Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.03.2013, Az.: 10 Sa 856/12

Befristeter Arbeitsvertrag einer Lehrkraft für besondere Aufgaben an Landesuniversität bei fehlender wissenschaftlicher Betätigung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
04.03.2013
Aktenzeichen
10 Sa 856/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 42504
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2013:0304.10SA856.12.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 29.04.2015 - AZ: 7 AZR 519/13

Amtlicher Leitsatz

1. Voraussetzung für die Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist, dass der Arbeitnehmer dem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal mit Ausnahme der Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens zuzuordnen ist, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieser Begriff ist eigenständig und abschließend. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an.

2. Der Begriff bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen. Es kommt also nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist.

3. Eine Lehrtätigkeit ist nur dann wissenschaftliche Betätigung, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen.

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 31. Mai 2012 - 6 Ca 30/12 Ö - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 geendet hat, und um Weiterbeschäftigung.

Der Kläger wurde im Jahre 1993 zum Doktor der Philosophie promoviert. Seit 2007 steht er in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land bei der X-Universität. Die streitgegenständliche Befristung beruht auf dem Arbeitsvertrag vom 7. Juli 2011 (Bl. 7 d. A.), dessen § 1 auszugsweise lautet: "Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses gelten die Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes". Nach der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 8. Juni 2007, wegen deren genauen Inhaltes auf Bl. 8 bis 10 der Akte verwiesen wird, hat der Kläger, der als Lehrkraft für besondere Aufgaben eingestellt ist, folgende Tätigkeiten auszuüben: 12 Semesterwochenstunden Lehre einschließlich der Abnahme von Studien- und Prüfungsleistungen im Rahmen der Studienordnungen der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge mit einem Anteil an der gesamten Arbeitszeit von 75 v. H.; Vertretung in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung mit 20 v. H.; Betreuung der Studierenden der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge, Sprechstunde für Studierende mit 5 v. H. Bezüglich des Inhaltes der Lehrtätigkeit wird auf Anlage 1 zum Schriftsatz vom 21. Februar 2012 (Bl. 50 bis 82 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen: Eine Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz sei vorliegend nicht eröffnet, denn er gehöre nicht zum wissenschaftlichen Personal im Sinne von § 1 Abs. 1 WissZeitVG. Er sei nicht mit Forschungs-, sondern nur mit Lehraufgaben sowie mit der Abnahme von Prüfungsleistungen und der Arbeit in der akademischen Selbstverwaltung betraut. All dies stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Dies ergebe sich auch aus § 32 NHG, wonach Lehrkräfte für besondere Aufgaben ausschließlich oder überwiegend in der Lehre tätig und überdies weisungsgebunden seien. Lehrtätigkeit stelle aber nur dann eine wissenschaftliche Betätigung dar, wenn Raum zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibe. Dies sei hier nicht der Fall. Für seine Tätigkeit habe er nur Standard- oder Einführungsliteratur zu verwenden. Die Mitarbeit in der akademischen Selbstverwaltung sei lediglich organisatorischer Natur.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 7. Juli 2011 mit Ablauf des 30. September 2012 endet,

2. das beklagte Land zu verurteilen, ihn im Institut für Theologie und Religionswissenschaft, Abteilung Religionswissenschaft der mit zwölf Semesterwochenstunden Lehre einschließlich der Abnahme von Studien- und Prüfungsleistungen im Rahmen der Studienordnung der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge, mit Vertretung in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung, mit Betreuung der Studierenden der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge einschließlich der Sprechstunde für Studierende bis zum rechtskräftigen Abschluss des Entfristungsstreites zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei wirksam nach § 1 WissZeitVG befristet worden. Im Rahmen der Lehrveranstaltungen habe der Kläger Fachwissen und praktische Fähigkeiten vermittelt sowie in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden unterwiesen. Die Wissenschaftlichkeit der Aufgaben hänge nicht davon ab, ob daneben noch Forschungsaufgaben wahrgenommen würden. Entscheidend sei die Qualifikation der Lehre. Für diese müsse der Kläger selbst mit dem neuesten Stand der Religionsforschung vertraut sein sowie eigene Lehrkonzepte entwickeln und anwenden. Auf ein unabhängiges Tätigwerden komme es nicht an. Auch habe der Kläger mehrere Dienstreisen unternommen, um im Ausland an wissenschaftlichen Tagungen teilzunehmen. Im Rahmen seiner Tätigkeit in der akademischen Selbstverwaltung sei er als Mitglied der Bibliothekskommission ebenfalls wissenschaftlich tätig gewesen, denn Ziel seiner Arbeit sei die Pflege des Bestandes der wissenschaftlichen Literatur gewesen. Auch die Betreuung der Studenten sei wissenschaftliche Tätigkeit, weil er hierzu Kenntnisse des Prüfungsstoffs und der Prüfungsverfahren benötige.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt: Die Befristung sei nicht nach § 1 Abs. 1 WissZeitVG wirksam, denn im Wesentlichen beschränke sich seine Tätigkeit auf Unterricht in Form von Wissensvermittlung und -wiedergabe; er vermittle keine eigenen Forschungsergebnisse, sondern referiere entsprechend den vorgegebenen Modulen bereits existierende Forschungsansätze und schule die Studenten im Umgang mit diesen Ergebnissen. Das Erfordernis, den eigenen Wissensstand zu aktualisieren, bedeute nicht, dass er auch selbst Versuche zur Ermittlung der Wahrheit anstelle. Die Befugnis, die Lehrveranstaltungen selbst zu konzipieren, betreffe lediglich den organisatorischen Aspekt, ohne dass hieraus eigenes Forschen resultiere. Die Arbeit in der Bibliothekskommission sei rein organisatorischer Natur. Soweit im Rahmen der Dienstreisen Forschungsaufgaben angefallen seien, habe er nicht im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses Forschungstätigkeit erbracht. Im Übrigen handele es sich bei lediglich drei mehrtägigen Dienstreisen nicht um eine das Arbeitsverhältnis prägende Tätigkeit. Da ein Befristungsgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG nicht vorliege und eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht mehr möglich sei, bestehe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, so dass der Kläger entsprechende Feststellung und Weiterbeschäftigung verlangen könne.

Gegen das ihm am 22. Juni 2012 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 12. Juli 2012 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Frist am 24. September 2012 begründet.

Die Berufung führt aus: Die Lehrtätigkeit sei als wissenschaftlich zu qualifizieren. Sie vermittle praktische Kenntnisse, z. B. Methodenlehre oder das Vorgehen bei der Erstellung von Hausarbeiten, nicht unreflektiert, sondern setze sich kritisch mit der bisherigen und neuesten Forschung auseinander. Gute Lehre sei nicht von begleitender Forschung abhängig. Entscheidend sei vielmehr, ob der Dozent qualifiziert ausgebildet sei, um fremde Forschungsergebnisse verstehen, bewerten und vermitteln zu können. Wollte man wissenschaftliche Lehre nur annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstelle, wäre ein Großteil der Lehre auch an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren; dies würde dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 31. Mai 2012 - 6 Ca 30/12 Ö - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, seine Lehrtätigkeit sei keine wissenschaftliche Betätigung, weil ihm nicht die Möglichkeit zu eigenständiger Forschung und Reflexion verbleibe. Ein Innovationsbedürfnis, das als Motiv der Regelung des § 1 WissZeitVG zugrunde liege, bestehe daher nicht. Die von der Berufung zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei nicht einschlägig, weil dort Hochschul- und Fachhochschullehrer angesprochen seien, der Kläger als Lehrkraft für besondere Aufgaben jedoch bereits nach der gesetzlichen Definition des § 32 Abs. 1 Satz 4 NHG überwiegend praktische Fertigkeiten und Kenntnisse vermittle. Dies erfordere nicht solche Fähigkeiten, wie sie für eine Einstellung als Professor vorausgesetzt würden. Im Gegensatz zu diesem erstelle der Kläger lediglich Vorlesungsprogramme zur Vermittlung fremder Forschung und reihe die verschiedenen Forschungsergebnisse aneinander. Das nötige Wissen für die Lehrtätigkeit habe er sich nicht durch Qualifikationen im Fach Religionswissenschaft angeeignet; vielmehr sei er, was unstreitig ist, nach abgeschlossenem Studium der evangelischen Theologie im Fach Philosophie promoviert worden. Von dem beklagten Land angestellt worden sei er aufgrund seiner pädagogischen Erfahrung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt erfolglos.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und vom beklagten Land fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Befristung des Arbeitsverhältnisses zutreffend als unwirksam angesehen, so dass der Kläger entsprechende Feststellung sowie seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits verlangen kann.

1.

Die Klage ist rechtzeitig im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG i. V. m. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben.

2.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Kläger nicht zum wissenschaftlichen Personal gehört, für dessen Arbeitsverträge die Möglichkeit einer Befristung durch § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffnet wäre.

a)

Voraussetzung für die Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist, dass der Arbeitnehmer dem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal mit Ausnahme der Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens zuzuordnen ist, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieser Begriff ist eigenständig und abschließend. Es kommt nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an (BAG 01.06.2011 - 7 AZR 872/09 - BAGE 138, 91 = NZA 2011, 1280 = EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 8).

Der Begriff bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen. Es kommt also nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1100/06 - BAGE 126, 211 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 3). Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (Sievers, TK-TzBfG, 4. Aufl., § 1 WissZeitVG Rz. 11 mwN). Die Tätigkeit muss geprägt sein durch gedanklich selbständige Forschung mit dem Ziel schöpferischer Tätigkeit (Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2. Aufl., Rz. 535).

Eine Lehrtätigkeit ist nur dann wissenschaftliche Betätigung, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen (BAG 01.06.2011 - 7 AZR 872/09 - aaO.). Diese Abgrenzung ergibt sich aus Sinn und Zweck des Gesetzes. Es trägt als Sonderbefristungsrecht den spezifischen Bedürfnissen wissenschaftlicher Einrichtungen Rechnung. Den Hochschulen ist in § 2 Abs. 1 WissZeitVG aus Gründen der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre die Möglichkeit eingeräumt, Arbeitsverhältnisse sachgrundlos mit einer Höchstbefristungsdauer zu befristen (BAG 01.06.2011 - 7 AZR 872/09 - aaO. mwN). Wird der Arbeitnehmer ohne eigenverantwortliches Einbringen eigener, neuer Erkenntnisse tätig, dient die Erfüllung solcher Lehraufgaben regelmäßig weder der eigenen Qualifikation des Lehrenden noch bedarf es einer die Innovation der Forschung und Lehre sichernden Fluktuation des Personals (BAG 01.06.2011 - 7 AZR 872/09 - aaO.). Die Befristungstatbestände des WissZeitVG sind im Lichte eines angemessenen Ausgleichs der Interessen zwischen Hochschulen einerseits und dem wissenschaftlichen Personal andererseits zu verstehen. Dies bedingt, den personellen Geltungsbereich des WissZeitVG nur auf das Personal zu erstrecken, bei dem der Gedanke der zur Sicherung der Innovationsfähigkeit notwendigen stetigen Personalfluktuation oder der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung greift. Ob dies der Fall ist, kann nur tätigkeitsbezogen festgestellt werden (BAG 01.06.2011 - 7 AZR 872/09 - aaO.).

b)

Gemessen daran handelt es sich bei dem Kläger nicht um einen Angehörigen des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals einer Hochschule im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

aa)

Zeitlich, nämlich mit drei Vierteln der Arbeitszeit, und inhaltlich weit überwiegend ist die Tätigkeit des Klägers geprägt von der Wissensvermittlung; die Mitarbeit in Gremien der Hochschulselbstverwaltung tritt demgegenüber ebenso in den Hintergrund wie die Betreuung der Studenten. Erst recht außer Betracht zu bleiben haben die drei Dienstreisen, die der Kläger seit der Aufnahme seiner Tätigkeit unternahm.

bb)

Die Lehrveranstaltungen stellen keine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgen sie einem Modulhandbuch und beruhen nicht auf eigener Forschung des Klägers, sondern auf der Vermittlung vorgefundener und vorgegebener Inhalte. Seit seiner Arbeitsaufnahme zum Wintersemester 2007 hat sich der Inhalt der Lehrveranstaltungen nicht wesentlich geändert. Es handelt sich um verschiedene Einführungsmodule zu Inhalt und Methoden der Religionswissenschaft sowie um Unterweisung in der Anfertigung von Bachelor-Arbeiten. Die Vermittlung dieser Kenntnisse stellt sich nicht als an eine eigenständige Forschung und Reflexion gekoppelt dar. In den Veranstaltungen vermittelt der Kläger lediglich Basiswissen; das beklagte Land hat nicht aufgezeigt, dass dem Kläger dabei die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibe. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ergibt sich der Wissenschaftsbezug der Tätigkeit nicht bereits aus den Beschreibungen im Vorlesungsverzeichnis. Es erschließt sich nämlich nicht, weshalb es sich nicht um eine bloß repetierende Wissensvermittlung handelt, sondern der Kläger mit seinen Lehrveranstaltungen auf eigener Forschungstätigkeit aufbaut, was den Unterschied zwischen wissenschaftlicher Lehre und bloßem Unterricht ausmacht (vgl. KR/Treber, 10. Aufl., § 1 WissZeitVG Rz. 43 mwN). Dass es erforderlich sein mag, dass der Kläger sein eigenes Wissen über die vermittelten Inhalte auf dem neuesten Stand halten muss, macht seine Tätigkeit nicht zu einer wissenschaftlichen, sondern trifft auf alle Lehrberufe, zum Beispiel auch an allgemeinbildenden Schulen, zu.

Auch die eigene Konzeption der Lehrveranstaltungen durch den Kläger betrifft nicht den Inhalt, also etwa die Frage, inwieweit eigene Forschungsergebnisse eingebracht werden, sondern lediglich die Organisation dieser Veranstaltungen. Auch der Umstand, dass der Kläger im Fach Religionswissenschaft unterrichtet, obgleich er von seiner eigenen Ausbildung her Theologe ist und zum Doktor der Philosophie promoviert wurde, spricht gegen einen wissenschaftlichen Charakter seiner Lehrtätigkeit.

cc)

Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Zweck des WissZeitVG vorliegend eine Befristung gebieten könnte. Die Möglichkeit einer maximal sechsjährigen sachgrundlosen Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG dient der Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses und der Innovationssicherung in Forschung und Lehre (BAG 01.06.2011 - 7 AZR 872/09 - BAGE 138, 91 = NZA 2011, 1280 = EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 8; KR/Treber, 10. Aufl., § 2 WissZeitVG Rz. 24; BT-Drucks. 16/3438 S. 11). Gemessen daran bedarf es vorliegend keiner Befristung.

(1)

Der Kläger wurde bereits 14 Jahre vor Begründung seines Arbeitsverhältnisses promoviert; ersichtlich dient seine Tätigkeit für das beklagte Land nicht der Vorbereitung einer Habilitation oder der Übernahme einer Professur in der sogenannten Post-doc-Phase. Auch das beklagte Land trägt nicht vor, dass die Tätigkeit einer solchen Vorbereitung dienen soll oder für sie geeignet wäre. Im Gegenteil ist zwischen den Parteien außer Streit, dass der Kläger eingestellt wurde, um einem durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge aufgetretenen Lehrkräftemangel zu begegnen.

(2)

Auch ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Hochschule ein berechtigtes Inter-esse an einem regelmäßigen Personalaustausch hätte. Da die auf dem Arbeitsplatz geforderten Lehrveranstaltungen, wie soeben ausgeführt, nicht auf eigener Forschungstätigkeit aufbauen und damit keine wissenschaftliche Dienstleistung, sondern bloßen Unterricht darstellen, ist eine Eignung des Arbeitsplatzes zur Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses nicht ersichtlich. Mithin ist es nicht erforderlich, die Stelle nach Befristungsablauf für nachrückende Kräfte zu öffnen. Auch das beklagte Land trägt dies nicht vor. Wie das Beispiel des Klägers zeigt, der im kommenden Jahr sein 60. Lebensjahr vollenden wird, ist die Stelle offenbar nicht auf Nachwuchsförderung angelegt.

3.

Die Voraussetzungen einer Sachgrundbefristung gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG liegen auch nach dem Vorbringen des beklagten Landes nicht vor.

4.

Weil der Kläger mit der Befristungskontrollklage obsiegt hat, kann er verlangen, bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits weiterbeschäftigt zu werden (vgl. BAG 13.06.1985 - 2 AZR 410/84 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 19 = EzA BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 16). Der Inhalt der Beschäftigung ist zwischen den Parteien außer Streit.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revisionszulassung folgt aus der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).