Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.05.2014, Az.: 7 ME 28/14
Sammler von Abfällen als Träger der Sammlung hinsichtlich Vermutung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.05.2014
- Aktenzeichen
- 7 ME 28/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 16743
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0509.7ME28.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 26.02.2014 - AZ: 6 B 30/14
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs. 1 S. 1 KrWG
- § 62 KrWG
- § 164 Abs. 2 BGB
- § 7 Abs. 1 S. 1 Nds. SOG
Fundstellen
- AbfallR 2014, 252
- DÖV 2015, 119
- GewArch 2015, 95
- NVwZ-RR 2014, 6
- NVwZ-RR 2014, 680-682
- NdsVBl 2014, 348-349
- NordÖR 2014, 461
Amtlicher Leitsatz
Es spricht eine Vermutung dafür, dass ein Sammler von Abfällen auch der Träger der Sammlung ist.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 6. Kammer - vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, ihr vorläufigen Rechtsschutz gegenüber der Verfügung des Antragsgegners vom 27. Januar 2014 (Bl. 15 ff. der Gerichtsakte - GA -) zu gewähren, durch die ihr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt wurde, weiterhin Abfälle im Kreisgebiet zu sammeln und zu befördern und die hierzu aufgestellten Container zu nutzen, sowie ihr aufgegeben wurde, diese Container zu entfernen, Abfälle aus ihnen einer ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen und dieses nachzuweisen. Ferner wurden ihr in der genannten Verfügung amtliche Versiegelungen von nicht zeitgerecht entfernten Containern angekündigt und Zwangsgelder angedroht.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 26. Februar 2014 - 6 B 30/14 - die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 6. Februar 2014 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. Januar 2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Der Antragsgegner begehrt,
die Beschwerde gegen den Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 2014 - 6 B 30/14 - "abzulehnen".
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 26. Februar 2014 hat keinen Erfolg.
Die Beschwerdebegründung der Antragstellerin genügt teilweise bereits nicht den Anforderungen (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 10. 2. 2014 - 7 ME 105/13 -, [...], Langtext Rn. 26), die an die gebotene Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung zu stellen sind, und rechtfertigt im Übrigen die begehrte Abänderung des Beschlusses der Vorinstanz nicht (§§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO).
Die selbständig entscheidungstragende Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Tätigkeit der Antragstellerin könne nicht als eine durch eine Sammlungsanzeige (§ 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG) der B. legitimierte Dienstleistung angesehen werden, weil eine Zuordnung der hier fraglichen Container zur Tätigkeit der B. nicht möglich sei, wird mit Beschwerdegründen nicht überzeugend in Zweifel gezogen. Denn die Antragstellerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz keine Verpflichtung enthält, Altkleidercontainer mit den Kontaktdaten des Sammlungsträgers zu versehen. Sie nimmt dabei aber nicht in den Blick, dass sie selbst die materielle Beweislast dafür trägt, dass ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit den umstrittenen Containern einer bereits fristgerecht angezeigten Sammlung von Abfällen zuzuordnen sind. Wer Altkleidercontainer aufstellt, entleert und ihren Inhalt über öffentliche Verkehrswege abtransportiert, ist, unabhängig davon, ob er diese Aktivitäten als Träger der Sammlung entfaltet oder lediglich als ein mit deren Durchführung beauftragter selbständiger Dienstleister, selbst ein Sammler und Beförderer von Abfällen im Sinne der §§ 3 Abs. 10, Abs. 11 (und Abs. 15) sowie 53 KrWG. Soweit nicht nachgewiesen ist, dass die von dem Sammler aufgestellten und/oder geleerten Container sich einer bereits angezeigten Sammlung in der Trägerschaft eines Auftraggebers zuordnen lassen, wird die Tätigkeit des Sammlers durch die etwaige Anzeige einer Sammlung seitens eines Auftraggebers nicht legitimiert. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 164 Abs. 2 BGB kann sich dann der Aufsteller von Containern, die lediglich mit seinen eigenen Kontaktdaten versehen sind, grundsätzlich nicht erfolgreich darauf berufen, nicht im eigenen Namen gehandelt zu haben. Vielmehr spricht eine Vermutung dafür, dass ein Sammler von Abfällen auch der Träger der Sammlung ist. Es begegnet daher bei Zweifeln über die Trägerschaft der Sammlung grundsätzlich keinen durchgreifenden Bedenken, wenn die zuständige Behörde den erkennbaren Sammler aufgrund einer entsprechenden Würdigung der vorhandenen Indizien selbst als den Träger der Sammlung betrachtet und ihm Gelegenheit zu einer etwaigen eigenen Anzeige derselben gibt. Liegt letztlich keine zeitgerechte Anzeige vor, welche die Sammlung mit den jeweils umstrittenen Containern legitimiert, kommt es allerdings nicht weiter maßgeblich darauf an, ob der Sammler selbst bezogen auf die von ihm aufgestellten und/oder geleerten Container alle Merkmale des Trägers einer eigenen Sammlung erfüllt, was insbesondere bei unbestimmten, gekündigten oder gescheiterten Vertragsverhältnissen zweifelhaft sein kann. Entscheidend für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 62 KrWG ist vielmehr die Illegalität seines Sammelns von Abfällen im Rahmen einer nicht angezeigten Sammlung. Diese Illegalität rechtfertigt es grundsätzlich, ihm die unrechtmäßigen Aktivitäten zur Durchführung einer solchen Sammlung zu untersagen und ihm die Entfernung der von ihm hierzu aufgestellten und/oder geleerten Container bereits in Anknüpfung an seine tatsächliche Gewalt über sie (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG) aufzugeben.
Die seitens der Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung in Ablichtung vorgelegten Dokumente reichen nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass sich der Dienstleistungsvertrag vom 23. Januar 2013 (Bl. 81 ff. GA) auf die hier umstrittenen Sammelcontainer bezieht und diese im Eigentum der B. stehen. Es fehlt hierfür insbesondere an der zu dem Vertrag vom 23. Januar 2013 gehörenden Anlage 1, anhand derer sich - möglicherweise - die Sammelcontainer identifizieren ließen, die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der vertraglichen Vereinbarung übergeben werden sollten.
Im Übrigen könnte die erst am 10. Februar 2014 bei dem Antragsgegner eingegangene (vgl. Bl. 59 ff. Beiakte A) und von der B. vorgenommene nachträgliche "Aktualisierung" einer Sammlungsanzeige vom 28. August 2012 schon im Hinblick auf die noch nicht abgelaufene Dreimonatsfrist des § 18 Abs. 1 Satz 1 KrWG die bisherigen Aktivitäten der Antragstellerin nicht legitimieren; denn der Fristenlauf hätte frühestens mit dem Eingang der Ergänzung begonnen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21. 1. 2014 - 7 ME 1/14 -, [...], Langtext Rn. 4).
Die Wertungen, mit denen die Beschwerde die Gründe lediglich "abqualifiziert", in denen sich die Vorinstanz mit dem Inhalt der Gewerbeanzeige der Antragstellerin auseinandersetzt, sind ohne argumentative Überzeugungskraft.
Im Hinblick auf die umfänglichen Ausführungen zu Ermessensgesichtspunkten auf der Seite 5 des angefochtenen Bescheides kann der Senat nicht nachvollziehen, dass die Antragstellerin fehlende Ermessenserwägungen des Antragsgegners beanstandet. Es kam schon deshalb nicht in Betracht, durch eine Verfügung lediglich auf die Erfüllung von Anzeigepflichten hinzuwirken, weil bislang davon auszugehen ist, dass hier keine lediglich unvollständige Anzeige einer Sammlung unter Verwendung der umstrittenen Container vorliegt, sondern eine Sammlung mit diesen Containern, die gar nicht angezeigt wurde.
Die Antragstellerin macht zwar geltend, eine Zwangsgeldandrohung "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" sei rechtswidrig, versäumt es aber, sich - wie erforderlich - mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen, das der Androhung in der angefochtenen Verfügung eine andere Deutung gegeben hat.
Soweit die Antragstellerin vorbringt, es sei ihr nicht möglich, der Untersagung nachzukommen, da die Entfernung der Container von der Zustimmung der B. abhänge, ist ihr schon deshalb nicht zu folgen, weil sie nicht glaubhaft gemacht hat, dass die B. Rechte an den in Streit stehenden Containern besitzt. Im Übrigen wäre sie auch dann nicht gehindert, die umstrittenen Container in Befolgung einer vollziehbaren behördlichen Verfügung zu entfernen, wenn die Container tatsächlich der Vereinbarung vom 23. Januar 2013 unterfielen. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 4 des Dienstleistungsvertrags, wonach die Auftragnehmerin die Aufstellung der Behälter eigenverantwortlich durchführt - sodass sie die Behälter auch eigenverantwortlich entfernen darf, wenn hierzu eine vollziehbare behördliche Verpflichtung besteht.
Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass die amtliche Versiegelung der Container angedroht oder verfügt worden sei, indem sie geltend macht, die Versiegelung verstoße gegen § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG. Denn der Antragsgegner könne durch Vollstreckung der Ziffer I. b) des angefochtenen Bescheids im Wege der Ersatzvornahme die umstrittenen Container selbst entfernen. Dies vermag aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen: Die Versiegelung, die nur die Befüllung der Container unterbindet, dient - ausweislich des zweiten Satzes der Begründung "zu III." auf der Seite 6 des Bescheides (Bl. 20 GA) - nicht der Vollstreckung der Verfügung zu Ziffer I. b), sondern lediglich derjenigen der Untersagungsverfügung zu Ziffer I. a) Satz 2 des Bescheids, und zwar sofern und solange die Antragstellerin der Verfügung zu Ziffer I. b) nicht nachkommt und hierzu durch die Anwendung des angedrohten Zwangsgeldes erst bestimmt werden muss. Außerdem sind die Vorschriften über die Ersatzvornahme - entgegen allerdings auch der Auffassung der Vorinstanz - für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Versiegelungen nicht einschlägig. Die amtliche Versiegelung ist nämlich eine Maßnahme des unmittelbaren Zwangs (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27. 9. 1983 - 6 OVG B 87/83 -, OVGE 37, 444 [444 f.]), deren Rechtmäßigkeit anhand der §§ 69 und 70 Nds. SOG zu prüfen wäre. Allein der Umstand, dass der Antragsgegner zur Vollstreckung der Verfügung zu Ziffer I. b) statt des Zwangsmittels des Zwangsgeldes auch dasjenige der Ersatzvornahme (in Form einer Entfernung der Container auf Kosten der Antragstellerin) hätte wählen können, rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass er dies hätte tun müssen (vgl. § 65 Abs. 3 Nds. SOG).
Die pauschale Verweisung der Antragstellerin auf einen erstinstanzlichen Sachvortrag ist zur Begründung einer Darlegungsbeschwerde grundsätzlich unstatthaft und geht hier zudem ins Leere, weil die Antragstellerin - obwohl anwaltlich vertreten - ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entgegen dem entsprechend anwendbaren (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. § 2013, § 82 Rn. 1; Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 82 Rn. 2) § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO nicht begründet hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (vgl. zur weiteren Begründung Nds. OVG, Beschl. v. 13. 12. 2013 - 7 OA 113/13 -, GewArch 2014, 130 f., hier zitiert nach [...]).