Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.05.2011, Az.: 10 LC 287/08

Stärkeunternehmen erhalten Prämie i.S.d. Art. 5 VO 1868/94/EG nur bei Zahlung des erforderlichen Mindestpreises an die Kartoffelerzeuger; Zahlung des Mindestpreises an die Kartoffelerzeuger als Voraussetzung für den Erhalt der Prämie i.S.d. Art. 5 VO 1868/94/EG; Verletzung der Voraussetzungen zur Zahlung des Mindestpreises durch die Verarbeitung von sog. Übermengen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.05.2011
Aktenzeichen
10 LC 287/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 19304
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0517.10LC287.08.0A

Fundstelle

  • AUR 2011, 354-360

Amtlicher Leitsatz

Art. 5 VO (EG) Nr. 1868/94 verlangt für die Gewährung der Prämie für Stärkeunternehmen, dass diese den Kartoffelerzeugern den Mindestpreis für alle Kartoffeln gezahlt haben, die zur Stärkeerzeugung bis zur Kontingentsmenge erforderlich sind. Die Voraussetzung der Zahlung des Mindestpreises wird nicht dadurch verletzt, dass sog. Übermengen an Kartoffeln zu Stärke oberhalb der Kontingentsmenge verarbeitet werden (hier durch ein Tochterunternehmen des Stärkeunternehmens, das dem Prämienreglement der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 nicht unterliegt). Eine Anfechtungsklage gegen eine Sanktionierung ist dann nicht statthaft, wenn sich diese in der Erläuterung der Kürzung eines Prämienanspruchs erschöpft und ihr deshalb eine Regelungswirkung nicht zukommt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine höhere Prämie für die Herstellung von Stärke im Wirtschaftsjahr 2004/2005 und wendet sich gegen eine mit der Ablehnung verbundene Sanktionierung.

2

Sie ist ein Unternehmen, das Kartoffelstärke in ihren Werken in Niedersachsen (E. und F.) sowie in Brandenburg (G. und H.) erzeugt. Im Wirtschaftsjahr 2004/2005 verfügte die Klägerin über ein Unterkontingent für die Erzeugung von Kartoffelstärke von 350.498 t.

3

Die niederländische I. J. K. BV gründete als alleinige Gesellschafterin im Jahr 2001 die I. J. GmbH. Diese produziert seit April 2001 Stärke und Stärkederivate aus Stärke- und Kartoffelabfällen (Schnittabfälle, Kartoffelaussortierungen etc. aus der kartoffelverarbeitenden Industrie mit Ausnahme der Stärkeindustrie), für die Ausgleichszahlungen und Produktionserstattungen nicht gewährt wurden. Seit dem Jahr 2003 ist die Klägerin deren alleinige Gesellschafterin.

4

Da die Klägerin im Laufe der Kampagne die Überschreitung ihres Unterkontingents für die Erzeugung von Kartoffelstärke für 2004/2005 erwartet hatte, wies sie die Kartoffelerzeuger, mit denen sie Anbauverträge geschlossen hatte, in einem Rundschreiben vom 3. Februar 2005 auf Folgendes hin: Sie werde Kartoffeln im Umfang bis zu 103% der vereinbarten Menge abnehmen. Bei einer Lieferung von 103% bis 110% der vereinbarten Menge nehme sie die Kartoffeln als Vorgriff auf das folgende Jahr. Eine Verwertung der Kartoffeln von 110% bis 120% der vereinbarten Menge sei bei der I. J. GmbH zu einem Preis von 1,30 EUR je Prozent Stärke und Tonne Kartoffeln möglich. Hierfür würden gesonderte Kaufverträge geschlossen. Eine Lieferung über 120% der Vertragsmenge sei nicht möglich. In der Folge kaufte die I. J. GmbH aus solchen Übermengen zu dem genannten Preis Kartoffeln von den jeweiligen Erzeugern an und schloss mit diesen entsprechende Verträge. Nach Abschluss der Kampagnen in den Werken der Klägerin wurden die Kartoffeln aus den Übermengen an die I. J. GmbH geliefert. Diese stellte nachfolgend in den Werken E., G., H. und F. Nass-Stärke mit einem Stärkeäquivalent von rd. 10.864 t her. Hierzu mietete sie gegen Entgelt jeweils für kurze Zeiträume die Produktionsanlagen der vorgenannten Werke; das erforderliche Personal wurde von der A. L. GmbH ebenfalls gegen Entgelt überlassen. Diese Stärke verkaufte sie zum Weiterverkauf an die Klägerin.

5

Die Klägerin beantragte am 18. März 2005 die Gewährung einer weiteren Prämie für die Herstellung von Stärke im Wirtschaftsjahr 2004/2005 in Höhe von 1.317.495,31 EUR. Die Landwirtschaftskammer Hannover als Funktionsvorgängerin der Beklagten gewährte unter Festsetzung einer Sanktion in Höhe von 1.173.832,45 EUR eine Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke in Höhe von 143.662,86 EUR und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Gemäß Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 sei eine Sanktion auszusprechen. Die Klägerin habe nicht entsprechend der Voraussetzung des Art. 11 Abs. 3 1. Spiegelstrich der Verordnung den Mindestpreis nach Art. 4a Verordnung (EG) Nr. 1868/94 an die Erzeuger gezahlt. In diesem Zusammenhang sei das Handeln der I. J. GmbH der Klägerin zuzurechnen. Ein eigenverantwortliches Handeln dieser Gesellschaft sei nicht gegeben. Sie sei eingeschaltet worden, damit die Klägerin über das ihr zugewiesene Kontingent hinaus Stärkekartoffeln ohne Zahlung des Mindestpreises habe annehmen können. Dies stelle einen Verstoß gegen die Kontingentierungsregelungen der Europäischen Union dar.

6

Die Klägerin hat am 14. Oktober 2005 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht: Sie habe Anspruch auf Zahlung einer Prämie in Höhe von weiteren 1.173.832,45 EUR. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie nach Art. 5 Verordnung (EG) Nr. 1868/94 lägen vor. Sie habe nicht gegen die Kontingentierungs- und Mindestpreisregelungen verstoßen. Sie müsse sich die von der I. J. GmbH hergestellte Stärke nicht als eigene Produktion anrechnen lasse. Eine derartige Zurechnung sei nach den Vorschriften der Verordnungen (EG) Nr. 1868/94 und Nr. 2236/2003 nicht zulässig. Die Beklagte betrachte die I. J. GmbH und sie - die Klägerin - zu Unrecht als ein Unternehmen. Vielmehr handele es sich um zwei selbständige juristische Personen, so dass eine Zurechnung der jeweils hergestellten Stärke nicht zulässig sei. Nach Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 1868/94 unterfalle die I. J. GmbH nicht den Bestimmungen der Verordnung, weil sie keine Zuteilung eines Unterkontingents (für die Erzeugung von Kartoffelstärke) beantragt habe. Sie könne deshalb ohne Beschränkungen - auch ohne zur Zahlung eines Mindestpreises verpflichtet zu sein - Kartoffelstärke produzieren. Aus Art. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 sei zu folgern, dass eine Kürzung der Prämienzahlung nur dann erfolgen könne, wenn das (betreffende) Stärkeunternehmen selbst gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestpreises verstoßen habe. Unabhängig davon, dass die I. J. GmbH und sie demselben Konzern angehörten, müssten die Tätigkeiten beider Unternehmen getrennt betrachtet werden. Hieraus folge, dass die von einem Unternehmen hergestellte Stärke nicht dem jeweils anderen Unternehmen zugerechnet werden könne. Die (aus den Übermengen) hergestellte Stärke habe allein der I. J. GmbH zugestanden. Diese sei Eigentümerin der Stärke geworden und habe diese im eigenen Namen und für eigene Rechnung verkaufen können. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe sie den Ankaufpreis der I. J. GmbH (für Kartoffeln aus Übermengen) nicht festgelegt. Auch habe sie aus dem Vertrieb der von der I. J. GmbH produzierten Stärke keine Gewinne erzielt, sondern lediglich die Vertriebskosten erstattet bekommen. Eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften könne nicht vorliegen, wenn in wirtschaftlich sinnvoller Weise die vom Gesetz eingeräumten Möglichkeiten in Anspruch genommen würden. Es liege auch kein Rechtsmissbrauch in Form einer Umgehung gesetzlicher Vorschriften vor. Die gegenteilige Ansicht der Beklagten stütze sich allein auf Vermutungen; erforderliche Nachweise habe sie nicht erbracht. Vielmehr hätten die I. J. GmbH und sie ein für beide Seiten wirtschaftlich sinnvolles Handelsgeschäft abgeschlossen, das dem Zweck der Verordnungen nicht zuwiderlaufe. Der Inhalt ihres Rundschreibens vom 3. Februar 2005 lasse nicht auf eine Umgehung schließen. Dort heiße es ausdrücklich, dass sie die Übermengen nicht annehmen werde. Dabei stelle Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 dem Stärkeunternehmen frei, ob es die Übermengen annehme. Die Empfehlung im Rundschreiben, die Übermengen an die I. J. GmbH zu verkaufen, sei im Interesse der Erzeuger ausgesprochen worden. Die Verarbeitung der Übermengen durch die I. J. GmbH sichere den Landwirten ein wirtschaftliches Auskommen. Die Unterstützung des Personenkreises, der von den genannten Verordnungen geschützt werden solle, könne schwerlich als Rechtsmissbrauch eingestuft werden. Auch in subjektiver Hinsicht sei ein Rechtsmissbrauch nicht gegeben. Es habe nicht die Absicht bestanden, sich einen Vorteil zu verschaffen, der dem Zweck der gesetzlichen Regelungen widerspreche. So werde die vorliegende Vertragskonstruktion auch von anderen Stärkeunternehmen praktiziert und der Hinweis auf Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 sei ausdrücklich als legal bezeichnet worden. Schließlich scheitere die Sanktionierung auch daran, dass eine Gefährdung der finanziellen Interessen der Gemeinschaft ausgeschlossen sei. Eine solche Gefährdung könne nicht durch von der Prämiengewährung nicht begünstigte Unternehmen - wie die I. J. GmbH - begründet werden.

7

Die Klägerin hat beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 14.09.2005 insoweit aufzuheben, als damit eine Sanktion in Höhe von 1.173.832,45 EUR festgesetzt worden ist.

  2. 2.

    die Beklagte zur verpflichten, ihr gemäß ihrem Antrag vom 17. März 2005 eine Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke in Höhe von 1.317.495,31 EUR bzw. eine weitere Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke in Höhe von 1.173.832,45 EUR nebst 8% Zinsen seit dem 14.09.2005 zu gewähren und den Bescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 14. September 2005 insoweit aufzuheben, als er dem entgegensteht.

8

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie hat ergänzend zu der Begründung des angefochtenen Bescheids vorgetragen: Die Sanktion sei zu Recht wegen Nichtzahlung des Mindestpreises und wegen Rechtsmissbrauchs festgesetzt worden. Es handele sich bei der Firma I. J. GmbH nicht um ein von der Klägerin losgelöstes und rechtlich selbständiges Unternehmen, das von der Klägerin getrennt zu betrachten sei. Diese Gesellschaft habe nicht selbständig und eigenverantwortlich gehandelt. Allein die Klägerin habe es ermöglicht, dass die Landwirte ihre Übermengen an Kartoffeln an die Firma I. J. GmbH hätten verkaufen können. Der Geschäftsführer dieser Gesellschaft und der der Klägerin seien personenidentisch. Die genannte Gesellschaft sei auf die Überlassung der Produktionsanlagen und des Personals der Klägerin angewiesen gewesen, um die Übermengen an Kartoffeln verarbeiten zu können. Die Rechnung der A. L. GmbH vom 25. Februar 2005 für die Überlassung von Personal sei an die Klägerin übermittelt worden. Auch habe die I. J. GmbH die erzeugte Kartoffelstärke nicht selbst vermarktet. Aufgrund der hiernach gegebenen Unselbständigkeit dieser Gesellschaft stelle sich deren Produktion von Kartoffelstärke aus Übermengen an Kartoffeln als eine solche der Klägerin dar. Einer ausdrücklichen Zurechnungsvorschrift bedürfe es nicht. Insoweit habe die Klägerin nicht den Mindestpreis nach Art. 4a der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 gezahlt.

10

Das Verhalten der Klägerin stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar, weil sie versucht habe, die Kontingentierungsvorschriften der Verordnungen (EG) Nr. 1868/94 und Nr. 2236/2003 zu umgehen. Verkaufe die I. J. GmbH die aus Übermengen an Kartoffel erzeugte Stärke ohne oder nur mit einem geringen Gewinn an die Klägerin, so nehme de facto die Klägerin die produzierten Übermengen an, ohne den Mindestpreis an die Landwirte gezahlt zu haben. Hierdurch würden die Vorschriften unterlaufen, die eine Sanktion für die Klägerin nach sich zögen. Die Klägerin habe auch in subjektiver Hinsicht rechtsmissbräuchlich gehandelt, um sich einen gemeinschaftsrechtlich "vorgesehenen Vorteil" zu verschaffen oder zu sichern. Die Klägerin sei bereits im Dezember 2003 darauf hingewiesen worden, dass es aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zur I. J. GmbH zu einer Umgehung der Kontingentierungsregelungen kommen könne. Aufgrund entsprechender Informationen einer Beratungsfirma sei der Klägerin die Absicht zu unterstellen, sie habe die I. J. GmbH nur zu dem Zweck übernommen, den Vertragsanbauern nicht den in Art. 4a der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 bestimmten Mindestpreis zu zahlen und einer Sanktionierung zu entgehen.

11

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 1. April 2008 zum überwiegenden Teil stattgegeben. Es hat den angefochtenen Bescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 14. September 2005 aufgehoben, soweit darin eine Sanktion in Höhe von 1.173.832,45 EUR festgesetzt worden ist, die Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine weitere Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke in Höhe von 1.173.832,45 EUR zu gewähren, und den vorgenannten Bescheid aufgehoben, soweit er dem entgegensteht; im Übrigen - hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen - hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die Klägerin habe Anspruch auf die antragsgemäße Prämiengewährung und auf die Aufhebung der Sanktion. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie nach Art. 5 Verordnung (EG) Nr. 1868/94. Von der Gewährung der Prämie sei die Klägerin nicht im Wege einer Sanktionierung ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für eine Sanktion nach Art. 11 Abs. 3 erster Gedankenstrich Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe selbst dargelegt, dass sowohl das Verhalten der Klägerin als auch dasjenige der I. J. GmbH jeweils für sich genommen den bzw. einen Sanktionstatbestand nicht erfüllten. Die I. J. GmbH unterliege nachArt. 7 Verordnung (EG) Nr. 1868/94 keinen Beschränkungen, weil sie nicht am Prämiensystem teilnehme. Sie habe weder Kartoffeln angekauft, für die Ausgleichszahlungen nach Art. 8 Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 geleistet worden seien, noch eine Produktionserstattung nach Art. 7 der Verordnung erhalten. Es sei im Grundsatz auch prämienunschädlich, wenn ein Stärkeunternehmen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 seine Produktionsanlagen für die hier in Rede stehenden Zeiträume verpachte (Art. 1 Buchst. k in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 der Verordnung). Berechtigt könnten Sanktionen und die damit einhergehende Prämienausschlüsse nur sein, wenn der Klägerin das Tätigwerden der I. J. GmbH hinsichtlich der Erfüllung des Sanktionstatbestands des Art. 11 Abs. 3 der Verordnung als eigenes Handeln hätte zugerechnet werden müssen. Zwar habe die Klägerin die I. J. GmbH beim Ankauf von Kartoffeln und bei der Produktion von Kartoffelstärke nur deshalb vorgeschaltet, weil sie bei eigener Stärkeproduktion aus diesen Kartoffelanlieferungen den Erzeugern den Mindestpreis hätte zahlen müssen. Auch spreche einiges dafür, dass die Klägerin die I. J. GmbH als 100%ige Tochter übernommen habe, um die Verarbeitung solcher Kartoffelanlieferungen prämienunschädlich bzw. sanktionsfrei durchführen zu können. Die I. J. GmbH habe eine Tätigkeit wahrgenommen, für die sie weder über eigenes Personal noch über die erforderlichen Produktionsanlagen verfügt habe und die für ihren eigenen Geschäftsbereich fremd gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin sich durch ihr an ihre Vertragsanbauer gerichtetes Rundschreiben zur Anbahnung und zum Anschluss der Ankäufe eingesetzt und die Vermarktung der von der I. J. GmbH produzierten Kartoffelstärke übernommen. Es sei unklar geblieben, welchen eigengeschäftlichen Nutzen diese Gesellschaft von dieser Geschäftsbetätigung gehabt habe. Der Konzern der Klägerin habe sich jedenfalls Ankaufkosten in Höhe von mehr als 700.000,- EUR erspart. Allerdings habe die Klägerin erklärtermaßen einen Ankauf (der Übermengen an Kartoffeln) zum Mindestpreis von vornherein ausgeschlossen. Der Sanktionstatbestand des Art. 11 Abs. 3 erster Gedankenstrich in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich und Art. 3 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 sei nicht erfüllt, weil die Ankaufverträge rechtsverbindlich von der I. J. GmbH abgeschlossen worden seien und auch die Stärkeproduktion von Rechts wegen eine solche dieser Gesellschaft gewesen sei. Ferner erfordere die Sanktionsregelung, dass die Übermenge an das Stärkeunternehmen geliefert worden sei und dieses dafür nicht den Mindestpreis gezahlt habe (Art. 3 Abs. 4 der Verordnung). Die Sanktionsregelung könne nicht über diesen Wortlaut hinaus angewendet werden. Die Sanktionsregelung des Art. 11 Abs. 3 erster Gedankenstrich der Verordnung weise das der Klägerin vorgeworfene Verhalten - eine zwar rechtlich selbständige, aber von ihr abhängige Tochtergesellschaft zwischenzuschalten - nicht klar und unzweideutig als eine die Sanktion auslösende Unregelmäßigkeit aus. Es sei ausgeschlossen, den in der vorgenannten Vorschrift verwendeten Unternehmensbegriff über den Wortlaut hinaus dahin auszulegen, dass mit diesem auch zum selben Konzern gehörende Tochterfirmen erfasst würden, selbst wenn sie - wirtschaftlich betrachtet - auf dem Stärkemarkt zugunsten der und wie die Konzernmutter tätig würden. Gegen eine erweiternde Anwendung spreche, dass das Vorliegen eines Missbrauchs nur zur Versagung des missbräuchlich Erstrebten oder zur Erstattung des missbräuchlich Erlangten, nicht aber zur Anwendung einer Sanktionsregelung führe, die diesen Missbrauch nicht tatbestandlich hinreichend unzweideutig als eine Sanktion auslösende Unregelmäßigkeit aufzeige. Im Übrigen wäre die Erstreckung des Sanktionstatbestands auf die hier gegebene Sachlage nicht entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Erreichung des mit ihr angestrebten Ziels geeignet und erforderlich. Das Ziel des Sanktionstatbestands sei die Zahlung des Mindestpreises. Hätte die Klägerin erkannt, dass der Sanktionstatbestand auch die hier gegebene Sachlage erfassen würde, hätte sie den Ankauf nicht selbst zum Mindestpreis vorgenommen. Die Erzeuger hätten ihre Übermengen bei einem anderen Stärkeerzeuger zu einem Preis veräußern müssen, der mutmaßlich nicht höher als der tatsächlich gezahlte gewesen wäre. Von daher unterscheide sich die Sachlage hier maßgebend von den Fällen, in denen es der abschreckenden Wirkung der Sanktion bedürfe.

12

Unter dem Gesichtspunkt eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin lasse sich die Festsetzung der Sanktion schon deshalb nicht rechtfertigen, weil das Vorliegen eines Missbrauchs nur zur Versagung des missbräuchlich Erstrebten oder zur Erstattung des missbräuchlich Erlangten führe, nicht hingegen zur Anwendbarkeit einer Sanktionsregelung, die diesen Missbrauch nicht tatbestandsmäßig hinreichend unzweideutig als sanktionsauslösende Unregelmäßigkeit aufzeige. Ein Missbrauch liege hier auch deshalb nicht vor, weil die Klägerin nicht versucht habe, die Voraussetzungen für gemeinschaftsrechtlich vorgesehene Vorteile willkürlich zu schaffen. Durch das von der Beklagten als missbräuchlich bewertete Verhalten habe die Klägerin allenfalls eine Sanktion verhindern können. Die Umgehung eines Sanktionstatbestands falle aber nicht in diese Kategorie des Missbrauchstatbestands.

13

Gegen das Urteil führt die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Die Klägerin habe über die Konstruktion der Beteiligung ihrer Tochterfirma I. J. GmbH gerade die Mindestpreiszahlung nachArt. 4a Verordnung (EG) Nr. 1868/94 umgangen, die dem Schutz der Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln dienten. Die I. J. GmbH sei bewusst zu dem Zweck gegründet worden, sich indirekt Übermengen an Kartoffeln unter dem "Schutzpreis" liefern zu lassen. Der Schutz der Erzeuger sei auch nicht an den konkreten Gegenwert einer Prämienzahlung gebunden, sondern an die Prämienberechtigung. Bei einer solchen Konstruktion sei der Schutz der Erzeuger gar nicht mehr zu gewährleisten. Diese GmbH sei nicht ein von der Klägerin losgelöstes und rechtlich selbständiges Unternehmen, das von der Klägerin getrennt zu betrachten wäre. Aufgrund ihrer betrieblichen Struktur, ihrer Organisation sowie ihrer personellen und materiellen Ausstattung habe diese Gesellschaft nicht selbständig handeln können. Die fehlende Regelung über die Vergütung für die Überlassung der personellen und produktionstechnischen Kapazitäten seitens der Klägerin, der fehlende Nachweis einer Gewinnerzielungsabsicht der I. J. GmbH, die enge Verbundenheit beider Gesellschaften - wie die Abrechnungen mit den Landwirten und die darin befindlichen Angaben über EU-Nummer, Umsatzsteuer-Nummer und Vertragsnummer aus dem Vertragsverzeichnis der Klägerin zeigten - sowie die Herkunft der Kartoffeln aus dem Stärkereglement sprächen dafür, das Handeln der I. J. GmbH der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin verschaffe sich rechtsmissbräuchlich einen gemeinschaftsrechtlichen Vorteil, indem sie die Entstehung einer an sich berechtigten Sanktion verhindere. Die Klägerin unterbinde im Übrigen durch ihr Handeln eine abschreckende Wirkung der betreffenden Sanktionsvorschrift. Weiter verschaffe sie sich einen Wettbewerbsvorteil, der nicht im Sinne des Verordnungsgebers sein könne.

14

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

18

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen ihre Verpflichtung richtet, der Klägerin eine weitere Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke in Höhe von 1.173.832,45 EUR für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 zu gewähren.

19

Die hierauf gerichtete Verpflichtungsklage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, soweit durch diesen die Gewährung einer weiteren Prämie in vorgenannter Höhe abgelehnt worden ist; die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung dieser weiteren Prämie (§ 113 Abs. 5 Satz 1).

20

1.

Rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke ist Art. 5 Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates vom 27. Juli 1994 zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl. Nr. 1 197 S. 4) in der für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 maßgeblichen Fassung derVerordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 (ABl. Nr. 1 270 S. 1). Nach dieser Bestimmung erhalten die Kartoffelstärke erzeugenden Unternehmen eine Prämie von 22,25 EUR je Tonne für die im Rahmen des Kontingents nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung hergestellte Kartoffelstärke, sofern sie den Kartoffelerzeugern für alle zur Stärkeerzeugung im Rahmen des Kontingents erforderlichen Kartoffeln den Mindestpreis nach Art. 4a der Verordnung gezahlt haben.

21

Aus Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 der Kommission vom 23. Dezember 2003 mit Durchführungsbestimmungen für die Verordnung (EG) Nr. 1868/94 (ABl. Nr. 1 339 S. 45) ergibt sich, dass die Gewährung der Prämie für Stärkeunternehmen voraussetzt, dass die Stärke aus gesunden und handelsüblichen Kartoffeln mit einem Stärkegehalt von mindestens 13% gewonnen wird. Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 wird die Prämie nur gezahlt, wenn das Stärkeunternehmen nachweist, dass die Stärke im betreffenden Wirtschaftsjahr erzeugt wurde, der den Erzeugern gezahlte Preis mindestens dem in Art. 4a der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 genannten Preis frei Fabrik für die gesamte in der Gemeinschaft erzeugte Kartoffelmenge entspricht, die zur Herstellung von Stärke verwendet wurde, und die betreffende Stärke aus Kartoffeln gewonnen wurde, die unter einen Anbauvertrag gemäß Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 fallen.

22

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Abgesehen von der Voraussetzung über die Zahlung des in Art. 4a der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 vorgesehenen Mindestpreises zugunsten der Erzeuger, ist dies zwischen den Beteiligten nicht streitig. Hinsichtlich des Mindestpreises nach der vorgenannten Vorschrift zahlte die Klägerin diesen den Erzeugern jedenfalls für die Kartoffeln, die für die Erzeugung von Stärke bis zur Kontingentsmenge erforderlich war.

23

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem Prämienanspruch der Klägerin nicht entgegen, dass ihre Tochtergesellschaft I. J. GmbH im selben Wirtschaftsjahr rd. 10.864 t Stärke aus Kartoffeln herstellt hat, die sie von Vertragsanbauern der Klägerin zu einem Preis erworben hat, der unterhalb des in Art. 4a der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 bestimmten Mindestpreises liegt. Diese Herstellung von Kartoffelstärke durch die I. J. GmbH, bei der es sich im Gegensatz zu der Klägerin nicht um ein Stärkeunternehmen im Sinne des Art. 1 Buchst. c Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 handelt, kann der Klägerin nicht als eigene Stärkeherstellung zugerechnet werden, mit der Folge, dass die Klägerin nicht gegen ihre Verpflichtungen nach Art. 10 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 verstoßen hat.

24

Eine solche Zurechnung lässt sich nicht aus Art. 4 Abs. 3 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95) begründen. Nach dieser Vorschrift haben Handlungen, die nachgewiesenermaßen die Erlangung eines Vorteils, der den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften zuwiderläuft, zum Ziel haben, indem künstlich die Voraussetzungen für die Erlangung dieses Vorteils geschaffen werden, zur Folge, dass der betreffende Vorteil nicht gewährt bzw. entzogen wird. Diese Vorschrift spiegelt den allgemeinen Rechtsgrundsatz des Unionsrechts wider, wonach die missbräuchliche Berufung auf Normen des Unionsrechts ausgeschlossen ist; mithin kann die Anwendung von Unionsrecht nicht so weit reichen, dass missbräuchliche Praktiken, d.h. Vorgänge geschützt werden, die nicht im Rahmen des normalen Geschäftsverkehrs, sondern nur zu dem Zweck durchgeführt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteile zu gelangen (vgl. EuGH Urteil vom 5. Juli 2007 - C-321/05 [Kofoed] -, Slg. 2007, I-5795 [Rdnr. 38]; Urteil vom 21. Februar 2006 - C-255/02 [Halifax] -, Slg. 2006 I-1609 [Rdnr. 68 f.]; Urteil vom 21. Juli 2005 - C-515/03 [Eichsfelder Schlachtbetrieb ] -, Slg. 2005 I-7355 [Rdnr. 39]; Urteil vom 14. Dezember 2000 - C-110/99 - [Emsland-Stärke] -, Slg. 2000 I-11569 [Rdnr. 50 f.]). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

25

a.

Zwar zielte das Vorschalten der I. J. GmbH für die Verarbeitung von Übermengen an Kartoffeln für die Stärkeherstellung darauf ab, der Klägerin die Prämie für Stärkeunternehmen ungeschmälert zu erhalten, auch wenn der inArt. 4a Verordnung (EG) Nr. 1868/94 vorgesehene Mindestpreis hierfür nicht an die Erzeuger gezahlt wird. Indes läuft die (ungeschmälerte) Gewährung der Prämie für Stärkehersteller zugunsten der Klägerin den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften nicht zuwider.

26

Bereits durch die Verordnung (EWG) Nr. 1008/86 des Rates vom 25. März 1986 zur Festlegung von Einzelheiten zur Regelung der Produktionserstattungen für Kartoffelstärke (ABl. Nr. 1 94 S. 5) wurde den Kartoffelstärkeherstellern eine Prämie je Tonne hergestellter Kartoffelstärke gewährt (Art. 2 Abs. 1 der Verordnung), wobei die Gewährung davon abhängig gemacht wurde, dass der Stärkehersteller dem Kartoffelerzeuger den vorgesehenen Mindestpreis zahlte (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 der Verordnung).

27

Mit den Verordnungen (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. Nr. 1 181 S. 12) und Nr. 1766/92 des Rates vom 30. Juni 1992 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide wurde beginnend mit dem Wirtschaftjahr 1993/94 die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eingeleitet. Die Reform war im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass zwar das bisherige Interventionssystem beibehalten, der Richtpreis aber deutlich gesenkt wurde. Als Ausgleich für daraus folgende Einkommensverluste der Erzeuger, wurden direkte Einkommensbeihilfen gewährt (vgl. 2. Erwägungsgrund der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 sowie 2. und 3. Erwägungsgründe der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92): Den Kartoffelstärkeerzeugern wurden nunmehr auf Grundlage des Art. 1 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 1543/93 des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. Nr. 1 154 S. 4) Prämien gewährt, wobei weiterhin Voraussetzung war, dass der Stärkeerzeuger den in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 vorgesehenen Mindestpreis gezahlt hatte. Zum Ausgleich des über die Wirtschaftsjahre hin sinkenden Mindestpreises erhielten die Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln entsprechende Ausgleichszahlungen (Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 1766/92).

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Da bis dahin im Kartoffelstärkesektor keine Produktionsbeschränkungen bestanden, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 - beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 1995/96 - eine Kontingentsregelung eingeführt (Art. 1 der Verordnung). Jedem Erzeugermitgliedstaat wurde ein Kontingent zugeteilt (Art. 2 Abs. 1 der Verordnung). Die Erzeugermitgliedstaaten hatten ihr Kontingent auf alle Kartoffelstärke erzeugenden Unternehmen aufzuteilen (Art. 2 Abs. 2 der Verordnung). Die Unternehmen, die Kartoffelstärke bis zur Höchstkontingentsmenge erzeugten, erhielten eine Prämie je Tonne der erzeugten Stärke, sofern sie den Kartoffelerzeugern den Mindestpreis nachArt. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1766/92 für alle Kartoffeln gezahlt hatten, die zur Stärkeerzeugung bis zur Kontingentsmenge erforderlich ist (Art. 5 der Verordnung). Zum Schutz der Kartoffelerzeuger wurde die Zahlung der Prämie davon abhängig gemacht, dass den Kartoffelerzeugern der Mindestpreis für die Kartoffelmenge gezahlt wurde, die für die Erzeugung von Stärke bis zu Kontingentsmenge erforderlich ist (9. Erwägungsgrund der Verordnung). Die Kartoffelstärke erzeugenden Unternehmen durften keine Anbauverträge mit Kartoffelerzeugern für Kartoffelmengen abschließen, die zu einer Überschreitung des Stärkekontingents geführt hätten (Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1868/94 und ab dem Wirtschaftsjahr 2004/2005 Art. 3 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003) und es war ihnen untersagt, Kartoffellieferungen anzunehmen, die nicht durch einen Anbauvertrag gebunden waren (Art. 4 Abs. 5 Verordnung (EG) Nr. 97/95 der Kommission vom 17. Januar 1995 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 - ABl. Nr. 1 16 S. 3 - und ab dem Wirtschaftsjahr 2004/2005 Art. 3 Abs. 5 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003). Diese Vorschriften zielten auf die Sicherung der Kontingentsregelung (vgl. 4. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 97/95 und 3. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003). Überschritt die im Rahmen des Anbauvertrags tatsächlich erzeugte Menge (ausgedrückt in Stärkeäquivalent) die im Anbauvertrag vorgesehene Menge (so genannte Übermengen), so konnte sich das Stärkeunternehmen diese Mengen liefern lassen, sofern es dafür den vorgesehenen Mindestpreis für die Erzeuger zahlte (für die Wirtschaftsjahre 1995/96 bis 2003/04: Art. 4 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 97/95; für die Wirtschaftsjahre ab 2004/2005 Art. 3 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003); eine Verpflichtung zur Abnahme von Übermengen eines Erzeugers bestand für das Stärkeunternehmen allerdings nicht. Eine über das einem Stärkeunternehmen nach Art. 2 Abs. 2 zugeteilte Höchstmengenkontingent hinaus erzeugte Stärkemenge war in unverändertem Zustand ohne Ausfuhrerstattung auszuführen (Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1868/94); für nicht ausgeführte Mengen wurde vom Stärkeunternehmen eine Abgabe erhoben (Art. 16 Verordnung (EG) Nr. 97/95 und nachfolgend Art. 15 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003).

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Im Zusammenhang mit der Einführung der Kontingentsregelung wurde eine Ausgleichszahlung für Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 1995/96 nur noch für die Kartoffelmenge gewährt, die durch einen Vertrag gebunden war, der zwischen Erzeuger und dem Kartoffelstärke erzeugenden Unternehmen im Rahmen des dem Letzterem zugeteilten Kontingents gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 geschlossen wurde (Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 in der Fassung der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1863/95 des Rates vom 17. Juli 1995, ABl. Nr. 1 179 S. 1 und ab dem Wirtschaftsjahr 2004/2005 Art. 94 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003).

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Allerdings regeln diese Vorschriften, insbesondere die Kontingentsregelung den Kartoffelstärkesektor nicht umfassend und abschließend. So sah bereits Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 für die Wirtschaftsjahre 1995/96 bis 2003/04 vor, dass die Kartoffelstärke nicht unter die Verordnung fällt, die von Unternehmen erzeugt wurde, die keine Kartoffeln ankauften, für die eine Ausgleichszahlung nach Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 geleistet wurde, und denen keine Produktionserstattung nach Art. 7 derselben Verordnung gewährt wurde. Auch für die nachfolgenden Wirtschaftsjahre gelten die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 nicht für die Produktion von Kartoffelstärke durch Unternehmen, die nicht unter Art. 2 Abs. 2 der Verordnung fallen und die Kartoffeln beziehen, für welche die Erzeuger keine Beihilfe nach Art. 93 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten (Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003). Hiernach ist der Umfang und sind die Bedingungen der Herstellung von Kartoffelstärke für jene Unternehmen nicht reglementiert, denen kein Kontingent zugeteilt worden ist und die keine Kartoffeln ankaufen, für die Erzeugerbeihilfen gewährt werden. Die Kontingentsregelung zielt deshalb auf eine Beschränkung der Herstellung von Kartoffelstärke, die Grundlage für die Gewährung von Prämien für Stärkeunternehmen und von Ausgleichszahlungen für Kartoffelerzeuger ist, nicht aber auf eine mengenmäßige Begrenzung der Produktion von Kartoffelstärke schlechthin.

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Die vorstehenden Vorschriften des Unionsrechts über den Kartoffelstärkesektor zielen mithin darauf, dass die Erzeuger im Rahmen der zugeteilten Kontingente ihre Kartoffeln zum Mindestpreis zuzüglich der Ausgleichszahlung vermarkten können. Demgegenüber bezwecken die Unionsvorschriften nicht, den Erzeugern über die jeweiligen Kontingente hinaus einen Anspruch auf den Mindestpreis für die Lieferung von Übermengen an Kartoffeln zu sichern. Denn insoweit ist eine Abnahmeverpflichtung der Stärkeunternehmen nicht geregelt worden. Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in Art. 5 Verordnung (EG) Nr. 1868/94 und den Erwägungsgründen hierzu. Danach muss zum Schutz der Kartoffelerzeuger die Zahlung der Prämie (für Stärkeunternehmen) davon abhängig gemacht werden, dass ihnen der Mindestpreis für die Kartoffelmenge gezahlt worden ist, "die für die Erzeugung von Stärke bis zur Kontingentsmenge erforderlich ist" (9. Erwägungsgrund der Verordnung). Mit anderen Worten: Die Gewährung der Prämie für Stärkeunternehmen soll nicht davon abhängig gemacht werden, dass den Kartoffelerzeugern auch für die Kartoffelmenge der Mindestpreis gezahlt wird, die für die Erzeugung von Stärke über das Kontingent hinaus verwendet wurde.

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Zwar ist diese, die Verpflichtung der Stärkeunternehmen begrenzende Regelung nicht ausdrücklich in die Vorschriften der Verordnung zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 übernommen worden. Vielmehr wird in Art. 10 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 vorausgesetzt, dass der vorgesehene Mindestpreis "für die gesamte in der Gemeinschaft erzeugte Kartoffelmenge, die zur Herstellung von Stärke verwendet wurde", von den Stärkeunternehmen gezahlt wird. Auch in den Erwägungsgründen dieser Verordnung ist die Rede davon, dass der Mindestpreis "für alle zur Stärkegewinnung bestimmten Kartoffeln gezahlt werden muss" und auch im Fall von Übermengen das jeweilige Stärkeunternehmen solche Kartoffeln annehmen können soll, "sofern es dafür den vorgenannten Mindestpreis zahlt "(3. Erwägungsgrund der Verordnung). Ferner sei es zum Schutz der Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln unerlässlich, dass der Mindestpreis "für alle Kartoffeln" gezahlt wird (6. Erwägungsgrund der Verordnung). Gleichwohl erfährt hierdurch die in der Verordnung (EG) Nr.1868/94 vorgesehene Zielsetzung des Schutzes der Erzeuger von Kartoffeln auch in ihrer Begrenztheit inhaltlich keine Änderung, zumal die Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 allein der Durchführung der vorgenannten Verordnung dient und an deren Zielsetzungen gebunden ist. Hiernach bleibt maßgeblich, dass die Stärkeunternehmen für die Kartoffeln, die sie für die Herstellung von Kartoffelstärke bis zur Höchstkontingentsmenge bezogen haben, und für die sie eine Prämie erhalten, tatsächlich den vorgesehenen Mindestpreis gezahlt haben; insoweit soll verhindert werden, dass Stärkeunternehmen Prämien für die Erzeugung von Kartoffelstärke bis zur Kontingentsmenge erhalten, bei deren Produktion Kartoffeln verwendet worden sind, für die die Erzeuger nicht stets den Mindestpreis erhielten.

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Diesen Zielsetzungen laufen die Handlungen der Klägerin nicht zuwider. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Kontingentsmenge (für das Wirtschaftsjahr 2004/05 und im teilweisen Vorgriff auf das Wirtschaftsjahr 2005/06) Kartoffelstärke produziert, bei deren Erzeugung Kartoffeln verwendet worden sind, für welche die Erzeuger stets den vorgesehenen Mindestpreis erhalten haben. Deshalb lässt sich auch unter Berücksichtigung der von der I. J. GmbH erzeugten Kartoffelstärke nicht feststellen, dass die Unternehmen den Kartoffelerzeugern nicht den vorgesehenen Mindestpreis für die Kartoffeln gezahlt haben, die zur Stärkeherstellung bis zum Erreichen der Kontingentsmenge erforderlich waren.

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Bezogen auf diese Prämienvoraussetzung (und die damit im Zusammenhang stehende Möglichkeit einer Prämienkürzung) ist nicht von Belang, ob die Klägerin die Übermengen an Kartoffeln auch deshalb nicht selbst verarbeiten wollte, um eine Ausfuhr der insoweit erzeugten Stärke ohne Ausfuhrerstattung oder eine Abgabenerhebung im Falle Vermarktung in der Europäischen Union zu vermeiden.

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b.

Daneben haben die Klägerin und die I. J. GmbH die Voraussetzungen für die Erlangung eines Vorteils, der den Zielsetzungen des einschlägigen Rechts der Europäischen Union zuwiderläuft, nicht künstlich geschaffen. Dafür ist maßgeblich von Bedeutung, ob ein normales Handelsgeschäft vorliegt, das ein wirtschaftliches Ziel verfolgt, oder das Geschäft nur zu dem Zweck getätigt worden ist, um den davon losgelösten Vorteil - etwa eine Beihilfe - zu erhalten. Bei der Beurteilung sind insbesondere die rechtlichen, wirtschaftlichen und / oder personellen Verbindungen zwischen den Beteiligten mit einzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, a.a.O., Rdnr. 81).

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Zwar handelt es sich bei der I. J. GmbH um eine Tochtergesellschaft der Klägerin, so dass wirtschaftliche Vorteile der Tochtergesellschaft zugleich solche der Klägerin sind; insoweit besteht trotz der rechtlichen Selbständigkeit der Tochtergesellschaft letztlich kein selbständiges wirtschaftliches Interesse gegenüber der Klägerin als Muttergesellschaft. Auch hat im Falle eines Ankaufs von Übermengen zu einem Preis unterhalb des vorgesehenen Mindestpreises durch die Klägerin möglicherweise das rechtliche Risiko bestanden, dass nach dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 und des Art. 11 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 der Prämienanspruch erheblich gekürzt werden könnte. Ferner hat die Erzeugung von Kartoffelstärke aus Kartoffeln, die für die Stärkeherstellung bestimmt sind, nicht zum bisherigen Geschäftsfeld der I. J. GmbH gezählt. Deshalb haben dieser Gesellschaft für diesen Produktionsbereich sowohl die erforderlichen Produktionsanlagen als auch das erforderliche Personal gefehlt; beides ist dieser Gesellschaft seitens der Klägerin und der mit ihr verbundenen Unternehmen zur Verfügung gestellt worden. Außerdem hat die I. J. GmbH für die Erzeugung von Kartoffelstärke ausschließlich Kartoffeln von Vertragsanbauer der Klägerin verarbeitet. Ferner hat die I. J. GmbH die produzierte Kartoffelstärke allein über die Klägerin vermarktet.

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Gegen eine künstliche Schaffung von Voraussetzungen für die Erlangung eines bestimmten Vorteils spricht hingegen, dass die Klägerin nicht verpflichtet gewesen ist, Übermengen an Kartoffeln für die Stärkeherstellung abzunehmen. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie einen Ankauf solcher Übermengen - soweit sie nicht bereits auf das Unterkontingent für das kommende Wirtschaftsjahr vorgegriffen hat - von vornherein ausgeschlossen hat, weil eine Produktion von Kartoffelstärke aus solchen Kartoffeln bei Zahlung des Mindestpreises für sie wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen wäre. Sie hätte für aus solchen Übermengen produzierte Kartoffelstärke keine Prämien nach der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 erhalten und wäre zudem verpflichtet gewesen, diese Kartoffelstärke ohne Ausfuhrerstattung auszuführen oder - im Falle einer Missachtung dieser Verpflichtung - eine Abgabe zu entrichten. Dementsprechend haben die Vertragsanbauer der Klägerin letztlich nicht beanspruchen können, dass ihnen die Übermengen an Kartoffeln zum Mindestpreis abgenommen werden. Sie hätten solche Übermengen an Kartoffeln, die wegen ihres Stärkegehalts für die Stärkeherstellung bestimmt gewesen sind, nur an andere Stärkehersteller veräußern können, die nicht Stärkeunternehmen im Sinne des Art. 1 Buchst. c Verordnung (EG) Nr. 1868/94 sind. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin ist der von ihren Vertragsanbauern erzielte Verkaufserlös für die Übermengen marktgerecht gewesen. Zu Recht hebt die Klägerin hervor, dass für ihre Vertragsanbauer lediglich eine Möglichkeit eröffnet worden ist, die Übermengen an Kartoffeln zu veräußern. Wollte man eine Veräußerung solcher Übermengen an Kartoffeln an Tochtergesellschaften von Stärkeunternehmen ohne Bindung an den Mindestpreis für mit dem Unionsrecht nicht vereinbar erachten, diente dies gerade nicht dem Schutz der Kartoffelerzeuger. Denn für diese bestünde vielmehr die Gefahr, solche Übermengen überhaupt nicht vermarkten zu können. Zugleich vermag die Verarbeitung von solchen Übermengen an Kartoffeln einen Anspruch auf eine höhere Prämie für das betreffende Stärkeunternehmen nicht zu begründen. Deshalb kann auch nicht unterstellt werden, dass dieses Unternehmen einen Vorteil anstrebt hat, der den Zielsetzungen der Vorschriften der Europäischen Union widerspricht. Damit scheidet eine Gefährdung der finanziellen Interessen der Europäischen Union aus.

38

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre Vertragsanbauer gedrängt hätte, ihre Übermengen an ihre Tochtergesellschaft zu einem bestimmten Preis zu liefern, etwa um hierdurch einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Hiergegen spricht zum einen, dass die Klägerin einen Teil der Übermengen (bis 120% der jeweils vereinbarten Kartoffelmenge) zu Kartoffelstärke selbst verarbeitete und dabei bereits auf das Kontingent des kommenden Wirtschaftsjahres zurückgegriffen hat. Zum anderen hat ihre Tochtergesellschaft nur im begrenzten Umfang Übermengen von Vertragsanbauern der Klägerin angekauft; Übermengen oberhalb von 120% der in den Anbauverträgen jeweils vereinbarten Kartoffelmenge sind von der Tochtergesellschaft nicht angekauft und verarbeitet worden. Außerdem ist weder ersichtlich noch von der Beklagten dargelegt worden, dass für die Vertragsanbauer der Klägerin eine bei wirtschaftlicher Betrachtung günstigere Möglichkeit bestanden hat, ihre Übermengen zu verwerten.

39

Erfüllt die Klägerin damit die die Prämienvoraussetzung des Art. 10 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich Verordnung (EG) Nr. 2236/2003, so kann der Prämienanspruch der Klägerin nicht nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung gekürzt werden.

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2.

Das Verwaltungsgericht hat jedoch zu Unrecht den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit darin eine Sanktion in Höhe von 1.173.832,45 EUR festgesetzt worden sein soll. Insoweit ist die Berufung der Beklagten begründet.

41

Die Anfechtungsklage ist nicht statthaft. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Landwirtschaftskammer Hannover nicht eine Sanktion durch Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 35 Satz 1 VwVfG festgesetzt. Über eine Sanktion nach § 11 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 ist im dem angefochtenen Bescheid keine gesonderte Regelung getroffen worden. Eine Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG ist auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten oder eines Rechtsstatus gerichtet, d.h. darauf, mit dem Ausspruch unmittelbare Verbindlichkeit und mit Bestandskraft fähiger Wirkung unmittelbar subjektive Rechte der Betroffenen begründen, aufzuheben, abzuändern oder verbindlich festzustellen, oder aber darauf, die Begründung, Aufhebung, Abänderung oder Feststellung unmittelbar verbindlich abzulehnen (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG - Kommentar -, 10. Aufl. 2008, § 35 Rdnr. 47). Die Regelung des angefochtenen Bescheides beschränkt sich auf die teilweise Gewährung einer Prämie und die Ablehnung des Antrages im Übrigen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Entscheidungsausspruches des angefochtenen Bescheides, nach dem der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Prämie für die Herstellung von Kartoffelstärke unter Festsetzung einer Sanktion in Höhe von 1.173.832,45 EUR teilweise abgelehnt worden ist, so dass nur ein Betrag (eine Prämie) in Höhe von 143.662,86 EUR gewährt wird. Dem Zusatz "unter Festsetzung einer Sanktion" kommt eine über die Erläuterung der Kürzung der Prämie hinausgehende eigenständige Bedeutung nicht zu. So führt die von der Klägerin begehrte Aufhebung des angefochtenen Bescheides - soweit dem Antrag auf Gewährung einer Prämie nicht bereits entsprochen worden ist - nicht unmittelbar dazu, dass ihr eine höhere Prämie gewährt wird. Dass der Sanktionierung eines Stärkeunternehmens nach Art. 11 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 keine gegenüber der Entscheidung über die Höhe der zu gewährenden Prämie eigenständige Bedeutung zukommt, ergibt sich aus den in dieser Vorschrift bestimmten Rechtsfolgen. Sie beschränken sich auf eine gekürzte Gewährung der Prämie (Art. 11 Abs. 3 erster Gedankenstrich der Verordnung) bis hin zur vollständigen Versagung einer Prämie (Art. 11 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich der Verordnung). Hiernach stellt die Sanktion lediglich eine Rechengröße zur Ermittlung der Prämienhöhe dar.

42

Weitergehende Rechtswirkungen - etwa der Ausschluss von einer Prämiengewährung für folgende Jahre - kommen dem von der Beklagten ermittelten Sanktionsbetrag nicht zu, so dass der Rechtskreis der Klägerin hierdurch nicht (nachteilig) berührt wird. Aus den vorstehenden Gründen stünde allein die Bestandskraft der teilweisen Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer Prämie, nicht aber der Zusatz "unter Festsetzung einer Sanktion" dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin auf Bewilligung einer weiteren Prämie entgegen.

43

Dass der Senat (Urteil vom 12. Dezember 2002 - 10 LB 167/01 -) und nachfolgend das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 1. Juni 2006 - BVerwG 3 C 16.06 -) die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage gegen eine Sanktionsfestsetzung nach Art. 13 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 97/95 angenommen haben, rechtfertigt hier keine andere Entscheidung. Zum einen wurde in dem den vorgenannten Verfahren zugrunde liegenden Bescheid eine gesonderte Regelung über die Festsetzung einer bestimmten Sanktion getroffen. Zum anderen beschränkte sich die Sanktionsfestsetzung in jenem Fall nicht darauf, eine zugleich verfügte gekürzte Gewährung einer bestimmten Beihilfe zu begründen.

44

Daneben ist die gegen die Festsetzung einer Sanktion gerichtete Klage auch deshalb unzulässig, weil der Klägerin hierfür ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin wäre bereits durch die Stattgabe ihrer Klage auf Verpflichtung der Beklagten, ihr eine weitere Prämie zu gewähren, im vollen Umfang genügt. Ein darüber hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin in Bezug auf den Sanktionsbetrag ist nicht gegeben.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Senat erachtet das Unterliegen der Klägerin hinsichtlich ihrer Anfechtungsklage gegen die von ihr angenommene Festsetzung einer Sanktion als geringfügig, zumal der Beklagten hierdurch keine zusätzlichen Kosten entstehen.