Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.02.2024, Az.: 17 LP 3/23

Beschwerde hinsichtlich der Gültigkeit einer Wahl zum erweiterten Vorstand des Gesamtpersonalrats beim Luftfahrt-Bundesamt; Beachtlichkeit der Minderheitenschutzregelung in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.02.2024
Aktenzeichen
17 LP 3/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 12262
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0226.17LP3.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 13.06.2023 - AZ: 13 A 1/22

Fundstellen

  • ArbR 2024, 205
  • NZA-RR 2024, 378-381
  • NordÖR 2024, 340
  • PersV 2024, 278-282
  • öAT 2024, 109

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Vorstandswahlen nach § 34 BPersVG sind Akte der "Geschäftsführung" der Personalvertretung im Sinne des § 108 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, nicht aber "Wahlen" der Personalvertretung im Sinne des § 108 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Sie unterliegen daher auch nicht den Regelungen über die Wahlanfechtung nach § 26 BPersVG.

  2. 2.

    Die Minderheitenschutzregelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG ist nicht nur bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG zu beachten, sondern auch bei erforderlich werdenden (Nach-)Wahlen in einer weiteren Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 2 BPersVG.

  3. 3.

    Die Nichtbeachtung der Minderheitenschutzregelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG führt regelmäßig zur Ungültigkeit einer Wahl des erweiterten Vorstands einer Personalvertretung.

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 13. Kammer (Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen) - vom 13. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Gültigkeit einer Wahl zum erweiterten Vorstand des Gesamtpersonalrats beim Luftfahrt-Bundesamt.

Antragsteller ist ein bei der streitgegenständlichen Wahl unterlegener Kandidat. Beteiligter zu 1. ist der bei dem Luftfahrt-Bundesamt gebildete Gesamtpersonalrat, Beteiligter zu 2. ist der Leiter des Luftfahrt-Bundesamts und die Beteiligten zu 3. und 4. sind bei der streitgegenständlichen Wahl in den erweiterten Vorstand des Gesamtpersonalrats des Luftfahrt-Bundesamts gewählt worden.

Am 2. April 2020 wurde beim Luftfahrt-Bundesamt der Gesamtpersonalrat gewählt. Bei dieser Wahl trat der Antragsteller gemeinsam mit weiteren vier Kandidaten auf der Vorschlagsliste mit dem Kennwort "VBOB Plus" sowohl für die Gruppe der Beamten als auch für die Gruppe der Arbeitnehmer an. Weitere Kandidaten traten auf Vorschlagslisten mit den Kennworten "verd.i", "Augenblick mal", "PR 2020" und "GÖD" an. Bei der Wahl wurden insgesamt 510 Stimmen abgegeben. Die meisten Stimmen, insgesamt 182, entfielen auf die Vorschlagsliste VBOB Plus, davon 106 Stimmen aus der Gruppe der Arbeitnehmer und 76 Stimmen aus der Gruppe der Beamten. In den Gesamtpersonalrat wurden 13 Mitglieder gewählt. In der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Gesamtpersonalrats am 20. April 2020 erfolgte die Wahl sowohl dessen Vorstands als auch dessen erweiterten Vorstands, bei der von der Vorschlagsliste VBOB Plus Herr N. O. in den Vorstand und zum Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats sowie Frau P. Q. in den erweiterten Vorstand gewählt wurden.

Frau Q. legte ihr Mandat mit Schreiben vom 16. Juli 2021 nieder. Herr O. erkrankte Mitte 2021 auf unabsehbare Zeit und ist seitdem krankheitsbedingt an der Amtsführung gehindert.

Daraufhin fand auf Antrag von mehr als einem Viertel der Mitglieder des Gesamtpersonalrats am 14. Oktober 2021 eine Sondersitzung des Gesamtpersonalrats statt, in der auch der Vorsitzende und der erweiterte Vorstand neu gewählt werden sollten. Diese Wahlen erfolgten fehlerhaft nur durch die Mitglieder der Gruppe der Beamten.

In einer weiteren Sondersitzung des Gesamtpersonalrats am 3. November 2021 wurden daraufhin erneut die Wahlen des Vorsitzenden und auch des erweiterten Vorstands durchgeführt (siehe die Tagesordnung der Sitzung v. 3.11.2021, Blatt 31 der Gerichtsakte). Zum Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats wurde R. S. (Vorschlagsliste verd.i) gewählt. Zur Wahl für den erweiterten Vorstand wurden vorgeschlagen der Antragsteller, Herr G. (Vorschlagsliste VBOB Plus), die Beteiligte zu 3., Frau D. (Vorschlagsliste Augenblick mal), und der Beteiligte zu 4., Herr E. (Vorschlagsliste verd.i). Gewählt wurden die Beteiligte zu 3. mit zehn Stimmen und der Beteiligte zu 4. mit elf Stimmen. Beide Gewählten nahmen die Wahl an. Auf den Antragsteller, der bei der Sondersitzung nicht anwesend war, entfielen vier Stimmen (vgl. zu Vorstehendem den Auszug aus dem Protokoll der Sondersitzung v. 3.11.2021, Blatt 26 f. der Gerichtsakte).

Der Antragsteller und die vier weiteren Kandidaten der Vorschlagsliste VBOB Plus haben am 29. Dezember 2021 vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet, in dem sie sich gegen die mangelnde Berücksichtigung des Antragstellers als Kandidat der Vorschlagsliste VBOB Plus bei der Wahl zum erweiterten Vorstand des Gesamtpersonalrats am 3. November 2021 wenden. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, die Vorschlagsliste VBOB Plus habe einen Anspruch auf Vertretung im erweiterten Vorstand, und zwar auch bei einer Nachwahl, insbesondere, da es sich hier um eine Nachwahl des gesamten Vorstands gehandelt habe. Anderenfalls werde der Schutz des § 34 Abs. 2 BPersVG unterlaufen.

Der Antragsteller und die vier weiteren Kandidaten der Vorschlagsliste VBOB Plus haben zunächst beantragt,

  1. 1.

    dass die in der Sitzung des Beteiligten zu 1. am 3. November 2021 erfolgten Wahlen von Herrn E. und Frau D. als Ergänzungsmitglieder für den Vorstand ungültig sind,

  2. 2.

    festzustellen, dass bei der Neuwahl des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. ein Vertreter aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus zu wählen ist.

In der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig am 13. Juni 2023 haben die vier weiteren Kandidaten der Vorschlagsliste VBOB Plus ihren Antrag zurückgenommen und der Antragsteller hat beantragt,

  1. 1.

    dass die in der Sitzung des Beteiligten zu 1. am 3. November 2021 erfolgten Wahlen von Herrn E. und Frau D. als Ergänzungsmitglieder für den Vorstand ungültig sind,

  2. 2.

    festzustellen, dass bei der Neuwahl des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. ein Vertreter aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus in diesen erweiterten Vorstand zu wählen ist, so sich einer dieser aus der Liste zur Wahl stellt.

Der Beteilige zu 1. hat beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er hat geltend gemacht, der zunächst von dem Antragsteller und den vier weiteren Kandidaten der Vorschlagsliste VBOB Plus oder gar von dieser selbst gestellte Antrag sei unzulässig. Insoweit fehle es an der Beteiligtenfähigkeit oder Antragsbefugnis. Zwei der weiteren Kandidaten seien nicht in den Gesamtpersonalrat gewählt worden und hätten daher gar nicht in den erweiterten Vorstand gewählt werden können. Jedenfalls seien die Anträge unbegründet. Die systematische Auslegung der §§ 34, 35 und 36 BPersVG ergebe, dass die Regelung des § 34 Abs. 2 BPersVG, wonach alle gewählten Listen im Vorstand vertreten sein müssten, auf die konstituierende Sitzung nach § 36 Abs. 1 BPersVG beschränkt sei. Für weitere nachfolgende Sitzungen sei nach § 36 Abs. 2 BPersVG kein zwingender Inhalt mehr vorgegeben, so dass nur die allgemeinen Vorgaben des § 39 BPersVG an die Beschlussfassung zu beachten seien. In der konstituierenden Sitzung am 2. April 2020 seien zwei Kandidaten der Vorschlagsliste VBOB Plus in den Vorstand bzw. erweiterten Vorstand gewählt worden. Bei der nachfolgenden Ergänzungswahl am 3. November 2021 sei die Vorgabe des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG hingegen nicht mehr zu beachten gewesen. Der Antragsteller habe unabhängig davon nicht in den erweiterten Vorstand gewählt werden können, weil er in der Sondersitzung am 3. November 2021 nicht anwesend gewesen sei. Voraussetzung für die Wahl eines abwesenden Mitglieds sei, dass dieses schriftlich die Bereitschaft zur Kandidatur erklärt habe. An einer solchen schriftlichen Erklärung fehle es.

Die weiteren Beteiligten haben im erstinstanzlichen Verfahren keine eigenen Anträge gestellt.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig - 13. Kammer (Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen) - hat mit Beschluss vom 13. Juni 2023 die in der Sitzung des Beteiligten zu 1. erfolgten Wahlen vom 3. November 2021 von Herrn E. und Frau D. als Ergänzungsmitglieder für den Vorstand für ungültig erklärt und festgestellt, dass bei der Neuwahl des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. ein Vertreter aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus zu wählen ist, sofern sich ein solcher zur Wahl stellt. Die zulässigen Anträge des Antragstellers seien begründet. Die am 3. November 2021 erfolgten Wahlen der Beteiligten zu 3., Frau D., und des Beteiligten zu 4., Herrn E., als Ergänzungsmitglieder für den Vorstand seien ungültig. Unerheblich sei zwar, dass der in der Sitzung am 3. November 2021 abwesende Antragsteller seine Bereitschaft zur Kandidatur zum erweiterten Vorstand vor der Durchführung der Wahl nicht schriftlich erklärt habe, sondern sich seine Bereitschaft nur aus der protokollierten Erklärung von Frau XXX in der Sitzung ergebe. Ein ausdrücklicher gesetzlicher Anknüpfungspunkt für ein dahingehendes Formerfordernis bestehe nicht. Der Beteiligte zu 1. habe zudem die vom Antragsteller formfrei erklärte Bereitschaft zur Kenntnis genommen, ihn zur Wahl zugelassen und eine Abstimmung durchgeführt. Die Ungültigkeit der Wahl folge aber daraus, dass der Antragsteller gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG bei der Bildung des erweiterten Vorstands im Rahmen der Nachwahl hätte berücksichtigt werden müssen, obgleich er weniger Stimmen als Herr E. und Frau D. auf sich vereinigt habe. Seien Mitglieder des Personalrats aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden und seien im Vorstand Mitglieder aus derjenigen Liste nicht vertreten, die die größte oder zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegeben Stimmen erhalten habe, so müsse nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus dieser Liste gewählt werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift seien bei der Wahl am 3. November 2021 erfüllt gewesen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1. sei § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG auch nicht nur bei den ersten, in der konstituierenden Sitzung erfolgenden Vorstandswahlen anzuwenden. Zwar stehe § 34 BPersVG im systematischen Zusammenhang mit § 36 BPersVG, der Einzelheiten in Bezug auf die konstituierende Sitzung regele. Der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG differenziere aber nicht zwischen der konstituierenden Vorstandswahl und möglichen Nachwahlen für den Fall des Ausscheidens von Mitgliedern des erweiterten Vorstands. Eine solche Einschränkung des Wortlauts sei auch mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vereinbar. Denn diese gewähre einen Minderheitenschutz für diejenige Liste, die mindestens ein Drittel der abgegebenen Stimmen erzielt habe, jedoch im Personalrat in der Minderheit sei, und zwar in der Weise, dass einer solch starken Wahlminderheit eine Vertretung im erweiterten Personalratsvorstand gesichert werden müsse. Danach habe die in der Minderheit gebliebene stärkste Wahlvorschlagsliste mit mindestens einem Drittel Stimmenanteil einen Anspruch darauf, dass eines ihrer Mitglieder als Ergänzungsmitglied in den Personalratsvorstand gewählt werde, falls sie nicht bereits bei der Wahl der Gruppensprecher zum Zuge gekommen sei. Ein sachlicher Grund dafür, den von § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG beabsichtigten Minderheitenschutz im Falle einer erforderlich werdenden Nachwahl von Ergänzungsmitgliedern entfallen zu lassen, bestehe nicht. Das Bundesverwaltungsgericht nehme vielmehr sogar für den Fall, dass alle Mitglieder der in Betracht kommenden Liste mit Ausnahme eines Mitglieds das Amt des Vorstandsmitgliedes ablehnen, eine Verpflichtung des Personalrats an, dieses Mitglied in den erweiterten Vorstand aufzunehmen. Die "Wahl" beschränke sich in diesem Fall auf die Pflicht der Aufnahme dieses einen Mitglieds in den erweiterten Vorstand, ohne dass es dazu einer Mehrheitsentscheidung des Personalrats bedürfe. Hierfür sei es unerheblich, ob die Minderheit, die geschützt werden solle, einen gewissen Einfluss habe und dadurch ein Personalratsmitglied ihres Vertrauens durchaus in den Vorstand bringen könne. Denn der Minderheitenschutz sei nur effektiv, wenn die Minderheitenliste den einen ihr zustehenden Vorstandsposten mit einem Kandidaten besetzen könne, den sie in besonderem Maße für geeignet halte, ihre dienststellenbezogenen und verbandspolitischen Vorstellungen in die Vorstandsarbeit einzubringen. Dieses Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt, sei nicht ersichtlich, weshalb der Minderheitenschutz auf den in der konstituierenden Sitzung (erstmals) gewählten Vorstand bzw. erweiterten Vorstand beschränkt sein sollte.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1., mit der er geltend macht, die erstinstanzliche Entscheidung sei schon deshalb aufzuheben, weil sie eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthalte. Das Verwaltungsgericht habe die im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Anträge zu Unrecht für zulässig erachtet. Als Antragsteller sei zunächst die Liste VBOB plus als solche aufgetreten, die aber in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht beteiligtenfähig sei. Erst in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht sei klargestellt worden, dass nur Herr G. Antragsteller sein solle. Hierin liege eine subjektive Antragsänderung, der er - der Beteiligte zu 1. - nicht zugestimmt habe und die auch das Verwaltungsgericht nicht ausdrücklich für sachdienlich erachtet habe. Selbst wenn die Antragsschrift so auszulegen gewesen wäre, dass einzelne Naturalparteien als Antragsteller zu verstehen wären, so seien diese allein mit Nachnamen benannt und daher nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden. Das Verwaltungsgericht habe die streitgegenständliche Wahl auch zu Unrecht für ungültig erklärt. Der Antragsteller habe schon seine Bereitschaft zur Kandidatur nicht ordnungsgemäß erklärt und sei auch bei der Wahl nicht persönlich anwesend gewesen. Eine erst auf die Wahlhandlung nachfolgende Feststellung der Bereitschaft zur Kandidatur sei unbeachtlich. Ob in der Sondersitzung am 3. November 2021 der Antragsteller gleichwohl zur Wahl gestellt bzw. zugelassen worden sei, bleibe folgenlos. Dieser Fehler im Wahlverfahren sei nicht zu berücksichtigen, da er eine Auswirkung auf das Wahlergebnis nicht gehabt habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei § 34 Abs. 2 BPersVG auch ausschließlich für die konstituierende Sitzung anzuwenden. Das Bundespersonalvertretungsgesetz kenne keine Fraktionsbildung nach gewerkschaftlicher oder berufsständischer Zugehörigkeit. Einmal gewählt seien vielmehr alle Personalratsmitglieder Repräsentanten aller Beschäftigten, auch soweit diese nicht oder in anderen Gewerkschaften organisiert seien. § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG sei daher ein bloßes Zugeständnis an das sog. "Fraktionsprinzip" für den Zeitpunkt der Konstituierung des Personalrats. Der sachliche Grund für die Reduzierung des Fraktionsschutzes auf die konstituierende Sitzung liege in der Gesetzessystematik. Die §§ 34, 35 und 36 BPersVG belegten, dass sich § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG auf die konstituierende Sitzung nach § 36 Abs. 1 BPersVG beschränke. Aus der Verzahnung von Wahlvorschrift zum Vorstand einerseits und zwingendem Inhalt der konstituierenden Sitzung des Personalrats andererseits folge, dass der Minderheitenschutz des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG nur im Rahmen der konstituierenden Sitzung zu beachten sei. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn der gesamte Personalrat in den Fällen des § 27 Abs. 1 und 2 BPersVG neu gewählt werde.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 13. Kammer (Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen) - vom 13. Juni 2023 zu ändern und die Anträge des Antragstellers abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Eine falsche Rechtsmittelbelehrung habe keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht habe die Anträge zutreffend für zulässig erachtet. Er sei persönlich antragsbefugt, da er als Kandidat für die streitgegenständliche Wahl des erweiterten Vorstands aufgetreten und von dem Wahlausgang unmittelbar betroffen sei. Er habe auch bereits den ursprünglichen Antrag bei dem Verwaltungsgericht gestellt und sei als solcher Antragsteller auch in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht aufgetreten. Den ursprünglichen Antrag habe nicht die Liste VBOB plus als Organ gestellt, sondern jedes einzelne Mitglied dieser Liste. Diese ursprünglichen Antragsteller seien auch eindeutig bezeichnet gewesen. Daher habe es in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht auch keiner Klarstellung oder Änderung des ursprünglichen Antrags bedurft. Er habe bei der Wahl auch wirksam kandidiert. Er habe seine Bereitschaft zur Wahl erklärt, die Wirksamkeit seiner Willensbekundung sei bei der Wahl am 3. November 2021 nicht angezweifelt worden, er sei zur Wahl gestellt worden und er habe Stimmen erhalten. Das Verwaltungsgericht habe seine Anträge auch zu Recht für begründet erachtet. § 34 Abs. 2 BPersVG verankere das Fraktionsprinzip gesetzlich für die gesamte Amtszeit einer Personalvertretung. Aus der Gesetzessystematik könne eine Beschränkung auf einzelne, bestimmte Sitzungen nicht abgeleitet werden. Vielmehr zeigten die vorangestellten Regelungen zur Vorstandsbildung deutlich, dass diese für die gesamte Amtszeit und nicht nur für die konstituierende Sitzung Anwendung finden sollten. Auch Sinn und Zweck des Minderheitenschutzes sprächen dagegen, diesen nur in der konstituierenden Sitzung zur Geltung zu bringen.

Die weiteren Beteiligten haben auch im Beschwerdeverfahren keine eigenen Anträge gestellt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die von dem Antragsteller und von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung gewesen sind.

II.

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 13. Kammer (Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen) - vom 13. Juni 2023 bleibt ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die in der Sitzung des Beteiligten zu 1., des Gesamtpersonalrats beim Luftfahrt-Bundesamt, erfolgten Wahlen vom 3. November 2021 der Beteiligten zu 3., Frau D., und des Beteiligten zu 4., Herrn E., als Ergänzungsmitglieder für den Vorstand für ungültig erklärt und festgestellt, dass bei der Neuwahl des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. ein Vertreter aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus zu wählen ist, sofern sich ein solcher zur Wahl stellt. Die dem zugrundeliegenden Anträge des Antragstellers sind zulässig und begründet.

a. Die Anträge sind zulässig.

(1) Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren ist nach § 108 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG statthaft (vgl. Kröll, in: Altvater u.a.; BPersVG, 11. Aufl. 2023, § 34 Rn. 5 und 46 f.; Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 15. Aufl. 2023, § 34 Rn. 32). Denn Vorstandswahlen nach § 34 BPersVG sind Akte der "Geschäftsführung" der Personalvertretung im Sinne des § 108 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, nicht aber "Wahlen" der Personalvertretung im Sinne des § 108 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Sie unterliegen daher auch nicht den Regelungen über die Wahlanfechtung nach § 26 BPersVG (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Beschl. v. 15.5.2020 - BVerwG 5 P 3.19 -, BVerwGE 168, 140, 142 f. - juris Rn. 13; Beschl. v. 15.5.1991 - BVerwG 6 P 15.89 -, BVerwGE 88, 183, 186 f. - juris Rn. 22 ff. jeweils m.w.N.).

(2)Antragsteller ist (nur noch) Herr G. persönlich. Entgegen der Beschwerde hat im erstinstanzlichen Verfahren nicht die Liste VBOB plus als solche einen Antrag gestellt. Ausweislich der Antragsschrift vom 29. Dezember 2021 sind als Antragsteller Frau T., Herr G., Herr U., Herr V. und Herr W. selbst aufgetreten und lediglich als "Mitglieder der Liste VBOB Plus" gekennzeichnet worden. An der Identität der Antragsteller bestand ersichtlich kein vernünftiger Zweifel. In der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht am 23. Juni 2023 haben bis auf Herrn G. alle übrigen Antragsteller ihren Antrag zurückgenommen (vgl. das Protokoll der mündlichen Anhörung v. 13.6.2023, S. 4 = Blatt 96R der Gerichtsakte).

(3) Der Antragsteller ist antragsbefugt, da er als aktives Mitglied des Beteiligten zu 1. in dessen Vorstand oder erweiterten Vorstand gewählt werden kann, bei den erfolgten Wahlen vom 3. November 2021 angetreten ist und deshalb ein eigenes personalvertretungsrechtliches Recht auf Überprüfung und auf Feststellung der Ungültigkeit der Vorstandswahlen vorweisen kann.

(4) Dem Antragsteller fehlt auch nicht das für die Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens nach § 108 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit §§ 80 Abs. 2 Satz 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Für das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren gelten im Hinblick auf dessen objektiven Einschlag nicht die engen Voraussetzungen für die Erhebung einer Feststellungsklage, wie sie § 43 VwGO und § 256 Abs. 1 ZPO festlegen. Der Antragsteller muss vielmehr nur darlegen, dass ihm personalvertretungsrechtliche Rechte zustehen und die Rechtsverletzung fortdauert (vgl. Senatsbeschl. v. 241.2020 - 17 LP 1/19 -, juris Rn. 25 ff. m.w.N.). Letzteres setzt entweder voraus, dass noch die Möglichkeit weiterer Rechtsbeeinträchtigungen besteht oder dass die getroffene Maßnahme noch rückgängig gemacht werden kann. Ist hingegen der Vorgang irreversibel beendet und nicht anzunehmen, dass sich die streitige Rechtsfrage erneut zwischen den Beteiligten stellt, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.11.1989 - BVerwG 6 P 7.87 -, Buchholz 251.0 § 68 BaWüPersVG Nr. 3 - juris Rn. 32 ff. m.w.N.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 29.9.2011 - 18 LP 7/09 -, juris Rn. 28).

Hieran gemessen kann ein Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden. Der Antragsteller ist noch aktives Mitglied des Beteiligten zu 1. und die Wahlperiode ist noch nicht abgelaufen, so dass im Falle einer Ungültigerklärung der Wahl diese erneut stattfinden und der Antragsteller erneut antreten kann.

b. Die Anträge sind auch begründet. Die am 3. November 2021 erfolgten Wahlen der Beteiligten zu 3., Frau D., und des Beteiligten zu 4., Herrn E., zu Ergänzungsmitgliedern für den Vorstand des Beteiligten zu 1. sind ungültig ((1)). Bei der Neuwahl des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. ist ein Vertreter aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus zu wählen, sofern sich ein solcher zur Wahl stellt ((2)).

(1) Die am 3. November 2021 erfolgten Wahlen der Beteiligten zu 3., Frau D., und des Beteiligten zu 4., Herrn E., zu Ergänzungsmitgliedern für den Vorstand des Beteiligten zu 1. sind ungültig. Diese Wahlen beachteten die zwingende Vorgabe des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG nicht ((a)), und diese Nichtbeachtung einer zwingenden Rechtsvorschrift führte zur Unwirksamkeit der Wahlen ((b)).

(a) Hat der Personalrat elf oder mehr Mitglieder, so wählt er gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 BPersVG aus seiner Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit zwei weitere Mitglieder in den Vorstand (sog. erweiterter Vorstand). Sind Mitglieder des Personalrats aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden und sind im Vorstand Mitglieder aus derjenigen Liste nicht vertreten, die die größte oder zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten hat, so ist nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus dieser Liste zu wählen.

Entgegen der Beschwerde ist die Vorgabe des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG nicht nur bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG zu beachten, sondern auch bei erforderlich werdenden (Nach-)Wahlen in einer weiteren Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 2 BPersVG.

Dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG("Sind Mitglieder des Personalrats aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden und sind im Vorstand Mitglieder aus derjenigen Liste nicht vertreten, die die größte oder zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten hat, so ist eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus dieser Liste zu wählen.") ist eine Einschränkung dahingehend, dass dessen Vorgaben nur bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG zu beachten sein sollen, nicht zu entnehmen. Der im Halbsatz 1 verwendete Indikativ Präsens ("sind") deutet vielmehr darauf hin, dass an die jeweils aktuelle Zusammensetzung des Personalratsvorstands angeknüpft wird und für den Fall, dass die im Halbsatz 1 beschriebene Zusammensetzung gegeben ist, die Durchführung einer Wahl gemäß den Vorgaben letzten Halbsatzes des § 34 Abs. 2 BPersVG angeordnet wird.

Auch die Systematik der Regelung des § 34 BPersvG als solche und die systematische Stellung des § 34 BPersVG im Kapitel 2 ("Personalrat") Abschnitt 3 ("Geschäftsführung") des Bundespersonalvertretungsgesetzes sprechen dagegen, dass die Vorgaben des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG nur bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG zu beachten sein sollen. § 34 BPersVG formuliert Anforderungen an den Vorstand und § 35 BPersVG an den Vorsitz im Vorstand des Personalrats, die während der gesamten Wahlperiode zu erfüllen sind. § 36 Abs. 1 BPersVG nimmt hierauf nur insoweit Bezug, als dass zu den Wahlen des Vorstands und des Vorsitzes in der konstituierenden Sitzung der Wahlvorstand spätestens fünf Arbeitstage nach dem Wahltag einzuberufen hat. Lediglich diese Kompetenz zur Einberufung wechselt für die weiteren Sitzungen des Personalrats gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BPersVG auf die oder den Vorsitzenden. Inhaltliche Modifikationen der in §§ 34, 35 BPersVG aufgestellten Anforderungen an Vorstand und Vorsitz nimmt § 36 BPersVG hingegen nicht vor.

Auch Sinn und Zweck des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG sprechen dagegen, dessen Vorgaben nur bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG zur Geltung zu bringen. Die Regelung soll einen effektiven Minderheitenschutz gewährleisten und es der Minderheit, die geschützt werden soll, ermöglichen, ein Personalratsmitglied ihres Vertrauens in den Vorstand zu entsenden und so ihre dienststellenbezogenen und verbandspolitischen Vorstellungen in die laufende Vorstandsarbeit einbringen zu können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.3.2014 - BVerwG 6 P 8.13 -, BVerwGE 149, 188, 191 und 193 - juris Rn. 13 und 21; Beschl. v. 12.6.1984 - BVerwG 6 P 13.83 -, BVerwGE 69, 311, 312 f. - juris Rn. 12). Dieser Zweck wird ersichtlich nur erreicht, wenn die Vorgabe des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG nicht nur bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG, sondern auch bei erforderlich werdenden (Nach-)Wahlen in einer weiteren Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 2 BPersVG zu beachten ist.

Dieses Auslegungsergebnis findet Bestätigung in den Gesetzesmaterialien. Der Gesetzgeber wollte mit § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG einen effektiven Minderheitenschutz etablieren (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP, Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes, BT-Drs. 7/176, S. 29: "Satz 2 dient dem Schutz einer nicht unbedeutenden Wahlvorschlagsminderheit (ein Drittel der abgegebenen Stimmen) dadurch, dass ihr im Falle der Bildung eines erweiterten Vorstandes ein Sitz in diesem zugesichert wird." (zu § 32 Satz 2 BPersVG a.F.)), und unter allen Umständen sicherstellen, dass starke Wählerminderheiten durch ein Personalratsmitglied im Vorstand vertreten sind (so ausdrücklich BVerwG, Beschl. v. 28.2.1979 - BVerwG 6 P 81.78 -, juris Rn. 14). Diesem gesetzgeberischen Anliegen widerspräche es, - mit dem Beteiligten zu 1. - die Vorgabe des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG ausschließlich bei der Wahl in einer konstituierenden Sitzung des Personalrats im Sinne des § 36 Abs. 1 BPersVG - und unter Umständen nur für einen kurzen Abschnitt der laufenden Wahl- und Amtsperiode des Personalrats - zur Geltung zu bringen. Auch Anhaltspunkte dafür, dass § 34 Abs. Satz 2 BPersVG ein bloßes Zugeständnis des Gesetzgebers an das sog. "Fraktionsprinzip" für den Zeitpunkt der Konstituierung des Personalrats sein könnte, finden sich in den Gesetzesmaterialien nicht.

Auch verfassungsrechtlich besteht kein Anlass, den Geltungsbereich des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG auf die Wahlen in der konstituierenden Sitzung eines Personalrats zu reduzieren (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit des inhaltsgleichen § 33 Satz 2 BPersVG a.F.: BVerfG, Beschl. v. 5.12.1990 - 2 BvR 1528/90 -, juris Rn. 1 f.; BVerwG, Beschl. v. 27.9.1990 - BVerwG 6 P 23.88 -, juris Rn. 19 ff.).

Die danach auch für die (Nach-)Wahlen der Mitglieder des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. am 3. November 2021 zwingende Vorgabe des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG beachteten die Wahlen der Beteiligten zu 3., Frau D., und des Beteiligten zu 4., Herrn E., zu Ergänzungsmitgliedern für den Vorstand des Beteiligten zu 1. nicht.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG waren im Zeitpunkt der Wahl am 3. November 2021 erfüllt. Die Mitglieder des Gesamtpersonalrats beim Luftfahrt-Bundesamt sind aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen ("VBOB Plus", "verd.i", "Augenblick mal", "PR 2020" und "GÖD") gewählt worden. Auf die Vorschlagsliste VBOB Plus entfiel die größte Anzahl von Stimmen. Die auf diese Liste entfallenden 182 Stimmen machten auch (mehr als) ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen 510 Stimmen aus. Am 3. November 2021 waren Mitglieder aus der Vorschlagsliste VBOB Plus nicht mehr im Vorstand des Gesamtpersonalrats vertreten, nachdem Frau Q. ihr Mandat mit Schreiben vom 16. Juli 2021 niedergelegt hatte und Herr O. seit Mitte 2021 auf unabsehbare Zeit erkrankt und krankheitsbedingt an der Amtsführung gehindert war.

Der Gesamtpersonalrat beim Luftfahrt-Bundesamt war daher nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG verpflichtet, bei den Wahlen am 3. November 2021 eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus der Vorschlagsliste VBOB Plus zu wählen. Gegen diese zwingende Vorgabe wurde verstoßen, weil mit den Beteiligten zu 3., Frau D. (Vorschlagsliste Augenblick mal), und zu 4., Herr E. (Vorschlagsliste verd.i), Mitglieder anderer Vorschlagslisten in den erweiterten Vorstand gewählt worden sind. Zudem war ein Mitglied des Gesamtpersonalrats von der Vorschlagsliste VBOB Plus, der Antragsteller, bereit, in den erweiterten Vorstand gewählt zu werden. Ohne Erfolg wendet der Beteiligte zu 1. insoweit ein, der Antragsteller habe schon seine Bereitschaft zur Kandidatur nicht ordnungsgemäß erklärt und sei auch bei der Wahl nicht persönlich anwesend gewesen. Dahingehende Formvorgaben sind zum einen schon § 34 BPersVG nicht zu entnehmen. Eine entsprechende Anwendung von Formvorschriften über die Personalratswahl ist nicht veranlasst, da die Wahl zum Vorstand, wie dargestellt (siehe oben II.1.a.(1)), schon keine Wahl im eigentlichen Sinne ist. Im Übrigen hätte es dem Beteiligten zu 1. oblegen, vor Durchführung der Wahlen am 3. November 2021 Zweifel an der Wählbarkeit des Antragstellers auszuräumen. Dies ist ersichtlich nicht geschehen, sondern der Antragsteller wurde zur Wahl gestellt, und auf ihn sind Stimmen entfallen. Zum anderen hätte selbst eine mangelnde Wählbarkeit des Antragstellers am 3. November 2021 nicht ohne Weiteres eine Abweichung von den zwingenden Vorgaben des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG gestattet. Vielmehr hätte dem Antragsteller angesichts des ersichtlich bekundeten Willens, bei der Wahl antreten zu wollen, ermöglicht werden müssen, etwaige Zweifel an der oder Hindernisse für die Wählbarkeit auszuräumen.

(b) Die danach gegebene Nichtbeachtung der zwingenden Rechtsvorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG führt zur Unwirksamkeit der am 3. November 2021 erfolgten Wahlen der Beteiligten zu 3., Frau D., und des Beteiligten zu 4., Herrn E., zu Ergänzungsmitgliedern für den Vorstand des Beteiligten zu 1.

Da die Wahl des Vorstands und des Vorsitzes eines Personalrats keine Wahl im eigentlichen Sinne, sondern ein Akt der Geschäftsführung des Personalrats ist (siehe oben II.1.a.(1)), sind die Folgen einer rechtswidrigen Wahl weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung der Regelungen über die Wahlanfechtung in § 26 BPersVG zu bestimmen. Maßgeblich sind vielmehr die allgemein für Personalratsbeschlüsse geltenden Regeln (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Beschl. v. 15.5.2020 - BVerwG 5 P 3.19 -, BVerwGE 168, 140, 142 f. - juris Rn. 13 m.w.N.). Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass von einer Personalvertretung gefasste Beschlüsse in Anlehnung an die in den Regelungen der § 43 Abs. 3 und § 44 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsätze (nur dann) nichtig und damit unwirksam sind, wenn sie an einem schwerwiegenden Fehler leiden, der offenkundig ist. Nichtigkeit kann bei Beschlüssen der Personalvertretungen dann angenommen werden, wenn sie bei Berücksichtigung der Aufzählungen in § 44 Abs. 2 und Abs. 3 VwVfG, die insoweit Anhaltspunkte bieten, unter einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offensichtlich ist. Ein Fehler ist "besonders schwerwiegend" im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG zugrundeliegenden allgemeinen Grundsatzes, wenn er ein Handeln als schlechterdings unerträglich, also mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in so erheblichem Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, das Handeln als verbindlich anzuerkennen. "Offenkundig" ist die schwere Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung nur dann, wenn sie für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Beschl. v. 19.10.2015 - BVerwG 5 P 11.14 -, juris Rn. 16 ff. m.w.N.).

Daran gemessen führt die Nichtbeachtung der zwingenden Rechtsvorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG zur Unwirksamkeit der am 3. November 2021 erfolgten Wahlen des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. Der Verstoß gegen die Vorgaben des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG ist besonders schwerwiegend. Die Besetzung des Vorstands einer Personalvertretung unter Nichtbeachtung einer zentralen Minderheitenschutzregelung ist mit wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar. Es ist schlechterdings unerträglich, den dadurch entstandenen Zustand weiter hinnehmen zu müssen (vgl. zur Unwirksamkeit von Vorstandswahlen bei Nichtbeachtung der Minderheitenschutzregelung: Bayerischer VGH, Beschl. v. 14.9.2017 - 17 P 17.778 -, juris Rn. 20 ff.). Die Nichtbeachtung der Minderheitenschutzregelung ist auch offensichtlich. Hierauf wurde bereits während des Wahlvorgangs hingewiesen (vgl. den Auszug aus dem Protokoll der Sondersitzung v. 3.11.2021, Blatt 26 f. der Gerichtsakte: "Frau T. weist darauf hin, dass ihrer Auffassung nach der Sitz im erweiterten Vorstand nach § 34 BPersVG der Liste vbob plus zusteht und damit Herrn G. zugehen müsse. ...Frau T. weist darauf hin, dass ihrer Meinung nach der Vorstand nicht rechtmäßig zusammengesetzt sei und kündigt eine mögliche gerichtliche Klärung an."). Die Offensichtlichkeit wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass der Beteiligte zu 1. die Rechtsauffassung vertritt, die Minderheitenschutzregelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG sei ausschließlich in konstituierenden Sitzungen einer Personalvertretung zu beachten. Denn diese Auffassung findet im Wortlaut, in der Systematik, in Sinn und Zweck und auch in der Historie des § 34 Abs. 2 Satz 2 BPersVG ersichtlich keine Stütze (siehe hierzu im Einzelnen oben II.1.b.(1)(a)).

(2) Bei der danach durchzuführenden Neuwahl des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. ist ein Vertreter aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus zu wählen, sofern sich ein solcher zur Wahl stellt. Das Wahlrecht verdichtet sich zu einer Bestellungspflicht für den Fall, dass nur ein Kandidat aus der Wahlvorschlagsliste VBOB Plus für den erweiterten Vorstand zur Verfügung steht und damit eine Wahl faktisch nicht stattfinden kann. Die "Wahl" beschränkt sich in diesem Fall auf die schlichte Aufnahme dieses einen Mitglieds in den erweiterten Vorstand (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.3.2014 - BVerwG 6 P 8.13 -, BVerwGE 149, 188, 193 - juris Rn. 21; Bayerischer VGH, Beschl. v. 14.9.2017 - 17 P 17.778 -, juris Rn. 25 jeweils m.w.N.).

c. Der Beteiligte zu 1. kann schließlich eine schlichte Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht deshalb beanspruchen, weil dieser eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Dieser Fehler war für den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens und die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ersichtlich ohne Belang.

2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten werden nach § 108 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit §§ 80 Abs. 1, 2a Abs. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet (vgl. § 108 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit § 12a ArbGG).

3. Die Rechtsbeschwerde ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 108 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit §§ 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.