Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.05.2011, Az.: 4 LC 59/10
Bei Beziehen eines Taschengeldes nach § 11 S. 1 Nds. MVollzG liegt ein Härtefall i.S.d. § 6 Abs. 3 RGebStV vor; Beziehen eines Taschengeldes nach § 11 S. 1 Nds. MVollzG als Härtefall i.S.d. § 6 Abs. 3 RGebStV; Umfang der Prüfung und Benennung eines Befreiungstatbestandes bei Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebühr
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.05.2011
- Aktenzeichen
- 4 LC 59/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 19183
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0526.4LC59.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 11 S. 1 Nds. MVollzG
- § 6 Abs. 3 RGebStV
Fundstellen
- NVwZ-RR 2011, 848
- RPsych (R&P) 2011, 245
- ZfSH/SGB 2011, 719-721
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bezieht ein Rundfunkteilnehmer während des Maßregelvollzugs ein monatliches Taschengeld nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG, liegt ein besonderer Härtefall im Sinne des § 6 Abs. 3 RGebStV vor, der die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht rechtfertigt.
- 2.
Den Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags lässt sich weder entnehmen, dass der Rundfunkteilnehmer, der seine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht beantragt, gehalten ist, einen bestimmten Befreiungstatbestand zu benennen, noch dass die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen durch die Rundfunkanstalt ausschließlich auf den bezeichneten Befreiungstatbestand beschränkt ist.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt seine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.
Der Kläger trat am 13. April 2006 den Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Dort erhielt er ausweislich einer Bescheinigung des Krankenhauses ein monatliches Taschengeld von zuletzt 94,77 EUR nach § 11 Satz 1 des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes (Nds. MVollzG).
Unter dem 23. Juni 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis darauf, dass er nur über das o. a. Taschengeld verfüge, seine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Diesem Antrag gab der Beklagte durch Bescheid vom 13. Juli 2006 für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. Juli 2007 statt. Auf den Folgeantrag vom 25. Juni 2007 wurde der Kläger durch Bescheid vom 26. Juli 2007 auch für den Zeitraum vom 1. August 2007 bis zum 31. Juli 2008 von der Rundfunkgebührenpflicht befreit.
Unter dem 23. Juni 2008 stellte der Kläger einen weiteren Befreiungsantrag. Diesen lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 22. Juli 2008 mit der Begründung ab, dass dem Antrag keine Unterlagen beigefügt gewesen seien. Den dagegen erhobenen Widerspruch, den der Kläger damit begründete, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse nicht geändert haben, wies der Beklagte durch Bescheid vom 2. September 2008 mit der Begründung zurück, dass der Bezug eines Taschengeldes nach § 11 Nds. MVollzG keinen Befreiungstatbestand erfülle und die Aufzählung der Befreiungstatbestände in § 6 Abs. 1 RGebStV abschließend sei.
Am 12. September 2008 teilte der Betreuer des Klägers der GEZ mit, dass der Kläger gegenwärtig keine Rundfunkgeräte zum Empfang bereit halte, was sich jedoch jederzeit ändern könne.
Am 25. September 2008 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass er einen Anspruch auf die beantragte Rundfunkgebührenbefreiung habe. Er erhalte gemäß § 11 Nds. MVollzG ein monatliches Taschengeld. Da dieses Taschengeld nach den Grundsätzen und Maßstäben, die für den Barunterhalt nach § 35 Abs. 2 SGB XII gelten, gewährt werde, sei er dem Personenkreis, der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII erhalte, gleichzustellen. Er könne sich jederzeit ein Rundfunkgerät zulegen und wolle dann keine Rundfunkgebühren zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 2. September 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn für den Zeitraum vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2011 von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und erwidert, die Klage sei unzulässig, weil der Kläger gegenwärtig keine Rundfunkempfangsgeräte bereit halte. Darüber hinaus habe die Klage aus den Gründen des Widerspruchsbescheides auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 12. Januar 2010 den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 2. September 2008 aufgehoben sowie den Beklagten verpflichtet, den Kläger für den Zeitraum vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2011 von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet. Die Zulässigkeit der Klage ergebe sich daraus, dass der Beklagte das Teilnehmerkonto des Klägers trotz dessen Mitteilung vom 12. September 2008 nicht gelöscht habe, so dass der Anschein bestehe, dass der Beklagte den Kläger weiterhin als Rundfunkteilnehmer betrachte und beabsichtige, ihn zu Rundfunkgebühren heranzuziehen; eine gegenteilige Äußerung des Beklagten sei auch in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt. Die Klage sei ferner begründet, weil der Kläger einen Anspruch auf die Erteilung einer Rundfunkgebührenbefreiung für den Zeitraum von August 2008 bis Juli 2011 habe, so dass die ablehnenden Bescheide rechtswidrig seien und den Kläger in seinen Rechten verletzten. Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV liege zwar nicht vor, weil der Kläger nicht unmittelbar Leistungen nach dem SGB XII erhalte. Ein Befreiungsanspruch ergebe sich aber aus § 6 Abs. 3 RGebStV. Das Vorliegen einer besonderen Härte werde durch den Rechtscharakter des Taschengeldes begründet, bei dem es sich um die einzige Einnahmequelle des Klägers handele. Nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG erhalte der im Maßregelvollzug Untergebrachte ein Taschengeld nach den Grundsätzen und Maßstäben, die für den Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII gelten. Er werde einem Leistungsempfänger nach § 35 Abs. 2 SGB XII mithin gleichgestellt. Der Leistungsbezug hänge auch von der seiner Bedürftigkeit ab, weil nicht nur die Maßstäbe, sondern auch die Grundsätze des § 35 Abs. 2 SGB XII auf das Taschengeld Anwendung fänden. Da der unmittelbare Leistungsbezug nach § 35 Abs. 2 SGB XII durch einen in einer Einrichtung untergebrachten Leistungsberechtigten den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV erfülle, komme der Bescheinigung über die Gewährung des Taschengeldes die gleiche Funktion wie die in § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV aufgeführten Bescheide zu. Daher sei der Kläger über § 6 Abs. 3 RGebStV denjenigen gleichzustellen, die ihre Bedürftigkeit durch Vorlage eines Bescheides nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV nachgewiesen haben. Diese Gleichstellung sei auch ausdrückliches Motiv des Landesgesetzgebers für die Taschengeldgewährung an im Maßregelvollzug Untergebrachte gewesen. Folglich sei die Gleichstellung auch im Verhältnis zu § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV nachzuvollziehen. Diesem Zweck diene § 6 Abs. 3 RGebStV, da ein besonderer Härtefall insbesondere dann vorliege, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV erfüllt seien, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden könne, was hier der Fall sei. Das Ermessen des Beklagten sei auch auf Null reduziert, zumal der Beklagte bereits in den Vorjahren bei unveränderter Sachlage zu Gunsten des Klägers entschieden habe.
Gegen dieses ihm am 22. Januar 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Februar 2010 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt.
Am 3. Mai 2010 ist der Kläger aus dem Maßregelvollzug entlassen worden. Seitdem wird er im Wohnheim Dr. E. in F. stationär betreut. Dort erhält er Hilfe zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den §§ 41, 19 Abs. 2 SGB XII sowie ein monatliches Taschengeld in Höhe von 96,93 EUR nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 SGB XII.
Aufgrund des Bezug dieser Leistungen hat der Beklagte den Kläger im Berufungsverfahren für die Zeiträume vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 und vom 1. November 2010 bis zum 31. Oktober 2013 nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht befreit.
Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit in Bezug auf den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Juli 2011 in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte vor, das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht habe. Dass der Kläger im Maßregelvollzug nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG ein monatliches Taschengeld von 94,77 EUR erhalten habe, rechtfertige keine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Der Tatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV sei nicht erfüllt. Die Vorschrift könne auch nicht analog angewandt werden. Der Kläger könne ebenfalls keine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 3 RGebStV verlangen, weil kein besonderer Härtefall im Sinne dieser Norm vorliege und die Erteilung einer Befreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV im behördlichen Ermessen stehe. Bei § 6 Abs. 3 RGebStV handele es sich um eine restriktiv auszulegende Ausnahmeregelung, die nur Fälle erfasse, die wegen ihrer atypischen Gestaltung bei Normerlass übersehen oder im Einzelnen nicht vorhersehbar gewesen seien. Eine derartige Sondersituation liege hier jedoch nicht vor. Die keinesfalls als Einzelfall zu betrachtende Konstellation im vorliegenden Fall sei dem Gesetzgeber bei Normerlass bekannt gewesen. Dennoch habe er eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bewusst nicht vorgesehen. In § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV komme der eindeutige Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, nur die Empfänger von "Sozialhilfe", nicht aber Empfänger von Leistungen, die sich lediglich an den Maßstäben der Sozialhilfe orientierten, von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien. Die abschließende Regelung in § 6 Abs. 1 RGebStV könne durch die Anwendung des § 6 Abs. 3 RGebStV nicht umgangen werden. Schließlich sei das Verwaltungsgericht auch zu Unrecht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 7. Kammer - vom 12. Januar 2010 in Bezug auf den Zeitraum vom 1. August 2008 bis zum 30. April 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist darauf hin, in der Zeit seit dem 1. August 2008 immer mal wieder ein Rundfunkgerät zum Empfang bereit gehalten zu haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte A) Bezug genommen.
II.
Das Verfahren ist in Bezug auf den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Juli 2011 in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, weil die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Zeitraums in der Hauptsache für erledigt erklärt haben; insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts unwirksam (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).
Im Übrigen ist die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil unbegründet.
Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht als erforderlich ansieht.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage für den Zeitraum vom 1. August 2008 bis zum 30. April 2010 zu Recht stattgegeben.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage auf Erteilung einer Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zulässig ist. Die Zulässigkeit der Klage scheitert insbesondere nicht an einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.
Der Betreuer des Klägers hat der GEZ zwar unter dem 12. September 2008 mitgeteilt, dass der Kläger keine Rundfunkgeräte zum Empfang bereit halte, und mit Schreiben vom 7. Oktober 2008 ergänzt, dass die Rundfunkempfangsgeräte bei einem vom Kläger in seiner Wohnung verursachten Brand vernichtet worden seien. Der Kläger hat aber auf die Bitte des Senats, eine Erklärung vorzulegen, aus der sich ergibt, ob und gegebenenfalls wann er in der Zeit ab dem 1. August 2008 ein Rundfunkgerät zum Empfang bereit gehalten hat, ausdrücklich erklärt, dass er in der Zeit ab dem 1. August 2008 immer mal wieder ein Rundfunkgerät zum Empfang bereit gehalten habe. Daher ist davon auszugehen, dass der Kläger in dem hier relevanten Zeitraum aufgrund des zeitweiligen Bereithaltens von Rundfunkgeräten und der unterbliebenen Abmeldung der Geräte nach dem jeweiligen Ende des Bereithaltens zum Empfang jedenfalls teilweise, wenn nicht sogar überwiegend, der Rundfunkgebührenpflicht unterlag. Folglich kann er ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vorweisen. Für ein Rechtschutzbedürfnis spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte das Teilnehmerkonto des Klägers trotz dessen Mitteilung vom 12. September 2008 nicht gelöscht hat, so dass anzunehmen ist, dass er den Kläger als Rundfunkteilnehmer betrachtet und sich vorbehält, ihn zu Rundfunkgebühren heranzuziehen.
Die Klage ist, soweit sie den Zeitraum vom 1. August 2008 bis zum 30. April 2010 betrifft, auch begründet. Denn der Kläger kann für diesen Zeitraum nach § 6 Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht beanspruchen. Die die Befreiung versagenden Bescheide des Beklagten sind daher insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Nach § 6 Abs. 3 RGebStV kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV, die im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, weil der Kläger keinen der dort aufgeführten Befreiungstatbestände erfüllt, in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Kläger hat unter dem 23. Juni 2008 einen Formularantrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gestellt. Dieser Antrag ist als Grundlage für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 3 RGebStV ausreichend, obwohl der Kläger in dem Formularantrag lediglich den Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV angekreuzt hat. Denn den Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags lässt sich weder entnehmen, dass der Rundfunkteilnehmer, der seine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht beantragt, gehalten ist, einen bestimmten Befreiungstatbestand zu benennen, noch dass die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen durch die Rundfunkanstalt ausschließlich auf den bezeichneten Befreiungstatbestand beschränkt ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8.2.2007 - 3 O 35/06 -). Abgesehen davon sah das Antragsformular eine konkrete Berufungsmöglichkeit auf die Härtefallregelung in § 6 Abs. 3 RGebStV auch gar nicht vor. Das Antragserfordernis ist mithin erfüllt.
Des Weiteren liegt auch ein besonderer Härtefall im Sinne des § 6 Abs. 3 RGebStV vor.
Nach der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zum 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (LT.-Drs. 15/1485) ist ein besonderer Härtefall insbesondere dann gegeben, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann. Dies ist hier der Fall.
Der Kläger hat während des Maßregelvollzugs in einem psychiatrischen Krankenhaus in dem hier relevanten Zeitraum ein monatliches Taschengeld in Höhe von 94,77 EUR nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG bezogen. Nach dieser Bestimmung erhält der im Maßregelvollzug Untergebrachte ein Taschengeld nach den Grundsätzen und Maßstäben, die für den Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII gelten. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der hier maßgeblichen Fassung vom 2. Dezember 2006 umfasst der weitere notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung, der nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII für Leistungsberechtigte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, mindestens 27 vom Hundert des Eckregelsatzes beträgt. Demnach ist der im Maßregelvollzug Untergebrachte dem Empfänger eines Barbetrags nach § 35 Abs. 2 SGB XII gleichgestellt. Das gilt nicht nur für den Leistungsumfang, sondern auch für das Erfordernis der Bedürftigkeit. Da für den Bezug des Taschengelds nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG nicht nur die Maßstäbe, sondern auch die Grundsätze für den Barbetrag gelten, setzt der Leistungsbezug nämlich - ebenso wie beim Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII - eine entsprechende Bedürftigkeit des im Maßregelvollzug Untergebrachten voraus. Daraus folgt, dass in den Fällen der Gewährung von Taschengeld nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG eine vergleichbare Bedürftigkeit vorliegt wie in den Fällen der Zahlung eines Barbetrags, in denen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV grundsätzlich ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht besteht. Mithin hat der Kläger mit der Vorlage der Bescheinigung des Krankenhauses über die Gewährung des Taschengeldes nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG auch eine Bedürftigkeit nachgewiesen, die der Bedürftigkeit der durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV begünstigten Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt in der Form eines Barbetrags entspricht. Daher ist hier ein besonderer Härtefall im Sinne des § 6 Abs. 3 RGebStV zu bejahen.
Dieser Feststellung kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, dass in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV der eindeutige Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck komme, nur die Empfänger von "Sozialhilfe", nicht aber Empfänger von Leistungen, die sich lediglich an den Maßstäben der Sozialhilfe orientierten, von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien, und dass die abschließende Regelung in § 6 Abs. 1 RGebStV nicht durch die Anwendung des § 6 Abs. 3 RGebStV umgangen werden dürfe.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 18. Juni 2008 (- 6 B 1/08 -, NVwZ-RR 2008, 704) zwar ausgeführt, dass die in § 6 Abs. 1 und 2 RGebStV zum Ausdruck kommende Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheide nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden könne, dass einkommensschwache Personen, die keine Sozialhilfe erhalten, weil sie deren Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen oder weil sie diese Leistungen nicht in Anspruch nehmen wollen, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden. Ein solcher Fall der Umgehung liegt hier jedoch nicht vor. Zum einen kann ein im Maßregelvollzug Untergebrachter Sozialhilfe in der Form eines Barbetrags nach § 35 Abs. 2 SGB XII trotz vergleichbarer Bedürftigkeit von vorneherein nicht beanspruchen, weil er nach § 11 Satz 1 Nds. MVollzG ein Taschengeld erhält, das nach den für den Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII geltenden Grundsätzen und Maßstäben bemessen wird und daher seinen diesbezüglichen Bedarf deckt; der Ausschluss der im Maßregelvollzug Untergebrachten von der Sozialhilfe in der Form des Barbetrages ist also keineswegs auf mangelnde Bedürftigkeit, sondern allein auf die Bedarfsdeckung durch das dem Barbetrag entsprechende Taschengeld zurückzuführen. Zum anderen erfüllt die Bescheinigung über die Gewährung des Taschengeldes die gleiche Funktion wie ein Bescheid über den Bezug der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV aufgeführten Leistungen, nämlich den Nachweis einer entsprechenden Bedürftigkeit. Daher führt die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht wegen eines besonderen Härtefalls im vorliegenden Fall zu keiner Umgehung des in § 6 Abs. 1 und 2 RGebStV zum Ausdruck kommenden Normzwecks.
Außerdem besteht kein Grund für die Annahme, dass der Gesetzgeber durch die Beschränkung des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV auf durch Leistungsbescheide nachweisbare Fälle des Bezugs von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII (Sozialhilfe) und des Bezugs von Leistungen nach den §§ 27 a, 27 d BVG die Berücksichtigung von Fällen entsprechender oder vergleichbarer Bedürftigkeit im Rahmen des § 6 Abs. 3 RGebStV auch dann ausschließen wollte, wenn kraft Gesetzes ein Anspruch auf Leistungen nach Maßgabe der Grundsätze und Maßstäbe der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII besteht. Die Begründung des Entwurfs des Gesetzes zum 8. Rundfunkänderungstaatsvertrag, der zufolge ein besonderer Härtefall insbesondere dann gegeben ist, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 RGebStV vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann, spricht vielmehr für das Gegenteil. Das gilt gerade auch für den vorliegenden Fall, zumal davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber den Fall der Gewährung von Taschengeld an im Maßregelvollzug Untergebrachte bei der Regelung der Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 1 RGebStV gar nicht im Blick gehabt hat.
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 3 RGebStV demzufolge vor, kann der Kläger die beantragte Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für den hier relevanten Zeitraum auch beanspruchen. Das der Rundfunkanstalt nach § 6 Abs. 3 RGebStV zustehende Ermessen ist im vorliegenden Fall nämlich auf Null reduziert, so dass keine andere Entscheidung als die, dem Kläger die beantragte Rundfunkgebührenbefreiung zu gewähren, rechtmäßig ist. Das gilt umso mehr, als der Beklagte den Kläger bereits in den Vorjahren bei unveränderter Sachlage von der Rundfunkgebührenpflicht befreit hatte. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagte bei den früheren Befreiungen nicht davon ausgehen konnte, dass der Kläger Leistungen nach dem SGB XII bezieht, weil dieser jeweils auf den Bezug von Taschengeld im Zusammenhang mit seiner Unterbringung im Maßregelvollzug hingewiesen hatte. Bei einer solchen Sachlage kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass sein Ermessen nicht auf Null reduziert sei, weil er dieses auch dahingehend ausüben könne, mit Einrichtungen des Maßregelvollzugs Sondervereinbarungen über die Befreiung der dort untergebrachten Personen von der Rundfunkgebührenpflicht abzuschließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2, 188 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, dem Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des eingestellten Teils des Verfahrens aufzuerlegen, weil er ohne die Teilerledigung auch hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Juli 2011 unterlegen wäre.