Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.02.2024, Az.: 1 KN 81/21

Normenkotrollantrag gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zur Ermöglichung der erheblichen Vergrößerung einer Sauenzuchtanlage im bisherigen Außenbereich

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.02.2024
Aktenzeichen
1 KN 81/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 13045
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0212.1KN81.21.00

Fundstellen

  • BauR 2024, 1017-1021
  • DÖV 2024, 614
  • NVwZ-RR 2024, 803-807
  • NordÖR 2024, 339
  • NuR 2024, 476-480
  • ZfBR 2024, 251-254

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Mit der Beschlussfassung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan nehmen die Ratsmitglieder den Regelungsgehalt des Plans sowie die zu den jeweiligen Regelungen führende Abwägung in ihren Willen auf. Vor diesem Hintergrund ist es unverzichtbar, dass alle Ratsmitglieder Kenntnis von dem vollständigen Vorhaben- und Erschließungsplan haben. Das setzt bei einem komplexen Plan voraus, dass er den Ratsmitgliedern als Sitzungsunterlage zugänglich gemacht wird

  2. 2.

    Hängt der Planvollzug von der Erteilung einer weiteren fachrechtlichen Genehmigung - beispielsweise naturschutzrechtlicher Art - ab, muss sich die planende Gemeinde im Planaufstellungsverfahren prognostisch beurteilen, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen die Genehmigung erteilt werden kann. Führt diese prognostische Beurteilung zu dem Ergebnis, dass die Genehmigung nicht erteilt werden kann, darf der Plan nicht erlassen werden; er wäre nicht erforderlich i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB. Ist hingegen auf Grundlage einer Prognose im Zeitpunkt der Beschlussfassung hinreichend sicher abschätzbar, dass die Genehmigung (wahrscheinlich) erteilt werden kann, muss die Gemeinde den voraussichtlichen Aufwand zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit in ihre Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB einstellen.

Tenor:

Der vom Rat des Antragsgegners am 16. Dezember 2020 als Satzung beschlossene vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 21 "BHZP Ellringen" ist unwirksam.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die gerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers je zur Hälfte. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 21 "BHZP Ellringen" des Antragsgegners, der der Beigeladenen die erhebliche Vergrößerung ihrer Sauenzuchtanlage im bisherigen Außenbereich ermöglicht.

Die Beigeladene betreibt neben anderen über das Bundesgebiet verteilten Anlagen im Ortsteil J. des Antragsgegners, westlich der Straße "K. -Straße", etwa 500 m südöstlich der Ortslage J., eine Anlage zur gewerblichen Tierhaltung mit ca. 300 Zuchtsauen, 2 Ebern und über 800 Jungsauen. Sie plant, diese durch eine größere Anlage für ca. 750 Zuchtsauen, 4 Eber, ca. 2.400 Ferkel und ca. 3.200 Jungsauen östlich der Straße zu ersetzen. Das Betriebskonzept der erweiterten Anlage sieht vor, dass die Entsorgung der in der erweiterten Anlage anfallenden Gülle über eine Gülleleitung in die im Nordwesten der Ortschaft J. gelegene, bereits bestehende Biogasanlage transportiert wird. Das bisherige Betriebsgelände wie auch das erweiterte Plangebiet sind im Süden und in einigem Abstand auch im Osten und Westen von Wald umgeben. Südlich und westlich an das Plangebiet schließt sich das Landschaftsschutzgebiet des Landkreises Lüneburg LSG LG 001 an. Eine Teilfläche des bisherigen Betriebsgeländes liegt innerhalb eines im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Lüneburg (RROP) festgesetzten Vorranggebietes für Natur und Landschaft und eines Vorranggebietes Trinkwassergewinnung; insgesamt liegt das Plangebiet innerhalb eines Vorranggebietes für ruhige Erholung in Natur und Landschaft. Entlang der Straße "K. -Straße" ist im RROP ein regional bedeutsamer Radweg ausgewiesen.

Um die beabsichtigte Erweiterung zu ermöglichen, beschloss der Antragsgegner am 26. Oktober 2016 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Satzung, der im Amtsblatt des Landkreises Lüneburg vom 23. November 2016 bekannt gemacht wurde. Mit Urteil vom 11. Dezember 2018 erklärte der Senat diesen Bebauungsplan für unwirksam (- 1 KN 185/16 -). Die Beschwerde der Beigeladenen und des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. Januar 2020 (- 4 BN 25.19 -) zurück.

Der Antragsgegner führte daraufhin ein ergänzendes Verfahren durch, das wie folgt verlief: Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 4. Juni 2019 den Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Nach zwei öffentlichen Auslegungen der Planunterlagen fasste der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 16. Dezember 2020 den erneuten Satzungsbeschluss. Den Ratsmitgliedern lagen bei der Beschlussfassung die Planzeichnung samt Begründung, Umweltbericht und Abwägungsvorschlägen, nicht aber der Vorhaben- und Erschließungsplan vor. Laut Protokoll dieser Sitzung hatte der Mitarbeiter des beauftragten Planungsbüros vor der Beschlussfassung allerdings darauf hingewiesen, dass der Plan vorhabenbezogen sei und der zugehörige Vorhaben- und Erschließungsplan, der das Vorhaben darstelle, Teil der Satzung sei und mit beschlossen werde. Im Amtsblatt des Landkreises Lüneburg (Ausgabe Nr. 3/2021 vom 8. März 2021) wurde sodann der am 28. Januar 2021 unterschriebene und ausgefertigte vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 21 bekanntgemacht.

Das Plangebiet umfasst die Flächen des Bestandsbetriebs sowie diejenigen, auf denen die geplanten Stallgebäude errichtet werden sollen, ferner deren Erschließung bestehend aus der Straße K. -Straße, deren Fahrbahn auf 4 m verbreitert und um seitliche Bankette und zwei Ausweichstellen erweitert werden soll. Dort, wo die Straße K. -Straße nach Westen in Richtung des Zentrums von J. abbiegt und im weiteren Verlauf die historische Wassermühle des Ortes passiert, soll westlich eines bereits bestehenden Wirtschaftswegs eine neue Verbindung zwischen der Straße L. -Straße und der Kreisstraße K 26 geschaffen werden. Diese ist mittlerweile schon realisiert worden, sodass die verkehrliche Erschließung über diese im Norden in west-östlicher Richtung verlaufende Kreisstraße erfolgen soll, die in diesem Bereich die Straßennamen M. -Straße und N. -Straße trägt. Weitgehend entlang dieser Erschließungsstraße, im Norden aber in ca. 10 bis 50 m Entfernung südlich und parallel zur K 26 soll die Gülleleitung in einem etwa 3 m breiten Korridor verlegt werden. Sowohl die Erschließungsstraße im Bereich nördlich der Straße L. -Straße als auch die Gülleleitung verlaufen durch mehrere Biotope, darunter das Biotop Nr. 4997, dessen Biotoptyp als "Flutrasen (28a)" im Jahr 1998 erfasst wurde.

Im südlichen Teil des Plangebiets, also dem Teilgebiet der eigentlichen Zuchtanlage samt Verwaltungseinrichtungen, ist eine etwa 4.500 m2 große Fläche als sonstiges Sondergebiet "SO Tier 1" westlich der Straße K. -Straße und östlich dieser Straße eine 35.600 m2 große Fläche als sonstiges Sondergebiet "SO Tier 2" festgesetzt. Beide dienen nach den textlichen Festsetzungen Nr. 1.1.1 bzw. 1.1.2 der Unterbringung von Wirtschaftsstellen eines gewerblichen Tierhaltungsbetriebes. Im SO Tier 1 sind ausschließlich dem gewerblichen Tierhaltungsbetrieb zugeordnete Büro- und Sozialgebäude sowie untergeordnete Nebenanlagen und Stellplätze zulässig. Im SO Tier 2 sind Anlagen zur Aufzucht und Haltung von bis zu 746 Zuchtsauen, 4 Eber, 2.393 Ferkel und 3.168 Jungsauen mit deren Nebenanlagen wie Futtersilos, Sozialgebäude und Anlagen zur Energiegewinnung wie Blockheizkraftwerke zulässig. Die Höhe baulicher Anlagen ist im SO Tier 1 auf 40 m, im SO Tier 2 auf 50 m ü. NN. begrenzt (bei Geländehöhen von 33-40 m ü. NN.), wovon nach der textlichen Festsetzung 1.1.4 technische Aufbauten wie Schornsteine und Lüftungsrohre ausgenommen sind. Die Grundflächenzahl ist nach der textlichen Festsetzung 1.1.5 auf 0,5 ohne Überschreitungsmöglichkeit begrenzt. Nördlich und westlich des SO Tier 1 ist eine Wasserfläche mit der Zweckbestimmung Niederschlagswasserversickerung festgesetzt. Auf Ausgleichsflächen A1 bis A7 innerhalb des zeichnerisch umgrenzten Geltungsbereichs des Bebauungsplans werden nach Maßgabe der textlichen Festsetzungen unter 1.2 verschiedene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt. Überdies soll eine unmittelbar nordöstlich des neuen Stalls gelegene Ackerfläche mit der Bezeichnung A8 zu mesophilem Grünland entwickelt werden. Diese Fläche liegt in einer Entfernung von über 500 m östlich des Flusses Neetze.

Der zugehörige Vorhaben- und Erschließungsplan besteht aus sieben Teilplänen. Der Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist mit dem Geltungsbereich des Vorhaben- und Erschließungsplans mit Ausnahme einer Teilfläche nördlich der Straße K 26 identisch. Sein Plangebiet endet knapp unterhalb der Straße K 26 dort, wo die Gülleleitung von Süden kommend auf die Straße stößt. Der weitere Leitungsverlauf nördlich der Straße wird im vorhabenbezogenen Bebauungsplan nur als "Hinweis ohne Normcharakter" dargestellt. Die Unterquerung der K 26 durch die Gülleleitung, deren Weiterführung nach Norden und deren Anschluss an die dortige Biogasanlage sind aber Planinhalt des Vorhaben- und Erschließungsplans, Teil 7, der dazu keine weiteren textlichen Anmerkungen enthält.

Die Beigeladene und der Antragsgegner sowie die Samtgemeinde A-Stadt hatten bereits am 26. Oktober 2016 einen Durchführungsvertrag geschlossen, der in der Folgezeit mehrfach geändert wurde, zuletzt mit der 4. Änderung am 16. Dezember 2020, also dem Tag, an dem der Rat des Antragsgegners nach Abschluss des ergänzenden Verfahrens auch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan beschloss.

Der Antragsteller hat am 11. Mai 2021 gegen diesen Plan Normenkontrollantrag gestellt und diesen im Wesentlichen wie folgt begründet. Die Auslegungsbekanntmachung sei aus mehreren Gründen fehlerhaft, ebenso die folgende Auslegung. Dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan fehle es bereits an der Erforderlichkeit, weil sich das Vorhaben nicht umsetzen lasse bzw. eine Prüfung der Umsetzbarkeit im Planaufstellungsverfahren fehlerhaft unterblieben sei. Dies beziehe sich auf Fragen des Brandschutzes, der Aufnahmekapazität der Biogasanlage, der notwendigen Zwischenlagerung der Gülle auf dem Betriebsgelände, der verkehrlichen Erschließung des erweiterten Betriebs und der Wasserversorgung. Das Vorhaben verstoße auch gegen das raumordnerische Anpassungsgebot. Ein diesbezüglich vom Landkreis Lüneburg ergangener Bescheid, in dem festgestellt werde, dass kein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung vorliegen würde, entbinde das Gericht ebenso wenig von einer eigenständigen Prüfung wie der vorliegende Zielabweichungsbescheid. Ebenso sei ein Bescheid, mit dem von Verboten der Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet befreit werde, unbestimmt und daher unwirksam. Der Bebauungsplan sei auch in mehrfacher Hinsicht abwägungsfehlerhaft. So könne sich der Antragsgegner nicht allein darauf berufen, dass die Geruchsemissionen der Anlage unterhalb von dafür relevanten Grenzwerten liegen würden. Die übrigen Emissionen von Ammoniak und Stickstoff sowie die Belastung durch Staub, Keime und Bioaerosole würden zu gering gewichtet und mögliche Verschlechterungen der Wasserqualität seien nicht geprüft worden. Das Landschaftsbild werde übermäßig beeinträchtigt. Der Umgang mit den betroffenen gesetzlich geschützten Biotopen sei fehlerhaft. Das Biotop Nr. 4997 sei schon nicht als solches erkannt worden; es fehle auch ein adäquater Ausgleich für dessen teilweise Zerstörung im Zuge des Straßenbaus. Bei weiteren Biotopen, die insbesondere von der Gülleleitung unterquert würden, sei die Betroffenheit unterschätzt worden. Zudem verstoße der Beschluss über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan gegen § 12 BauGB. Der Satzungsbeschluss erstrecke sich nicht wie erforderlich auf den Vorhaben- und Erschließungsplan. Der Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans bleibe unzulässig hinter dem Geltungsbereich des Vorhaben- und Erschließungsplans zurück. Es fehlten nähere Festsetzungen im Bebauungsplan, etwa zu den Gebäudedarstellungen und zum Standort der Abluftanlagen.

Der Antragsteller beantragt,

die durch den Gemeinderat des Flecken Dahlenburg am 16. Dezember 2020 beschlossene Satzung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 21 "BHZP Ellringen", bekannt gemacht im Amtsblatt für den Landkreis Lüneburg Nr. 3.2021 vom 8. März 2021, für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei weder formell noch materiell rechtswidrig. Er sei erforderlich. Die von den Antragstellern diesbezüglich vorgebrachten Einwände träfen nicht zu und seien überdies erst im nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren abschließend zu klären. Die Entnahme einer ausreichenden Menge an Grundwasser sei bereits genehmigt worden. Ein Verstoß gegen das raumordnerische Anpassungsgebot liege nicht vor, weil der Feststellungsbescheid mit dem Inhalt, dass kein Zielkonflikt vorliege, im Normenkontrollverfahren der Entscheidung ebenso zugrunde zu legen sei, wie ein Zielabweichungsbescheid. Der Bescheid, mit dem von Verboten der Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet befreit worden sei, sei unter Zuhilfenahme der Antragsunterlagen auslegungsfähig und hinreichend bestimmt. Es lägen auch keine Abwägungsfehler vor. Die Belastungen durch Verkehr sowie durch Ammoniak, Stickstoff, Staub und Bioaerosole seien zutreffend ermittelt und lägen im zulässigen Bereich. Die Landschaftsbildanalyse sei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die geänderte Schweinezuchtanlage schwer bis gar nicht einsehbar sei. Das Schutzgut Wasser werde nicht tangiert, weil sich die Beigeladene im Durchführungsvertrag zu einer durchgehend doppelwandigen Verlegung der Gülleleitung verpflichtet habe. Den Eingriffen in Natur und Landschaft sei durch die Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere auf der Ausgleichsfläche A8 Rechnung getragen worden. Für die Biotop-Fläche Nr. 4997 habe ein Biotopschutz nicht mehr bestanden, nachdem die entsprechende gesetzliche Anordnung außer Kraft getreten sei. Im Übrigen seien die betroffenen Biotope als solche erkannt worden; die Beeinträchtigung durch die Verlegung der Gülleleitung sei jedoch entweder nur temporär während der Bauzeit oder - bei unterirdischem Vortrieb - nicht relevant. Der Vorhaben- und Erschließungsplan habe ausgelegen, sei in derselben Sitzung wie der vorhabenbezogene Bebauungsplan beschlossen worden; letzterer nehme im Satzungstext und in der Planbegründung auf diesen Bezug. Insofern liege eine "gedankliche Schnur" zwischen beiden Planungen vor. Eine vollständige Deckungsgleichheit zwischen den Plangebieten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und des Vorhaben- und Erschließungsplans sei nicht notwendig, wenn dadurch der vorhabenbezogene Bebauungsplan ein Baurecht festsetzte, welches bereits - wie hier gemäß § 34 BauGB - bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag hat Erfolg. Der Bebauungsplan leidet unter formellen und materiellen Fehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

1.

a) Der Vorhaben- und Erschließungsplan als Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist nicht ordnungsgemäß beschlossen worden; damit fehlt es an einem wirksamen Satzungsbeschluss insgesamt.

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann eine Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zu Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird der Vorhaben- und Erschließungsplan Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Somit muss der Vorhaben- und Erschließungsplan auch zusammen mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen werden.

Zuständig für die Beschlussfassung ist die Vertretung, hier der Rat, gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG. Mit der Beschlussfassung nehmen die Ratsmitglieder den Regelungsgehalt des Plans sowie die zu den jeweiligen Regelungen führende Abwägung in ihren Willen auf. Daher müssen den Ratsmitgliedern bei der Beschlussfassung der Bebauungsplan samt Begründung sowie - soweit vorhanden - Abwägungstabelle und erforderlichen Anlagen zur Begründung vollständig bekannt sein (vgl. zu einer Landschaftsschutzgebietsverordnung NdsOVG, Urt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, NordÖR 2017, 543 = juris Rn. 44; ebenso Blum, in: ders. u.a., Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand: Dezember 2023, § 58 NKomVG Rn. 34a). Das ist jedenfalls dann gewährleistet, wenn die vorgenannten Unterlagen den Ratsmitgliedern als Anlage zur Beschlussvorlage zugänglich gemacht wurden oder in der Sitzung zur Einsichtnahme ausliegen (vgl. zur Abwägung OVG Bremen, Urt. v. 15.3.2023 - 1 D 24/22 -, BauR 2023, 1341 = juris Rn. 44). Ob es in einfach gelagerten Fällen - etwa bei der Änderung nur einzelner Festsetzungen eines bestehenden Bebauungsplans ohne komplexe Abwägung - auch genügen kann, dass der Bebauungsplan präsentiert und mündlich erläutert wird, bedarf hier keiner Entscheidung. Entscheidend ist, dass alle Ratsmitglieder vollständige Kenntnis vom Inhalt ihres Beschlusses haben müssen. Das war bei der Fassung des Satzungsbeschlusses am 16. Dezember 2020 nicht der Fall.

Aus dem Ratsinformationssystem des Antragsgegners ergibt sich, dass den Ratsmitgliedern bei der Beschlussfassung die Planzeichnung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, die Begründung samt Umweltbericht, Abwägungstabellen zu Einwänden und Hinweisen der Träger öffentlicher Belange sowie der Öffentlichkeit sowie ein Feststellungsbescheid des Landkreises Lüneburg zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Raumordnungsrecht vorlagen. Der Vorhaben- und Erschließungsplan lag hingegen nicht vor. Zwar hat ein Vertreter des Planungsbüros ausweislich der Sitzungsniederschrift vor der Beschlussfassung erklärt, dass der Plan vorhabenbezogen sei und der dazugehörige Vorhaben- und Erschließungsplan, der das Vorhaben darstelle, Teil der Satzung sei und mit beschlossen werde. Laut Protokoll ist ein Ausschnitt des Vorhaben- und Erschließungsplans in der Sitzung auch präsentiert worden. Das reicht jedoch nicht aus. Der Vorhaben- und Erschließungsplan ist gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB selbst Teil des Satzungsrechts; ihm kommt Regelungswirkung zu. Vor diesem Hintergrund ist es unverzichtbar, dass alle Ratsmitglieder Kenntnis von dem vollständigen Vorhaben- und Erschließungsplan hatten. Das setzt bei einem - wie hier - komplexen Plan voraus, dass er den Ratsmitgliedern als Sitzungsunterlage zugänglich gemacht wird. Die Präsentation eines Ausschnitts gewährleistet die erforderliche Kenntnis nicht.

Eine andere Betrachtung ergibt sich auch dann nicht, wenn den Ratsmitgliedern - wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - bei einer zeitlich vorangegangenen Beschlussfassung über die 3. Änderung des Durchführungsvertrags im Februar 2020 der vollständige Vorhaben- und Erschließungsplan vorgelegen haben sollte. Ein wirksamer Satzungsbeschluss erfordert, dass die Ratsmitglieder im Zeitpunkt der Beschlussfassung Kenntnis vom Inhalt ihres Beschlusses haben (vgl. zur Abwägung und den zugrundeliegenden Unterlagen OVG NRW, Urt. v. 14.8.2008 - 7 D 120/07.NE -, BauR 2008, 2014 = BRS 73 Nr. 46 = juris Rn. 92). Das ist jedenfalls nicht dadurch ausreichend sichergestellt, dass die Ratsmitglieder Teile des beabsichtigten Beschlussinhalts zuvor als Vorlage erhalten haben, ohne dass eine eindeutige Verbindung - etwa durch Verweis auf die vorangegangene Vorlage - hergestellt worden ist.

Der Fehler führt zur Unwirksamkeit des Ratsbeschlusses. Insbesondere ist er nicht gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die im NKomVG enthalten oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen worden sind, und unter der eine Satzung zustande gekommen ist, unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit Verkündung der Satzung gegenüber der Kommune geltend gemacht worden ist. Nicht unter diese Vorschrift fallen Fälle, in denen ein wirksamer Satzungsbeschluss insgesamt fehlt. Zudem hat der Antragsteller die Rüge der fehlerhaften Beschlussfassung binnen Jahresfrist gegenüber dem Antragsgegner erhoben.

Ausdrücklich offen lässt der Senat in diesem Zusammenhang, ob in Bezug auf den Vorhaben- und Erschließungsplan weitere Fehler vorliegen, insbesondere, ob insoweit dem Ausfertigungserfordernis entsprochen wurde.

b)

Der Bebauungsplan ist zudem abwägungsfehlerhaft, weil er den biotopschutzrechtlichen Bestimmungen nicht hinreichend Rechnung trägt.

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben. Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bebauungsplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus; Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer "planerischen Zurückhaltung" sein. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen. Ein Konflikttransfer ist mithin nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist. Ob eine Konfliktbewältigung durch späteres Verwaltungshandeln gesichert oder wenigstens wahrscheinlich ist, hat die Gemeinde prognostisch zu beurteilen, da es um den Eintritt zukünftiger Ereignisse geht. Ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung die künftige Entwicklung hinreichend sicher abschätzbar, so darf sie dem bei ihrer Abwägung Rechnung tragen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 -, NVwZ 2015, 1537 = juris Rn. 14 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 15.10.2023 - 1 KN 66/20 -, BauR 2024, 234 = juris Rn. 55; v. 16.11.2023 - 1 KN 91/21 -, juris Rn. 30).

Bezogen auf den Biotopschutz erfordert dies von der Gemeinde, zu ermitteln, welche Konflikte im biotopschutzrechtlicher Hinsicht durch den Plan hervorgerufen werden können. Zwar ist die planende Gemeinde selbst nicht Adressatin des biotopschutzrechtlichen Verbotstatbestands des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG, wonach Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops führen können, verboten sind; dieser Tatbestand kann nicht durch den bloßen Planungsakt, sondern erst durch die auf seiner Grundlage verwirklichten Vorhaben verletzt werden (vgl. § 30 Abs. 4 BNatSchG). Dem Plangeber obliegt es aber, im Verfahren der Planaufstellung in der Abwägung zu ermitteln, welche Biotope beim Planvollzug betroffen sein werden. Ferner ist zu ermitteln, ob die auf Grundlage des Bebauungsplans zu erwartenden Verletzungshandlungen durch im Plan gemäß § 30 Abs. 3 und 4 Satz 1 BNatSchG selbst vorgesehene Maßnahmen oder anderweitig auf Vollzugsebene zwecks Erteilung einer Ausnahme ausgeglichen werden können oder ob von dem Verbot des § 30 Abs. 2 BNatSchG gemäß § 67 BNatSchG befreit werden kann. Führt diese prognostische Beurteilung zum Ergebnis, dass weder eine Ausnahme noch eine Befreiung in Betracht kommt, darf der Plan nicht erlassen werden, weil er den biotopschutzrechtlichen Konflikt unzulässig auf die Vollzugsebene verlagert. Ein solcher Plan wäre absehbar nicht vollziehbar und deshalb nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 -, ZfBR 2015, 689 = BauR 2015, 1620 = BRS 83 Nr. 8 = juris Rn. 10). Ist hingegen auf Grundlage einer Prognose der Gemeinde im Zeitpunkt der Beschlussfassung hinreichend sicher abschätzbar, dass der biotopschutzrechtliche Konflikt durch späteres Verwaltungshandeln gesichert oder wenigstens wahrscheinlich bewältigt werden kann, muss die Gemeinde den voraussichtlichen Aufwand für etwaig erforderliche Ausgleichsmaßnahmen, also deren Kosten und gegebenenfalls anderweitigen Nachteile, in ihre Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB einstellen.

Daran gemessen ist die Abwägung hier fehlerhaft. Sie leidet bereits an einem Ermittlungsdefizit, weil der Antragsgegner die Betroffenheit der im Geoportal des Landkreises Lüneburg gegenwärtig unter den Nrn. 4997, 22514 und 22628 erfassten, bereits im Jahr 2016 kartierten Biotope durch die Errichtung der Erschließungsstraße und die Verlegung der Gülleleitung nicht erkannt hat. Bei den so gekennzeichneten Flächen handelt es sich jeweils um mesophiles Grünland und damit um gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 3 NNatSchG. Diese Eigenschaft ergibt sich bereits aus dem von der Beigeladenen in Auftrag gegebenen Landschaftspflegerischen Begleitplan aus dem Jahr 2016, der die Flächen ausdrücklich als mesophiles Grünland bezeichnet (S. 27 f. und S. 51 ff.).

Dem steht nicht entgegen, dass die Flächen zum für die Abwägung gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 16. Dezember 2020 noch nicht zu den gesetzlich geschützten Biotopen zählten. Die Vorschrift des § 24 Abs. 2 Nr. 3 NNatSchG stellt mesophiles Grünland erst in seiner ab 1. Januar 2021 geltenden Fassung unter Schutz. Diese Änderung erfolgte durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des "Niedersächsischen Weges" im Naturschutz-, Gewässerschutz- und Waldrecht vom 11. November 2020 (Nds. GVBl. Nr. 43/2020, S. 451). Die Verkündung dieses Gesetzes erfolgte allerdings bereits am 3. Dezember 2020 im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt. Somit war für die Gemeinde zum späteren Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 16. Dezember 2020 bereits sicher erkennbar, dass das Vorhaben bei seiner Realisierung die künftigen Biotope verletzen und - das ist für die Abwägung maßgeblich - die Genehmigungs- und Ausgleichspflicht des § 30 Abs. 3 BNatSchG auslösen würde. Da die Gemeinde - wie ausgeführt - zu einer prognostischen Beurteilung verpflichtet war, musste sie dies auch schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung rund 14 Tage vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes berücksichtigen.

Dass die Biotope erst im Jahr 2023 in das entsprechende Register eingetragen und der Antragsgegner und die Beigeladene nach ihrer Darstellung in der mündlichen Verhandlung erst im selben Jahr von der Biotop-Eigenschaft Kenntnis erlangt haben, kommt ihnen nicht zugute. Die Registrierung gemäß §§ 30 Abs. 7 BNatSchG, 14 Abs. 9 NNatSchG und anschließende Bekanntmachung gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 NNatSchG gegenüber den Eigentümern und Nutzungsberechtigten der Flächen hat nur deklaratorischen Charakter (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.5.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 = NVwZ-RR 2002, 81 = juris Rn. 166; OVG NRW, Urt. v. 1.4.2022 - 10 D 3/20.NE -, juris Rn. 54; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: September 2023, BNatSchG § 30 Rn. 34). Das Gesetz geht davon aus, dass die genannten Biotope ohne weitere Konkretisierung erkennbar sind. Davon ist auch hier auszugehen, da die Flächen - wie ausgeführt - bereits im Jahr 2016 als "Mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte" kartiert wurden.

Dieser Mangel im Abwägungsvorgang ist auch erheblich. Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Das ist hier der Fall. Der Fehler ergibt sich aus den Aufstellungsvorgängen. Ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis ist möglich, weil der planerische Eingriffsausgleich bei Kenntnis des Fehlers voraussichtlich anders ausgefallen wäre. Der im Plan vorgesehene Ausgleich für die planbedingten Beeinträchtigungen im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB in Form einer Extensivierung eines Ackers und der Herstellung eines sonstigen mesophilen Grünlands auf der Ausgleichsfläche A8 genügt nicht den biotopschutzrechtlichen Anforderungen an einen Ausgleich im Sinne des § 30 Abs. 3 BNatSchG.

Gemäß § 30 Abs. 3 BNatSchG kann von den Verboten des Abs. 2 auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Der Begriff des Ausgleichs ist im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG zu verstehen (BR-Drs. 278/09, S 199). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung dann, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind. Eine lediglich gleichwertige Kompensation durch Ersatzmaßnahmen genügt nicht (NdsOVG, Urt. v. 4.7.2017 - 7 KS 7/15 -, DVBl. 2017, 1440 = juris Rn. 153; HambOVG, Urt. v. 1.4.2020 - 2 Es 1/20.N -, UPR 2020, 352 = juris Rn. 67). Es ist ein Biotop desselben Typs zu schaffen, der in den standörtlichen Gegebenheiten und der Flächenausdehnung mit dem beeinträchtigten Biotop im Wesentlichen übereinstimmt (Heugel, in: Lütkes/Ewer/Heugel, 2. Aufl. 2018, BNatSchG § 30 Rn. 10).

Der Antragsgegner hat, wie aus dem Umweltbericht zum Bebauungsplan hervorgeht, die Fläche des Grünlands, das durch die Errichtung der Erschließungsstraße verloren geht, mit einer Wertstufe bewertet und den Ausgleich dementsprechend dadurch zu kompensieren versucht, dass er im Plan Ausgleichsmaßnahmen gleicher Wertigkeit vorsieht. Das genügt nicht den dargestellten Anforderungen. Die Ausgleichsfläche A8 bietet aufgrund ihrer Hängigkeit und der damit verbundenen guten Entwässerung nicht die Voraussetzungen für die Entstehung von mesophilem Grünland auf mäßig feuchtem Standort wie die ursprüngliche Fläche der Biotope. Ein Biotop auf dieser Ausgleichsfläche würde überdies aufgrund ihrer weiten Entfernung zur Neetze und zu den Standorten der beschädigten Biotope in den standörtlichen Gegebenheiten nicht mehr mit diesen übereinstimmen.

Ob die Erteilung einer Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG vom Verbot des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG in Betracht kommt, hat der Antragsgegner naturgemäß ebenfalls nicht geprüft. Sollte eine Befreiung in Frage kommen, wäre sie aber nach Lage der Dinge mit einer Ausgleichspflicht gemäß § 67 Abs. 3 BNatSchG verbunden.

2.

Für den Fall, dass der Antragsgegner erneut beabsichtigt, den Plan zu heilen, weist der Senat auf folgende Punkte hin:

a) Der Geltungsbereich des Vorhaben- und Erschließungsplans geht über den Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans hinaus. Das ist mindestens unüblich. Ob diese Differenz der Geltungsbereiche allein schon die Unwirksamkeit des Bebauungsplans nach sich zieht (so VGH BW, Urt. v. 26.10.2011 - 5 S 920/10 -, RdL 2013, 332 = juris Rn. 108; OVG NRW, Urt. v. 24.2.2023 - 7 D 33/21.NE -, BauR 2023, 880 = juris Rn. 65), wofür mindestens im Regelfall vieles spricht, lässt der Senat offen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Vorhaben- und Erschließungsplan in dem über den Bebauungsplan hinausgehenden Teil keine bauplanungsrechtlichen Rechtsfolgen entfalten soll und dies auch eindeutig kenntlich gemacht ist. In diesem Fall käme dem Vorhaben- und Erschließungsplan in Verbindung mit dem Durchführungsvertrag nur eine das Vorhaben konkretisierende Wirkung zu. Ob eine solche Ausnahme überhaupt anzuerkennen ist und hier vorliegt, ist fraglich. Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass der Bestimmtheitsgrundsatz fordert, dass in einem solchen Fall sowohl im vorhabenbezogenen Bebauungsplan als auch im Vorhaben- und Erschließungsplan deutlich erkennbar sein muss, wo mit dem Plan neues Baurecht geschaffen werden soll und wo dies in der Annahme bereits bestehenden Baurechts (so hier möglicherweise nördlich der K 26, allerdings entgegen der Annahme des Antragsgegners und der Beigeladenen nicht gemäß § 34 BauGB, sondern allenfalls nach § 35 BauGB) nicht erfolgen soll. Während dies hier aus dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan und dessen Begründung (Seite 9) möglicherweise noch hinreichend hervorgeht, enthält der Vorhaben- und Erschließungsplan keine entsprechende Klarstellung.

b) Entgegen der Ansicht des Antragstellers sind Belange des Brandschutzes ausreichend gewürdigt worden. Eine mit Brandschutzanforderungen im Einklang stehende Realisierung ist möglich, sodass der Plan nicht bereits deshalb gemäß § 1 Abs. 3 BauGB mangels Erforderlichkeit scheitert. Im konkreten Fall ist nicht ersichtlich, dass es aufgrund der Anordnung der Gebäude unmöglich wäre, den Vorgaben gemäß § 12 DVO-NBauO zu genügen. Danach müssen für Räume, in denen Tiere gehalten werden, in Ställen Ausgänge ins Freie in solcher Anzahl, Höhe und Breite vorhanden sein und sich so öffnen lassen, dass die Tiere bei Gefahr ohne Schwierigkeiten ins Freie gelangen können. Von jeder Stelle des Raumes muss mindestens ein Ausgang ins Freie in einer Entfernung von nicht mehr als 35 m erreichbar sein. Soweit der Antragsteller geltend macht, das spezifische Verhalten der Tiere halte diese davon ab, die vorgesehenen Fluchtmöglichkeiten zu nutzen, sie würden teilweise direkt ins Feuer laufen oder sich der Rettung widersetzen, belegt dies nicht die Mangelhaftigkeit des Brandschutzkonzepts. Liegt nicht in der Beschaffenheit der Fluchtwege, sondern in einem artbedingtem Verhalten - wie etwa einer Gruppenbildung oder dem Rückzug in vertraute Räume - der Grund dafür, dass Tiere nicht fliehen, sondern hierzu durch den Menschen erst angetrieben werden müssen, so genügt die hinreichende Beschaffenheit der für sie vorgesehen Fluchtwege in Verbindung mit einer Zugänglichkeit der Räume für Tierhalter und Feuerwehr, um - je nach Brandlage - einen Versuch wagen zu können, die Tiere zur Nutzung der Fluchtwege anzutreiben oder einzelne von ihnen zwangsweise zu entfernen (NdsOVG, Beschl. v. 15.9.2020 - 12 ME 29/20 -, RdL 2021, 27 = juris Rn. 111).

c) Die Abfallentsorgung als Teil einer ordnungsgemäßen Erschließung, hier namentlich die Entsorgung der anfallenden Gülle, dürfte voraussichtlich gesichert sein. Der entgegenstehende Vortrag des Antragstellers dürfte auf einem Rechenfehler beruhen. Für klärungsbedürftig hält der Senat aber noch, ob die Biogasanlage in der Lage ist, die gesamte Menge von 11.000 t Gülle pro Jahr aufzunehmen oder - das legt die der Genehmigung der Biogasanlage zugrundeliegende Geräuschprognose vom 23 Juni 2010 nahe - die Aufnahmemenge der Biogasanlage von maximal 16.000 t pro Jahr nur zu einem Anteil von maximal 6.000 t aus Gülle (davon 5.000 t Rinder- und lediglich 1000 t Schweinegülle) bestehen darf.

d) Das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB, wonach Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind, ist nicht verletzt. Durch den Zielabweichungsbescheid vom 24. August 2016 und den Feststellungsbescheid vom 8. Oktober 2020 steht bestandskräftig fest, dass die Zielabweichung zulässig ist bzw. eine Zielabweichung gar nicht vorliegt, sodass ein Zielabweichungbescheid entbehrlich ist. Einer inzidenten Überprüfung im Normenkontrollverfahren sind diese Bescheide entzogen (vgl. zur Rechtsnatur des Feststellungsbescheids BVerwG, Urt. v. 16.8.1977 - I C 23.69 -, BVerwGE 54, 264 = NJW 1978, 234 = juris Rn. 37; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, 10. Aufl., 2023, VwVfG, § 35 Rn. 83a m.w.N.). Ebenso ist dem Antragsteller der Rückgriff auf das materielle Raumordnungsrecht abgeschnitten.

e) Die Geruchsbelastung durch die Anlage hat der Antragsgegner zutreffend ermittelt und fehlerfrei als hinnehmbar abgewogen. Nach dem im Planaufstellungsverfahren eingeholten Geruchsgutachten liegt die Belastung in etwa 300 m Entfernung von dem Vorhaben aus betrachtet in einem Bereich von deutlich unter 2 %, im Bereich der nächsten Wohnbebauung sogar von unter 0,5 % der Jahreshäufigkeit von Geruchsstunden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch davon auszugehen, dass die in der Anlage einzusetzenden Filter eine solche Minderung erreichen können. Dass Filter mit der gutachterlich vorausgesetzten Leistungsfähigkeit existieren, legt bereits die Tatsache nahe, dass der Abluftreinigungsanlagen-Runderlass (Gem. RdErl. d. MU, d. MS u. d. ML v. 2.11.2020 - 33-40501/207.01 -, Nds. MBl. S. 1367) für Tierhaltungsanlagen wie der hier geplanten den Nachweis verlangt, dass eine Minderung auf weniger als 300 Geruchseinheiten pro m3 ohne Rohgasgeruch im Reingas erreicht wird (Abschnitt 3.1). Ferner sieht der Erlass Abluftreinigungsanlagen, die diesen Anforderungen genügen, als Stand der Technik an (Abschnitt 2 3. Absatz). Mit der 2. Änderung des Durchführungsvertrags hat sich die Beigeladene dazu verpflichtet, derartige Filter einzusetzen.

f) Dass der Wasserbedarf der Anlage gedeckt werden kann, ist überwiegend wahrscheinlich. Der Beigeladenen wurde seitens des Landkreises Lüneburg mit Bescheid vom 17. September 2013 die Entnahme von 15,5 m3/stündlich und von 18.000 m3/jährlich gestattet. Soweit der Antragsteller einen Verbrauch im Umfang von 20.000 m3/jährlich errechnet und damit einen Mehrverbrauch von 2.000 m3 oder rund 10 % liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der vorgesehene Brunnen nicht in der Lage wäre, auch diese Wassermenge bereitzustellen. Sollte der Antragsgegner ein ergänzendes Verfahren durchführen, wäre gleichwohl eine explizite Betrachtung der Wasserversorgung anzuraten.

g) Angesichts der Tatsache, dass der Plan bereits aus den oben genannten Gründen scheitert, erübrigen sich Ausführungen zu den weiteren Rügen des Antragstellers, die voraussichtlich nicht durchgegriffen hätten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 (analog), 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Prof. Dr. Lenz
Dr. Tepperwien
Feldmann