Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.10.2013, Az.: 1 TaBV 53/13
Einigungsstelle zur Festlegung der Arbeitszeiten von Redakteuren im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit unter Einschluss der Arbeitszeiterfassung; offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle bei fehlendem Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Überwachung von Verhalten und Leistung der Beschäftigten; Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle bei fehlendem Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Überwachung von Verhalten und Leistung der Beschäftigten
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 22.10.2013
- Aktenzeichen
- 1 TaBV 53/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 50191
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2013:1022.1TABV53.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 07.06.2013 - AZ: 3 BV 6/13
Rechtsgrundlagen
- § 76 Abs. 2 S. 2 BetrVG
- § 80 Abs. 2 BetrVG
- § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3, 6 BetrVG
- § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG
Fundstellen
- AfP 2014, 370-371
- AuA 2014, 242-243
- EzA-SD 1/2014, 15
Amtlicher Leitsatz
Regelungsgegenstand einer Einigungsstelle bei Festlegung der Arbeitszeiten von Redakteuren im Fall praktizierter Vertrauensarbeitszeit ist auch die Arbeitszeiterfassung. Diese schließt indessen kein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mit ein, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Insoweit wäre die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig.
Tenor:
Die Beschwerden des Betriebsrats (Beteiligter zu 1) und der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 07. Juni 2013 - 3 BV 61/13 - werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Nach rechtskräftiger Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Lage und Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit und die Durchführung von Überstunden in den Redaktionen des A." streiten die Beteiligten im zweiten Rechtszug von Seiten der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2) noch über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden und von Seiten des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) darüber, ob auch eine Zeiterfassung für Redakteure und Redakteurinnen einer Regelung durch die Einigungsstelle zugänglich ist.
Das Arbeitsgericht Braunschweig hat mit seinem Beschluss vom 07.06.2013, auf den im Übrigen hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz Bezug genommen wird, dem Antrag des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) folgend, den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht B. und C. als Einigungsstellenvorsitzenden eingesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass C. ein erfahrener und unparteiischer Vorsitzender sei, gegen den die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) innerhalb der gesetzten Schriftsatzfrist keine Einwendungen erhoben hätte. Im Unterschied zu der mitbestimmungspflichtigen Arbeitszeit- und Überstundenregelung sei die Einigungsstelle aber für die vom antragstellenden Betriebsrat und Beteiligten zu 1) begehrte Zeiterfassung für die Redakteurinnen und Redakteure offensichtlich unzuständig. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.11.1989 - 1 ABR 97/88 - bestünde insoweit kein Initiativrecht des Betriebsrats, er könne nur dann, wenn die Arbeitgeberin eine Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG plane, die dazu bestimmt seien, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, Mitbestimmungsrechte geltend machen. Zu den Einzelheiten der Beschlussbegründung wird im Übrigen auf Blatt 36 - 43 d. A. verwiesen.
Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig, der dem Betriebsrat und Beteiligten zu 1) am 13. Juni 2013 (Blatt 44 d. A.) und der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2) am 14. Juni 2013 (Blatt 45 d. A.) zugestellt worden ist, haben die Arbeitgeberin am 21. Juni 2013 (Blatt 48 d. A.) und der Betriebsrat am 26. Juni 2013 (Blatt 70 d. A.) Beschwerde zum Landesarbeitsgericht jeweils mit Begründung eingelegt.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) beanstandet die Einsetzung des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht B. zum Einigungsstellenvorsitzenden wegen Besorgnis der Voreingenommenheit. Dieser sei bereits als Einigungsstellenvorsitzender bei einer Arbeitszeitregelung für Redakteure in der "D." Zeitung tätig gewesen. Es sei zu befürchten, dass er im Abstimmungsverhalten bereits festgelegt sei, da die vom Betriebsrat vorgeschlagene Arbeitszeitregelung sich auch auf die bei der "D." getroffene Regelung stütze. Ferner entstünden auf Grund der Fahrzeiten von B. nach E. unverhältnismäßige Kosten durch Fahrzeiten. Mit den in Rede stehenden weiteren Personalvorschlägen, nämlich des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht F. sowie des vom Arbeitsgericht her benannten Direktor des Arbeitsgerichts E. und G., habe sich das Gericht in seinen Gründen überhaupt nicht auseinander gesetzt. Für ein erfolgreiches Einigungsstellenverfahren seien Vertrauen und Akzeptanz erforderlich, hier stünden dem vom Arbeitsgericht eingesetzten Einigungsstellenvorsitzenden konkrete Bedenken entgegen.
Soweit der Betriebsrat mit seiner Beschwerde auch eine Zeiterfassung für die Redakteure zum Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens machen wolle, fehle es in Übereinstimmung mit der vom Arbeitsgericht angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.11.1989 an einem Initiativrecht des Betriebsrats.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) b e a n t r a g t,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig - 3 BV 6/13 - vom 07.06.2013 insofern abzuändern, soweit in diesem Herrn C., Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht B., zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bestellt wird.
Der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) b e a n t r a g t,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig - 3 BV 6/13 - vom 07.06.2013 teilweise abzuändern und zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, die über eine Regelung einer Zeiterfassung für Redakteure und Redakteurinnen sowie über die Lage und Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit unter Durchführung von Überstunden in den Redaktionen des Braunschweiger Zeitungsverlages entscheiden soll, Herrn C., Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht B., zu bestellen. Die Zahl der Beisitzer pro Seite ist auf 2 festzusetzen.
Ferner wird b e a n t r a g t,
die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.
Der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) bemängelt, dass vor Zurückweisung des Antrags, zum Regelungsgegenstand der Einigungsstelle auch die Erfassung der Arbeitszeit zu machen, kein Hinweis des Gerichts erfolgt und insoweit Artikel 103 GG verletzt worden sei. Entgegen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung sei hier aber doch ein Initiativrecht des Betriebsrats gegeben, da die Form der Zeiterfassung offengelassen und nicht auf eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG beschränkt worden sei.
Eine offensichtliche Unzuständigkeit sei nicht gegeben, da diese entfalle, wenn gegen höchstrichterliche Rechtsprechung erhebliche Bedenken bestünden oder sie beachtlicher Kritik durch die Rechtsprechung ausgesetzt sei. Die vor 24 Jahren getroffene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mit einer Einschränkung auf "die Abwehrfunktion" des Mitbestimmungsrechts in § 87 Abs. 1 Nr. 6 sei weder mit Wortlaut noch mit der Gesetzgebungsgeschichte vereinbar. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts werde den Belangen des Betriebsrats im Blick auf die neuere technische Entwicklung nicht gerecht, insbesondere hinsichtlich der flexiblen Arbeitszeiten und der damit verbundenen zeitlichen Überforderung durch unkontrollierte Überstunden und Mehrarbeit. Dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG könne durch Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung angemessen Rechnung getragen werden im Sinne von § 80 BetrVG. Insoweit falle die Zeiterfassung in die Gestaltungskompetenz der Einigungsstelle. Hierzu wird auf eine neuere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.2010 - 1 ABR 75/09 - sowie auf die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 19.09.2012 - 1 TaBV 19/12 - und des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 29.11.2005 - 7 TaBV 1471/05 - verwiesen. Ein Schutz durch Kontrolle des Betriebsrats (§ 80 BetrVG) bei Gleitzeit oder der bisher bei der Arbeitgeberin praktizierten Vertrauensarbeitszeit sei nur im Zusammenhang mit Arbeitszeiterfassung möglich.
Stichhaltige Gründe gegen den vom Arbeitsgericht bestimmten Einigungsstellenvorsitzenden bestünden nicht; das Verfahren bei der Arbeitszeitregelung der Redakteurinnen und Redakteure der "D." habe durch einen Vergleich zwischen den Beteiligten geendet und nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle. Die Kostenersparnis durch die Fahrzeiten sei für die Auswahl des Einigungsstellenvorsitzenden kein Kriterium. Der Vorsitzende Richter C. sei bekanntermaßen durch seine straffe Verhandlungsführung und gute Vorbereitung hinreichend qualifiziert. Konkrete Tatsachen, die gegen ihn sprechen würden, gebe es nicht. Die vom erkennenden Gericht am 19.12.2012 - 1 TaBV 112/12 - getroffene Entscheidung zum Maßstab der "offensichtlichen Unzuständigkeit" bei älterer kritisierter höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei hier nicht einschlägig.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) b e a n t r a g t,
die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Anhörungsprotokoll vom 22.10.2013 und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze vom 21.06., 26.06., 09.07. und 31.07.2013 Bezug genommen.
II.
Die zulässigen Beschwerden der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2) sowie des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) sind unbegründet. Das Arbeitsgericht Braunschweig hat zu Recht den Vorsitzenden Richter am LAG B. und C. zum Einigungsstellenvorsitzenden bestellt. Die Beschwerde der Arbeitgeberin war insoweit zurückzuweisen. Über die Zeiterfassung im Rahmen der Arbeitszeit- und Überstundenregelung für die Redakteurinnen und Redakteure der A. kann innerhalb des vom Arbeitsgericht festgesetzten Rahmens, mit Ausnahme einer Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, mitverhandelt werden, ohne dass es einer Erweiterung des Regelungsgegenstands bedarf. Aus diesem Grund ist auch die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
1)
a).Nach § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestellt das Arbeitsgericht die Person des Vorsitzenden, wenn eine Einigung darüber unter den Betriebspartnern nicht zustande kommt. Bei der Bestellung des Vorsitzenden der Einigungsstelle ist das Arbeitsgericht zunächst an die Anträge der Beteiligten gebunden. Hier ist das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats gefolgt und hat den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht B. und C. zum Vorsitzenden bestimmt. Die Arbeitgeberseite hat nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen zwar in erster Instanz auch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht F. im Anhörungstermin in Spiel gebracht, aber bis zum Schluss der Anhörung in zweiter Instanz in ihrem Antrag keinen anderen Einigungsstellenvorsitzenden namentlich benannt. Die Arbeitgeberin hat sich vielmehr darauf beschränkt in ihrer Beschwerde Einwände gegen den vom Arbeitsgericht bestimmten Einigungsstellenvorsitzenden zu erheben. Die Ablehnung des bestellten Vorsitzenden ohne Nennung einer Ersatzperson kann nur darin verstanden werden, dass das Gericht einen anderen als den erstinstanzlich benannten Vorsitzenden benennen soll. Dies kann indessen nur im Sinne der Arbeitgeberin geschehen, wenn der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht B. und C. nicht die Gewähr für die erforderliche Eignung (Sachkunde und Unparteilichkeit) für den Vorsitz bietet oder seine richterliche Befassung mit den Angelegenheiten auf Grund der Geschäftsverteilung droht (§ 98 Abs. 1 Satz 5 ArbGG). Einwände der Arbeitgeberin gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden sind ausreichend, wenn die vorgebrachten subjektiven Vorbehalte für das Gericht zumindest nachvollziehbar sind. Eine schlagwortartige Ablehnung des vom Antragsteller vorgesehenen Einigungsstellenvorsitzenden reicht hierzu nicht aus, allerdings soll die streitige Bestellung nicht den gewünschten Erfolg der Einigungsstelle von vorn herein gefährden (LAG Berlin-Stadt-Brandenburg, 03.06.2010, 10 TaBV 1058/10; LAG Nürnberg, 02.07.2004, 7 TaBV 19/04 = NZA RR 2005, 100, Hessisches LAG, 23.06.1988, 12 TaBV 66/88 = NZA 1988, 2173; ErfK/Koch 13. Auflage § 98 Rn. 5; HWK-Bepler 5. Auflage § 98 ArbGG Rn. 7, Düwell/Lipke-Lipke, ArbGG, 3. Auflage, § 98 ArbGG, Rz. 18b und c).
b).Nach diesen Vorgaben dringen die Bedenken der Arbeitgeberseite nicht durch.
Da es auf die erforderliche Eignung ankommt, können Reisekosten des zum Vorsitzenden bestellten Richters keinen Ausschlussgrund bieten. Damit würden qualifizierte Einigungsstellenvorsitzende, z. B. Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts keinen Zugang mehr zur Leitung von Einigungsstellen besitzen. Zum anderen ist der Ort, an dem die Einigungsstelle tagt, nicht an den Betriebssitz der Arbeitgeberin gebunden. Oft empfiehlt es sich sogar aus atmosphärischen Gründen abseits vom Betriebsort der Arbeitgeberin zu tagen.
Der Umstand, dass Herr C. bereits Verhandlungen zu einem ähnlichen Regelungsgegenstand bei der "D." geleitet hat, zeigt auf, dass er mit den Problemen der besonderen Arbeitszeit in Zeitungsredaktionen vertraut ist und erhöht somit seine Qualifikation, zu einem ähnlichen Regelungsgegenstand im Betrieb der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 2) eine Vereinbarung zu erzielen. Der Betriebsrat hat hierzu unwidersprochen ausgeführt, dass die in der "D." getroffene Arbeitszeitregelung nicht durch einen Spruch, sondern durch eine einvernehmlich geschlossene Betriebsvereinbarung getroffen wurde. Der Umstand, dass der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) sich in seinem Entwurf auf diese Regelung gestützt hat, gibt keinen Rückschluss auf eine Festlegung des Vorsitzenden Richters C. in der anstehenden Einigungsstellenverhandlung.
Sollte sich die Besorgnis der Arbeitgeberin im Einigungsstellenverfahren dagegen bestätigen, so kann ihn die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) zu jeden Zeitpunkt des Einigungsstellenverfahrens deswegen ablehnen (BAG, 17.11.2010, 7 ABR 100/09 = EzA § 76 BetrVG 2001 Nr. 3). Da die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) - wie bereits ausgeführt - weder einen eigenen Namen für den Einigungsstellenvorsitz genannt hat noch weitere Vorschläge zu einer einvernehmlichen Besetzung des Einigungsstellenvorsitzes vom Gericht im Anhörungstermin entgegennehmen wollte, verbleibt es bei dem vom Arbeitsgericht bestellten Vorsitzenden.
2)
Auch die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) ist nicht begründet.
a).Das Gericht bleibt bei seiner den Beteiligten bekannten Rechtsauffassung, dass eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, wenn es eine gefestigte und abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, der zufolge dem Betriebsrat zur begehrten Regelung kein Mitbestimmungsrecht zusteht (LAG Niedersachsen, 19.12.2012, 1 TaBV 112/12 Rz. 37 m. w. N.). Aus diesem Grund muss es dabei verbleiben, dass dem Betriebsrat hinsichtlich des Mitbestimmungstatbestandes nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 kein Initiativrecht zugestanden werden kann (BAG, 28.11.1989, 1 ABR 97/88 = EzA § 87 BetrVG 1972 Kontrolleinrichtung Nr. 18 Rz. 21ff).
b).Soweit der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) hier geltend macht, ohne Arbeitszeiterfassung sei er außerstande die Einhaltung der Arbeitszeit, insbesondere auch die praktizierte Vertrauensarbeitszeit, zu überwachen, so ist dieser Umstand bereits in der genannten Entscheidung des BAG aus dem Jahre 1989 mitgewürdigt worden. (BAG aaO. Rz. 27). § 80 Abs. 2 BetrVG verschafft dem Betriebsrat lediglich einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, dass dieser ihn zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend unterrichtet und ihm die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellt, also auch zur Arbeitszeitkontrolle. Allerdings kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber nur diejenigen Unterlagen verlangen, die der Arbeitgeber selber besitzt.
Dem Betriebsrat ist insoweit zuzugestehen, dass die genannten Entscheidungen des LAG Bremen vom 19. September 2012 - 1 TaBV 19/12 - und des LAG Berlin vom 29.11.2005 - 7 TaBV 1471/05 - davon scheinbar abweichen. Dem ist aber nicht so. Soweit es um Kontrollmechanismen im Rahmen der Festlegungen in der Einigungsstelle nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG geht, stellt sich automatisch die Frage der Zeiterfassung. Darüber hat die Einigungsstelle mit zu verhandeln, sozusagen in Annexkompetenz. Wie die Erfassung der Arbeitszeit und der Überstunden erfolgt, kann deshalb der Betriebsrat mitbestimmen, jedenfalls besteht insoweit keine "offensichtliche Unzuständigkeit" der Einigungsstelle. Ob die Arbeitszeiterfassung handschriftlich oder elektronisch erfolgt, kann deshalb Gegenstand der Einigungsstellenverhandlung sein. Die Grenze ist jedoch dort zu ziehen, wo der Betriebsrat eine Arbeitszeiterfassung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verlangt, mit der das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer durch Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen überwacht wird. Der Betriebsrat hat im gesamten Einigungsstelleneinsetzungsverfahren eine derartige technische Einrichtung nicht verlangt, sondern in dem Erstentwurf der Betriebsvereinbarung in 2.2 allein die Notierung von Beginn und Ende der Arbeitszeiten, Pausen und Ausfallzeiten in einem elektronischen Zeiterfassungssystem durch die Redakteure als Vorschlag unterbreitet.
Schließlich ist die Einführung von Vertrauensarbeitszeit sowie die Modalitäten hierzu ebenfalls nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 mitbestimmungspflichtig (Fitting BetrVG 26. Auflage, § 87 BetrVG, Rz. 116 m. w. N.). Auf dieser Linie liegt auch die den Beteiligten bekannte Entscheidung des BAG vom 09. November 2010 - 1 ABR 75/09 (EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 15), in der die von der Einigungsstelle über die Erfassung der Arbeitszeit getroffene Regelung ohne weitere Problematisierung für wirksam erachtet wurde (Rz. 37). Beinhaltet somit der vom Arbeitsgericht umfasste Regelungsgegenstand auch Verhandlungen zur Zeiterfassung, ohne das damit ein Initiativrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verbunden ist, so bedarf es keiner Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses.
3)
Eine Kostenentscheidung ist nach § 2 Abs. 2 GKG nicht zu treffen, das das Beschlussverfahren gerichtskostenfrei ist.
4)
Gegen diese Entscheidung ist nach § 98 Abs. 2 Satz 4 ein Rechtsmittel nicht gegeben.