Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.11.2001, Az.: 8 LA 3266/01

Jagdschein; Schusswaffengebrauch; Sperrfrist; Wiedererteilung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.11.2001
Aktenzeichen
8 LA 3266/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39545
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 14.08.2001 - AZ: 11 A 3259/99

Gründe

1

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil der vom Kläger dem Sinne nach geltend gemachte Berufungszulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.

2

Nach § 18 Satz 3 BJagdG kann die Behörde im Zusammenhang mit der Einziehung des Jagdscheins eine Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheins festsetzen. Der Jagdschein ist nach § 18 Satz 1 BJagdG für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn nach Erteilung des Jagdscheins Tatsachen eintreten, die die Versagung des Jagdscheins nach § 17 Abs. 1 BJagdG begründen. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein u. a. Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. Das ist wiederum der Fall, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 BJagdG).

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Festsetzung einer fünfjährigen Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheins mit der Begründung abgewiesen, die Anordnung der Sperrfrist sei ermessensfehlerfrei. Der Rechtsvorgänger der Beklagten habe den dem Kläger erteilten Jagdschein zu Recht für ungültig erklärt und eingezogen, weil er die Schusswaffe missbräuchlich verwendet habe und daher die für den Besitz des Jagdscheins erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehe, dass die Schüsse auf A. Y. durch Notwehr gerechtfertigt gewesen seien, bleibe die objektiv pflichtwidrige Körperverletzung gegenüber C. G., der am Angriff auf den Kläger nicht beteiligt gewesen sei. Eine Verletzung von C. G. sei für den Kläger als Waffenkenner und Jäger vorhersehbar gewesen. Der Kläger könne sich auch nicht auf rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstand im Sinne der §§ 34 f. StGB berufen. Außerdem sei der Rechtsvorgänger der Beklagten zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger gegen § 28 WaffG verstoßen habe, weil er eine Schusswaffe, die ihm geschenkt worden sei, ohne Waffenbesitzkarte im Besitz gehabt habe.

4

Dieses Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei kann dahinstehen, ob der Einwand des Klägers zutreffend ist, dass C. G. entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts am Angriff auf den Kläger beteiligt gewesen sei. Ferner kann unerörtert bleiben, ob der Kläger zu Recht davon ausgehen durfte, dass ihm ein Notwehrrecht gegenüber C. G. zustand. Die Schüsse, die der Kläger bei der Auseinandersetzung mit Mitgliedern der Familie Y. am 31. August 1997 vor der Verletzung von C. G. aus seinem Revolver abgegeben hat, rechtfertigen nämlich schon die Annahme, dass der Kläger Waffen und Munition missbräuchlich bzw. leichtfertig verwenden wird.

5

Der Kläger hat damals mindestens vier Schüsse in Richtung der Brüder Y. abgegeben, obwohl ihm die Zielungenauigkeit seiner Waffe bei Distanzschüssen bekannt war. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Schusswaffengebrauch gerechtfertigt war, sind nicht erkennbar. Zum einen war der Kläger damals nicht unmittelbar gefährdet, da sich die Brüder Y. beim Anblick der Waffe bereits hinter das Rolltor, das den Hof des Klägers abschloss, zurückgezogen hatten. Zum anderen wäre es ihm durchaus möglich und zumutbar gewesen, mit der Waffe in der Hand das Eintreffen der Polizei, die er vorher telefonisch alarmiert hatte, oder ein erneutes Vordringen der Brüder Y. auf den Hof abzuwarten. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger, der eingeräumt hat, die Zielungenauigkeit seiner nur für Schüsse im Nahbereich geeigneten Waffe gekannt zu haben, diese Schusssalve wegen des enormen Gefährdungspotentials aufgrund der Treffungenauigkeit der Waffe bei Distanzschüssen selbst dann nicht hätte abgeben dürfen, wenn er sich berechtigterweise Sorgen um seine Lebensgefährtin und sein Kind gemacht haben sollte und die Brüder Y. verfehlen wollte. Diese gerichtliche Feststellung ist vom Kläger im seinem Zulassungsantrag auch nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden.

6

Der Kläger hat ferner nicht dargelegt, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten zu Unrecht von einem Verstoß des Klägers gegen § 28 WaffG ausgegangen ist, der für sich genommen die Versagung des Waffenscheins nach § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1 d, 2 BJagdG rechtfertigen dürfte. Seine Behauptung, dass er durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. Mai 2001 vom Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes rechtskräftig freigesprochen worden sei, ist unzutreffend. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts H. vom 16. Oktober 2000 bezüglich der Verurteilung wegen unerlaubten Waffenbesitzes lediglich aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil vom Landgericht nicht geprüft worden ist, ob sich der Kläger auf den Ausnahmetatbestand des § 28 Abs. 4 Nr. 3 WaffG berufen kann. Dass dieser Tatbestand nicht erfüllt ist, hat das Verwaltungsgericht aber mit nachvollziehbarer Begründung, die vom Kläger nicht substantiiert beanstandet worden ist, bejaht.