Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 27.01.2023, Az.: 2 B 290/22
Denkmalverträglichkeit; erneuerbare Energien; Photovoltaikanlage; Rückbau einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Baudenkmals
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 27.01.2023
- Aktenzeichen
- 2 B 290/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 11607
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2023:0127.2B290.22.00
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- NDSchG § 6 Abs. 2
- NDSchG § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
- NDSchG § 7 Abs. 2 Satz 2
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Anordnung der Demontage einer Photovoltaikanlage ist grundsätzlich mit einer bloßen Nutzungsuntersagung vergleichbar.
- 2.
Das Fehlen einer denkmalrechtlichen Genehmigung kann den Rückbau einer Photovoltaikanlage nicht rechtfertigen, wenn der Bauherr schon nach Aktenlage einen gebundenen Anspruch auf nachträgliche Legalisierung der installierten Anlage hat.
- 3.
Die Installation einer Photovoltaikanlage auf einem Baudenkmal im Wege der Aufdach-Montage stellt in der Regel einen geringfügigen Eingriff in die denkmalwerte Substanz gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG dar.
- 4.
Ausnahmen von der Regelwirkung des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG bestehen vor allem in Fällen, in denen das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals durch die Photovoltaikanlage erheblich beeinträchtigt wird.
Gründe
I.
Der Antragsteller richtet sich gegen eine denkmalrechtliche Anordnung der Antragsgegnerin zum Rückbau einer Photovoltaikanlage.
Das Wohnhaus des Antragstellers unter der Adresse A.-Straße 7 in B. (Gemarkung B., Flur X, Flurstück XX) ist eine spätgotische Kemenate, ursprünglich ein Wohngebäude aus Stein mit Kamin oder Kachelofen, aus dem 16. Jahrhundert und der allein erhaltene Teil eines ehemaligen Patrizierhauses. Es ist als Einzeldenkmal in der Denkmalliste des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege aufgeführt.
Im August und September 2022 errichtete der Antragsteller auf der nach Osten auf den rückwärtigen Garten des Hauses gerichteten Seite des Hausdachs eine Photovoltaikanlage, ohne dafür eine denkmalrechtliche Genehmigung einzuholen und obwohl er während des Bauprozesses mit Schreiben vom 18.08.2022 von der Antragsgegnerin darauf hingewiesen wurde, dass die Bauarbeiten einzustellen seien.
Mit Bescheid vom 28.10.2022 ordnete die Antragsgegnerin den rückstandslosen Rückbau der Photovoltaikanlage innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung, spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung an (Ziffer 1), verpflichtete den Antragsteller, die Dachfläche nach der Beseitigung der Photovoltaikanlage in derselben Frist wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen (Ziffer 2), und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer 3). Zudem drohte sie für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung zu 1) ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro an, für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung zu 2) von 2.500,00 Euro.
Sie begründete die Anordnung im Wesentlichen damit, dass die errichtete Photovoltaikanlage nicht denkmalverträglich sei und somit auch nicht genehmigungsfähig. An dem Erhalt des Baudenkmals bestehe aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Die Altstadt von B. sei durch den großen erhaltenen Baubestand seit 1992 als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet. Die historische Dachlandschaft sei ein gestalterisch prägendes Element der Altstadt. Die Photovoltaikanlage müsse zurückgebaut werden, weil sie von der D.-Straße aus einsehbar sei. Sie füge sich nicht harmonisch in die Dachlandschaft ein, sondern wirke als Fremdkörper. Photovoltaikanlagen könnten den denkmalpflegerischen Grundsatz der Materialgerechtigkeit wegen ihrer Bestandteile aus modernen Baustoffen naturgemäß nicht einhalten, deswegen müssten sie sich auf das geringstmögliche Maß an Beeinträchtigung beschränken. Sie müssten einen ästhetischen Gestaltungsanspruch haben und zumindest ein monochromes Erscheinungsbild. Die hier installierten Module glänzten und nähmen keine Rücksicht auf die Farbe des Daches. Zudem hätten die Rahmen eine andere Farbe als die Module und die Reste der Montageschienen seien sichtbar auf der Dachfläche verblieben. Weil die Anlage sehr groß sei, falle sie dem Betrachter stark störend ins Auge. Die Photovoltaikanlage beeinträchtige nicht nur das Kulturdenkmal A.-Straße 7 erheblich, sondern auch Denkmäler in der Umgebung unter den Adressen D.-Straße 4, 9, 10 und 12. Das Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien überwiege nicht das Interesse am Erhalt des Kulturdenkmals. Zwar sei der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel und der Eingriff in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig, aber trotzdem liege eine Beeinträchtigung des Denkmals vor und die Glaubwürdigkeit und die Authentizität des UNESCO-Weltkulturerbes würden durch die Anlage empfindlich gestört. Eine nachträgliche Legalisierung der Anlage sei somit nicht möglich. Mildere und gleich wirksame Mittel als die Anordnung des Rückbaus seien nicht ersichtlich. Das Ermessen der Antragsgegnerin sei hier zudem beschränkt, weil ein Beibehalten des denkmalrechtswidrigen Zustands eine Benachteiligung rechtstreuer Bürger bedeuten würde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete die Antragstellerin mit der negativen Vorbildwirkung der Anlage, zumal bereits jetzt bauwillige Grundstückseigentümer die Antragsgegnerin auf die Photovoltaikanlage hingewiesen hätten.
Der Antragsteller hat am 23.11.2022 Klage erhoben und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
Er hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig und argumentiert, dass die Installation der Photovoltaikanlage eine nachhaltige energetische Verbesserung des Kulturdenkmals nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a NDSchG darstelle. Die CO2-Produktion des Gebäudes habe durch die Installation der Anlage sowie durch eine neue Wärmepumpenheizung von 20 Tonnen auf schätzungsweise 7 Tonnen reduziert werden können. Zudem seien die jährlichen Kosten für Erdgas so stark gestiegen, dass eine Erhaltung der Immobilie als Familienhaus ohne die Photovoltaikanlage in Verbindung mit dem Wärmepumpenheizsystem kaum zumutbar sei. Eine nur teilweise Beheizung des Gebäudes würde wiederum Bauschäden nach sich ziehen, die gravierender wären als eine Beeinträchtigung durch die Photovoltaikanlage. Mit der Installation habe der Antragsteller Schäden für den Fall des Ausfalls der Gasversorgung, insbesondere Frostschäden, verhindert.
Die Substanz des Denkmals sei weder beeinträchtigt noch gefährdet, denn es handele sich um einen hochwertigen Dachstuhl aus den 1980er-Jahren, der die geringe zusätzliche Dachlast tragen könne. Der Aufbau erhöhe durch die Last- und Momentenverteilung sogar die Steifigkeit und Belastbarkeit des Daches. Die Montageschienen seien auf den Sparren verschraubt und könnten ohne Beeinträchtigung des Daches wieder entfernt werden. Sie dienten der geplanten Befestigung weiterer Module, die aus Wartungs- und Installationsgründen und wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit noch nicht angebracht worden seien. Das Dach des Gebäudes sei ursprünglich mit Schiefer eingedeckt gewesen. Somit ähnele die schwarze Farbe der Solarmodule der ursprünglichen Dachfarbe sogar mehr als die roten Ziegel, mit denen das Dach heute eingedeckt sei.
Er habe bereits Rücksicht auf die denkmalgeschützte Dachlandschaft genommen, indem er die Photovoltaikanlage auf der weniger ertragreichen Nordostseite des Hauses angebracht habe anstatt auf der nach Südwesten gerichteten und besser einsehbaren Frontseite. Die Sichtachse von der D.-Straße aus werde zum großen Teil von den Bäumen in seinem Garten verdeckt. Zudem befänden sich in unmittelbarer Nachbarschaft Gebäude, welche das Gesamtensemble bereits durch ihre Neuartigkeit störten, von der Antragsgegnerin aber dennoch genehmigt worden seien, so etwa das benachbarte Gebäude unter der Adresse A.-Straße 8. Ferner werde das Gesamtbild gestört durch mehrere Ruinen unbewohnbarer Häuser, welche durch ihre Eigentümer nicht mehr erhalten werden könnten. Das Argument einer negativen Vorbildwirkung sei nicht nachvollziehbar, weil auf dem Nachbargebäude A.-Straße 6 bereits vor zwei Jahren eine 10 kW-Photovoltaikanlage installiert und genehmigt worden sei, die auch vom öffentlichen Raum aus einsehbar sei.
Er beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 28.10.2022 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie wiederholt ihre Argumente aus der Bescheidbegründung und ergänzt, das Gebäude unter der Adresse A.-Straße 7 sei ein besonders wertvolles Gebäude, das auch in der Literatur vielfach Erwähnung finde. Das Gebäude repräsentiere eine erneute Blütezeit bürgerlicher Baukunst um 1500, die auf den damaligen Aufschwung im Bergbauwesen zurückgehe. Das Erdgeschoss besitze sehr große, zweiteilige Fenster mit spätgotischen Gewänden und jeweils einem leeren, schräg liegenden Wappenschild. Zudem sei der Balkenkeller mit zwei Fensteröffnungen am Außenbau ablesbar. Die grundlegende denkmalpflegerische Zielstellung der Stadt B. sei, dass sich Erneuerungen im Denkmalbestand der gesamten Altstadt auf notwendige Reparaturen beschränkten. Sollten Hinzufügungen notwendig sein, seien diese in den öffentlich nicht einsehbaren Bereich zu verlegen. Die Richtlinien und Erlasse aus anderen Bundesländern, die die Installation von Photovoltaikanlagen erleichtert sollten, nähmen UNESCO-Weltkulturerbestätten stets von den Erleichterungen aus. Die Photovoltaikanlage des Antragstellers füge sich nicht harmonisch in die Dachfläche ein. Gestalterische Überlegungen seien nicht erkennbar, sondern die Anordnung der Module basiere auf pragmatischen und wirtschaftlichen Erwägungen. Das benachbarte Gebäude unter der Adresse A.-Straße 8 sei zwar neuartig, wirke aber nicht störend, sondern orientiere sich in seiner Kubatur, Dachneigung und Öffnungsformaten am ortstypischen Bestand und füge sich damit ein. Die Photovoltaikanlage auf der Garage des Nachbargebäudes A.-Straße 6 sei vom öffentlichen Raum aus kaum einsehbar und wahrnehmbar. Eine Beeinträchtigung der umgebenden Kulturdenkmäler bestehe hier nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 23.11.2022 ist zulässig und begründet.
Im Hinblick auf die Ziffern 1 und 2 der Verfügung ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft. Bezüglich der Zwangsgeldandrohung ist der Antrag nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO auszulegen als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, weil diese Regelung bereits gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 70 Abs. 1 NVwVG und § 64 Abs. 4 Satz 1 NPOG sofort vollziehbar ist.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt.
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Zweck dieses Begründungserfordernisses ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes im Bewusstsein des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung anzuhalten, dem Betroffenen die maßgeblichen Gründe zu vermitteln und ihm so die Rechtsverteidigung zu ermöglichen und die Grundlage für eine ordnungsgemäße gerichtliche Kontrolle dahin zu bieten, ob das die Vollziehungsanordnung rechtfertigende besondere Interesse auch vorliegt. Aus der Begründung muss mithin nachvollziehbar hervorgehen, aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Demgemäß genügen pauschale, nichtssagende, formelhafte Wendungen dem Begründungserfordernis nicht. Allerdings kann sich die Behörde auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen und darauf Bezug nehmen, wenn die den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung ergeben (Nds. OVG, Beschluss vom 19.03.2002 - 11 MB 102/02 -, juris Rn. 18).
Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rückbauverfügung hier begründet mit der negativen Vorbildwirkung der Photovoltaikanlage für andere Grundstückseigentümer in B.. Diese drohten dem Beispiel des Antragstellers folgend ebenfalls Solarmodule auf ihren denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren und dem Gesamtbild der Altstadt B. damit zusätzlich zu schaden. Diese Begründung ist hinreichend konkret und einzelfallbezogen und damit formell nicht zu beanstanden.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist jedoch in materieller Hinsicht rechtswidrig ergangen.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO orientiert sich dabei an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Dabei überwiegt regelmäßig das Interesse eines Antragstellers daran, von den Folgen des Vollzugs einstweilen verschont zu bleiben, wenn sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Überprüfung als voraussichtlich rechtswidrig erweist. Erweist sich der angegriffene Verwaltungsakt als voraussichtlich rechtmäßig, ist darüber hinaus zu prüfen, ob ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, den Verwaltungsakt schon vor Eintritt der Bestandskraft zu vollziehen. Das besondere öffentliche Interesse muss in der Regel über jenes Interesse hinausgehen, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Es liegt nur vor, wenn die Anordnung durch gewichtige konkrete Gefahren oder andere gewichtige öffentliche Interessen bzw. Belange anderer Beteiligter gerechtfertigt ist, die das Aufschubinteresse des Betroffenen überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005 - 1 BvR 223/05 -, juris Rn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 29.06.2016 - 11 ME 100/16 -, juris Rn. 19; VG Braunschweig, Beschluss vom 25.11.2014 - 2 B 233/14 -, n. v.). Das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers sowie das öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien überwiegen hier das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung.
Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffern 1 und 2, welche beide auf die Wiederherstellung des Zustandes der nordöstlichen Dachfläche vor Installation der Photovoltaikanlage gerichtet sind, ist § 23 Abs. 1 NDSchG. Danach treffen die Denkmalschutzbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen die Anordnungen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der §§ 6 bis 17, 25, 27 und 28 NDSchG sicherzustellen.
Die Photovoltaikanlage verstößt gegen § 10 Abs. 1 Nr. 1 NDSchG, demzufolge die Veränderung eines Kulturdenkmals einer Genehmigung bedarf. Unstreitig handelt es sich bei dem Wohngebäude auf dem Grundstück des Antragstellers um ein Kulturdenkmal (Baudenkmal i. S. d. § 3 Abs. 2 NDSchG). Die Aufnahme in das Verzeichnis der Kulturdenkmale nach § 4 Abs. 1 Satz 1 NDSchG hat nur deklaratorische Bedeutung. Durch die Installation der Photovoltaikanlage wurde die Kemenate zudem optisch verändert, da dadurch etwa 60-70 % der östlichen Dachfläche verdeckt werden. Eine Genehmigung hat der Antragsteller bisher nicht beantragt. Die Installation der Anlage war somit formell illegal.
Mit der formellen Illegalität ist der Tatbestand des § 23 Abs. 1 NDSchG, ein Verstoß gegen die Vorgaben der §§ 6 bis 17 NDSchG, bereits erfüllt. Das Genehmigungsverfahren ist keine bloße Formalie, sondern dient als präventives Verbot der Überprüfung der von dem genehmigungspflichtigen Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen oder Gefahren im Einzelfall (Schmaltz in: Schmaltz/Wiechert, NDSchG, 2. Aufl., § 23 Rn. 7). Die Anordnung eines Rückbaus bzw. einer Beseitigung der baulichen Veränderung ist allerdings regelmäßig unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft, wenn ein rechtmäßiger Zustand auch auf andere Art und Weise und ohne kostenintensive Zerstörung von Sachwerten, insbesondere durch nachträgliche Erteilung einer Genehmigung, geschaffen werden kann. In dem Fall ist regelmäßig auf das mildere Mittel der Nutzungsuntersagung zurückzugreifen (zu § 79 NBauO: Franke in: BeckOK BauordnungsR Nds, 24. Aufl., § 79 Rn. 61; Mann in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl., § 79 Rn. 18). Denn die Beseitigung von Anlagen schafft in der Regel vollendete Tatsachen, sodass sie nicht als vorläufige Maßnahme bis zum Abschluss des nachträglichen Genehmigungsverfahrens ergehen darf, sondern grundsätzlich nur aufgrund einer die materielle Rechtslage berücksichtigenden Entscheidung (zu § 79 NBauO: Mann: a. a. O., § 79 Rn. 30).
Ausnahmsweise kann die formelle Illegalität alleine die Rückbauanordnung grundsätzlich jedoch schon rechtfertigen, wenn sich die Beseitigung in einem einfachen Abbau ohne Substanzverlust erschöpft (vgl. zu § 79 NBauO: Nds. OVG, Beschluss vom 30.03.2010 - 1 ME 54/10 -, juris Rn. 10; Mann: a. a. O., § 79 Rn. 30). In diesem Fall ist das Beseitigungsverlangen einer Nutzungsuntersagung vergleichbar (vgl. zur BauO NRW: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2005 - 10 B 1394/05 -, juris Rn. 10; zu § 79 NBauO: Franke: a. a. O., § 79 Rn. 62). Dies wird auf den Rückbau einer Photovoltaikanlage regelmäßig zutreffen, denn deren Demontage ist in der Regel nicht mit praktischen Schwierigkeiten oder größeren finanziellen Belastungen verbunden und die Module werden dabei nicht beschädigt, sondern können gelagert und, ggf. an anderer Stelle, wiederverwendet werden.
Doch auch eine Rückbauanordnung ohne Substanzverlust stellt sich - ebenso wie die Nutzungsuntersagung - ausnahmsweise als unverhältnismäßig dar, wenn das realisierte Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig ist (Kleine-Tebbe/Guntau, Denkmalrecht Nds., 4. Aufl., § 23 Anm. 2.3.3.2; zu § 79 NBauO: Franke in: a. a. O., § 79 Rn. 62; zur Nutzungsuntersagung: Nds. OVG, Beschluss vom 13.06.2022 - 1 ME 38/22 -, juris Rn. 17). Dies betrifft Fälle, in denen das Ergebnis des durchzuführenden Genehmigungsverfahrens in einer Weise auf der Hand liegt, dass dieses sich als bloße "Formsache" darstellt (zu § 79 NBauO: Nds. OVG, Beschluss vom 01.04.2022 - 1 ME 8/22 -, juris Rn. 8). Nach ständiger Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist eine Nutzung nur dann offensichtlich genehmigungsfähig, wenn über die Genehmigungsfähigkeit bereits nach Aktenlage und ohne jegliche weitere Ermittlungen entschieden werden könnte und wenn zusätzlich jedes andere Ergebnis als die Bejahung der Genehmigungsfähigkeit nicht nur falsch, sondern schlechthin unvertretbar wäre (Nds. OVG, Beschluss vom 09.06.2020 - 1 ME 108/19 -, juris Rn. 19).
Nach diesen Maßstäben und summarischer Prüfung ist unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass die Rückbauanordnung hier unverhältnismäßig ist. Eine Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit nach Aktenlage ist möglich, weil die Kammer über hinreichend detaillierte Kenntnisse der Örtlichkeit verfügt. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass weitere Ermittlungen notwendig wären, um die Denkmalverträglichkeit der vom Antragsteller installierten Photovoltaikanlage zu beurteilen. Die Durchführung eines zusätzlichen Baugenehmigungsverfahrens ist ebenfalls nicht notwendig, weil die Photovoltaikanlage nach § 69 Abs. 1 Satz 1 NBauO i. V. m. Nr. 2.4 des Anhangs 1 zur NBauO baugenehmigungsfrei ist. Die zweite Voraussetzung, dass jedes andere Ergebnis als die Bejahung der Genehmigungsfähigkeit schlechthin unvertretbar wäre, ist nach Auffassung der Kammer erfüllt, wenn der Bauherr - unter der Bedingung einer nachträglichen Antragstellung zur Legalisierung des Vorhabens - im konkreten Fall einen gebundenen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung hat (ebenso im Ergebnis: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, juris Rn. 30). Bestehen keine Zweifel an der Gestalt der fraglichen Anlage bzw. der Art und Weise der Nutzung und kann die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Anlage bzw. Nutzung nach Aktenlage beurteilt werden, ist nach Auffassung der Kammer auch nicht notwendig, dass der Bauherr zum Entscheidungszeitpunkt bereits einen Antrag zur nachträglichen Legalisierung gestellt hat, weil sich dies ebenfalls als bloße Formsache darstellen würde (für die Notwendigkeit eines konkreten Antrags bei Anordnungen nach § 20 Abs. 2 BImSchG: BayVGH, Beschluss vom 30.09.2022 - 22 ZB 22.1724 -, juris Rn. 12).
Dieser Maßstab muss auch für die Anordnung der Beseitigung einer Photovoltaikanlage oder anderer schadlos und ohne größere finanzielle Belastungen zu entfernender bzw. rückgängig zu machender Veränderungen an Denkmälern Geltung beanspruchen. Anderenfalls würde ein Bauherr, der schlicht Fakten schafft anstatt das denkmalrechtliche Genehmigungsverfahren zu durchlaufen, durch die Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber rechtstreuen Bauherren erlangen. Denn stellt ein Bauherr im vorgesehenen Verfahren einen Antrag auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung und lehnt die zuständige Behörde die Erteilung der Genehmigung ab, so muss der Bauherr ebenfalls einen gebundenen Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung gerichtlich geltend machen und durchsetzen, um sein Bauvorhaben realisieren zu dürfen.
Die Genehmigung nach § 10 Abs. 1 NDSchG stellt, abgesehen von der Möglichkeit zur Einbindung von Auflagen, eine gebundene Entscheidung dar, sodass der Denkmalschutzbehörde beim Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen kein Ermessen zukommt. Die Genehmigung ist nach § 10 Abs. 3 Satz 1 NDSchG zu versagen, soweit die Maßnahme gegen das NDSchG verstoßen würde. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Installation der Photovoltaikanlage gegen § 6 Abs. 2 NDSchG verstößt. Nach § 6 Abs. 2 NDSchG dürfen Kulturdenkmale nicht zerstört, gefährdet oder so verändert oder von ihrem Platz entfernt werden, dass ihr Denkmalwert beeinträchtigt wird.
Die Regelung des § 6 Abs. 2 NDSchG darf trotz ihres engen Wortlauts nicht so ausgelegt werden, dass ausschließlich auf eine denkmalfachliche Bewertung abzustellen ist, die weder auf die Interessen des Eigentümers noch auf die Wertigkeit des Baudenkmals Rücksicht nimmt (Nds. OVG, Urteil vom 17.05.1995 - 1 L 2303/94 -, juris Rn. 9). Praktische Kompromisse sollen durch § 6 Abs. 2 NDSchG nicht verhindert werden. Diese liegen innerhalb des Wertungsrahmens, der durch den Begriff der Beeinträchtigung des Denkmalwertes eröffnet wird. Geboten ist insbesondere eine Prüfung, von welchem Gewicht die Einwirkung im Verhältnis zur Bedeutung des Denkmals ist und ob sie auf nachvollziehbaren und verständlichen Nutzungswünschen des Eigentümers beruht oder sonstigen öffentlichen Interessen dient. Diese Auslegung des § 6 Abs. 2 NDSchG bestätigt sich vor allem in der Zusammenschau mit § 7 Abs. 2 NDSchG. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a NDSchG ist ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen, wenn die nachhaltige energetische Verbesserung des Kulturdenkmals das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiegt und den Eingriff zwingend verlangt. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG ist ein Eingriff zu genehmigen, wenn das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiegt. Die Änderung in § 7 NDSchG mit dem Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes und zur Minderung der Folgen des Klimawandels sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 28.06.2022 (Nds. GVBl. Nr. 21/2022, S. 388) verfolgt den Zweck, dass auch denkmalgeschützte Gebäude einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollen (LT-Drs. 18/11015, Gesetzesentwurf zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, S. 43). Die energetische Instandsetzung eines Denkmals dient nach der Auffassung des Gesetzgebers nicht nur der Reduzierung von CO2-Emissionen, sondern auch dem langfristigen Erhalt des historischen Bauwerks für künftige Generationen, indem die Immobilie mit möglichst geringem Energieeinsatz beheizbar und damit nutzbar gemacht wird (LT-Drs. 18/11015, S. 43 f.).
Hier sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG offensichtlich erfüllt. § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG konkretisiert diese dahingehend, dass das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG in der Regel überwiegt, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel ist und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird. Die Installation von Photovoltaikanlagen im Wege der Aufdach-Montage dürfte in aller Regel einen solchen geringfügigen Eingriff darstellen, weil diese Anlagen, wenn sie fachgerecht installiert werden, die Substanz des Daches nur insofern beschädigen, als Bohrlöcher in den Dachsparren und Dachpfannen beim Verschrauben der Dachhaken entstehen. Etwas anderes ist denkbar, wenn das betroffene Dach etwa schon sehr alt und deshalb besonders fragil ist und durch die zusätzliche Auflast in seiner Stabilität gefährdet wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um einen modernen Dachstuhl aus den 1980er-Jahren; Anhaltspunkte für eine unsachgemäße Installation, welche etwa zu Ziegelbruch oder Feuchtigkeitsschäden führen könnte, bestehen nicht.
Ein Ausnahmefall, der eine Abweichung von der Regelwirkung des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG rechtfertigen könnte, liegt hier ebenfalls nicht vor. Eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Installation von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und dem öffentlichen Interesse an der unveränderten Erhaltung eines Kulturdenkmals wird durch die neue Regelung zwar nicht ausgeschlossen (LT-Drs. 18/11430, Ergänzender Schriftlicher Bericht zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze, S. 34). Ausnahmen von der Regelwirkung des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG sollen aber vor allem in den Fällen bestehen, in denen das Erscheinungsbild eines bedeutsamen Kulturdenkmals durch die Photovoltaikanlage erheblich beeinträchtigt wird (LT-Drs. 18/11430, S. 33).
Eine solche erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwerts der Kemenate des Antragstellers oder der umliegenden Denkmäler durch die Installation der Photovoltaikanlage ist nicht feststellbar. Im Gegenteil sprechen in diesem Fall zahlreiche Gesichtspunkte dafür, dass der Denkmalwert nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt wird, sodass der Eingriff durch das berechtigte Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien gerechtfertigt ist. Repräsentativ für die historische Gebäudestruktur in der B.er Altstadt ist nach Überzeugung der Kammer vor allem die nach Südwesten auf die A.-Straße gerichtete Frontseite des Gebäudes. Diese Seite weist auch die von der Antragsgegnerin genannten charakteristischen Gestaltungselemente wie etwa die zweiteiligen, rechteckigen Fenster mit spätgotischen Gewänden und jeweils einem leeren, schräg liegenden Wappenschild auf. Der Anschauungswert der Rückseite der Kemenate ist bereits dadurch gemindert, dass dichter Bewuchs mit Efeu oder Wein die Fassade sowohl zur Sommer- als auch zur Winterzeit vollständig verdeckt. Erkennbar ist nur noch das Dach des Gebäudes, das aber seit dem Brand in den 1980er-Jahren auch nicht mehr die historische schwarzgraue Eindeckung mit Schiefer, sondern stattdessen eine rote Ziegelfläche aufweist. Selbst diese Ziegelfläche dürfte im Sommerhalbjahr, wenn die im rückwärtigen Garten des Antragstellers befindlichen Bäume Blätter tragen, jedenfalls in der Frontalansicht noch zusätzlich verdeckt werden. Zudem weist die Dachfläche schlichte weiße Kunststofffenster auf, die ebenfalls nachträglich eingebaut worden sein und nicht der ursprünglichen Gestalt der Kemenate entsprechen dürften. Darüber hinaus hat die Antragstellerin selbst ausgeführt, dass die hier betroffene nordöstliche Dachfläche auch aus der Vogelperspektive von öffentlichen Aussichtsplattformen aus nicht einsehbar ist. Eine abstrakte Berücksichtigung der Vogelperspektive, wie sie etwa nur Drohnen oder Helikopter einnehmen können, dürfte, wenn überhaupt, nur eine sehr untergeordnete Rolle im Hinblick auf den Denkmalwert spielen. Das unmittelbare Umfeld des rückwärtigen Teils der Kemenate weist schließlich mit dem benachbarten Neubau unter der Adresse A.-Straße 8 und der weitläufigen, direkt angrenzenden Parkplatzfläche einschließlich Parkschranke und Carport eine moderne Gestaltung auf. Die Parkfläche und der Garten des Antragstellers liegen trennend zwischen der D.-Straße und dem zurückgesetzten Gebäude des Antragstellers. Die Solarmodule stellen sich in diesem Umfeld nicht als auffälliger, störender Bruch in einer historisch geprägten Gesamtstruktur dar, sondern lediglich als eines von vielen modernen baulichen Elementen.
Ein Ausnahmefall ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei der Kemenate um ein besonders altes und wertvolles Gebäude und bei der B.er Altstadt um eine UNESCO-Weltkulturerbestätte handelt. Der Anschauungswert der repräsentativen Frontseite der Kemenate wird durch die Photovoltaikanlage in keiner Weise beeinträchtigt. Und wie die Antragstellerin selbst ausführt lebt eine Stadt von Veränderung, sodass es im Denkmalschutz auch nicht darum geht, ein Stadtbild komplett unverändert zu belassen. Die B.er Altstadt ist als Gesamtbestand geschützt, sodass vereinzelte Änderungen an historischen Gebäuden ihren Schutzstatus auch noch nicht gefährden. Das ändert nichts daran, dass die Anbringung von Photovoltaikanlagen der Genehmigung bedarf und die Denkmalschutzbehörde gegen die ohne Genehmigung errichteten Anlagen grundsätzlich einschreiten muss. Wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere die Regelungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 NDSchG ihr im Einzelfall gebieten, die rechtswidrig installierte Anlage zu dulden, dürfte der Denkmalschutzbehörde unabhängig davon die Möglichkeit bleiben, den Bauherren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 NDSchG i. V. m. § 10 Abs. 1 NDSchG zu belangen.
Der Kammer ist bewusst, dass sich mit der Schwelle für den ermessensfehlerfreien Erlass einer Rückbauanordnung durch die neuen Regelungen im Gesetz zur Änderung des NKlimaG sowie zur Änderung weiterer Gesetze dennoch die Gefahr erhöht, dass Denkmaleigentümer ungenehmigt Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern installieren. Damit geht zumindest eine abstrakte Gefahr für den Denkmalschutz einher sowie ein Mehraufwand für die Denkmalschutzbehörden, welche die Verstöße gegen die Genehmigungspflicht zunächst eigenständig ermitteln müssen. Dies ist im Interesse der Förderung erneuerbarer Energien jedoch in Kauf zu nehmen. Die Nutzung der Sonnenenergie durch eine Solaranlage ist nicht nur aus der privaten Sicht des Antragstellers nachvollziehbar und verständlich; die Förderung erneuerbarer Energien liegt auch im öffentlichen Interesse. Dies belegen die Regelungen in § 7 Abs. 2 NDSchG wie auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und nicht zuletzt das Staatsziel Klimaschutz in Art. 20a GG und Art. 6c der Niedersächsischen Verfassung. Hinzu kommen aktuell Änderungen im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung mit dem Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht vom 04.01.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 6). Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien aktuell gesamtgesellschaftlich immer größere Bedeutung gewinnt, gerade angesichts der zahlreichen extremen Wettererscheinungen und Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren, die in besonderem Maße auch Niedersachsen betreffen. So urteilte auch das Bundesverfassungsgericht im März 2021, dass sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine Pflicht des Staates zum Schutz von Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels ergibt und dass Art. 20a GG auch auf die Herstellung von Klimaneutralität abzielt (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2021 - 1 BvR 2656/18 -, juris Rn. 148, 198; zur verfassungsrechtlichen Dimension des Ausbaus erneuerbarer Energien s. auch: VG Braunschweig, Urteil vom 11.05.2022 - 2 A 100/19 -, juris Rn. 43 ff.).
Abschließend ist zu beachten, dass die Installation der Photovoltaikanlage dem Erhalt des Denkmals mittelbar auch zugutekommen kann. Es spricht viel dafür, dass die Installation, indem sie den CO2-Verbrauch des Gebäudes in Kombination mit der Wärmepumpenheizung von 20 Tonnen auf schätzungsweise 7 Tonnen reduziert, eine nachhaltige energetische Verbesserung des Kulturdenkmals bewirkt, das damit auch zumindest teilweise unabhängig wird von der Nutzung fossiler Energieträger. Zudem bringt der Erhalt eines Baudenkmals wirtschaftliche Belastungen mit sich und die Kemenate, die der Antragsteller bewohnt, weist rein äußerlich einen sehr guten Erhaltungszustand auf. Es spricht somit einiges dafür, dass die finanziellen Vorteile, die der Antragsteller langfristig aus der Nutzung der Photovoltaikanlage zieht, auch dem Erhalt des Denkmals dienen. Sollten sich im Verlauf der Zeit noch Erkenntnisse ergeben, dass die Dachkonstruktion etwa im Falle hoher Schneelast überlastet zu werden droht, steht es der Antragsgegnerin frei, auf Grundlage dieser neuen Sachlage erneut eine Verfügung zu erlassen. Was die seitlich angebrachten Befestigungselemente angeht, so kann die Antragsgegnerin deren Abbau auch im Wege einer darauf beschränkten Beseitigungsanordnung oder einer Genehmigung unter Auflagen verfügen.
Weil die mit Bescheid vom 28.10.2022 angeordneten Regelungen unter den Ziffern 1 und 2 des Tenors nach summarischer Prüfung rechtswidrig sind, gilt dies auch für die Zwangsgeldandrohungen, die auf diese Regelungen Bezug nehmen. Die aufschiebende Wirkung der Klage war insofern anzuordnen.
Dem Antrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9 der Streitwertannahmen der mit Bau- und Immissionsschutzsachen befassten Senate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts für ab dem 01.06.2021 eingegangene Verfahren (abrufbar auf https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/), wonach bei Beseitigungsverfügungen (im Hinblick auf Gebäude) die Summe aus Beseitigungskosten und Zeitwert, mindestens aber die Summe aus Beseitigungskosten und Jahresnutzwert zugrunde zu legen ist. Die Anschaffungskosten für die Solaranlage lagen nach Angaben des Antragstellers bei 5.000,00 Euro, zu einer Wertminderung oder der Summe der Beseitigungskosten hat er nichts vorgetragen. Nach Nr. 12 Buchst. a der Streitwertannahmen ist für die unselbstständige Zwangsgeldandrohung kein Zuschlag vorzunehmen, wenn der Gesamtstreitwert die Hälfte der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes erreicht. Hier wurden zwei Zwangsgelder in Höhe von 5.000,00 Euro und 2.500,00 Euro, insgesamt also 7.500,00 Euro angedroht, sodass kein Zuschlag erfolgt. Im Hinblick auf die Vorläufigkeit des begehrten Rechtsschutzes hat die Kammer diesen Wert halbiert (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in: NVwZ-Beilage 2013, 57).