Landgericht Göttingen
Beschl. v. 29.05.2002, Az.: 5 S 74/01

Bewertung eines Räumungsanspruches i.R.d. Streitwertbestimmung für eine Räumungsklage

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
29.05.2002
Aktenzeichen
5 S 74/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 30447
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2002:0529.5S74.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Herzberg - 20.02.2002 - AZ: C 30/01

Fundstelle

  • WuM 2003, 643 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
auf die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Berufungsbeklagten
gegen den Streitwert-Beschluss der Kammer vom 20.02.2002
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht E,
den Richter am Landgericht F sowie
den Richter G
am 29. Mai 2002
beschlossen:

Tenor:

Die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Berufungsbeklagten gibt der Kammer keine Veranlassung, die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 20.02.2002 zu ändern.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 20.02.2002 hat die Kammer den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 6.600,00 DM = 3.374,53 Euro festgesetzt. Dabei hat sie unter Zugrundelegung des § 16 Abs. 2 GKG den Räumungsanspruch entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer lediglich mit dem Jahres-Nettomietzins bewertet, also die vertraglich vereinbarten abrechenbaren Nebenkosten-Vorauszahlungen nicht berücksichtigt.

2

Hiergegen erheben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin/Berufungsbeklagten unter Hinweis auf die Neufassung des § 16 Abs. 2 GKG Einwendungen. Sie vertreten die Meinung, dass nunmehr "nach der zwingenden Definition des Gesetzgebers" die Gesamtmiete einschließlich der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten für die Bewertung des Räumungsanspruchs zugrunde zu legen sei.

3

Dieser Ansicht vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Sie hält vielmehr an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, nach der bei der Bewertung des Räumungsanspruchs nach § 16 Abs. 2 GKG vereinbarte Vorauszahlungen auf die Nebenkosten nicht berücksichtigt werden können. Die Neufassung des § 16 Abs. 2 GKG durch das Mietrechtsreformgesetz hat eine Rechtsänderung insoweit nach Ansicht der Kammer nicht bewirkt. Zwar heißt jetzt in § 16 Abs. 2 GKG, dass für die Bewertung des Räumungsanspruchs maßgebend ist das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt. Mit dieser neuen Formulierung ist indes keine sachliche Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand (der für die Dauer eines Jahres zu entrichtende Zins) eingetreten. Auch unter der Geltung der alten Fassung des § 16 Abs. 2 GKG war es so, dass keineswegs nur der Mietzins für die Bewertung des Räumungsanspruchs zugrunde gelegt wurde. Auch weitere vertragliche Gegenleistungen anderer Art konnten und wurden hinzugerechnet. Auch die Kammer hat keineswegs vereinbarte Nebenkosten gänzlich unberücksichtigt gelassen. Vereinbarte Nebenkostenpauschalen, die nicht abgerechnet werden sollten oder Nebenkosten, die in der vereinbarten Miete enthalten waren (vgl. Inklusiv- oder Teil-Inklusivmiete) sind auch von der Kammer stets im Rahmen der Bewertung des Räumungsanspruchs mit berücksichtigt worden. Das hat insoweit der ganz herrschenden Meinung in der Rechtsprechung entsprochen. Nur vereinbarte abrechenbare Nebenkosten-Vorauszahlungen sind, weil es sich insoweit im wesentlichen um durchlaufende Posten gehandelt hat, bei der Ermittlung des Wertes des Räumungsanspruchs nicht berücksichtigt worden. Das aber bedeutet, dass auch die Regelung des § 16 GKG a.F. nicht auf den reinen Mietzins beschränkt war, sondern auch letztlich auf das vereinbarte Entgelt für die Überlassung des Wohnraums abgestellt hat. So gesehen, bewirkt die Neufassung des § 16 Abs. 2 GKG keine sachliche Änderung, sondern eine Präzisierung. Die Neufassung des § 16 Abs. 2 GKG ist im übrigen lediglich eine notwendige Folge daraus, dass das Mietrechtsreformgesetz den Begriff des Zinses bzw. des Mietzinses abgeschafft hat. Dafür ist der Begriff der Miete als die Gegenleistung des Mieters eingeführt worden.

4

Die Aufrechterhaltung und Fortführung der bisherigen Rechtsprechung der Kammer ungeachtet der Neufassung des § 16 Abs. 2 GKG wird im übrigen bestätigt durch eine Entscheidung des BGH vom 02.06.1999 (in ZMR 1999/615, 616). Zwar ist diese Entscheidung noch auf der Grundlage des § 16 Abs. 2 GKG a.F. ergangen. Sie verwendet jedoch bereits den jetzt im Gesetz verankerten Begriff des Entgelts. Der Bundesgerichtshof hat - insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Kammer - ausgeführt, dass vereinbarte Vorauszahlungen auf die Nebenkosten als solche nicht Bestandteil des Entgelts für die Gebrauchsüberlassung angesehen werden könnten. Diese Entscheidung hat durch die Neufassung des § 16 Abs. 2 GKG ihre Bedeutung und Geltung nicht verloren.