Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.02.2024, Az.: 1 OA 67/23

Erstattung von Kosten für eingeholte Privatgutachten im Rahmen zur Frage der Standortsicherheit für eine Baugenehmigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.02.2024
Aktenzeichen
1 OA 67/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 11101
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0212.1OA67.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 28.04.2023 - AZ: 2 B 47/22

Amtlicher Leitsatz

Verweist eine Baugenehmigung zur Frage der Standsicherheit auf ein noch vorzulegendes Privatgutachten des Bauherrn, kommt die Erstattung der Kosten für ein weiteres Privatgutachten in Betracht, das der Nachbar im Rahmen einer Drittanfechtung der Baugenehmigung zur Überprüfung des ersten Gutachtens einholt.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 2. Kammer - vom 28. April 2023 teilweise geändert.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 2. Kammer - vom 21. März 2023 wird geändert und wie folgt gefasst:

Die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf

6.440,99 EUR.

Sie sind ab dem 19. Januar 2023 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu verzinsen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Gerichtsgebühr gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG wird auf die Hälfte ermäßigt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt die Erstattung von Kosten für eingeholte Privatgutachten.

Der Antragsteller ist Erbbauberechtigter eines Grundstücks auf dem Gebiet der Antragsgegnerin. Diese erteilte am 8. März 2021 einem privaten Bauträger eine Baugenehmigung für die Errichtung von drei Reihenhäusern nebst vier Pkw-Einstellplätzen auf dem direkten Nachbargrundstück des Antragstellers. Beide Grundstücke befinden sich im Erdfall- und Senkungsgebiet. Die Baugenehmigung enthielt unter I. u.a. die folgenden auf das Bauordnungsrecht bezogenen Nebenbestimmungen:

"1. [...]

Die geprüfte statische Berechnung bildet einen Bestandteil dieser Baugenehmigung. Prüfungsänderungen und Prüfberichte sind genau zu beachten und umzusetzen. Eventuelle Forderungen, die sich aufgrund der noch durchzuführenden Prüfung des Standsicherheitsnachweises ergeben, gelten als Nebenbestimmungen dieser Baugenehmigung.

2. Entsprechend den anerkannten Regeln der Technik ist ein geotechnisches Fachgutachten nach den Vorgaben u. a. der DIN EN 1997 mit den ergänzenden Regelungen der DIN 1054: 2010-12, dem Eurocode 7 (EC 7), der DIN EN 1997-1: 2014-07 als Grundlage für den Standsicherheitsnachweis vorzulegen. Daraus resultierende Maßnahmen und Vorgaben sind Bestandteil der Baugenehmigung."

Gegen diese Baugenehmigung erhob der Antragsteller am 6. April 2021 Widerspruch und beantragte nach Beginn der Bauarbeiten am 14. April 2022 vorläufigen Rechtsschutz, den er u.a. damit begründete, die Standfestigkeit seines eigenen Wohngebäudes werde durch das Bauvorhaben gefährdet. Zur Begründung seines Antrags bezog er sich unter anderem auf ein "2. Kurzgutachten" eines von ihm beauftragten Privatgutachters vom 28. März 2021. In der Folgezeit stritten die Beteiligten insbesondere darum, in welche sogenannte geotechnische Kategorie das Baugelände einzustufen sei und welche Baugrunduntersuchungen nach den zitierten Nebenbestimmungen in Abhängigkeit von dieser Kategorie zur Beurteilung der Standfestigkeit notwendig seien. Bereits in einer Stellungnahme vom 24. November 2021 hatte ein von der Antragsgegnerin beauftragter Geologe die Einstufung des Bauvorhabens in die geotechnische Kategorie GK 3 befürwortet, die eine eingehendere Untersuchung des Baugrunds verlange. Dessen ungeachtet kam die von der Beigeladenen in Vollzug der Nebenbestimmung I.2 in Auftrag gegebene Gründungsbeurteilung vom gleichen Tage, die die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13. Mai 2022 vorlegte, zum Ergebnis, die Baumaßnahme sei in die geotechnische Kategorie GK 2 für weniger kritische Baugrundverhältnisse einzuordnen. Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2022 trat der Antragsteller dem entgegen und bezog sich dabei auf ein Gutachten seines Privatsachverständigen vom 30. Mai 2022, der die Einstufung in die geotechnische Kategorie GK 3 für notwendig erachtete. Dem wiederum entgegnete der Sachverständige der Beigeladenen mit Schriftsätzen vom 9. und 21 Juni 2022.

Mit Beschluss vom 23. Juni 2022 (- 2 B 47/22 -) lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Der Besorgnis des Antragstellers um die Standsicherheit seines Wohngebäudes habe die Antragsgegnerin mit den Nebenbestimmungen ausreichend Rechnung getragen. Die Vorgabe einer geotechnischen Kategorie durch die Antragsgegnerin sei nicht erforderlich, sondern dürfe der sachverständigen Einschätzung überlassen werden.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde begründete der Antragsteller mit Schriftsatz unter anderem erneut damit, die Gründungsbeurteilung, die auf der Annahme der geotechnische Kategorie GK 2 basiere, sei fehlerhaft und daher unbrauchbar, wie sich aus der Einschätzung seines Privatgutachters vom 30. Mai 2022 ergebe. Diese gutachterliche Stellungnahme halte auch der Kritik des Sachverständigen der Beigeladenen mit Schreiben vom 9. und 21 Juni 2022 stand. Dabei bezog sich der Antragsteller auf eine weitere Stellungnahme seines Privatgutachters vom 30. Juni 2022.

Jeweils in Erwiderung auf gutachterliche Stellungnahmen des von der Beigeladenen beauftragten Sachverständigen erwiderte der Antragsteller nachfolgend in mehreren Schriftsätzen gestützt auf Stellungnahmen seines Privatsachverständigen vom 7. August, 11. September und 17. Oktober 2022, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Mit Beschluss vom 16. November 2022 (- 1 ME 70/22 -) änderte der Senat den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts und legte der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen auf. Die Baugenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt. Es sei nicht klar, in welchem Umfang die Baugenehmigung unter Vorbehalt der nach Ziffer I.1 angeordneten Prüfung des von der Beigeladenen beizubringenden Nachweises stehe. Diese Unbestimmtheit erfasse gerade die hier gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 NBauO notwendige Prüfung der Standsicherheit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 NBauO und gehe daher zu Lasten des Antragstellers.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2023 erteilte die Antragsgegnerin daraufhin der Beigeladenen eine geänderte Baugenehmigung.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 19. Januar 2023 beantragte der Antragsteller die Festsetzung eines Betrages von 14.903,18 € gegen die Antragsgegnerin. In diesem Betrag waren folgende Rechnungen des Privatsachverständigen des Antragstellers enthalten:

- 2. Kurzgutachten vom 28.3.2021:1.428,00 €
- Gutachten vom 30.5.2022:1.999,20 €
- Gutachten vom 30.5.2022: (gemeint: 30.6.2022)2.284,80 €
- Gutachten vom 7.8.2022:1.560,00 € (netto)
- Gutachten vom 11.9.2022:2.400,00 €
- Gutachten vom 7.10.2022:2.284,80 €

Für die Einzelheiten wird auf den Kostenfestsetzungsantrag und dessen Anlagen Bezug genommen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. März 2023 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts die von der Antragsgegnerin den Antragsteller zu erstattenden Kosten auf 2.156,99 € fest, wobei sie den Antrag auf Festsetzung der Kosten für dessen Privatsachverständigen insgesamt ablehnte.

Die dagegen gerichtete Erinnerung wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. April 2023 zurück. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Einholung der Gutachten sei nicht erforderlich gewesen. Die Einstufung in die geotechnische Kategorie GK 3 sei von der Antragsgegnerin nicht bestritten worden. Auch der von Antragsgegnerin beauftragte Gutachter Trapp sei von dieser geotechnischen Kategorie ausgegangen. Die vom Privatsachverständigen begutachtete Frage, ob das Gründungsgutachten den Anforderungen der maßgeblichen DIN-Norm entsprochen bzw. diese Anforderungen verfehlt habe, weil es von einer unzutreffenden geotechnischen Kategorie ausgegangen sei, sei keine Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, sondern eine Frage der ordnungsgemäßen Durchführung dieser Genehmigung. Schließlich habe es der Gutachten auch nicht bedurft, um substantiiert darzulegen, dass die Baugenehmigung an einem Bestimmtheitsmangel gelitten habe. Auch das Beschwerdegericht habe sich zu den Feststellungen des Privatsachverständigen des Antragstellers nicht verhalten.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet.

Der Antragsteller kann die Kosten für die von ihm vorgelegten Gutachten vom 30. Mai 2022 und vom 30. Juni 2022 erstattet verlangen.

Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren von einem Beteiligten vorgelegtes privates Gutachten richtet sich nach § 162 Abs. 1 VwGO. Danach sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten objektivierten Maßstab ist die Notwendigkeit außergerichtlicher Aufwendungen aus der Sicht eines verständigen Beteiligten zu beurteilen, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Auch die Kosten eines Privatgutachtens können erstattungsfähig sein, wenn dessen Einholung - etwa zur Vorbereitung des Verfahrens oder zur Erlangung der erforderlichen Sachkunde - geboten war. Zudem muss die Prozesssituation die Vorlage eines Privatgutachtens herausfordern (sogenannte "prozessuale Notlage") und dessen Inhalt auf die Förderung des Verfahrens zugeschnitten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.3.2020 - GrSen 1.19 -, BVerwGE 168, 39 = NVwZ 2021, 997 = juris Rn. 15 m.w.N.; NdsOVG, Beschl. v. 14 8.2018 - 12 OA 90/18 -, BauR 2018, 1877 = BRS 86 Nr. 219 = juris Rn. 12). Dabei ist ex ante auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlungen abzustellen. Es ist deswegen ohne Belang, ob sich diese im Nachhinein als erforderlich oder unnötig herausstellen (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2020 - GrSen 1.19 -, BVerwGE 168, 39 = NVwZ 2021, 997 = juris Rn. 15 m.w.N.; v. 29.9.2020 - 9 KSt 3.20 -, NVwZ 2021, 78 = juris Rn. 11) oder im Rahmen einer ex-post-Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst oder vorweggenommen hat (Senatsbeschl. v. 2.4.2012 - 1 OA 48/12 -, NJW 2012, 1828 = BauR 2012, 1097 = BRS 79 Nr. 191 = juris Rn. 8 ff.). Der Beteiligte muss das Gutachten in den Prozess eingeführt haben; das erfordert grundsätzlich die Vorlage des Gutachtens (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.3.2023 - 3 KSt 1.22 -, juris Rn. 4). Wird das Gutachten sowohl im Klage- als auch im zugehörigen Eilverfahren vorgelegt, sind die Kosten vorbehaltlich der jeweiligen Kostengrundentscheidung unter den in § 162 Abs. 1 VwGO genannten Voraussetzungen anteilig in beiden Verfahren erstattungsfähig (BVerwG, Beschl. v. 2.3.2020 -GrSen 1.19 -, BVerwGE 168, 39 = NVwZ 2021, 997 = juris Rn. 14). Kommt es nach dem Eilverfahren nicht mehr zu einer Vorlage im Klageverfahren, etwa dann, wenn - wie hier - die im Eilverfahren unterliegende Behörde den angefochtenen Bescheid abändert, deshalb die erneute Vorlage der im Eilverfahren vorgelegten Gutachten entbehrlich macht und sich dadurch freiwillig in die Position des unterliegenden Beteiligten begibt, hat es bei der Kostengrundentscheidung im Eilverfahren sein Bewenden.

Daran gemessen kann der Antragsteller die Erstattung der Kosten der Privatgutachten vom 30. Mai 2022 und vom 30. Juni 2022 verlangen. Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters, somit aus der maßgeblichen Sicht ex ante, musste der Antragsteller zumindest als möglichen Verfahrensausgang in Betracht ziehen, dass das vorgelegte Gutachten der Beigeladenen vom 24. November 2021 als ausreichendes geotechnisches Fachgutachten im Sinne der Nebenbestimmung I.2 der Baugenehmigung gewertet werden und als taugliche Grundlage für den Standsicherheitsnachweis angesehen würde. Daraus resultierende Maßnahmen und Vorgaben wären in diesem Fall ausweislich der Nebenbestimmung unmittelbar Bestandteil der Baugenehmigung geworden. Dies gab dem Antragsteller Anlass, sich damit auseinanderzusetzen, ob das geotechnische Fachgutachten den aus seiner Sicht bestehenden Besonderheiten des Baugrunds sowohl des Vorhabengrundstücks als auch seines eigenen Nachbargrundstücks gerecht wurde und ausreichende Vorgaben für die Ausführung der Bauarbeiten und die weitere Erkundung des Baugrunds machte. Da er dies als Laie nicht selbst beurteilen konnte, hatte er berechtigten Anlass dazu, einen Privatgutachter hinzuzuziehen.

Dem lässt sich auch nicht mit dem Verwaltungsgericht entgegenhalten, die Einstufung des Baugrunds in die geotechnische Kategorie 3 sei zwischen den Beteiligten unstreitig gewesen. Die Beigeladene hatte als Gründungsgutachten das Gutachten des von ihr beauftragten Büros vom 24. November 2021 vorgelegt, in dem die geotechnische Kategorie 2 zugrunde gelegt worden war. Selbst wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt der Beauftragung des Privatgutachters hätte erkennen können - was zweifelhaft ist -, dass der von der Antragsgegnerin selbst beauftragte Geologe den Baugrund entgegen der Auffassung des von der Beigeladenen beauftragten Sachverständigenbüros ebenfalls in die geotechnische Kategorie 3 einstufte, stellte sich für ihn die Lage angesichts des zeitgleichen Baubeginns dennoch so dar, dass die Antragsgegnerin die davon abweichende Einschätzung der zutreffenden geotechnischen Kategorie durch den Sachverständigen der Beigeladenen gleichermaßen akzeptierte. Zudem war die Baugenehmigung - rechtswidrigerweise - so formuliert, dass die Maßnahmen und Vorgaben, die aus dem von der Beigeladenen eingeholten Gutachten resultierten, unmittelbar Regelungswirkung erlangen sollten. Umso mehr bestand Anlass, sich mit eben diesem Gutachten und seinen Grundlagen auseinanderzusetzen.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und auch des Verwaltungsgerichts steht der Erstattungsfähigkeit des Gutachtens nicht entgegen, dass der Senat in seinem Beschluss vom 16. November 2022 inhaltlich auf die im Eilverfahren vorgelegten Gutachten nicht eingegangen ist und die Baugenehmigung mangels Bestimmtheit als rechtswidrig erachtet hat. Wie ausgeführt spielt es für die Erstattungsfähigkeit keine Rolle, ob sich die Beauftragung des Privatsachverständigen im Nachhinein als erforderlich oder unnötig herausstellen oder tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst oder vorweggenommen hat. Ebenso wenig kann dem Antragsteller entgegengehalten werden, dass er die vom Senat angenommene mangelnde Bestimmtheit der Nebenbestimmung I.2 auch ohne sachverständige Beratung hätte erkennen können und müssen. Angesichts der Tatsache, dass die Frage der Bestimmtheit in hohem Maße wertungsabhängig ist, entsprach es vielmehr der anwaltlich gebotenen Sorgfalt, sich inhaltlich mit dem Gutachten auseinanderzusetzen.

Die Erstattungsfähigkeit kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, dass die Kritik an dem von der Beigeladenen vorgelegten Gründungsgutachten nicht die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung an sich infrage stellte, sondern deren rechtmäßigen Vollzug. Dies wird der besonderen Regelungssystematik der Baugenehmigung nicht gerecht. Danach sollten - wie ausgeführt - "Maßnahmen und Vorgaben" des Gutachtens "Bestandteil der Baugenehmigung" werden. Aus Sicht des Antragstellers wie auch aus Sicht des Senats ließ dieser Wortlaut Raum für eine Auslegung, wonach einem Dritten, nämlich dem Sachverständigen, gestattet wurde, den Inhalt der Baugenehmigung weiter auszugestalten (vgl. Senatsbeschl. v. 16.11.2022 - 1 ME 70/22 -, BauR 2023, 428 = juris Rn. 19). Aus Sicht des Antragstellers war es daher geboten, sich im Rahmen der Anfechtung der Baugenehmigung auch mit dem Inhalt des geotechnischen Fachgutachtens und der Frage zu befassen, ob dies angesichts der Besonderheiten des Baugrunds ausreichende "Maßnahmen und Vorgaben" zum Schutz des Grundstücks des Antragstellers beinhaltete. Gerade weil die Ergebnisse der Begutachtung ipso jure Bestandteil der Genehmigung werden sollten, musste sich der Antragsteller - erst recht in einem Eilverfahren - auch inhaltlich mit dem vorgelegten Gutachten befassen. Hätte er seine Kritik an dem Gutachten erst in einem Verfahren gemäß § 79 Abs. 1 NBauO vorgetragen, hätte er sich unter Umständen dem Einwand ausgesetzt, dass dieses Gründungsgutachten als Teil der Baugenehmigung nur in einem gegen diese gerichteten Verfahren implizit zur Kontrolle gestellt werden könne.

Die Voraussetzungen, unter denen Kosten für ein Privatgutachten erstattet verlangt werden können, liegen allerdings nur für die Gutachten vom 30. Mai und 30. Juni 2022 vor.

Mit dem Gutachten vom 30. Mai 2022 hat der Antragsteller erstmals zum maßgeblichen Gutachten der Beigeladenen vom 24. November 2021 Stellung genommen und seine grundsätzliche Kritik daran dargelegt, insbesondere, dass der Gutachter der Beigeladenen von einer unzutreffenden geotechnischen Kategorie ausgegangen sei. Die Kosten für dieses Gutachten sind aus den oben genannten Gründen erstattungsfähig.

Noch als erstattungsfähig erachtet der Senat die folgende fachgutachterliche Stellungnahme des Privatsachverständigen zu den zwischenzeitlich eingegangenen Stellungnahmen des gegnerischen Sachverständigen vom 9. und 21. Juni 2022. Zu Recht wendet zwar die Antragsgegnerin ein, dass diese Stellungnahme im Verhältnis zur vorangegangenen vom 30. Mai 2022 Doppelungen enthielt. Sie richtet sich aber zumindest auch gegen die von der Gegenseite vorgebrachten Einwände. Es kann dem Antragsteller - zumal im Eilverfahren - nicht verwehrt werden, auf diese noch einmal zu erwidern und dabei seinen Sachverständigen hinzuzuziehen.

Die Kosten für die übrigen Gutachten sind hingegen nicht erstattungsfähig.

Für das sogenannte "2. Kurzgutachten" vom 28. März 2021 gilt dies bereits aus dem Grund, dass dieses fast neun Monate vor dem Gründungsgutachten erstellt wurde, im Wesentlichen aus einer Bitte um Vorlage weiterer Unterlagen besteht und nur allgemeine Ausführungen zum Baugrund und den notwendigen Untersuchungen enthält. Zudem ist das Kurzgutachten außer an den Antragsteller an zwei weitere Adressaten gerichtet, weshalb nicht erkennbar ist, wer das Gutachten in Auftrag gegeben hat.

Die Kosten für die Gutachten vom 7. August, 11. September und 7. Oktober sind ebenfalls nicht erstattungsfähig. Die Argumente, weshalb die Gutachten der jeweiligen Gegenseite ungenügend sein sollten, waren zu diesem Zeitpunkt ausgetauscht. Von der anfangs streitigen Frage, in welche geotechnische Kategorie der Baugrund einzustufen sei, hatten sich beide Gutachter entfernt. Soweit der Privatsachverständigen des Antragstellers mit dem Gutachten vom 7. August 2022 darstellt, "welche zeitliche Abfolge zur Erstellung geotechnische Leistungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens seitens geltender Normen und Regelwerke in Niedersachsen vorgesehen sind", lassen seine Ausführungen keinen Bezug mehr zu dieser Streitfrage erkennen. Gleiches gilt für die Stellungnahme vom 11. September 2022, mit der der Privatsachverständige eine Gesamtbewertung vornahm, "welche Versäumnisse und Fehlentscheidungen beim Baugenehmigungsverfahren für den Neubau [...] erfolgten". Die Beurteilung der Gefährdungslage mit einem weiteren Gutachten vom 7. Oktober 2022 besteht überwiegend aus Wiederholungen von bereits früher gehaltenem Sachvortrag, was die einleitende Bezugnahme auf sechs frühere Stellungnahmen betont. Die dafür angefallenen Aufwendungen sind somit bereits von der Erstattung für die früheren Gutachten umfasst.

Die Höhe der zu erstattenden Kosten ergibt sich aus der Summe des bereits rechtskräftig festgesetzten Betrags und der Beträge für die Gutachten vom 30. Mai und 30. Juni 2022.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten ergibt sich aus Nr. 5502 Abs. 1 und 2 VV-GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).