fragen, ob in der Person des einzelnen Kommissionsmitglieds individuelle Gründe vorliegen, die seine Mitwirkung hinsichtlich eines Bewerbers angreifbar machen (Hamb. OVG, Beschluss vom 9.10.1998, a. a. O., Rn. 3 und Beschluss vom 8.6.2005 - 1 Bs 89/05 -, juris Rn. 16).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze teilt der beschließende Senat die Auffassung der Antragsgegnerin, aus der langjährigen gemeinsamen Tätigkeit der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. in dem Graduiertenkolleg "G." habe sich ein besonderes kollegiales Näheverhältnis entwickelt, welches im konkreten Berufungsverfahren die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden der Berufungskommission, Frau Prof. Dr. J., in Bezug auf die Antragstellerin als Bewerberin um die in Rede stehende Professur ausgelöst hat. Ein solches besonderes Näheverhältnis ergibt sich im vorliegenden Einzelfall aus dem Wesen des Graduiertenkollegs als einem von Wissenschaftlern getragenen und durch öffentliche Mittel gesondert geförderten Gebilde, in dem Forschung und darauf bezogene Nachwuchsförderung eine Einheit bilden, sowie der besonderen Rolle, welche die Antragstellerin in Bezug auf die Bewilligung dieses - mit erheblichen Fördermitteln verbundenen - Kollegs innehatte, welches wiederum Frau Professorin Dr. J. ermöglicht hat, als dessen stellvertretende Sprecherin zu wirken und für dieses Wirken im Rahmen des Kollegs einen leistungsbezogenen Besoldungsbezug zu erhalten.

aa) Der vom Verwaltungsgericht vertretenen, nicht näher begründeten Position, bei der Tätigkeit im Graduiertenkolleg als solcher handle es sich um einen gewöhnlichen Lehrbetrieb (Beschlussabdruck - BA -, S. 14), ist die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung substantiiert und für den beschließenden Senat überzeugend entgegengetreten.

aaa) Soweit die Antragstellerin den diesbezüglichen, mit zahlreichen Anlagen belegten Ausführungen der Antragsgegnerin unter Verweis auf Rechtsprechung unterschiedlicher Senate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts entgegenhält, bei diesen Ausführungen handle es sich um tatsächlichen Vortrag, der bereits erstinstanzlich hätte erfolgen können und der daher im Beschwerdeverfahren prozessual unbeachtlich sei (Beschwerdeerwiderung - BE - vom 6.5.2021, S. 2f. [Bl. 500f./GA]), folgt der beschließende Senat dieser Position nicht.

In den zitierten Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist zwar die Frage angesprochen worden ist, ob das Beschwerdegericht an der Berücksichtigung von Beschwerdevortrag gehindert sei, wenn dieser Vortrag neues Vorbringen beinhaltete, welches nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidung gewesen sei und welches über eine Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts hinausgehe (so Nds. OVG, Beschluss vom 13.4.2007 - 7 ME 37/07 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 10.3.2010 - 12 ME 176/09 -, juris Rn. 26; Beschluss vom 20.7.2012 - 12 ME 75/12 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 24.7.2013 - 12 ME 37/13 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 14.1.2015 - 7 ME 57/14 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 14.9.2016 - 7 ME 76/16 -, juris Rn. 3). Diese Frage war jedoch in jenen Entscheidungen teilweise nicht entscheidungserheblich (so Nds. OVG, Beschluss vom 20.7.2012, a. a. O., Rn. 10; Beschluss vom 24.7.2013, a. a. O., Rn. 17ff.; Beschluss vom 14.9.2016, a. a. O., Rn. 4ff.). Außerdem ist den zitierten Entscheidungen die Differenzierung zu entnehmen, dass eine Berücksichtigung neuen Vortrags im Beschwerdeverfahren nicht grundsätzlich ausgeschlossen sei; Bedenken ergäben sich aber in Konstellationen, in denen dem Beschwerdeführer ein "unbotmäßiges Aufsparen von Gründen" entgegengehalten werden könne oder neue, erst nach Abschluss der erstinstanzlichen Entscheidung entstandene Tatsachen vorgetragen würden, die es rechtfertigen könnten, ein Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO anzustrengen (so Nds. OVG, Beschluss vom 10.3.2010, a. a. O., Rn. 27; Beschluss vom 20.7.2012, a. a. O., Rn. 9; Beschluss vom 24.7.2013, a. a. O., Rn. 16; Beschluss vom 14.1.2015, a. a. O., Rn. 9; Beschluss vom 14.9.2016, a. a. O., Rn. 3; in diesem Sinne auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.4.2007, a. a. O., Rn. 5).

Abgesehen davon, dass für ein "unbotmäßiges Aufsparen von Gründen" durch die Antragsgegnerin im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte bestehen, kann die Antragstellerin aus der von ihr zierten Rechtsprechung schon deshalb für den Streitfall keine prozessuale Unbeachtlichkeit des umfänglichen Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin zum Wesen des Graduiertenkollegs - aber auch zu Art und Umfang der konkreten Mitwirkung der Antragstellerin in diesem - ableiten, weil es sich hierbei nicht um neuen Vortrag - also um solchen, mit dem sich das Verwaltungsgericht nicht befasst hat - handelt, sondern um eine Ergänzung bzw. Vertiefung des vorprozessualen bzw. erstinstanzlichen Vorbringens. Die Antragsgegnerin hat bereits in ihrer Abbruchentscheidung und sodann in ihren Antragserwiderungen die Mitwirkung der Antragstellerin im Rahmen des seinerzeitigen Graduiertenkollegs als Anknüpfungspunkt für ein besonderes kollegiales Näheverhältnis zu einzelnen Kommissionsmitgliedern, insbesondere Frau Professorin Dr. J., bezeichnet (vgl. Präsidiumsvorlage vom 11.5.2020 [Bl. 297/Beiakte 001]; Antragserwiderung - AE - vom 12.1.2021, S. 3 bis 6, S. 8 bis 10 [Bl. 29c bis 29f, 29h bis 29j/GA]; AE vom 23.2.2021, S. 3 bis 6 [Bl. 97 bis 100/GA]). Mit diesem Vortrag hat sich das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss auch befasst und hierzu - allerdings ohne nähere Begründung - ausgeführt, bei der Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. im Graduiertenkolleg handle es sich um eine Zusammenarbeit "im Rahmen des gewöhnlichen Lehrbetriebs" und schon deshalb nicht um eine besondere kollegiale Nähe.

bbb) Der beschließende Senat folgt der Antragsgegnerin darin (so Beschwerdebegründung - BB - vom 15.4.2021, S. 2 bis 5, S. 8 bis 11 [Bl. 144 bis 147, Bl. 150 bis 153/GA]), dass die Zusammenarbeit in einem Graduiertenkolleg als solche mit einer "normalen" Institutstätigkeit nicht vergleichbar, sondern deutlich enger ist.

Graduiertenkollegs sind Einrichtungen einer Universität oder einer ihr gleichgestellten Hochschule mit Promotionsrecht (so "Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der Deutschen Forschungsgemeinschaft, S. 2 [Bl. 160/GA]). In Graduiertenkollegs bilden innovative Forschung und darauf bezogene strukturierte Nachwuchsförderung eine Einheit; im Mittelpunkt steht die Qualifizierung der Doktoranden im Rahmen eines fokussierten Forschungsprogramms sowie eines strukturierten Qualifizierungskonzepts, das die Promovierenden auf den komplexen Arbeitsmarkt für Wissenschaftler vorbereitet (Merkblatt "Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der Deutschen Forschungsgemeinschaft, S. 2 [Bl. 160/GA]). Ein Graduiertenkolleg wird bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beantragt, der zentralen Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland. Die in Form eines privatrechtlichen Vereins organisierte DFG dient der Wissenschaft in allen ihren Zweigen durch die Förderung von Forschungsprojekten an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen; ihre Mitglieder sind deutsche Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, wissenschaftliche Verbände und die Akademien der Wissenschaften; sie wird überwiegend vom Bund (69 Prozent) und den Ländern (29 Prozent), aber auch aus EU-Mitteln und privaten Zuwendungen finanziert (zum Profil der DFG: www.dfg.de/dfg_profil/aufgaben). Im Falle der Bewilligung eines Graduiertenkollegs wird dieses von der DFG erheblich finanziell unterstützt, maximal für neun Jahre (vgl. "Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 8 [Bl. 166/GA]). Im Zentrum des Graduiertenkollegs steht eine innovative Forschungsidee, die auf ein Leitthema fokussiert ist ("Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 5 [Bl. 163/GA]). Anders als bei der "klassischen" Doktorandenbetreung im Zwei-Personen-Verhältnis Professor/Doktorand, das für den Doktoranden mit starker Abhängigkeit verbunden ist, erfolgt die Betreuung der Doktoranden im Graduiertenkolleg durch zwei Wissenschaftler bzw. durch ein Betreuungsgremium ("Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 6 [Bl. 164/GA]). Diese Form der Betreuung soll intensiv sein, um einen zügigen und erfolgreichen Promotionsprozess zu ermöglichen (vgl. "Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 6 [Bl. 164/GA])Bl. 164, 197). Das Graduiertenkolleg wird von einer (nur) kleinen Gruppe von circa fünf bis zehn Hochschullehrern getragen, die sich durch besondere Ausgewiesenheit für das Leitthema des Graduiertenkollegs sowie durch hervorragende wissenschaftliche Nachwuchsbetreuung auszeichnen ("Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 3 [Bl. 161/GA]) und die regelmäßig am selben Standort tätig sein sollen ("Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 4 [Bl. 162/GA]). Neben regelmäßigen Treffen der Dozenten stellen die Doktoranden regelmäßig den Stand ihrer Forschung und ihre Ergebnisse in gemeinsamen Kolloquien vor.

Vor dem Hintergrund dieser Wesensmerkmale des Graduiertenkollegs - gemeinsames Leitthema; kleine Gruppe von am selben Standort tätigen Wissenschaftlern, die in Bezug auf dieses übergreifende Leitthema gemeinsam und intensiv Doktoranden betreut - lässt sich in der Tat schlussfolgern, dass ein Graduiertenkolleg "im besten Fall eine auf Teamgeist und Austausch ausgerichtete Gemeinschaft aller Mitglieder" (so BB vom 15.4.2021, S. 4 [Bl. 146/GA]) ist und insoweit gerade innerhalb der kleinen Gruppe von Wissenschaftlern ein Maß an kollegialer Zusammenarbeit gefordert ist, welches sich deutlich von der kollegialen Zusammenarbeit bei der "klassischen" Doktorandenbetreuung (als Erst- und Zweitgutachter) im Hochschulalltag unterscheidet mit der Folge, dass zwischen den Wissenschaftlern eines Graduiertenkollegs schon vom Ansatz her eine weitaus größere kollegiale Nähe besteht als zwischen den Angehörigen derselben Fakultät oder auch eines Instituts. Dies ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin (so BE vom 6.5.2021, S. 8 [Bl. 506/GA]) - keine "Mutmaßung", sondern eine zusammenfassende Bewertung dessen, was sich aus einer Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen, insbesondere des über den Internetauftritt der DFG einsehbaren "Merkblatts Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, ergibt. Die Hochschullehrer als Mitglieder eines Graduiertenkollegs arbeiten also schon aufgrund dieses besonderen Rahmens deutlich enger zusammen als im Rahmen einer sonstigen Institutsarbeit.

Bereits bei der (Förder-)Antragstellung sind die - das Kolleg tragenden - Hochschullehrer einschließlich ihrer Fachgebiete anzugeben (so "Leitfaden für die Antragstellung, Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs [Einrichtungsanträge]" der DFG, S. 7 [Bl. 182/GA]), und es ist darzulegen, nach welchen wissenschaftlichen Kriterien sich die Gruppe der beteiligten Wissenschaftler mit Blick auf die zentrale Forschungsidee des Programms gebildet hat und warum die beteiligten Personen besonders qualifiziert sind, das Graduiertenkolleg zu tragen (so "Leitfaden für die Antragstellung, Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs [Einrichtungsanträge]" der DFG, S. 11 [Bl. 186/GA]). Auch das verbindliche Betreuungskonzept für die Doktoranden durch mindestens zwei Wissenschaftler oder ein Gremium ist bei Antragstellung dazulegen (so "Leitfaden für die Antragstellung, Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs [Einrichtungsanträge]" der DFG, S. 22 [Bl. 197/GA]). Damit die Beantragung und Durchführung eines Graduiertenkollegs gelingt, hat die DFG die besondere Rolle des Sprechers vorgesehen. Diese Person übernimmt die Federführung für die Antragstellung und die wissenschaftliche Koordination bei der Durchführung des Graduiertenkollegs; sie muss im Hauptamt unbefristet eine Professur innehaben und die Anliegen des Graduiertenkollegs in den Gremien der antragstellenden Hochschule vertreten können; außerdem obliegt ihr die Berichtspflicht an die DFG (so "Merkblatt Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs" der DFG, S. 4 [Bl. 162/GA]; "Leitfaden für die Antragstellung, Graduiertenkollegs und Internationale Graduiertenkollegs [Einrichtungsanträge]" der DFG, S. 7 [Bl. 182/GA]). Der Sprecher eines künftigen Graduiertenkollegs ist also nicht nur dafür verantwortlich, ein Forschungsprogramm mit den passenden Wissenschaftlern zu entwickeln und die Arbeitsschritte bei der Antragstellung und später bei der Koordinierung des Kollegs zu organisieren, sondern er muss auch die beteiligten Wissenschaftler für das gemeinsame Ziel motivieren und gemeinsam mit ihnen Aufgaben und Rollen vergeben, damit alle an einem Strang ziehen und der Antrag überzeugt (so Meyer, "Graduiertenkolleg beantragen", duz 2017 [Bl. 238/GA]). Deshalb wird dazu geraten, im Vorfeld der Stellung eines Antrags auf Bewilligung eines Graduiertenkollegs die beteiligten Wissenschaftler sorgsam auszuwählen und zusammenzubringen (so Meyer, a. a. O., [Bl. 238/GA]). Auch dies zeigt, dass bereits die Zugehörigkeit zu der (kleinen) Gruppe der ein Graduiertenkolleg tragenden Wissenschaftler Ausdruck dessen ist, dass die federführende Stelle der Einschätzung war, der Betreffende gewährleiste in seiner Person die Gewähr für ein Gelingen des Graduiertenkollegs. Frau Professorin J. war zwar nicht Sprecherin des Graduiertenkollegs; als deren stellvertretende Sprecherin hatte sie aber gleichwohl eine herausgehobene Position im Graduiertenkolleg inne.

bb) Zu der schon aus dem Wesen des Graduiertenkollegs resultierenden engen Zusammenarbeit der diese Einheit tragenden Wissenschaftler treten im Streitfall noch die folgenden besonderen Beziehungen zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. hinzu:

Die Antragstellerin arbeitete unstreitig äußerst engagiert schon am Einreichungsantrag des Kollegs mit und hat maßgeblich zu dessen Bewilligung beigetragen. Dieser Bewertung der Antragsgegnerin (BB vom 15.4.2021, S. 6, 10 [Bl. 148, 152/GA]) ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten. Dass sie bereits an der Einreichung des Förderantrags maßgeblich beteiligt war, hat sie vielmehr selbst in ihrer Bewerbung um die in Rede stehende Professur angegeben ("Co-Antragstellerin", Bl. 72, 76/Beiakte 001), und auch in den Schreiben der Sprecherin des Graduiertenkollegs an die Antragsgegnerin vom 30. Mai 2013 und vom 21. Juni 2013 wird hervorgehoben, dass die Antragstellerin intensiv am Einreichungsantrag mitgearbeitet habe (Bl. 348, 456/GA). Außerdem wird der Antragstellerin im Schreiben der Sprecherin des Graduiertenkollegs vom 30. Mai 201 bescheinigt, dass die Antragstellerin zusätzlich zu ihrer Mitarbeit beim Einreichungsantrag einen Teil des Kollegs während der Begehung (durch die Gutachter der DFG) vorgestellt und damit zum erfolgreichen Ergebnis - nämlich der Bewilligung des Kollegs - beigetragen habe (Bl. 348/GA). Dies verdeutlicht, dass die Antragstellerin einen erheblichen Beitrag zur Bewilligung des Graduiertenkollegs - und damit auch zur Vergabe der entsprechenden Fördermittel der DFG an die Antragsgegnerin - geleistet hat.

Die Antragsgegnerin hat glaubhaft erklärt, dass das bewilligte Graduiertenkolleg mit Fördermitteln von über 2,1 Millionen Euro für sie bisher das einzige Graduiertenkolleg und daher etwas ganz Besonderes war (BB vom 15.4.2021, S. 3, 11 [Bl. 145, 153/GA]). Die engagierte Mitwirkung der Antragstellerin an der Einreichung des Antrags auf Bewilligung des Graduiertenkollegs hat letztlich dazu geführt, dass sie während der gesamten Laufzeit des Kollegs eine W 2-äquivalente Stelle (vgl. die Bewerbung der Antragstellerin, Bl. 69/Beiakte 001) als Gastprofessorin am Institut für O. der Antragsgegnerin erhalten hat. Schon die Bewilligung des von der DFG geförderten Kollegs war auf der Basis der Zusage der Antragsgegnerin erfolgt, den Vertrag der Antragstellerin zu verstetigen (so Schreiben der Sprecherin des Graduiertenkollegs vom 21.6.2013 [Bl. 455/Beiakte 001]); die Antragstellerin war also von Anfang an fest in die geplante Struktur des Kollegs eingeplant. Hierzu hatten die das Graduiertenkolleg tragenden Hochschullehrer - also auch Frau Professorin Dr. J. - der Antragsgegnerin den Vorschlag unterbreitet, statt der Verlängerung der Mittelbaustelle der Antragstellerin diese als Gastprofessorin (W 2) über die gesamte Laufzeit des Kollegs anzustellen; dies führe bei der Antragstellerin zu einem "Karrieresprung", die Antragsgegnerin käme ihrer Zusage nach Verstetigung des Vertrages der Antragstellerin nach und die Stelle könne fast vollständig aus den Fördermitteln der DFG ("Overhead des Graduiertenkollegs") finanziert werden; lediglich ein Eigenanteil von 7.000 EUR über die gesamte Laufzeit wäre von der Antragsgegnerin zu erbringen (so Schreiben der Sprecherin des Graduiertenkollegs vom 30.5.2013 [Bl. 349/GA]). Diese Gastprofessur ist sodann unstreitig auch eingerichtet worden. Die Antragstellerin hat also durch ihre engagierte Mitwirkung an dem Förderantrag zu dessen Bewilligung beigetragen, was wiederum dazu geführt hat, dass sich die das Kolleg tragenden Hochschullehrer - darunter auch Frau Professorin Dr. J. - erfolgreich für eine Verbesserung des beruflichen Status der Antragstellerin (W 2-äquivalente Gastprofessur) eingesetzt haben.

Gleichzeitig hat Frau Professorin Dr. J. im November 2017 eine Leistungszulage erhalten, die u. a. mit der guten Arbeit im Graduiertenkolleg, deren stellvertretende Sprecherin sie war, begründet wurde; hierbei wurden die eingeworbenen DFG-Fördermittel sowie der erfolgreiche Einsatz für die (weitgehend aus nicht-hochschuleigenen Mitteln finanzierte) Stelle der Antragstellerin berücksichtigt. Der Vortrag der Antragsgegnerin, dass Frau Professorin Dr. J. im November 2017 mit Blick auf ihr Wirken für das Graduiertenkolleg - insbesondere für die Drittmittelakquise und den Einsatz für die weitgehend aus Fördermitteln finanzierte Gastprofessur der Antragstellerin - eine Leistungszulage erhalten hat (BE vom 15.4.2021, S. 6f. [Bl. 148f./GA]), ist unstreitig (vgl. BE vom 6.5.2021, S. 6 [Bl. 504/GA]; BE vom 26.5.2021, S. 2 [Bl. 545/GA]); es entspricht im Übrigen auch der "Neufassung der Richtlinie [der Antragsgegnerin] über das Verfahren und die Vergabe von Leistungsbezügen für Professorinnen und Professoren gemäß § 7 und § 1 NHLeistBVO gemäß Beschluss des Präsidiums vom 05.02.2014 nach Anhörung des Senat[s] vom 06.11.2013", dass "der Aufbau und die Leitung wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeitsgruppen (z. B. Forschergruppen, Graduiertenkolleg, Promotionskolleg)" dazu führen kann, den entsprechenden Professoren eine Leistungszulage zuzuerkennen (vgl. § 4 Abs. 4 lit. d) der o. g. Richtlinie [Bl. 494/GA]), und dass besondere Leistungen insbesondere durch Drittmitteleinwerbung in großem Umfang nachgewiesen werden können (vgl. § 7 Abs. 1 lit. a) Ziffer 4 der oben genannten Richtlinie [Bl. 495/GA]).

Damit ist festzuhalten, dass das Graduiertenkolleg, an dessen erfolgreicher Bewilligung gerade die Antragstellerin maßgeblich beteiligt war, zu einer Fördersumme in beträchtlicher Höhe geführt hat, von der sowohl die Antragstellerin als auch Frau Professorin Dr. J. nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht, sondern auch finanziell profitiert haben: die Antragstellerin durch die Verstetigung, Finanzierung und Aufwertung ihrer Stelle während der gesamten Dauer des Graduiertenkollegs und Frau Prof. Dr. J. durch den Erhalt einer die Fördermitteleinwerbung sowie ihre (stellvertretende) Leitungsfunktion honorierenden Leistungszulage. Diese "Verflechtung" verstärkt die aus dem Wesen des Graduiertenkollegs als von wenigen Wissenschaftlern getragene und einem gemeinsamen Leitthema verpflichtete Forschungseinheit folgende besondere Nähe der mitwirkenden Wissenschaftler zueinander mit der Folge, dass zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. zum Zeitpunkt der Befangenheitsüberprüfung im November 2019 noch ein - die Besorgnis der Befangenheit begründendes - besonders kollegiales Näheverhältnis vorlag, welches aus der erst etwa ein Jahr zuvor beendeten gemeinsamen Tätigkeit für das und im Graduiertenkolleg resultierte. Demensprechend hätte Frau Professorin Dr. J. die Frage 13 der "Präsidiumshandreichung Befangenheiten" - "Besteht oder bestand in den letzten drei Jahren eine besondere kollegiale Nähe zu Bewerber*innen, z. B. frühere gemeinsame Assistenztätigkeiten, ein Mentor*in Mentee-Verhältnis oder andere Zusammenarbeit mit Bewerber*innen?" - bejahen und die Berufungskommission hätte Frau Professorin J. im Beschlusswege von der Mitwirkung in der Berufungskommission ausschließen müssen.

Soweit die Antragstellerin den umfänglichen Darlegungen der Antragsgegnerin entgegnet (so BE vom 6.5.2021, S. 3f. [Bl. 501f./GA]),

Ziel des Graduiertenkollegs sei primär die Doktorandenbetreuung gewesen,

trifft dies zwar zu. Die Doktorandenbetreuung im Rahmen eines Graduiertenkollegs unterscheidet sich jedoch - wie unter Bezugnahme auf die bezeichneten Veröffentlichungen der DFG dargestellt wurde - aufgrund der gemeinsamen Betreuung von Doktoranden durch Mitglieder einer kleinen Gruppe von Hochschullehrern, die alle einer auf ein Leitthema fokussierten Forschungsidee verpflichtet sind, maßgeblich von der mit starker Abhängigkeit verbundenen "klassischen" Doktorandenbetreuung im Sinne einer Zweier-Beziehung zwischen Professor und Doktorand.

Der weitere Vorhalt der Antragstellerin (so BE vom 6.5.2021, S. 6 [Bl. 504/GA]; vgl. auch BE vom 26.5.2021, S. 2 [Bl. 545/GA]),

Leistungsbezüge stellten im universitären Betrieb eine übliche Entlohnung für zusätzliche Tätigkeit dar, keineswegs habe sich Frau Professorin Dr. J. an der finanziellen Förderung des Graduiertenkollegs "bereichert",

geht am Kern der - vom Senat für überzeugend gehaltenen - Argumentation der Antragsgegnerin vorbei. Diese stellt nicht in Abrede, dass Leistungsbezüge zur Professorenbesoldung gehören können; sie hat mit ihrer "Richtlinie [...] über das Verfahren und die Vergabe von Leistungsbezügen für Professorinnen und Professoren gemäß § 7 und § 1 NHLeistBVO" (Bl. 495ff./GA) gerade die Grundsätze des Verfahrens und der Vergabe dieser Bezüge geregelt. Frau Professorin Dr. J. ist auch nicht der Vorwurf gemacht worden, sich in unrechtmäßiger Weise an Fördermitteln "bereichert" zu haben. Anknüpfungspunkt für ein - aus der gemeinsamen Tätigkeit im Vorfeld und während des Graduiertenkollegs resultierendes - besonderes kollegiales Näheverhältnis zwischen der Antragstellerin und Frau Professorin Dr. J. ist vielmehr, dass die Antragstellerin durch ihren engagierten Einsatz im Vorfeld der Bewilligung des Kollegs maßgeblich zu dessen Bewilligung beigetragen hat und damit auch maßgeblich daran beteiligt war, dass die Antragsgegnerin von der DFG eine Fördersumme von über 2 Millionen EUR erhalten hat. Die Bewilligung des Kollegs, in welchem Frau Profssorin Dr. J. als stellvertretende Sprecherin eine hervorgehobene Leitungs- und Koordinierungsfunktion innehatte, und der mit der Bewilligung verbundene Erhalt der hohen Fördermittel sowie der Einsatz (auch) von Frau Professorin Dr. J. in Bezug auf die Gastprofessur der Antragstellerin hat wiederum bei Frau Professorin Dr. J. zum Erhalt eines Leistungsbezugs geführt.

cc) Nach alledem war Frau Professorin Dr. J. nach Eingang der Bewerbung der Antragstellerin wegen Besorgnis der Befangenheit an der Mitwirkung in der Berufungskommission gehindert mit der Folge, dass die Berufungskommission ab November 2019 fehlerhaft besetzt gewesen ist.

Dieser (Verfahrens-)Fehler hatte auch die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung zur Folge, denn bei einer kollegial zu treffenden Entscheidung kann eine von der Mitwirkung ausgeschlossene Person schon durch ihre Teilnahme an der Beratung Einfluss auf die anderen Organmitglieder ausüben und diese zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten veranlassen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.5.2015 - 19 B 203/14 -, juris Rn. 31 [zur Beachtlichkeit eines Besetzungsfehlers in einer Ordnungskonferenz in Bezug auf das Ergebnis der dortigen Entscheidung]; BVerwG, Urteil vom 28.6.2018 - BVerwG 2 C 14.17 -, juris Rn. 32 [zur Beachtlichkeit der fehlerhaften Teilnahme eines Mitglieds an einer Sitzung eines Hochschulsenats in Bezug auf das dortige Abstimmungsergebnis]). Dies gilt umso mehr, wenn es sich bei dem auszuschließenden Mitglied - wie hier - um die Vorsitzende des Kollegialorgans handelt. Dementsprechend ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Berufungsverfahren wegen eines sachlichen Grundes (= Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG wegen fehlerhafter Besetzung der Berufungskommission) abzubrechen, zu Recht ergangen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Hinsichtlich der Höhe des festzusetzenden Streitwertes gelten nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats für den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens dieselben Maßstäbe wie für das Stellenbesetzungsverfahren selbst (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 18.1.2018 - 5 ME 224/17 -; Beschluss vom 2.5.2019 - 5 ME 68/19 -; Beschluss vom 6.5.2021 - 5 ME 29/21 -). Damit ergibt sich die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs (29. März 2021) geltenden Fassung vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202), bemisst sich also nach der Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs (29. März 2021) maßgeblichen Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 3 in Höhe von 6.724,43 EUR (§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 7 Abs. 1, Abs. 2 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes - NBesG - in der Fassung vom 20. Dezember 2016 [Nds. GVBl. S. 309]) in Verbindung mit der dortigen Anlage 5 in der am 29. März 2021 geltenden Fassung). Dementsprechend ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 40.346,58 EUR (6.724,43 EUR x 6 = 40.346,58 EUR); eine Halbierung für das Eilverfahren findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.5.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 28).

Die Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug, der am 9. Dezember 2020 eingeleitet worden ist, ergibt sich ebenfalls aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG in der Fassung vom 9. August 2019. Ausgehend von dem im Zeitpunkt der Einleitung des ersten Rechtszugs (9. Dezember 2020) maßgeblichen Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 3 in Höhe von 6.631,59 EUR (Anlage 5 zu § 7 Abs. 2 NBesG in der vom 1. März 2020 bis zum 28. Februar 2021 geltenden Fassung) ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 39.789,54 EUR (6.631,59 EUR x 6 = 39.789,54 EUR); dieser war gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).