Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.05.2011, Az.: 1 KN 138/10
Zulässigkeit der Orientierung des Bekanntmachungshinweises bei einem Bebauungsplan über die Folgen einer unterbliebenen Beteiligung am Wortlaut des § 47 Abs. 2 Buchst. a VwGO; Eingreifen der Rechtsfolgen des § 47 Abs. 2 Buchst. a VwGO bei Fehlen einer Anstoßwirkung bei einer Auslegungsbekanntmachung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.05.2011
- Aktenzeichen
- 1 KN 138/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 20882
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0519.1KN138.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs. 2 Buchst. a VwGO
- § 3 Abs. 2 2, Hs. 2 BauGB
Fundstellen
- DVBl 2011, 1182
- FStBW 2012, 547-549
- FStHe 2012, 432-433
- FStNds 2012, 534-536
- GV/RP 2012, 523-525
- NVwZ-RR 2011, 834-836
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Es ist nicht fehlerhaft, wenn sich die Gemeinde bei dem Bekanntmachungshinweis, welche Folgen eine unterbliebene Beteiligung haben kann, am Wortlaut des § 47 Abs. 2a VwGO und nicht an dem des § 3 Abs. 2 2, Halbs. 2 BauGB orientiert.
- 2.
Es bleibt unentschieden, ob die Rechtsfolgen des § 47 Abs. 2a VwGO eingreifen, wenn die Auslegungsbekanntmachung (§ 3 Abs. 2 BauGB) keine Anstoßwirkung hat. Diese ist jedenfalls nicht fehlerhaft, wenn darin ausgeführt wird, Stellungnahmen könnten während der Auslegungszeit "eingereicht" (statt: "abgegeben") werden.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 23/191 "Sondergebiete Brinkum Nord" der Antragsgegnerin, weil dieser Plan die genehmigte Nutzung ihres Grundstücks und die Erweiterungsmöglichkeiten des darauf betriebenen Einzelhandels unzumutbar verkürze. Die Beteiligten streiten insbesondere darum, ob der Normenkontrollantrag zulässig ist, obwohl sich die Antragstellerin während des Beteiligungsverfahrens nicht geäußert hatte. Sie meint, das habe für sie keine nachteiligen Folgen, weil sie vom Planentwurf ohnedies nicht nachteilig betroffen, vor allem aber die Belehrung über die Folgen unterbliebener Äußerung unwirksam gewesen sei.
Das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin liegt unmittelbar südlich der Großstadt Bremen. Das Plangebiet schließt sich nahe der Abfahrt Bremen/Brinkum direkt nördlich an die BAB 1 an und liegt beiderseits der die Autobahn in etwa nordsüdlich querenden Bundesstraße 6 (Bremer Straße).
Die Antragsgegnerin beschloss Ende September 2006 die Aufstellung des streitigen Bebauungsplanes sowie eine Veränderungssperre. Kurz zuvor war sie raumordnungsrechtlich vom Grund- zum Mittelzentrum hochgestuft worden. Schon seit mehreren Jahren hatte es Auseinandersetzungen um die Nutzung der Gewerbegebiete Brinkum Nord gegeben. Die einschlägigen Pläne für dieses Gebiet beruhten noch auf der BauNVO 1968 und befähigten die Antragsgegnerin nicht, die Einzelhandelsentwicklung wirksam zu steuern. Ein solcher Steuerungsbedarf ergab sich aufgrund der regionalen Bedeutsamkeit des Plangebiets für die Nachbargemeinden und für das Versorgungszentrum der Antragsgegnerin selbst (vgl. Planbegründung 2.6.1).
Das Plangebiet umfasst zirka 26 ha. Es gliedert sich in drei Teilbereiche. Diese liegen westlich und östlich der Bremer Straße. Fast die gesamte Fläche des beplanten Bereiches ist bereits baulich - überwiegend für Einzelhandel - genutzt. Daneben finden sich im Plangebiet drei Tankstellen und sonstiges Gewerbe, darunter vereinzelt Dienstleistungsbetriebe. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks E. 1 in F. (Flurstücke ../., ../. und ../.., Flur .. der Gemarkung Brinkum). Es liegt im Geltungsbereich des angegriffenen Planes 23/191. Darauf wird u.a. ein SB-Warenhaus betrieben. Nach der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 20. Januar 1999 für dieses Warenhaus verfügt die Antragstellerin nach ihren unbestrittenen Angaben über eine Gesamtverkaufsfläche von 16.008, 58 m2 ohne jede Sortimentsbeschränkung.
Die Antragsgegnerin legte der Planung zwei Gutachten zur regionalen und örtlichen Lage des Einzelhandels und insbesondere zu Verkaufsflächen zu Grunde. Zur Bestimmung des Umfangs des zentren- und raumordnungsverträglichen Einzelhandels wurde von dem Umfang der raumordnungsrechtlich zulässigen Maximalverkaufsflächen abgezogen, was schon verbraucht bzw. genehmigt war; der verfügbare Erweiterungsrest wurde als neu auszuweisende Verkaufsfläche betrachtet. Dabei handelte es sich um knapp 10.000 m2. Um der Rechtsprechung zu Bestandsschutzfragen Genüge zu tun, verfolgte die Antragsgegnerin zunächst das Ziel, den Bestand zu sichern und 10% Verkaufsfläche als Erweiterungspotenzial im Sinne eines dynamischen Bestandsschutzes auszuweisen.
Mit diesem Ziel führte sie im Dezember 2006 eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung durch. Dabei kam es ohne die Anwesenheit der Antragstellerin zu einer Diskussion u.a. über Verkaufsflächenbegrenzungen, die zu einer Überarbeitung des Planentwurfs führte. Der dynamische Bestandsschutz wurde in den folgenden Planentwürfen von 10% auf Null reduziert. Planungsziel sollte jetzt nur noch die Sicherung der tatsächlichen Nutzung sein. Die Antragsgegnerin benannte als Grund dafür einen mit dem Land Niedersachsen geschlossenen raumordnungsrechtlichen Vertrag. Darüber hinaus sollten die ersparten Flächen einem neuen zentralen Versorgungsstandort zugute kommen, der raumordnungsrechtlich erforderlich sei. Nach wie vor sollte sich die Zweckfestsetzung der Sondergebiete am Bestand orientieren.
In diesem Sinne führte sie im Oktober und November 2007 eine zweite frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung durch, die zu einem weitgehenden Konsens führte. Die Antragstellerin war wiederum nicht vertreten und nahm auch in sonstiger Weise nicht Stellung.
Die Antragsgegnerin legte den Planentwurf zwischen dem 28. Oktober und dem 1. Dezember 2008 öffentlich aus. Die ortsübliche Bekanntmachung vom 16. Oktober 2008 enthielt folgende Belehrungen:
"Während der Auslegungszeit können Stellungnahmen zu den Planentwürfen und zu den Entwurfsbegründungen nur bei der Gemeinde F., G. Str. 6,.... F., eingereicht werden. Nicht fristgerecht eingereichte Stellungnahmen können bei der Beschlussfassung über die Bauleitpläne und die Begründungen unberücksichtigt bleiben.
Auch ein Antrag über die Gültigkeit der o. g. Bebauungspläne (Normenkontrollantrag) gemäß § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist unzulässig, wenn in diesem Antrag nur Einwendungen geltend gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der öffentlichen Auslegung nicht oder verspätet als Einwendungen geltend gemacht worden sind, aber hätten fristgemäß geltend gemacht werden können."
Das Auslegungsverfahren ergab hinsichtlich der Verkaufsflächenzahlen und der Sortimentsbeschränkungen des Planentwurfs keine grundsätzlich neuen Aspekte. Lediglich der Kommunalverband Niedersachsen/Bremen wies auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu plangebietsbezogenen Verkaufsflächenbegrenzungen mit der Gefahr sog. Windhundrennen hin. Weitere Stellungnahmen wurden weder von den Behörden und Trägern der öffentlichen Belange noch von Privaten abgegeben.
Die Antragsgegnerin beschloss am 6. Mai 2009 über die Stellungnahmen und den Plan als Satzung. Am 1. September 2099 wurde der Plan im Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht.
Der Plan 23/191 weist alle drei Teilbereiche als Sondergebiete für Einzelhandel aus. Er trifft insbesondere folgende textliche Festsetzungen, die die Antragstellerin betreffen:
Ziffer 1.1.1 /SO 3: Das Sondergebiet SO 3 dient vornehmlich zur Unterbringung von Einzelhandelsbetrieben (SB Warenhaus sowie Möbelhaus).
Ziffer 1.1.2: Verkaufsflächenobergrenzen:In den Sondergebieten SO 1 bis SO 5 werden die zulässigen Gesamtverkaufsflächen wie folgt begrenzt: - im Sondergebiet 3 auf maximal 32.000 qm, dabei dürfen Einzelhandelsbetriebe eine maximale Verkaufsfläche von 16.000 qm je Betrieb nicht überschreiten.
Und weiter unter derselben Ziffer:
Für zentrenrelevante Sortimentsgruppen ergeben sich für die Sondergebiete SO 1 bis SO 5 folgende weitere Beschränkungen: SO 3: Von der im Sondergebiet SO 3 Einzelhandel mit der Zweckbestimmung "SB-Warenhaus, Möbelhaus" zulässigen Gesamtverkaufsfläche von insgesamt 32.000 qm sind jeweils folgende Betriebe und Läden zulässig:
SB Warenhaus mit einer zulässigen Verkaufsfläche von 13.510 qm.
Fachmärkte für Möbel und Einrichtungsgegenstände .... (Es folgen Verkaufsflächenbeschränkungen für zentrenrelevante Sortimente)
In Ziffer 1.1.3 wird festgesetzt, welche Sortimente zentrenrelevant sind und welche nicht. Ziffer 1.1.4 bestimmt den Begriff der Verkaufsfläche.
Die Antragstellerin hat am 07. Juli 2010 den Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung macht sie geltend:
Der Normenkontrollantrag sei fristgerecht gestellt und auch sonst zulässig. Insbesondere greife § 47 Abs. 2a VwGO nicht zu ihrem Nachteil ein. Die Einwendungsobliegenheit habe für sie nicht bestanden, weil ihr Grundstück in der Planung von vornherein nicht zur Disposition gestanden habe. Darüber hinaus sei die für die Rechtsfolge der Unzulässigkeit erforderliche Belehrung unwirksam. Dies ergebe sich indirekt daraus, dass schon die Bekanntmachung der Auslegung selbst fehlerhaft gewesen sei. Deren Text habe nämlich ein unzumutbares Einwendungshindernis aufgebaut, indem dort vom "Einreichen" statt vom "Abgeben" einer Stellungnahme die Rede war. Der Begriff "einreichen" verlange offenkundig eine schriftliche Stellungnahme. Da aber auch mündliche Stellungnahmen zur Niederschrift vorgebracht werden dürften, baue diese Begrifflichkeit ein psychologisches Hindernis auf bzw. erwecke einen Irrtum über die Form, in der diese vorgebracht werden dürften.
Die Antragstellerin beantragt,
die Zulässigkeit ihres Normenkontrollantrages gegen den vom Rat der Antragsgegnerin am 6. Mai 2009 als Satzung beschossenen Bebauungsplan Nr. 23/191 "Sondergebiete Brinkum Nord" festzustellen,
hilfsweise
festzustellen, dass der genannte Bebauungsplan Nr. 23/191 unwirksam sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag insgesamt abzulehnen.
Sie ist der Ansicht, die Obliegenheit Einwendungen zu erheben habe auch die Antragstellerin getroffen. Ein einziger Blick auf die Planentwürfe habe zeigen können, dass auch deren Grundstück überplant werde. Im Übrigen seien sowohl die bekanntgemachte Belehrung über die Rechtsfolge der Unzulässigkeit wie die Bekanntmachung der Auslegung rechtsfehlerfrei gewesen. Ein unzumutbares Einwendungshindernis resultiere aus der Wahl des Begriffes "einreichen" statt "abgeben" nicht. Im allgemeinen und rechtlichen Sprachgebrauch könne eine Stellungnahme auch dadurch "eingereicht" werden, dass sie zur Niederschrift erklärt werde.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
II.
Der fristgerecht gestellte Normenkontrollantrag ist unzulässig.
Die Antragstellerin ist zwar antragsbefugt, weil ihr Grundstück im Geltungsbereich des angegriffenen Plans Nr. 23/191 liegt und dieser ihm nachteilige Festsetzungen trifft.
Der Antrag ist jedoch gem. § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig, weil die Antragstellerin nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung des angegriffenen Bebauungsplans (§ 3 Abs. 2 BauGB) nicht geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Auf die Rechtsfolgen, welche eine Verletzung dieser Obliegenheiten zur Folge hat, hat die Antragsgegnerin ausreichend hingewiesen.
Die Antragstellerin hatte während der öffentlichen Auslegung (28.10. - 1.12.2008) keine Einwendung vorgebracht. Sie hätte Einwendungen während der Auslegung geltend machen können. Sie war bereits zur Zeit der Planauslegung Grundeigentümerin und nicht durch Besonderheiten der vorliegenden Planung von der gesetzlichen Einwendungsobliegenheit befreit.
Die Obliegenheit, Einwendungen vorzubringen, besteht für alle Einwendungen, die aus Sicht dieses Antragstellers gegen den Planentwurf vorzubringen sind, und zwar unterschiedslos, ob diese der planenden Gemeinde von Amts wegen bekannt sein mussten. § 47 Abs. 2a VwGO enthält keine Einschränkung wie etwa § 4a Abs. 6 Satz 1 BauGB, wo auf Kenntnis oder Kennenmüssen der Gemeinde abgestellt wird. Da § 47 Abs. 2a VwGO in enger Verbindung mit dem BauGB steht, wäre es naheliegend gewesen, eine solche Formulierung zu übernehmen, wenn deren Inhalt gewollt gewesen wäre (vgl. VGH München, Urt. v. 13.1.2010 - 15 N 09.135 -, DVBl. 2010, 387 = ZfBR 2010, 275 = BayVBl 2010, 305 = BauR 2010, 745)
Die Antragstellerin war der Notwendigkeit, Einwendungen geltend zu machen, nicht deswegen enthoben, weil, wie sie meint, ihr Grundstück und dessen Nutzung für die Planung "nicht zur Disposition" gestanden hätten. Sie leitet dies aus Vorgängen im Vorfeld des Planaufstellungsverfahrens und aus früheren Planungsabsichten der Antragsgegnerin ab.
Die Tatsache, dass bei früheren Überlegungen zur Überplanung des Gewerbegebietes beabsichtigt war, den vorhandenen Bestand planungsrechtlich mindestens zu sichern, hilft der Antragstellerin nicht. Mit (je)der Auslegung beginnt innerhalb der Planaufstellung eine neue Phase. Jeder möglicherweise Betroffene muss sich darauf einrichten, dass der Plan nunmehr einen anderen Inhalt hat als bei vorhergehenden (Verfahrens-)Überlegungen. Er ist deswegen gehalten, den Planentwurf zu studieren, um seine Rechte zu wahren.
Selbst unerwartete Änderungen des Planentwurfs entheben daher nach Sinn und Zweck der §§ 3 Abs. 2 BauGB/47 Abs. 2a VwGO, eine vollständige Sammlung der abwägungsrelevanten Gesichtspunkte sicherzustellen, nicht von der Obliegenheit, Einwendungen zu erheben. Daher ist es rechtlich irrelevant, dass die Antragsgegnerin zu einem früheren Zeitpunkt im Bestand ausgeübte Nutzungsmöglichkeiten nicht hatte verkürzen wollen. Die Betroffenheit der Antragstellerin ergab sich im Exemplar des öffentlich ausgelegten Planentwurfes schon aus der textlichen Festsetzung Ziffer 1.1.2 / SO 3. Diese sah für den SB-Markt eine maximale Verkaufsfläche von nur 13.510 m2 vor.
Die Antragstellerin bleibt nicht von der Wirkung des § 47 Abs. 2a VwGO verschont, weil die Antragsgegnerin bei der Bekanntmachung der Auslegung einen vom Gesetz abweichenden Wortlaut gewählt hat. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 27.10.2010 - 4 CN 4.09 -, DVBl 2011, 108 = ZfBR 2011, 151 = NVwZ 2011, 309 = BauR 2011, 488 = UPR 2011, 146) hat für die Beurteilung solcher Hinweise entschieden:
"Ob der Hinweis über die Obliegenheit, Einwendungen zu erheben, ordnungsgemäß ist, beurteilt sich nach den Grundsätzen, die in der Rechtsprechung für Rechtsbehelfsbelehrungen entwickelt worden sind (Beschluss vom 31. Oktober 1989 - BVerwG 4 NB 7.89 - BRS 49 Nr. 31 = Buchholz 406.11 § 2a BBauG Nr. 11 zu § 155a BBauG 1979). Eine derartige Belehrung darf keinen irreführenden Zusatz haben und darf insbesondere nicht geeignet sein, einen Betroffenen vom rechtzeitigen Geltendmachen von Einwendungen oder Rügen abzuhalten. Nur ein Irrtum über Voraussetzungen oder Rechtsfolgen einer Einwendung oder eines Rechtsbehelfs, die den Betroffenen davon abhalten, sich überhaupt, rechtzeitig und in der richtigen Form zu äußern, ist geeignet der Belehrung ihre Wirksamkeit zu nehmen (vgl. Urteil vom 21. März 2003 - BVerwG 4 C 2.01 - Buchholz 310§ 58 VwGO Nr. 83 zum Vertretungszwang)."
Das OVG Münster erkannte, dass die Anforderungen an einen solchen Hinweis jedenfalls nicht strenger als bei einer Belehrung über einen Rechtsbehelf nach der VwGO seien. Für solche Rechtsmittelbelehrungen sei anerkannt, dass nicht jede Ungenauigkeit beachtlich ist. Entscheidend sei, dass sie die notwendigen Bestandteile enthalte und keine Irrtümer erregen könne (OVG Münster, B. v. 29.8.2008 - 7 B 915/08.NE -, BRS 73 Nr. 56). Nicht entscheidend ist dagegen der Wortlaut der Belehrung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 58 Rn. 10). Es kommt dabei nicht auf die Auffassung der konkreten Antragstellerin an, die Belehrung muss vielmehr objektiv ihren Zweck erfüllen können (Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 58 Rn. 15). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang zulässiger Hinweise in der Auslegungsbekanntmachung, welche für das hier interessierende Problem fruchtbar gemacht werden können (vgl. insbesondere B. v. 28.01.1997 - 4 NB 39.96 -, ZfBR 1997, 213 = BauR 1997, 596 = UPR 1997, 319 = NVwZ-RR 1997, 514 = BRS 59 Nr. 15), darf die Bekanntmachung einerseits nicht geeignet sein, auch nur einzelne an der Bauleitplanung interessierte Bürger von der Erhebung von Bedenken und Anregungen abzuhalten. Andererseits ist insoweit auf einen Bürger mit durchschnittlichem Auffassungsvermögen abzustellen. Weder der rechtlich besonders vorgebildete noch der besonders "begriffsstutzige" Bürger sind insoweit das Maß der Dinge.
Der Hinweis auf die in § 47 Abs. 2a VwGO angedrohte Rechtsfolge selbst ist nicht zu beanstanden. Der Hinweis ist nicht deswegen unwirksam, weil er sich in der Wortwahl an § 47 Absatz 2a VwGO und nicht an § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB orientiert. Die Wortwahl des § 47 Abs. 2a VwGO beruht auf gründlicher Überlegung des Gesetzgebers. Dieser hatte zunächst eine andere Formulierung erwogen: Es sollte heißen: "....,soweit die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht ..." Statt dessen wurde Gesetz: ..., wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen macht ...". Da die Formulierung " soweit " einen Teil der Einwendungen auch bei einem zulässigen Normenkontrollantrag der Prüfungsbefugnis des Normenkontrollgerichts entzogen hätte, wurde diese Wortwahl verworfen. Gleichwohl erscheint sie in § 3 Abs. 2 Satz 2, 2. HS, 3. Relativsatz BauGB. Darin liegt ersichtlich ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, der die letztgenannte Norm nicht an die Veränderungen im Verlaufe der Beratungen zu § 47 VwGO angeglichen hat (Korbmacher, in: Brügelmann, BauGB, § 3 Rn. 69). Dieses Redaktionsversehen hat die Antragsgegnerin gleichsam "berichtigt", indem sie den Wortlaut ihres Hinweises nicht dem § 3 Abs. 2 BauGB, sondern direkt dem § 47 Abs. 2a VwGO entnommen hat. Der erkennende Senat hat dazu schon früher (Urt. v. 20.4.2009 - 1 KN 72/08 -, BRS 74 Nr. 52) entschieden:
"Die Voraussetzungen der genannten Vorschrift sind hier erfüllt. Es ist unschädlich, dass der in der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung gegebene Hinweis auf die Fehlerfolgen mit dem darin enthaltenen "soweit" der Formulierung des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB, nicht aber der engeren Fassung des § 47 Abs. 2a VwGO entspricht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 29.8.2008 - 7 B 915/08.NE -, a.a.O.). Dies ist vom Gesetzgeber durch das beide Bestimmungen betreffende Gesetz vom 21. Dezember 2006 (a.a.O.) vorgegeben und im Übrigen nicht geeignet, beim Planbetroffenen zu dessen Nachteil einen Irrtum über die Notwendigkeit der Erhebung von Einwendungen hervorzurufen."
Hier liegt zwar der umgekehrte Fall vor. Die Gemeinde hat den Text des § 47 Abs. 2a VwGO verwendet und nicht den des § 3 Abs. 2 BauGB; ein Irrtum ist dadurch aber erst recht nicht entstanden; ein Fehler der Gemeinde liegt nicht vor (vgl. zu dieser Konstellation Gatz: jurisPR-BVerwG 2/2011 Anm. 3).
Der Hinweis auf die (verfassungsgemäße; BVerwG, B. v. 17.10.2005 - 7 BN 1.05 -, NVwZ 2006, 85 = UPR 2006, 194 = BayVBl 2006, 377 = NuR 2006, 369 = ZfW 2007, 141 [BVerwG 17.10.2005 - BVerwG 7 BN 1.05]; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 257a) Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO wird auch nicht dadurch fehlerbehaftet, dass die Antragsgegnerin eine irreführende Formulierung bei der Bekanntmachung der Auslegung selbst verwandt hätte. Es kann offen bleiben, ob - wie die Antragstellerin meint - die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO nur dann eintreten kann, wenn auch der Hinweis auf die Einwendungsmöglichkeit im Auslegungsverfahren nicht zu beanstanden ist. Dagegen führt die Antragsgegnerin an, das sei keine Frage der "Präklusionswirkung" des§ 47 Abs. 2a VwGO, sondern eine solche der formellen Rechtmäßigkeit des angegriffenen Planes und dürfe daher erst dann geprüft werden, wenn der Antragsteller die Zulässigkeitshürden überwunden habe. Dieser Einwand hat einige Überzeugungskraft für sich. Ihm braucht aber nicht nachgegangen zu werden, weil die vorliegend zu beurteilende Auslegungsbekanntmachung rechtsfehlerfrei war.
Nach der gesetzlichen Konzeption sollen die Hinweise zu Auslegung und zur der Unzulässigkeitsrechtsfolge in der Bekanntmachung kombiniert werden. § 3 Abs. 2, Satz 2, 2. HS, 3. Relativsatz BauGB und § 47 Abs. 2a VwGO sprechen dabei von "Einwendungen", die "geltend gemacht" werden, während hinsichtlich des Planaufstellungsverfahrens in § 3 Abs. 2, Satz 2, 1. erster Relativsatz BauGB von "Stellungnahmen" die Rede ist, die "abgegeben" werden. Der Gesetzgeber verlangt damit von der Öffentlichkeit zu erkennen, dass die Stellungnahmen aus dem 1. Relativsatz ggf. zu Einwendungen im Sinne des 3. Relativsatzes werden können. Ebenso erwartet er, dass die Öffentlichkeit versteht, dieAbgabe einer Stellungnahme könne mit dem Geltendmachen einer Einwendung identisch sein. Daraus kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber zwar keinen rechtskundigen (BVerwG, B. v. 31.10.89 - 4 NB 7.89 -, DVBl. 1990, 366), aber einen durchschnittlich verständigen Bürger voraussetzt, der dem Gedanken einer Regelung folgt und nicht am Wortlaut klebt. Dem entspricht es, wenn anerkannt ist, dass die Auslegungsbekanntmachung (wie auch Rechtsmittelbelehrungen) nicht im Wortlaut vom Gesetz vorgeschrieben ist, sondern dass Abweichungen erlaubt sind (Bader, VwGO, § 58 Rn. 15).
Nach § 3 Abs. 2 BauGB muss die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs den Bürger "anstoßen", seine mögliche Betroffenheit, d.h. sein Interesse an Information und Beteiligung (Geltendmachung von Anregungen und Bedenken) bewusst zu machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344 = BRS 42 Nr. 23; Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2009, § 3 Rn. 99). Wenn vom Wortlaut, den das Gesetz vorschlägt, abgewichen wird, so ist das nur rechtsfehlerfrei, wenn die abweichende Wortwahl sachlich richtig ist, keine Irrtümer weckt und keine (auch psychischen: VGH Mannheim, Urt. v. 31.7.2007 -, 5 S 2103/06 - BRS 71 Nr. 28; Korbmacher, in: Brügelmann, BauGB, § 3 Rn. 66) Hindernisse für die Stellungnahme aufbaut. § 3 Abs. 2 BauGB stellt für die Abgabe von Stellungnahmen keinen Formzwang auf; Stellungnahmen müssen aber für die Abwägung dokumentiert werden (BVerwG, B. v. 28.1.1997 - 4 NB 39.96 -, BRS 59 Nr. 15). Dies kann bei mündlichen Stellungnahmen am ehesten durch die Niederschrift geschehen. Es ist deswegen anerkannt, dass Stellungnahmen zum Planentwurf schriftlich oder zur Niederschrift abgegeben werden können (VGH Mannheim, Urt. v. 5.7.1996 - 5 S 1697/95 -, NVwZ-RR 1997, 692). Der Hinweis auf die Stellungnahmemöglichkeit muss inhaltlich diesen möglichen Formen für die Stellungnahme selbst entsprechen. Demgemäß ist es unschädlich, wenn der Hinweis ausdrücklich von Stellungnahmen spricht, die "schriftlich oder zur Niederschrift" abgegeben werden (BVerwG, B. v. 28.1.1997, a.a.O.). Allerdings ist die Wahl dieser Formulierung nicht rechtlich notwendig, wie sich aus den §§ 3 Abs. 2 BauGB, 47 Abs. 2a VwGO und der Rechtsprechung ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 190). Demzufolge ist es rechtmäßig, wenn die Gemeinde einen neutralen Oberbegriff für diese Formen bestimmt. Das Gesetz selbst wählt als solchen Oberbegriff in seiner aktuellen Fassung den Begriff der "Abgabe" einer Stellungnahme, in der alten Fassung des Gesetzes war vom "Vorbringen" einer Stellungnahme die Rede (vgl. zur Änderung: BT Drucks. 15/2250 S. 43). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber das "Vorbringen" von Stellungnahmen zwar für eine vertretbare Formulierung, "abgeben" aber für besser hielt.
Klar fehlerhaft ist es, wenn die Gemeinde eindeutig entweder nur auf die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme hinweist (Kopp/Schenke, VwGO, § 58 Rn. 12; BVerwG, Urt. v. 3.12.1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 190) oder eindeutig mündliche (bzw. zur Niederschrift; vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 31.7.2007, a.a.O.) Stellungnahme verlangt. Beides ist hier nicht ausdrücklich geschehen. Die Antragsgegnerin hat statt des neutralen Obergriffs des "Abgebens" einer Stellungnahme oder des älteren Begriffes "Vorbringen" das Wort "Einreichen" benutzt. Diese Formulierung deutet zwar ansatzweise auf schriftliches Vorbringen hin, hat jedoch nicht ausschließlich diesen Bedeutungsgehalt. Die Grenze zu einem irreführendem bzw. unzumutbare Hindernisse aufbauenden Hinweis ist noch nicht überschritten. Dies ergibt sich aus einer Betrachtung der umgangs- und fachsprachlichen Verwendung des Begriffes "Einreichen".
In der Umgangssprache wird der Begriff "abgeben" als Synonym für "einreichen" verwendet (Synonymennachweis mit Häufigkeitsangaben für Kookkurrenzen: www.wortschatz.uni-leipzig.de). Synonyme für "einreichen" sind danach: abgeben, präsentieren, vorlegen, übergeben, überreichen. Dass hier "abgeben" an erster Stelle steht, ist nicht erstaunlich, weil "abgeben" als Bedeutungsgehalt jedenfalls auch einen Sachbezug hat, der bei "einreichen" ebenfalls vorhanden ist. Im Übrigen zeigt die Synonymenliste für "einreichen", dass der Schwerpunkt des Bedeutungsgehalts von "einreichen" bei dem Adressaten liegt, bei dem "eingereicht, präsentiert" wird und nicht darin, was präsentiert wird (Sache/Schriftsatz oder Meinung). Die häufigsten Kookkurrenzen für "Einreichen" sind "Klage einreichen" und "Rücktritt einreichen". Beide Wendungen zeigen, dass es auf die Form nicht zentral ankommt: Die Klage kann gemäß § 81 Abs. 1 VwGO schriftlich oder zur Niederschrift erhoben werden; das umgangssprachliche "Einreichen" erfasst also beide Bedeutungsvarianten.
Der Begriff des Einreichens wird auch von der Gesetzessprache des öffentlichen Baurechts verwandt. § 36 Abs. 2 Satz 2, letzter HS BauGB spricht vom Einreichen des Antrages bei der Gemeinde. Da es hier um den Bauantrag geht, der nach Landesrecht stets schriftlich zu stellen ist (vgl. für Niedersachsen § 71 Abs. 1 NBauO), kann es hier nur zu der Einreichung von Schriftstücken kommen. Allerdings spricht § 71 Abs. 1 NBauO vom "schriftlichen" Einreichen des Bauantrages. Das spricht dafür, dass der Begriff "Einreichen" allein aus der Sicht des Gesetzgebers das Schriftlichkeitsgebot noch nicht hinreichend deutlich macht. Anderenfalls müsste man dem Gesetzgeber den - ungerechtfertigten - Vorwurf machen, er neige zu "Pleonasmen".
Ähnlich verhält es sich bei § 108 Abs. 3 Nr. 3 BauGB, wo es wie vorliegend um Einwendungen geht. Das Gesetz formuliert dort, die Einwendungen seien "schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären". Auch hier hielt es der Gesetzgeber für notwendig, das "schriftlich" voranzustellen.
§ 22 Abs. 5 BauGB spricht vom "Einreichen" des Antrags auf Teilungsgenehmigung bei der Gemeinde. Die Kommentarliteratur leitet aus der möglichen Genehmigungsfiktion zum Teil ab, dass der Antrag schriftlich gestellt werden müsse (Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 22 Rn. 26). Für die Beweisfunktion würde aber auch eine Erklärung zur Niederschrift genügen (wie hier: Söfker, in: Ernst u.a., BauGB, § 22 Rn. 54: auch mündlich zu Protokoll).
§ 102 Abs. 3 Satz 1 BauGB bestimmt, der Antrag auf Rückenteignung sei "einzureichen" (ähnlich § 31 Abs. 4 und § 34 Abs. 1 Landbeschaffungsgesetz). Die Formerfordernisse ergeben sich über den Verweis in § 102 Abs. 6 BauGB auf § 105 BauGB. Dort ist eine Form nicht ausdrücklich bestimmt. Die Kommentarliteratur lässt eine Antragstellung zur Niederschrift ausreichen (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 105 Rn. 3; Breuer, in: Schrödter, a.a.O., § 102 Rn. 2; Dyong, in: Ernst u.a. BauGB, § 105 Rn. 4).
§ 217 Abs. 2 BauGB spricht vom Einreichen des Antrags auf gerichtliche Entscheidung. Auch hier geht die Kommentarliteratur davon aus, dass es möglich ist, den Antrag schriftlich oder zur Niederschrift einzureichen (Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 217 Rn. 9; Stang, in: Schrödter, a.a.O., § 217 Rn. 16; Kalb, in: Ernst u.a., BauGB, § 217 Rn. 70).
Weiter verwendet § 218 Abs. 1 BauGB den Begriff des Einreichens. Dort geht es um die Wiedereinsetzung beim Verfahren vor den Baulandkammern. Die Norm formuliert: "(1) War ein Beteiligter ohne Verschulden verhindert, die Frist nach § 217 Abs. 2 einzuhalten, so ist ihm auf Antrag vom Landgericht, Kammer für Baulandsachen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses einreicht und die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht." Schriftlichkeit wird hier nicht ausdrücklich verlangt. Die Form des Antrages ergibt sich denn auch aus § 236 ZPO (Stang, in: Schrödter, a.a.O., § 218 Rn. 3). § 236 ZPO bestimmt, dass die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung sich nach den Vorschriften regelt, die für die versäumte Prozesshandlung gelten; also ist meist Schriftlichkeit geboten, aber ggf. auch ein mündlicher Antrag zu Protokoll ausreichend.
Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Formulierung vom Einreichen eines Widerspruchs nicht deswegen beanstandet (BVerwG, Urt. v. 13.12.1978, a.a.O.), weil dieser Begriff für sich genommen schon Schriftlichkeit suggeriere. In der Gesetzessprache des öffentlichen Baurechts umfasst also der Begriff des "Einreichens" auch eine Äußerung zur Niederschrift.