Landgericht Göttingen
Beschl. v. 08.11.2002, Az.: 6 S 58/02
Erledigung der Hauptsache; Mahnbescheid; ordnungsgemäßer Erlass; Vollstreckungsbescheid; Voraussetzungen; wirksame; Zustellung
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 08.11.2002
- Aktenzeichen
- 6 S 58/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 43696
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 699 ZPO
- § 344 ZPO
- § 91 a ZPO
- § 92 Abs 2 ZPO
Gründe
Die Klägerin hat gegen den Beklagten, ihren inzwischen geschiedenen Ehemann, einen Zahlungsanspruch wegen der ihr entstandenen steuerlichen Nachteile durch das in den Jahren 1998 und 1999 durchgeführte Realsplitting geltend gemacht.
Nach vergeblicher Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung bis 18.03.2002 leitete die Klägerin gegen den Beklagten das Mahnverfahren ein. Der Mahnbescheid ist dem Beklagten noch unter seiner alten Anschrift in F. unter dem 15.04.2002 zugestellt worden, während der Vollstreckungsbescheid vom 02.05.2002 dem Beklagten unter dem 10.05.2002 unter seiner neuen Anschrift in G. zugestellt worden ist. Ausweislich einer vom Beklagten vorgelegten Meldebescheinigung ist dieser dort seit dem 13.03.2002 mit seinem Wohnsitz gemeldet. Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
Nachdem der Beklagte der Klägerin die Hauptforderung sowie zumindest einen Teil der Zinsen gezahlt hat, hat die Klägerin die Klage in Höhe von 10,00 EUR für vorgerichtliche Kosten und wegen weitergehender Zinsen zurückgenommen. Sodann haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Nunmehr ist gemäß § 91 a ZPO noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Diese Entscheidung hat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu ergehen. Diese Grundsätze führen hier dazu, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat bis auf die durch den Vollstreckungsbescheid veranlassten Kosten.
Denn bei Fortsetzung des Rechtsstreits wäre der Beklagte unterlegen. Unstreitig war er zum Ausgleich des steuerlichen Nachteils, den die Klägerin durch das in den Jahren 1998 und 1999 durchgeführte Realsplitting erlitten hat, verpflichtet. Das hat er letztlich durch die Zahlung auch anerkannt. Das gilt auch für die Zinsen. Soweit die Klägerin wegen eines Teils der Zinsforderung und wegen vorgerichtlicher Kosten die Klage teilweise zurückgenommen hat und soweit der Beklagte möglicherweise nicht den gesamten restlichen Zinsanspruch ausgeglichen hat, handelt es sich lediglich um eine geringfügige Mehrforderung der Klägerin, die es nach § 92 Abs. 2 ZPO rechtfertigt, die Kosten auch insoweit dem Beklagten aufzuerlegen.
Allerdings hat der Beklagte nicht die Mehrkosten zu tragen, die sich aus dem Erlass des Vollstreckungsbescheids vom 02.05.2002 ergeben. Dieser ist nämlich nicht in gesetzlicher Weise zustande gekommen: Unabwendbare Voraussetzung für den Erlass eines Vollstreckungsbescheids ist der ordnungsgemäße Erlass eines Mahnbescheids. Dieser ist dem Beklagten aber nicht wirksam zugestellt worden. Die Niederlegung an seinem früheren Wohnsitz am 15.04.2002 ist nicht wirksam gewesen, weil der Beklagte ausweislich der von ihm vorgelegten Meldebescheinigung zu diesem Zeitpunkt bereits in G. gemeldet war. Damit hätte der Vollstreckungsbescheid nicht erlassen werden dürfen. Darauf, ob das den Beteiligten erkennbar war oder nicht, kommt es grundsätzlich nicht an. Da innerhalb der hier zu treffenden Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO, über die die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden ist (vgl. Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, 21. Auflage, § 344 Rdnr. 3), können diese Umstände bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden. Innerhalb dieser Kostenentscheidung hat das Gericht nämlich von Amts wegen zu prüfen, ob der Vollstreckungsbescheid in gesetzlicher Weise ergangen ist (Stein-Jonas-Grunsky, a. a. O., Rdnr. 5). Ist das nicht der Fall, so erscheint es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, die zusätzlich durch den Vollstreckungsbescheid entstandenen Kosten dem Unterliegenden aufzuerlegen. Hier kommt weiter hinzu, dass die Klägerin Kenntnis von dem Umzug des Beklagten hatte, wie sich nicht zuletzt aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 28.03.2002 an die Klägerin ergibt, in dem Bezug genommen wird auf den "Umzugstrubel". Im Übrigen hat die Klägerin das Vorbringen des Beklagten im Schriftsatz vom 19.08.2002 nicht bestritten, wonach ihr bekannt war, dass der Beklagte Mitte März 2002 umgezogen ist. Unter diesen Umständen entspricht es der Billigkeit, die zusätzlichen Kosten des Vollstreckungsbescheids der Klägerin aufzuerlegen.