Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 01.06.2021, Az.: 7 B 1657/21
Corona; COVID-19; Fleischproduktion; Infektionsschutz; Pandemie; SARS-CoV-2; Schlachtbetrieb; Testpflicht; Testungen
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 01.06.2021
- Aktenzeichen
- 7 B 1657/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70671
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Der nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu beurteilende Antrag, die aufschiebende Wirkung der am 6. April 2021 erhobenen Klage (7 A 1670/21) gegen die Allgemeinverfügung des Antragsgegners „über die Einführung einer Testpflicht zwecks Eindämmung der Atemwegserkrankung ‚Covid-19‘ durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2“ vom 31. März 2021 anzuordnen, soweit sie die Antragstellerin zur Testung ihrer Mitarbeiter verpflichtet, bleibt ohne Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage im Falle des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der Fassung vom 8. Mai 2021 (BGBl. I S. 850) folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Für den Erfolg eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist in materieller Hinsicht entscheidend, ob das private Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Allgemeinverfügung zu bewerten ist. Im Rahmen dieser gerichtlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen sind mit der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Zurückhaltung die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren maßgeblich zu berücksichtigen. Bei einer offensichtlich Erfolg versprechenden Klage überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen regelmäßig das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist (1.). Hier ist dieselbe Entscheidung daneben auf der Grundlage einer umfassenden Folgenabwägung vorzunehmen (2.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus.
1.
In dem hier zu überprüfenden Umfang spricht Überwiegendes dafür, dass sich die die Antragstellerin betreffenden Regelungen der Allgemeinverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen werden und damit die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzen, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines – wie hier – angefochtenen Verwaltungsaktes richtet sich nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht (BVerwG, Urt. v. 14. Dezember 1994 – 11 C 25.93 –, juris-Rn. 29). Die hier erlassene Allgemeinverfügung, die gemäß § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) i. V. m. § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ein Unterfall des Verwaltungsaktes ist, erweist sich als Dauerverwaltungsakt, der ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis begründet, sodass seine Voraussetzungen ständig aktualisiert vorliegen müssen. Die Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 31. März 2021, geändert durch Allgemeinverfügung vom 6. April 2021 und verlängert durch Allgemeinverfügung vom 28. April 2021, trifft nicht nur eine einmalige, stichtagsbezogene Regelung. Sie verpflichtet vielmehr ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens am 1. April 2021 (vgl. § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG) bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 unterschiedliche, jeweils nach allgemeinen Merkmalen bestimmbare bzw. bestimmte Betroffene zu einer Testung (ihrer Mitarbeiter) auf Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2. Daraus folgt, dass eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich beachtlich ist, die Rechtmäßigkeit daher anhand der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 6. April 2021 – 13 ME 166/21 –, juris-Rn. 5 m. w. N.).
Die Allgemeinverfügung findet eine tragfähige Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 28a Abs. 1 Nr. 14, Abs. 3 und Abs. 6 IfSG. Mit der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts dürfte § 18 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung – Nds. Corona-VO) vom 30. Mai 2021 (eilverkündet unter www.niedersachsen.de/verkuendung) demgegenüber nicht als Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung anzusehen sein. Diese Regelung dürfte vielmehr nur klarstellen, dass die Regelungen der Nds. Corona-VO nicht abschließend sind und weitergehenden Anordnungen durch die Landkreise und kreisfreien Städte auf der genannten Rechtsgrundlage des Infektionsschutzgesetzes nicht entgegenstehen, soweit sie im Interesse des Gesundheitsschutzes erforderlich sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 6. April 2021 – 13 ME 166/21 –, juris-Rn. 8; Beschl. v. 24. März 2021 – 13 MN 145/21 –, juris-Rn. 33; Beschl. v. 25. November 2020 – 13 MN 487/20 –, juris-Rn. 20).
Die Allgemeinverfügung ist formell rechtmäßig.
Es bestehen zunächst keine Bedenken gegen die gewählte Handlungsform der Allgemeinverfügung. Zwar ist wegen der für Allgemeinverfügungen geltenden Sondervorschriften eine Abgrenzung der Allgemeinverfügung zu Einzelverfügungen i. S. d. § 35 Satz 1 VwVfG erforderlich (vgl. Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 277). Abgrenzungsprobleme stellen sich bei der ausdrücklich als Allgemeinverfügung erlassenen und öffentlich nach § 41 Abs. 3, 4 VwVfG bekannt gegebenen Anordnung vom 31. März 2021 jedoch nicht. Die Antragstellerin durfte sich dieser Handlungsform bedienen. Voraussetzung einer personenbezogenen Allgemeinverfügung i. S. d. § 35 Satz 2 Var. 1 VwVfG – wie hier – ist lediglich, dass der Behörde die Bestimmung des Personenkreises auch nach allgemeinen Merkmalen möglich ist. Nicht erforderlich ist jedoch, dass sie den Personenkreis nur nach diesen Merkmalen bestimmen kann. Die Behörde kann somit eine Allgemeinverfügung auch dann erlassen, wenn sie Namen/Adressen der Betroffenen kennt. Wenn der Behörde sowohl der Erlass eines Bündels von Einzelverfügungen (sog. Sammelverwaltungsakt) wie einer Allgemeinverfügung möglich ist, steht ihr somit ein Wahlrecht zu (zum Vorstehenden insgesamt Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 278 m. w. N.; vgl. auch Windoffer, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 35 Rn. 111 f.). Dass dem Antragsgegner einzelne Adressaten der Allgemeinverfügung, insbesondere Betriebe aus dem Bereich der Schlachtung und Zerlegung wie die Antragstellerin, bekannt sind, vermag sein Handlungsformenwahlrecht daher entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht auszuschließen. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsgegner bisher im Zuge der Corona-Pandemie Testpflichten gegenüber der Antragstellerin per Einzelverfügung gemäß § 35 Satz 1 VwVfG angeordnet hat. Das dem Antragsgegner bei der Ausübung seines Wahlrechts zukommende Ermessen (vgl. Ramsauer, in: Kopp/ders., VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 35 Rn. 160) wird dadurch nicht im Sinne einer Selbstbindung eingeschränkt. Im Rahmen des dynamischen, unter stetigen Veränderungen stehenden, Pandemiegeschehens, auf das die Exekutive im Allgemeinen wie auch der Antragsgegner im Speziellen fortwährend neu zu reagieren und dabei vormaliges Handeln zu reflektieren und ggf. abzuändern hat, kann schon nicht von einer hierfür erforderlichen gefestigten Verwaltungspraxis ausgegangen werden.
Die Allgemeinverfügung ist zudem ordnungsgemäß bekanntgegeben.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bedurfte es keiner den einzelnen Betroffenen bzw. (zumindest) ihr gegenüber konkret-individuell erfolgenden Bekanntgabe, sondern ist die gewählte Form der öffentlichen Bekanntgabe der Allgemeinverfügung gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG rechtmäßig. Nach dieser Vorschrift dürfen – über den hier nicht einschlägigen Fall des § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG hinaus – Allgemeinverfügungen auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Allgemein wird hierunter verstanden, dass die individuelle Bekanntgabe wegen der Natur des in Frage stehenden Verwaltungsaktes nicht möglich oder jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15. November 1988 – 10 S 751/88 –, NVwZ 1989, 978 [980] [VGH Baden-Württemberg 15.11.1988 - 10 S 751/88]; Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 41 Rn. 46 m. w. N.). Die Einzelbekanntgabe einer Allgemeinverfügung kann trotz Kenntnis der Beteiligten untunlich sein, wenn die Bekanntgabe eilig ist und die einzelnen Betroffenen nicht schnell zu erreichen sind (Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 153). Untunlich kann die Einzelbekanntgabe insbesondere sein, wenn ihre Durchführung eine effektive Gefahrenabwehr vernünftigerweise nicht gewährleistet (VGH München, 30. März 2020 – 20 CS 20.611 –, juris-Rn. 8). Maßgeblich sind letztlich die Verhältnisse des Einzelfalls (Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 154).
Die maßgebliche Allgemeinverfügung regelt nicht lediglich eine die Antragstellerin betreffende Pflicht für Betriebe im Bereich der Schlachtung und Zerlegung, ihre Mitarbeiter in der Produktion mindestens einmal pro sieben Tagen auf eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 zu testen. Ihr Regelungsumfang geht über diesen in Nr. 6 angeordneten Anwendungsfall deutlich hinaus. So sieht etwa Nr. 7 eine entsprechende Testpflicht auch für Gemüse- und Obstanbaubetriebe vor. Darüber hinaus verpflichtet die Allgemeinverfügung auch (unmittelbar) alle Arbeitnehmer, die erstmalig oder nach einer Unterbrechung von mehr als fünf zusammenhängenden Kalendertagen erneut (Nr. 1) bzw. nach einem Aufenthalt von mehr als 24 Stunden in einem Risikogebiet (Nr. 2) Arbeitsleistungen für einen Arbeitgeber erbringen, das Vorliegen einer Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 bei sich durch einen im Inland durchgeführten Test gemäß § 5a Nds. Corona-VO auszuschließen.
Hinsichtlich dieser beiden zuletzt genannten Regelungen scheidet die Einzelbekanntgabe bereits wegen Unmöglichkeit aus, weil der Kreis der Betroffenen nicht von vornherein feststellbar ist. Indem sich der Antragsgegner durch den Erlass der angegriffenen Allgemeinverfügung für ein – im Gegensatz zu den in der Vergangenheit lediglich gegenüber einzelnen Betrieben per Einzelverfügung angeordneten Testpflichten – umfassenderes Regelungskonzept entschieden hat, durfte er die Allgemeinverfügung trotz Kenntnis einzelner Adressaten (wie etwa der Antragstellerin) jedoch auch insgesamt öffentlich bekanntgeben. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin war dies aus Gründen der Eilbedürftigkeit zur Abwehr drohender Gefahren vernünftigerweise angezeigt.
Vor Erlass der Allgemeinverfügung war im Gebiet des Antragsgegners ein – auch im landes- wie bundesweiten Vergleich – äußerst hohes Infektionsgeschehen zu verzeichnen. So betrug die 7-Tage-Inzidenz zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Allgemeinverfügung am 1. April 2021 146,6 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner (vgl. die Pressemitteilung des Antragsgegners vom 1. April 2021, https://www.landkreis-vechta.de/nc/service/aktuelles/pressemitteilungen/einzelansicht/news/corona-67-neuinfektionen-im-kreisgebiet-vechta.html, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021). Vor dem Hintergrund eines sich zu dieser Zeit insgesamt verstärkenden Infektionsgeschehens (sog. dritte Welle) begegnet es keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner um ein schnellstmögliches Handeln bemühte. Im Zusammenhang mit den unmittelbar bevorstehenden Osterfeiertagen und der daher ansonsten zu erwartenden Verzögerung war es daher notwendig, dass die Allgemeinverfügung bereits ohne Zugang bei den Betroffenen wirksam wurde. Andernfalls wäre mit Blick auf ein zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließendes exponentielles Wachstum der Zweck der Regelung, nämlich im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit die Bevölkerung vor der Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden, erheblich gefährdet gewesen. Auch daher war eine individuelle Bekanntgabe untunlich.
Dabei war es auch nicht verfassungsrechtlich geboten, die Allgemeinverfügung der Antragstellerin gegenüber einzeln bekanntzugeben, um ihr – als möglicherweise besonders stark von der Verfügung Betroffene – die Rechtsverfolgung zu erleichtern (vgl. Stelkens, in: ders./Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 147, 154). Der Antragsgegner durfte insofern vielmehr davon ausgehen, dass die Antragstellerin als Unternehmen der insbesondere im Kreisgebiet des Antragsgegners besonders tätigen Fleischproduktion von der Allgemeinverfügung auch bei einer öffentlichen Bekanntgabe rechtzeitig Kenntnis erlangen würde. Dies war, wie die ausführliche Antrags- und Klageschrift vom 5. April 2021 belegt, nicht nur tatsächlich der Fall, sondern konnte auch deshalb vernünftigerweise erwartet werden, weil die staatlichen Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie bereits im Allgemeinen von der Gesellschaft – umfassend medial begleitet – breit rezipiert und diskutiert wurden und werden. Umso mehr gilt diese besondere Aufmerksamkeit für die staatlichen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung für die Antragstellerin als Unternehmen der produzierenden Fleischwirtschaft. Dieser Wirtschaftszweig stand und steht, ausgelöst durch größere Infektionsausbrüche in verschiedenen Betrieben während des vergangenen Jahres, insgesamt im Blickpunkt der staatlichen Pandemiebekämpfung. Die Betriebe – und somit auch die Antragstellerin – konnten und mussten damit bei dem dargelegten hohen Infektionsgeschehen jederzeit mit neuen sie betreffenden Regelungen rechnen. Demgemäß bestand keine übermäßige Mitwirkungslast der Antragstellerin dergestalt, dass sie von sich aus hätte besonders aktiv werden müssen, um von der Bekanntgabe überhaupt und so rechtzeitig zu erfahren, um Rechtsbehelfe hiergegen einlegen zu können. Ihre Rechtsschutzmöglichkeiten wurden daher nicht unzulässig eingeschränkt.
Vor diesem Hintergrund dürfen aus Sicht der Kammer die Anforderungen an eine Untunlichkeit der Einzelbekanntgabe, die bereits nach ihrem Wortlaut zwingend von einer Unmöglichkeit zu unterscheiden ist, insgesamt nicht und speziell bezogen auf die Antragstellerin erst recht nicht überspannt werden, sodass sich diese Form der Bekanntgabe hier als rechtmäßig erweist.
Auch materiell-rechtlich ist die Allgemeinverfügung, soweit sie die Antragstellerin durch die in Nr. 6 geregelte wöchentliche Testpflicht für Mitarbeiter in der Produktion betrifft, nicht zu beanstanden. Die darüber hinausgehenden Regelungen der Allgemeinverfügungen berühren nicht die Rechtssphäre der Antragstellerin und wurden von ihr auch nicht gerügt.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Regelung in Nr. 6 der Allgemeinverfügung sind erfüllt.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.
Bei der Erkrankung Covid-19, die durch den Krankheitserreger Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht wird, handelt es sich um eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG (vgl. nur Robert Koch-Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Übertragungswege, Stand: 19. April 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021).
Die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG genannten Maßnahmen können sich nicht nur gegen kranke oder krankheits- bzw. ansteckungsverdächtige Personen und Ausscheider, sondern auch gegen Dritte – sog. Nichtstörer – richten, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung der Ausbreitung der Krankheit erforderlich ist, beispielsweise um sie vor Ansteckungen zu schützen (BVerwG, Urt. v. 22. März 2012 – 3 C 16.11 –, juris-Rn. 25 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 19. April 2021 – 13 MN 192/21 –, juris-Rn. 40; VGH Mannheim, Beschl. v. 7. Mai 2020 – 1 S 1244/20 –, juris-Rn. 16 m. w. N.). Nach aktuellem Kenntnisstand kann eine Übertragung des Corona-Virus durch eine infizierte Person schon jedenfalls ein bis zwei Tage vor Symptombeginn oder auch bei einem asymptomatischen Verlauf der Erkrankung, den der Betroffene selbst gar nicht wahrgenommen hat, stattfinden (vgl. Robert Koch-Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Übertragung durch asymptomatische, präsymptomatische und symptomatische Infizierte, Stand: 19. April 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021). Daher reicht es nicht aus, im Zusammenhang mit bevölkerungsbezogenen Maßnahmen, die darauf abzielen, Infektionen frühzeitig zu erkennen, um eine Weiterverbreitung zu verhindern, allein „Störer“ in die Pflicht zu nehmen. Aus infektionsschutzrechtlicher Sicht maßgeblich ist insoweit allein der Bezug der durch die konkrete Maßnahme in Anspruch genommenen Personen zur Infektionsgefahr (OVG Lüneburg, Beschl. v. 19. April 2021 – 13 MN 192/21 –, juris-Rn. 41).
Da es während der vergangenen Monate zu massiven Infektionsgeschehen in verschiedenen Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben gekommen ist, besteht ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr für die dort tätigen Mitarbeiter. Der allgemein bekannten Presseberichterstattung lassen sich Berichte zu mehreren Ausbrüchen in der Fleischwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland entnehmen (vgl. exemplarisch nur folgende im Internet zugängliche Berichte: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-10/toennies-fleischindustrie-coronavirus-soegel-ausbruch-schlachthof, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021; https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Hohe-Inzidenz-Corona-Ausbrueche-bei-Schlachthof-und-Werft,corona7140.html, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021). Auch das Robert Koch-Institut hat als hierzu gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG berufene Stelle in der Vergangenheit wiederholt ausgeführt, dass die Fallzahlen bei Tätigen im Lebensmittelbereich größtenteils auf Ausbrüche in fleischverarbeitenden Betrieben zurückzuführen sind (vgl. nur Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 v. 14. November 2020, S. 6, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2020/2020-11-14-de.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021). Vor diesem Hintergrund hat die Kammer keine Veranlassung, an den Angaben des Antragsgegners in der Begründung seiner Allgemeinverfügung zu zweifeln, wonach in den vergangenen Wochen wiederholt Corona-Ausbrüche in Bezug auf Mitarbeiter verschiedener schlachtender und/oder zerlegender Betriebe auch in seinem Gebiet festzustellen waren. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass erhebliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass größere Betriebe dieser Branche aufgrund der Mitarbeiterstruktur, der Arbeitsorganisation und der Arbeitssituation in der Produktion ein gesteigertes Infektions- und Verbreitungsrisiko bergen, erscheint vielmehr nachvollziehbar.
Die Gefährdung kann hier auch nicht dadurch in Abrede gestellt werden, dass es im Betrieb der Antragstellerin seit Beginn des Jahres noch zu keiner Infektion gekommen ist. Denn die Gefahr der weitreichenden Virusverbreitung geht von einem zunächst unbemerkten Eintrag des Virus in den Betrieb der Antragstellerin aus. Dass dies hier bislang offensichtlich nicht der Fall gewesen ist, belegt weder die Ungefährlichkeit des Betriebs der Antragstellerin noch anderer Großbetriebe der Fleischwirtschaft (vgl. VG Minden, Beschl. v. 24. August 2020 – 7 L 662/20 –, juris-Rn. 76).
Bei der streitgegenständlichen Testpflicht für Betriebe der Schlachtung und Zerlegung handelt es sich auch um eine Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. § 28 Abs. 1 IfSG liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urt. v. 22. März 2012 – 3 C 16.11 –, juris-Rn. 26 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 f.). Der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ ist dabei umfassend angelegt, um den Infektionsschutzbehörden insbesondere bei einem dynamischen, zügiges Eingreifen erfordernden Infektionsgeschehen ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen an die Hand zu geben (OVG Lüneburg, Beschl. v. 19. April 2021 – 13 MN 192/21 –, juris-Rn. 44). Wie sich bereits aus dem letzten Satzteil des § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG ergibt, erfüllen all solche Maßnahmen den Begriff der „Schutzmaßnahme“, die der Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten dienen (VGH Mannheim, Beschl. v. 30. Juli 2020 – 1 S 2087/20 –, juris-Rn. 46). Bei der Anordnung einer Verpflichtung der Betriebe der Schlachtung und Zerlegung, ihre Mitarbeiter in der Produktion mindestens einmal innerhalb von sieben Tagen zu testen, ist das der Fall. Sie kann dazu beitragen, in einer Gruppe von asymptomatischen Menschen Infektionen mit dem Corona-Virus frühzeitig zu erkennen, und diese Personen bei Bedarf zu isolieren, um so die andernfalls drohende Weiterverbreitung des Virus zu verhindern.
Aus § 28a Abs. 1 Nr. 14, Abs. 3 und Abs. 6 IfSG ergibt sich nichts Anderes. Nach dieser Bestimmung können notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere auch die „Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel“ sein.
Der Deutsche Bundestag hat am 25. März 2020 eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt und diesen Beschluss zuletzt in seiner Plenarsitzung am 4. März 2021 erneuert (vgl. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/215, S. 27032B, https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19215.pdf, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021).
Die in Nr. 6 der Allgemeinverfügung vorgesehene Testpflicht stellt eine Beschränkung i. S. d. § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG dar. Ob eine solche Testpflicht auch Bestandteil eines Hygienekonzepts i. S. d. § 28a Abs. 1 Nr. 3 IfSG sein kann und ob daher auch auf diese Norm als Ermächtigungsgrundlage zurückgegriffen werden könnte, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen (vgl. – auch zum Verhältnis von „Beschränkung“ und „Auflage“ – OVG Bautzen, Beschl. v. 30. März 2021 – 3 B 83/21 –, juris-Rn. 48 ff.).
Die Schutzmaßnahmen sollen nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens regional bezogen auf die Ebene der Landkreise, Bezirke oder kreisfreien Städte an Schwellenwerten ausgerichtet werden.
Das Infektionsgeschehen ist im Kreisgebiet des Antragsgegners gemessen an der Anzahl der täglichen Neuinfektionen gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügung mittlerweile deutlich zurückgegangen. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt mit Stand vom 28. Mai 2021 nach der Mitteilung des Gesundheitsamtes des Antragsgegners nur noch 25,9 pro 100.000 Einwohner (vgl. die Pressemitteilung des Antragsgegners vom 28. Mai 2021, https://www.landkreis-vechta.de/nc/service/aktuelles/pressemitteilungen/einzelansicht/news/corona-40-jaehriger-verstirbt-infolge-einer-covid-19-infektion-schulen-und-kitas-kehren-montag-in.html, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021) und liegt damit unterhalb des in § 28 Abs. 3 Satz 7 IfSG genannten Schwellenwertes von 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Unterhalb dieses Schwellenwertes kommen danach insbesondere Schutzmaßnahmen in Betracht, die die Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen.
Bei der angegriffenen Testpflicht in Betrieben der Schlachtung und Zerlegung handelt es sich um eine solche Kontrollmaßnahme.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass unterhalb einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen zwar weitere Einschränkungen wegfallen können, sodass eine größere ökonomische und soziale Entfaltung und Normalisierung des öffentlichen Lebens möglich wird. Einfache Maßnahmen seien dann gleichwohl notwendig, um dem Infektionsgeschehen möglichst effektiv entgegenzutreten bzw. zumindest eine Erhöhung der Inzidenz zu vermeiden (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite v. 3. November 2020, BT-Drs. 19/23944, S. 34 f.). Diesem gesetzgeberischen Willen entspricht das serielle Testen der Mitarbeiter, weil es ermöglicht, dass der Betrieb der betroffenen Unternehmen im Rahmen bestehender (eigener) Hygienekonzepte aufrechterhalten bleiben kann, andererseits aber frühzeitig ein mögliches Ausbruchsereignis erkannt und diesem effektiv entgegengetreten werden kann. Die Testung dient der Kontrolle bei fortschreitender „Normalisierung“.
Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – „Wie“ des Eingreifens – ist der Behörde im Rahmen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG Ermessen eingeräumt (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Dieses wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige“ Schutzmaßnahmen handeln muss, nämlich Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind (BVerwG, Urt. v. 22. März 2012 – 3 C 16/11 –, juris-Rn. 24). Der Staat darf folglich nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig, m. a. W. verhältnismäßig sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 19. April 2021 – 13 MN 192/21 –, juris-Rn. 50).
Unter Berücksichtigung des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungsumfangs bestehen im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der für Betriebe der Schlachtung und Zerlegung angeordneten Testpflicht keine durchgreifenden Bedenken. Die Regelung in Nr. 6 der Allgemeinverfügung ist zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen.
Der Antragsgegner verfolgt (weiterhin) einen legitimen Zweck, nämlich im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden. Hieran vermag weder der in den vergangenen Wochen zu verzeichnende, auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Rückgang der Infektionszahlen etwas zu ändern, noch die aktuell für das Kreisgebiet des Antragsgegners gemeldete geringe Zahl an Neuinfektionen. Zwar mag angenommen werden, dass die Pandemie bezogen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch eine fortschreitende Impfung der Bevölkerung in den kommenden Monaten in eine neue Phase übergehen wird, in der das Kriterium der Anzahl an Neuinfektionen für sich genommen zunehmend an Bedeutung verlieren wird und stattdessen – unter Betrachtung als ein allgemeines Lebensrisiko – Kriterien wie Mortalität und Morbidität in den Vordergrund rücken werden. Derzeit ist jedoch noch nicht von einem hinreichend großen Anteil vollständig geimpfter Personen an der Gesamtbevölkerung auszugehen. Zudem ist mit dem oben Gesagten in Rechnung zu stellen, dass Schlachthöfe und fleischverarbeitende Betriebe ein gesteigertes Infektions- und Verbreitungsrisiko bergen dürften und ein einzelner Infektionsherd deshalb in kurzer Zeit zu einer sehr schnellen und umfassenden Weiterverbreitung des Virus führen kann.
Zur Erreichung des dargelegten Ziels ist das vom Antragsgegner gewählte Mittel der Reihentestung in Betrieben der Schlachtung und Zerlegung auch geeignet. Eine Maßnahme ist geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der erstrebte Erfolg zumindest gefördert werden kann. Es ist nicht notwendig, dass der Erfolg in jedem Einzelfall auch tatsächlich erreicht wird oder jedenfalls erreichbar ist; die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (BVerfG, Beschl. v. 10. April 1997 – 2 BvL 45/92 –, juris-Rn. 61 m. w. N.).
Eine serielle Testung ermöglicht es, frühzeitig infizierte, möglicherweise (noch) keine Symptome aufweisende Personen zu identifizieren, sodass sodann gezielt Maßnahmen ergriffen werden können, um eine weitere Verbreitung des Corona-Virus zu verhindern.
Insoweit sind Reihentestungen jedenfalls dann ein geeignetes Mittel zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Corona-Virus, wenn eine Einrichtung vom Blickpunkt des Infektionsschutzes aus betrachtet besondere Gefahren birgt, weil viele, unter Umständen auch besonders vulnerable Personen dort regelmäßig zusammenkommen, vor Ort erhöhten Infektionsgefahren ausgesetzt sind und ein einzelner Infektionsherd deshalb in kurzer Zeit zu einer sehr schnellen und umfassenden Weiterverbreitung des Virus führen kann (VG Düsseldorf, Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 29 L 2547/20 –, juris-Rn. 63). Die Kammer tritt insofern dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bei, wenn dieses ausführt, dass es
„trotz der noch fehlenden abschließenden wissenschaftlichen Klärung plausibel [erscheint], dass Schlacht-, Zerlegungs- und Fleischverarbeitungsbetriebe und ähnliche Betriebe […] im Produktionsbereich typischerweise durch eine Reihe von Besonderheiten geprägt sind, die zu besonderen Infektionsgefahren der zuvor skizzierten Art führen, darunter die Zahl der dort tätigen Personen, die aus lebensmittelhygienischen Gründen gebotene Absenkung der Temperatur in den Betriebsstätten, die Schwere der körperlichen Arbeit, die zu einem erhöhten Aerosolausstoß führt, die hohe Fluktuation der vielfach durch Subunternehmer gestellten Mitarbeiter sowie teilweise zusätzlich deren Unterbringung in Sammelunterkünften.“
(VG Düsseldorf, Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 29 L 2547/20 –, juris-Rn. 63)
Die Eignung wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass jeder Corona-Test immer nur eine Momentaufnahme ist oder dass der nach Nr. 6 Satz 5 der Allgemeinverfügung ersatzweise zur Anwendung zugelassene PoC-Antigen-Schnelltest keine hinreichende Testgenauigkeit aufweist und damit ein trügerisches Sicherheitsgefühl schaffen könnte. Zwar bleibt die Genauigkeit der sog. (Antigen-)Schnelltests insbesondere hinter der einer molekularbiologischen Untersuchung mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR-Testung) zurück. Auch wurden in unabhängigen Validierungsstudien je nach Testfabrikat deutliche Unterschiede in den Leistungsmerkmalen von Antigentests aufgezeigt. Demnach sind auf dem deutschen Markt derzeit Antigentests mit klinischen Sensitivitäten (Anteil der Personen mit positivem Testergebnis unter den Infizierten) von 40–80 Prozent verfügbar (vgl. Seifried u. a., Antigentests als ergänzendes Instrument in der Pandemiebekämpfung, in: Robert Koch-Institut [Hg.], Epidemiologisches Bulletin, 17/2021, 29. April 2021, S. 14 [16 f.], https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/17_21.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021). Zudem haben Antigentestungen von symptomlosen Personen, die wie hier nur in einer geringen seriellen Frequenz von (mindestens) einmal pro Woche durchgeführt werden, im Vergleich zu seriellen hochfrequenten Testungen (etwa das wiederholte Testen alle 48 Stunden) eine geringere Wahrscheinlichkeit eines korrekten Testergebnisses (vgl. Seifried u. a., Antigentests als ergänzendes Instrument in der Pandemiebekämpfung, in: Robert Koch-Institut [Hg.], Epidemiologisches Bulletin, 17/2021, 29. April 2021, S. 14 [17], https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/17_21.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen: 31. Mai 2021).
Gleichwohl wird bei allen bekannten Schwächen auch durch den Einsatz sog. (Antigen-)Schnelltests als einer weiteren Maßnahme der Pandemiebekämpfung, die die übrigen bevölkerungsweiten Maßnahmen (Abstand, Hygiene, Alltag mit Maske, Lüften) ergänzt, das Ziel, infizierte Personen zu identifizieren und das Infektionsgeschehen dadurch zu kontrollieren, in jedem Fall gefördert.
Die in Nr. 6 der Allgemeinverfügung vorgesehene Maßnahme ist auch erforderlich. Mildere Maßnahmen, die denselben Erfolg mit gleicher Sicherheit erzielen, sind nicht ersichtlich.
Solange eine epidemische Lage – wie hier – durch erhebliche Ungewissheiten und sich ständig weiterentwickelnde fachliche Erkenntnisse geprägt ist, ist dem Verfügenden eine entsprechende Einschätzungsprärogative im Hinblick auf das gewählte Mittel einzuräumen, soweit sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE –, juris-Rn. 90 f.). Gravierende Unsicherheiten bei der prognostischen Bewertung des weiteren Ausbruchsverlaufs können es – auch mit Blick auf künftig auftretende sogenannte Superspreading-Events – dabei rechtfertigen, eine stärker typisierende Betrachtung (verbleibender) Risikotatbestände anzulegen und stärker generalisierende Regelungen zu treffen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 6. Juli 2020 – 13 B 940/20.NE –, juris-Rn. 54).
Nach diesen Maßgaben ist die der Antragstellerin auferlegte Testverpflichtung nicht zu beanstanden. Diese Einschätzung beruht auf der Annahme, dass von den von der Allgemeinverfügung erfassten Beschäftigten in Betrieben der Schlachtung und Zerlegung im Bereich der Produktion ein erhebliches Risiko für eine weitreichende Verbreitung des Virus SARS-CoV-2 durch sog. Superspreading-Events ausgeht, wenn auch hinsichtlich der genauen Ursachen derzeit noch Unsicherheiten bestehen.
Welche betriebsorganisatorischen oder technischen Gründe konkret das Infektionsgeschehen begünstigen, ist zwar noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Wie bereits dargelegt, kam es jedoch bundesweit wie auch im Kreisgebiet des Antragsgegners in den vergangenen Monaten zu massiven Infektionsgeschehen in verschiedenen Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben.
Darüber hinaus ist in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Antragsgegners in Rechnung zu stellen, dass die Organisations- und Arbeitsstrukturen in den betroffenen Betrieben durch eine hohe Fluktuation (auch ausländischer) Mitarbeiter geprägt ist, die eine Nachverfolgung von Kontaktpersonen von mit dem Corona-Virus Infizierten erheblich erschwert.
Hieraus rechtfertigt sich aus Sicht der Kammer auch die vom Antragsgegner in Nr. 6 der Allgemeinverfügung angelegte „generalisierende Betrachtungsweise“ für Betriebe der Schlachtung und Zerlegung mit mindestens 49 in der Produktion beschäftigten Mitarbeitern. Die wöchentliche Testung dieser Mitarbeiter reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass mit SARS-CoV-2 infizierte Personen überhaupt in die Produktionsstätten gelangen und sich das Virus dort ausbreiten kann (vgl. auch Robert-Koch-Institut, Täglicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 v. 19. Mai 2021, S. 14, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Mai_2021/2021-05-17-de.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen: 20. Mai 2021: „… können [auch] Antigentests als zusätzliches Element zur frühzeitigen Erkennung der Virusausscheidung die Sicherheit erhöhen“). Sie ermöglicht es zudem, rechtzeitig Kontaktpersonen zu ermitteln.
Andere Maßnahmen, die bei geringerer Eingriffsintensität eine vergleichbare infektiologische Wirkung haben, sind demgegenüber nicht ersichtlich. Insbesondere die im eigenen Hygienekonzepts der Antragstellerin enthaltenen Maßnahmen (z. B. die tägliche Messung der Körpertemperatur der Mitarbeiter sowie die strikte Anweisung der Mitarbeiter im Umgang mit Symptomen) dürften für sich genommen nicht die gleiche Wirkung haben. Jedenfalls können sie selbst bei konsequenter Anwendung nicht verhindern, dass infizierte Personen in die Produktionsstätten gelangen. Auch soweit die Antragstellerin bereits von sich aus einmal in der Woche mindestens zehn Prozent der Belegschaft nach einem Stichprobenschlüssel testet (vgl. Bl. 26 GA), ist dies nicht in gleicher Weise wirksam wie die wöchentliche Testung aller in der Produktion beschäftigten Mitarbeiter.
Im Übrigen trägt die Allgemeinverfügung Erforderlichkeitsgesichtspunkten dadurch Rechnung, dass die PCR-Testung im sog. Poolverfahren erfolgen kann, bei dem mehrere Einzelproben zu einem Pool zusammengefasst und gemeinsam getestet werden (Nr. 6 Satz 2). Zudem können nach Nr. 6 Satz 5 der Allgemeinverfügung ersatzweise PoC-Antigen-Schnelltests durch einen Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 der Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung – TestV) v. 8. März 2021 durchgeführt werden. Die Antragstellerin trägt überdies selbst vor, dass sie in den vergangenen Monaten ein eigenes Testkonzept (für jeweils zehn Prozent ihre Mitarbeiter pro Woche) etabliert hat (vgl. Bl. 26 GA). In Verbindung mit den genannten Milderungen bestehen daher auch hinsichtlich des Umstandes, dass die Testverpflichtung aufgrund der öffentlich bekannt gegebenen Allgemeinverfügung in relativ kurzer Zeit umzusetzen war, keine Bedenken.
Darüber hinaus sieht die Allgemeinverfügung in ihrem Begründungsteil auf Seite 5 Ausnahmen von der Testpflicht vor, wenn im Einzelfall dargelegt werden kann, dass kein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, z. B. weil technische oder organisatorische Maßnahmen ergriffen wurden, die geeignet sind, das Infektionsrisiko zu reduzieren. Aus Sicht der Kammer dürften unter diese Regelung wegen ihrer offenen Formulierung („z. B.“) auch weitere aus infektiologischen Gründen anzunehmenden Ausnahmen fallen, wie etwa, dass Mitarbeiter bereits vollständig gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2 geimpft sind.
Die vorgeschriebene Testung ist schließlich auch angemessen. Die damit für die Antragstellerin einhergehenden Nachteile stehen nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Ziel des Infektionsschutzes.
Zwar ist die Antragstellerin durch die Testpflicht in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Die Intensität des Eingriffs ist jedoch als vergleichsweise gering anzusehen, weil er lediglich auf Ebene der Berufsausübung erfolgt. Die Anordnungen in Nr. 6 der Allgemeinverfügung verbietet der Antragstellerin nicht die Fortführung ihrer Tätigkeit als solche, sondern legt ihr nur eine besondere Schutzmaßnahme auf.
Zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit müssen lediglich vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls vorliegen (vgl. VGH München, Beschl. v. 13. August 2020 – 20 CS 20.1821 –, juris-Rn. 84 m. w. N). Diese Voraussetzungen sind hier angesichts des mit der Allgemeinverfügung bezweckten Schutzes von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) erfüllt.
In diesem Zusammenhang ist auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass die in der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung vorgesehene Testverpflichtung befristet ist und nur bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 gilt. Zudem dürfte die Verfügung seitens des Antragsgegners – entsprechend der ihm obliegenden Verpflichtung – aller Voraussicht nach fortlaufend an weitere Erkenntnisgewinne angepasst werden (vgl. VG Minden, Beschl. v. 24. August 2020 – 7 L 662/20 –, juris-Rn. 93). Mit Blick auf die Eröffnung der Gefahrenquelle durch die Antragstellerin ist auch die ihr auferlegte Kostentragungspflicht gemäß Nr. 10 Satz 2 der Allgemeinverfügung nicht zu beanstanden. Das Infektionsschutzrecht kennt sowohl die Kostentragungspflicht des Adressaten einer Maßnahme (§ 39 Abs. 1 IfSG) als auch die Bestreitung der Kosten aus öffentlichen Mitteln (§ 69 IfSG). Ein Regel-Ausnahmeverhältnis zugunsten der Antragstellerin ergibt sich daraus nicht (vgl. VG Minden, Beschl. v. 24. August 2020 – 7 L 662/20 –, juris-Rn. 51). Die wirtschaftliche Belastung wird zudem durch die von der Allgemeinverfügung vorgesehene Möglichkeit der Testung im sog. Poolverfahren sowie der ersatzweisen Testung mittels Antigenschnelltests zumindest abgemildert. Dass die Kosten für die Maßnahme für sich genommen geeignet sind, den Betrieb der Antragstellerin existenziell zu bedrohen, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
Auf der anderen Seite leistet die Testverpflichtung durch die Möglichkeit einer frühzeitigen Identifizierung von Infizierten einen Beitrag zur Abwehr erheblich ins Gewicht fallender Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit aller sowie der Funktionsweise staatlicher und gesellschaftlicher Einrichtungen (VG Düsseldorf, Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 29 L 2547/20 –, juris-Rn. 84). Insoweit ist neben dem Gesundheitsschutz auch zu berücksichtigten, dass erhebliche Verbreitungsgeschehen aufgrund der gegebenenfalls erforderlichen weiteren infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen auch massive wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen in der betroffenen Region haben können (VG Minden, Beschl. v. 24. August 2020 – 7 L 662/20 –, juris-Rn. 93).
2.
Selbst wenn man den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache als offen ansehen wollte, gebietet auch eine ergänzend vorzunehmende allgemeine Folgenabwägung selbständig tragend nicht die Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Regelungen der Allgemeinverfügung. Die mit dem weiteren Vollzug der angegriffenen, zeitlich beschränkten Testpflicht einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile sind nicht derart gewichtig, dass sie das mit der Allgemeinverfügung verfolgte Interesse, einen Anstieg der Infektionszahlen, verbunden mit der Gefahr schwerer oder gar tödlicher Krankheitsverläufe sowie einer Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, überwiegen. Das Schutzgut der menschlichen Gesundheit und des Lebens ist demgegenüber als höherrangig einzustufen. Dies gilt insbesondere in Ansehung der Möglichkeit, den Antragsgegner in Regress zu nehmen, sollte sich die Allgemeinverfügung als rechtswidrig erweisen. Die zu befürchtenden Gesundheitsschädigungen sind dagegen möglicherweise nicht reversibel (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE –, juris-Rn. 100).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.