Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2013, Az.: 6 Sa 1324/12

Verfall von Differenzlohnansprüchen einer Leiharbeitnehmerin aufgrund wirksamer Änderungsvereinbarung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
13.12.2013
Aktenzeichen
6 Sa 1324/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 54288
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2013:1213.6SA1324.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 11.10.2012 - AZ: 12 Ca 369/11

Amtlicher Leitsatz

Eine Wirksame Änderungsvereinbarung, die im laufenden Arbeitverhältnis Ausschlussfristen einführt, erfasst bis zur Änderungsvereinbarung entstandene Ansprüche.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.10.2012 - 12 Ca 369/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay für den Zeitraum Juli 2008 bis August 2009 sowie insbesondere darüber, ob etwaige Ansprüche der Klägerin verfallen sind.

Von Juli 2008 bis August 2009 bestand zwischen der Klägerin und der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, ein Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen die Klägerin an eine Versicherungsgruppe verliehen und dort als Servicemitarbeiterin eingesetzt wurde.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete zunächst der schriftliche Arbeitsvertrag vom 16.09.2008, der u.a. nachstehende Regelungen beinhaltete:

"§ 1 Vertragspartner und Vertragsgrundlagen

...

3. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des Manteltarifvertrages (MTV) vom 29.11.2004, des Entgeltrahmentarifvertrages (ERTV) vom 29.11.2004, des Entgelttarifvertrages (ETV) West/Ost vom 19.06.2006 sowie des Beschäftigungssicherungstarifvertrages vom 29.11.2004, jeweils geschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

...

5. Sollten die in Ziffer 3 in Bezug genommenen Tarifverträge unwirksam werden, sollen sich die Rechte und Pflichten aus diesem Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag (MTV) vom 22.07.2003, dem Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit (ERTV) vom 22.07.2003, sowie dem Entgelttarifvertrag Zeitarbeit (ETV) vom 22.07.2003, jeweils geschlossen zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB, in ihrer jeweils gültigen Fassung richten."

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Arbeitsvertrages wird auf Blatt 8 bis 12 der Akte Bezug genommen.

Mit Vertrag vom 15.06.2009, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 13 bis 15 der Akte verwiesen wird, stellten die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Grundlage. Dieser lautete wörtlich u.a. wie folgt:

"§ 2 Anwendbare Tarifverträge

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) geschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus dem Manteltarifvertrag (MTV), einem Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), einem Entgelttarifvertrag (ETV) West/Ost sowie einem Beschäftigungssicherungstarifvertrag in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

2. Die Bestimmungen der in Absatz 1 genannten Tarifverträge gehen den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vor. Dies gilt nicht, soweit die in Absatz 1 genannten Tarifverträge eine Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Absatz 3 TVG insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

...

§ 5 Entgelt

...

5. Das Entgelt wird monatlich nachträglich, spätestens bis zum 21. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto überwiesen oder durch Verrechnungsscheck gezahlt.

...

§ 9 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder seiner Beendigung verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

2. Der Fristablauf beginnt, sobald der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von den, den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

...

5. Absatz 1 und 3 gelten nicht, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten."

Zusätzlich zu diesem Arbeitsvertrag schlossen die Parteien unter dem 15.06.2009 eine Zusatzvereinbarung. Darin wird zunächst einleitend u.a. darauf hingewiesen, dass bei einer Unwirksamkeit der Tarifverträge CGZP/AMP die Mitarbeiter Anspruch auf die bei den jeweiligen Verleihern (Kundenbetrieben) geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, die für den Mitarbeiter insbesondere einen Anspruch auf eine höhere Vergütung bedeute. Außerdem wurde unter Ziffer 1 wörtlich vereinbart:

"1. Für den Fall, dass durch eine gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellt wird, dass die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossene Tarifverträge (nachfolgend Tarifverträge AMP/CGZP genannt) unwirksam sind, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der D. und des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt der Unwirksamkeit nach den zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und der Tarifgemeinschaften der Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträgen (nachfolgend Tarifverträge BZA/DGB genannt), derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung."

Unter dem 03.06.2011 (vgl. Bl. 17 d. A.) teilte Die Versicherungsgruppe dem Rechtsanwalt der Klägerin Bezug nehmend auf ein Schreiben vom 25.05.2011 mit, dass die Funktion, die die Klägerin seinerzeit für das Unternehmen D. ausgeübt habe, im Hause der Versicherung mit einem monatlichen Entgelt von 2.550,00 € brutto bezahlt worden wäre.

Die Klägerin hat bei der Beklagten folgende Bruttovergütung erhalten:

Juli 2008

1.231,65 €,

August 2008

1.149,53 €,

September 2008

1.215,63 €,

Oktober 2008

1.266,08 €,

November 2008

1.137,66 €,

Dezember 2008

1.258,34 €,

Januar 2009

1.301,30 €,

Februar 2009

1.138,00 €,

März 2009

1.301,30 €,

April 2009

1.369,83 €,

Mai 2009

1.288,95 €,

Juni 2009

1.370,22 €,

Juli 2009

1.425,35 € und

August 2009

603,40 €.

Mit außergerichtlichem Schreiben vom 28.06.2011 hat die Klägerin erstmals ebenfalls Entgeltdifferenzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht.

Diese verfolgt sie mit der am 03.08.2011 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangen Klage weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG dazu verpflichtet sei, an sie die Differenz zwischen der bei der Beklagten erhaltenen Vergütung zu der eines mit der Klägerin vergleichbaren, bei der Versicherungsgruppe angestellten Mitarbeiter in Höhe von monatlich 2.550,00 € brutto zu zahlen. Diese Differenz belaufe sich für das Jahr 2008 auf 8.040,71 € und für das Jahr 2009 auf 9.281,75 €. Die Ausschlussfristen des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 stünden dem nicht entgegen, weil diese einer AGB-Kontrolle gemäß § 305 ff. BGB nicht standhielten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilten, an sie Arbeitsentgelt für das Jahr 2008 in Höhe von insgesamt 8.040,71 € brutto zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 1.318,35 € seit dem 22.08.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.400,07 € seit dem 22.09.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.334,37 € seit dem 22.10.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.283,92 € seit dem 22.11.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.412,34 € seit dem 22.12.2008 und

aus einem Betrag in Höhe von 1.291,66 € seit dem 22.01.2009,

2. die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerin Arbeitsentgelt für das Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 9.281,75 € brutto zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 1.248,70 € seit dem 22.02.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.367,00 € seit dem 22.03.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.248,70 € seit dem 22.04.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.180,17 € seit dem 22.05.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.261,15 € seit dem 22.06.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.179,78 € seit dem 22.07.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.124,65 € seit dem 22.08.2009 und

aus einem Betrag in Höhe von 671,60 € seit dem 22.09.2009.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass etwaigen Ansprüche der Klägerin jedenfalls aufgrund der wirksam vereinbarten Ausschlussfristen gemäß § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 sämtlichst verfallen seien.

Mit Urteil vom 11.10.2012 hat das Arbeitsgericht Hannover die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, zu Gunsten der Klägerin als entstandene unterstellte Entgeltdifferenzen für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.08.2009 seien gemäß § 10 Abs. 4 AÜG in jedem Fall nach § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.09.2009 verfallen.

Dieses Urteil ist der Klägerin am 30.10.2012 zugestellt worden. Hiergegen hat sie mit am 12.11.2012 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Sie ist zunächst der Auffassung, entgegen der erstinstanzlichen Ansicht unterfielen ihre Ansprüche keiner Ausschlussfrist, insbesondere nicht derjenigen gemäß § 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009. Nach § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 gingen die Bestimmungen der in Absatz 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen des Arbeitsvertrages vor. Der in § 2 Absatz 1 genannte Manteltarifvertrag enthalte Ausschlussfristen. Die Voraussetzungen einer Rückausnahme gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages lägen nicht vor, da die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist als günstigkeitsneutrale Regelung für die Klägerin nicht günstiger sei. Im Übrigen würden Ausschlussfristen nicht für solche Ansprüche gelten, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden könnten. § 9 Nr. 2 AÜG stelle ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, gegen das die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft verstoßen habe, woraus Schadensersatzansprüche der Klägerin in entsprechender Höhe resultieren würden. Unabhängig davon sei die Ausschlussfristenregelung in § 9 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 unwirksam. Es handele sich dabei um vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten würden. Zunächst sei die Ausschlussfristenregelung in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom 15.06.2009 nicht hinreichend klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es sei nicht erkennbar, welche Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin überhaupt hätten Anwendung finden sollen. Zudem gehe aus der Ausschlussfristenregelung nicht hinreichend deutlich hervor, wann die Frist zu Geltendmachung zu laufen beginne. Nach § 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 beginne die Frist mit der "Fälligkeit" des Anspruches. Demgegenüber stelle § 9 Ziffer 2 für den Beginn der Frist auf den Zeitpunkt ab, in dem "der Anspruch entstanden" sei. Ohnehin habe die Klägerin ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht. Nach § 9 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 15.05.2009 beginne die Ausschlussfrist erst, wenn der Anspruchsberechtigte von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlange oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsse. Die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe nicht konkret vorgetragen, dass und zu welchem Zeitpunkt die Klägerin Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis sämtlicher anspruchsgeberündender Tatsachen erlangt habe. Zu den anspruchsbegründenden Umständen gehöre u.a. die Höhe des einem vergleichbarem Stammarbeiter zustehenden Arbeitsentgeltes. Hiervon habe die Klägerin erst nach dem Schreiben der Versicherung am 07.06.2011 Kenntnisse erhalten und sodann über ihren Rechtsanwalt mit Schreiben vom 28.06.2011 von der Beklagten die Nachzahlungsansprüche eingefordert. Die Klägerin habe auch von weiteren anspruchsbegründenden Umständen keine Kenntnis im Sinne der Ausschlussfristenregelung gehabt. Die Klägerin habe nichts von der Tarifunfähigkeit der CGZP gewusst. Dieser Umstand habe sich ihr auch nicht "förmlich aufgedrängt". Zudem habe die vertragliche Ausschlussfrist deshalb noch nicht zu laufen begonnen, weil hinsichtlich der aus der "CGZP-Entscheidung" des BAG folgenden Nachzahlungsansprüche bis heute eine besonders unklare Rechtslage bestehe und der Klägerin eine frühere Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht zumutbar gewesen sei. Auch eine Verjährungsfrist beginne nicht zu laufen, wenn eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage bestehe. Schließlich verstoße die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfristen gegen Treu und Glauben. Die Beklagte habe es durch ein pflichtwidriges Unterlassen unmöglich gemacht, dass die Klägerin ihre Ansprüche rechtzeitig geltend habe machen können. Die Beklagte sei nach § 11 Abs. 1 AÜG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachWG verpflichtet gewesen, der Klägerin den Lohn einer mit ihr vergleichbaren Stammkraft im Entleiherbetrieb mitzuteilen. Hätte die Beklagte dem entsprochen, hätte die Klägerin ihre Zahlungsansprüche rechtzeitig beziffern und anschließend geltend machen können. Selbst wenn sich die Beklagte auf die Ausschlussfristenregelung des § 9 im Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 berufen könne, wären die Ansprüche der Klägerin gleichwohl größtenteils nicht verfallen. Das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin Ansprüche aus zwei verschiedenen Arbeitsverträgen geltend mache. Der Arbeitsvertrag vom 19.6.2008 enthalte keine Ausschlussfristen enthalte. Die aus diesem Arbeitsvertrag resultierenden Ansprüche würden nicht von der Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 erfasst. Bereits entstandene Ansprüche unterfielen einer Ausschlussfristenregelung, die erst zu einem späteren Zeitpunkt auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde, grundsätzlich nicht. Das sei letztlich eine Frage der Auslegung. Die in § 9 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 enthaltene Ausschlussfristenregelung lege sich aber nach ihrem Wortlaut keine rückwirkende Kraft auf frühere entstandene Ansprüche bei. Etwaig verbleibende Zweifel gingen gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin. Selbst wenn man die Ausschlussfristenregelung so auslegen wollte, dass von dieser auch im Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Arbeitsvertrages bereits entstandene Ansprüche erfasst werden sollten, wäre die Regelung nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Dann habe die Klägerin im Ergebnis auf sämtliche Ansprüche, deren Fälligkeit oder Entstehen im Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Arbeitsvertrages bereits länger als drei Monate zurückgelegen hätten, ohne kompensatorische Gegenleistung verzichtet. Zudem habe der Klägerin in diesem Fall eine angemessene Nachfrist zur Geltendmachung derjenigen Ansprüche eingeräumt werden müssen, deren Fälligkeit im Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Arbeitsvertrages länger als drei Monate zurückgelegen hätten. Eine solche Nachfrist beinhalte die Zusatzvereinbarung nicht. Die Regelung wäre dann wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 unwirksam, weil dann unklar bleibe, wann diese Nachfrist zu laufen beginne und wie lange diese sein solle.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.10.2012 - 12 Ca 369/11 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerin Arbeitsentgelt für das Jahr 2008 in Höhe von 8.040,71 € brutto zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 1.318,35 € seit dem 22.08.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.400,07 € seit dem 22.09.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.334,37 € seit dem 22.10.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.283,92 € seit dem 22.11.2008,

aus einem Betrag in Höhe von 1.412,34 € seit dem 22.12.2008 und

aus einem Betrag in Höhe von 1.291,66 € seit dem 22.01.2009,

2. die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerin Arbeitsentgelt für das Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 9.281,75 € brutto zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus einem Betrag in Höhe von 1.248,70 € seit dem 22.02.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.367,00 € seit dem 22.03.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.248,70 € seit dem 22.04.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.180,17 € seit dem 22.05.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.261,15 € seit dem 22.06.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.179,78 € seit dem 22.07.2009,

aus einem Betrag in Höhe von 1.124,65 € seit dem 22.08.2010 und

aus einem Betrag in Höhe von 671,60 € seit dem 22.09.2010.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf deren Schriftsätze vom 12.11.2012, 16.01.2013 und 12.12.2013 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 13.12.2013 wechselseitig abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

A

Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO. Sie ist insgesamt zulässig.

B

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht Hannover hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen.

I.

Insoweit kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an die Versicherungsgruppe einen Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG in der von ihr begehrten Höhe hat, weil die Parteien eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung nicht getroffen haben.

II.

Ein derartiger Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 verfallen.

1.

Zwar war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen zwischen dem AMP und CGZP einzuhalten. Diese sind nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingungen Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden. Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich frei darin sind, ein kollektives Regelungswerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normativer Wirksamkeit ankäme, scheidet das jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass nur ein wirksamer Tarifvertrag vereinbart werden sollte. Eben das ist vorliegend geschehen. Sowohl § 1 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 19.06.2008 als auch § 2 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 stellen ausdrücklich klar, dass die Tarifverträge AMP/CGZP in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden sollten. Daraus wird eindeutig erkennbar, dass die Beklagte als Klauselverwenderin nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag den Zweck der Bezugnahme, nämlich das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG sollte erreichen können (BAG, 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - NZA 2013, 680 - 686).

2.

Die Klägerin musste jedoch die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 9 Nr. 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 beachten.

a)

Diese unstreitig als allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizierende Klausel enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung. Insoweit ist entgegen der Ansicht der Klägerin von einem grundsätzlichen Vorrang eine ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommen Klausel von einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung auszugehen.

aa)

Beschränken sich nichttarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien nicht darauf, ihr Arbeitsverhältnis pauschal einem bestimmten Tarifvertragswerk zu unterwerfen, sondern vereinbaren sie zu einzelnen Gegenständen darüber hinaus ausformulierte spezielle Regelungen, bringen sie damit typischerweise zum Ausdruck, dass unabhängig von dem in Bezug genommenen Tarifwerk jedenfalls auch die in dem Arbeitsvertrag konkret aufgenommenen Bestimmungen für das Arbeitsverhältnis gelten sollen.

bb)

Dabei bleibt es ihnen unbenommen, andere Kollisionsregelungen für das Verhältnis einer ausdrücklichen in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel zu einer über die pauschale Bezugnahme in Tarifwerken einbezogenen Regelungen zu vereinbaren. Von dieser Möglichkeit haben die Parteien vorliegend offensichtlich keinen Gebrauch gemacht.

aaa)

§ 9 Nr. 5 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 sieht zwar vor, dass u.a. Absatz 1 dann nicht gilt, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für die Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss über den Verfall von Ansprüchen enthält. Die Kollisionsregelung setzt damit auch für den durchschnittlichen Vertragspartner des Klauselverwenders erkennbar voraus, dass auf arbeitsvertraglicher Ebene überhaupt eine in Bezug genommener tarifliche und eine ausdrücklich im Arbeitsvertrag enthaltene Regelung Anwendung finden und kollidieren können. Das ist in Bezug auf die in § 2 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 vereinbarte Maßgeblichkeit der Tarifwerke AMP/CGZP schon deshalb von vornherein nicht möglich, weil die CGZP-Tarifverträge unwirksam sind und die Bezugnahmeklausel mithin ins Leere geht. Eine Kollision besteht insoweit nicht (vgl. BAG, 25.09.2013 - 5 AZR 778/12 - noch nicht veröffentlicht, siehe daher Juris).

bbb)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Parteien in der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 unter Ziffer 1 vereinbart haben, für den Fall, dass durch eine gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellt werde, die Tarifwerke AMP/CGZP seien unwirksam, sollten sich die Rechte und Pflichten der Parteien ab dem Zeitpunkt der Unwirksamkeit nach den BZA/DGB Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung richten.

(1)

Diese Regelung wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB gerecht. Sie gibt das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG wieder. Dabei kann vom Klauselverwender hinsichtlich der Klarheit einer Klausel nicht mehr verlangt werden, als der Gesetzgeber selbst insoweit regelt. Die Schwierigkeit, im Einzelfall festzustellen, ob eine Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist oder nicht, ist ein allgemeines Problem der Anwendung des Günstigkeitsprinzips und kann daher auch in dieser allgemeinen Form dargestellt werden. Das Problem besteht nicht in der fehlenden Bestimmtheit der das Günstigkeitsprinzip wiedergebende Klausel, sondern in der rechtlichen Feststellung der Günstigkeit (vgl. nur LAG Hamm, 22.08.2012 - 3 Sa 1852/11 - nicht veröffentlicht, siehe daher Juris).

(2)

Darüber hinaus sind unter "günstigeren" Ausschlussfristen aus der Sicht eines verständigen Arbeitnehmers grundsätzlich solche von längerer Dauer zu verstehen. Das gilt zwar nicht, wenn und soweit sie auch den Verfall von arbeitgeberseitigen Ansprüchen betreffen. Diese Problematik stellt sich vorliegend aber nicht, denn die Parteien haben in § 9 Ziffer 5 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 ausdrücklich vereinbart, dass längere tarifvertragliche Verfallsfristen nur gelten sollten, wenn sie gerade für den Arbeitnehmer günstigerer sind. Daraus wird eindeutig ersichtlich, dass die Arbeitnehmer ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten grundsätzlich gemäß § 9 Ziffer 1 innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit geltend machen müssen, es sei denn, der in Betracht kommenden Tarifvertrag, vorliegend also der Tarifvertrag BZA/DGB sähe eine für die Mitarbeiter und damit auch für die Klägerin längere Ausschlussfristenreglung vor (vgl. LAG Düsseldorf, 05.06.2012 - 8 Sa 2013/12 - nicht veröffentlicht, siehe daher Juris). § 9 Nr. 5 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 birgt mithin nicht die Gefahr in sich, die Klägerin von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten. Da der Klägerin nach Ziffer 2 der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 ausdrücklich mitgeteilt worden ist, dass sie u.a. die Tarifverträge BZA/DGB zu den üblichen Geschäftszeiten in den Büroräumen der entsprechenden Geschäftsstelle einsehen könne oder diese ihr auf Wunsch auch persönlich ausgehändigt würden, hatte sie die Möglichkeit, sich über die Ausschlussfristenregelungen im BZA/DGB Tarifvertrag zu informieren. Dieser beinhaltet unter § 16 in erster Stufe eine Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit, woraufhin die arbeitsvertragliche Vereinbarung von drei Monaten für jeden Leiharbeitnehmer erkennbar günstiger ist.

3.

§ 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 hält der AGB-Kontrolle stand

a)

§ 9 Ziffer 1 ist nicht überraschend im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben. Die Regelung befindet sich nicht an versteckter Stelle im Arbeitsvertrag. Sie ist vielmehr in einem eigenen Paragrafen enthalten, betitelt mit "Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen", wobei diese Überschrift durch Fettdruck hervorgehoben ist (diesen Abschnitt ganz nach oben ziehen).

b)

Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

aa)

Jeder durchschnittliche Arbeitnehmer und mithin auch die Klägerin kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen "verfallen", wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (vgl. BAG, 13.03.2013 - 5 AZR 154/11 - aaO.). Dazu gehören auch Differenzansprüche aus equal-pay.

bb)

Die Ausschlussfrist des § 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 erfasst sämtliche Ansprüche der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis, auch soweit sie vor dem Vertragsabschluss am 15.06.2009 entstanden sind, mithin auch diejenigen aufgrund des ersten Arbeitsvertrages vom 19.06.2008. Mit der Änderungsvereinbarung vom 15.06.2009 haben die Parteien bei der gebotenen generell abstrakten Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sich die Inhalte des Arbeitsvertrages nunmehr nach den neuen Regelungen richten sollten. In § 3 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 haben die Parteien ausdrücklich festgestellt, dass der Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 eine Änderung des Arbeitsvertrages darstelle, die zum 01.07.2008 und damit seit Beginn des Arbeitsverhältnisses wirksam werde. Hieraus wird für den durchschnittlichen Leiharbeiter ersichtlich, dass alle Vertragsbedingungen ab Beginn des Arbeitsverhältnisses den "neuen" Regelungen gemäß Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 unterworfen sein sollten. Dem Umstand, dass wegen einer möglichen erstmaligen Einführung von Ausschlussfristen in der Vergangenheit bereits entstandene und fällige Ansprüche nicht mehr innerhalb der nunmehrigen Frist geltend gemacht werden können, kann ohne weiteres dadurch Rechnung getragen werden, dass die Frist erst mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Vereinbarung der Ausschlussfrist beginnt (vgl. LAG Hamm, 22.08.2012 - 3 Sa 1852/11 - aaO.). Der durchschnittliche Arbeitnehmer musste und konnte davon ausgehen, dass die Ausschlussfrist des § 9 Ziffer 1 des Änderungsvertrages vom 15.06.2009 neben zukünftige Ansprüche einerseits auch bereits entstandene Ansprüche erfasst und andererseits, soweit diese Ansprüche bereits vor Vertragsunterzeichnung entstanden und fällig geworden sind, die Ausschlussfrist zu keinem anderen Zeitpunkt als dem des Abschlusses der Änderungsvereinbarung zu laufen beginnt.

bbb)

Die Wirksamkeit der rückwirkenden Vereinbarung von Ausschlussfristen scheitert entgegen der Auffassung der Klägerin nicht daran, dass dann, wenn ein Tarifvertrag ein Arbeitsverhältnis erst nach Vertragsabschluss erfasst, die bis dahin entstandenen Ansprüche von einer tariflichen Ausschlussklausel jedenfalls dann nicht tangiert werden, wenn sich die Klausel keine ausdrückliche Rückwirkung beimisst (so BAG, 26.09.1990 - 5 AZR 218/90 - AP Nr. 109 zu § 4 TVG, Ausschlussfristen). Vorliegend haben die Parteien nämlich durch den bereits zitierten Hinweis in § 3 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 in ausreichender Art und Weise sowie für den durchschnittlichen Arbeitnehmer erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass das seit dem 01.07.2008 bestehende Arbeitsverhältnis fortgeführt wird und lediglich eine inhaltliche Änderung der Vertragsbedingungen in einzelnen Bereichen eintritt. Darin ist die ausdrückliche Vereinbarung der Rückwirkung zu sehen.

ccc)

Diese stellt auch keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin im Sinne eines kompensationslosen Anspruchsverzichtes dar. Die Klägerin hat durch die Vereinbarung der Ausschlussfristen nicht etwa auf Ansprüche aus der Vergangenheit verzichtet, sondern die Parteien habe diese lediglich einer zeitlichen Begrenzung unterworfen. Die Klägerin war nunmehr gehalten, diese innerhalb von drei Monaten ab Abschluss des Vertrages vom 15.06.2009 gegenüber der Beklagten schriftliche geltend zu machen. Das ist nicht zu beanstanden.

cc)

Die Ausschlussklausel ist auch nicht deshalb intransparent, weil in § 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.6.2009 für den Fristbeginn auf die Fälligkeit abgestellt und in § 9 Ziffer 2 ausgeführt wird, der Fristablauf beginne, sobald der Anspruch entstanden sei und der Anspruchsberechtigte von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlange oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsse.

aaa)

In § 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 wird für den Begriff der Fälligkeit auf die Regelung in § 5 Nr. 5 Bezug genommen. Danach ist das Entgelt monatlich nachträglich, spätestens bis zum 21. des Folgemonates vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmerin zu zahlen ist. Fälligkeit der monatlichen Arbeitsvergütung tritt mithin spätestens zum 21. des Folgemonates ein.

bbb)

§ 9 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 stellt auf das Entstehen des Anspruchs ab. Dabei ist davon auszugehen, dass Entstehung und Fälligkeit des Anspruches grundsätzlich zusammenfallen (vgl. nur BAG, 09.08.2011 - 9 AZR 475/10 - DB 2012, 122 - 123). Nur in Ausnahmefällen können Entstehens- und Fälligkeitszeitpunkt auseinanderfallen. Das wird u.a. dann bejaht, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen, z.B. wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den hierzu maßgeblichen Voraussetzungen zu verschaffen, die er benötigt, um Ansprüche geltend machen zu können. In diesem Zusammenhang greift § 9 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 erkennbar den Grundgedanken des Verjährungsrechtes auf, wonach für den Beginn der Verjährungsfrist Voraussetzung ist, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt, oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Entstanden ist ein Anspruch in dem Augenblick, in dem seine tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen entsprechend einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer besteht nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AÜG von Anfang an. Hiervon ist nur dann eine Ausnahme zugelassen, wenn das Arbeitsverhältnis der Vertragsparteien einem Tarifvertrag unterfällt, der auch einzelvertraglich in Bezug genommen werden kann. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer am Tarifvertrag beteiligten Gewerkschaft begründet oder beendet eine Tariffähigkeit nicht, sondern stellt diese lediglich fest. Das Entstehen eines Anspruchs hängt daher nicht von der Entscheidung des Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG ab. Die erforderliche Kenntnis setzt keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus, es genügt vielmehr die Kenntnis der dem anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände (vgl. BAG, 13.03.2013 - 5 AZR 424/12 - EzA § 10 AÜG Nr. 18). Danach hat der Leiharbeitnehmer gemäß § 9 Nr. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 spätestens dann seinen Anspruch auf equal-pay geltend zu machen, wenn er Kenntnis davon erhält, dass vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers mehr verdienen als er. Das ergibt die Auslegung von § 9 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 mit ausreichender Deutlichkeit.

ccc)

Abgesehen davon führt die Regelung, wonach die Ausschlussfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn der Arbeitnehmer Kenntnis von den, den Anspruch begründenden Umständen erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, nicht zur Intransparenz der Klausel. Sie hält den Arbeitnehmer nicht davon ab, alle erforderlichen Schritte zur Verhinderung des Untergangs seiner Ansprüche zu unternehmen, sondern entlastet ihn vielmehr, wenn er diese trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ergreifen konnte (vgl. BAG, 25.09.2013 - 5 AZR 778/12 - aaO.).

c)

§ 9 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 beinhaltet keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

aa)

Zunächst bestehen keine Bedenken dagegen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ausschlussfristen mit einer dreimonatigen Frist zur Geltendmachung zu vereinbaren (BAG, 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - AP Nr. 1 zu § 310 BGB).

bb)

Die dreimonatige Frist zur außergerichtlichen schriftlichen Geltendmachung lässt den Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzten. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruches aus § 10 Abs. 4 AÜG "dem Grunde nach" reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es den Leiharbeitnehmern, die die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeiter im Einsatzbetrieb noch nicht im Einzelnen kennen, sich innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern (vgl. BAG; 13.03.2010 - 5 AZR 954/11 - aaO., 25.09.2013 - 5 AZR 778/12 - aaO.).

4.

Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 9 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 nicht eingehalten.

a)

Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt und mithin auf Grundlage von § 5 Nr. 5 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 jeweils am 21. des Folgemonates fällig geworden ist, erstmals der Beklagten gegenüber schriftlich unter dem 28.06.2011 geltend gemacht. Spätestens bei Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung vom 15.06.2009 und mithin am 15.06.2009 musste die Klägerin jedoch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt davon ausgehen, dass mit ihr vergleichbare Stammarbeitnehmer der Versicherungsgruppe ein höheres Entgelt als sie beziehen. Darauf hat die Beklagte selbst die Klägerin ausweislich des Satzes 2 im Absatz 3 der Einführung der Zusatzvereinbarung ausdrücklich hingewiesen. Zugleich musste die Klägerin § 3 Nr. 2 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 entnehmen, dass die Ausschlussfristen in § 9 Nr. 1 sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ab 01.07.2008 erfasst.

b)

Ausgehend vom 15.06.2009 bzw. spätestens 21.07.2009 als Fristbeginn für alle Ansprüche vom 01.07.2008 bis 30.06.2009, vom 21.08.2009 für die Ansprüche aus Juli 2009 sowie vom 21.09.2009 für die Ansprüche aus August 2009 erfolgte die schriftliche Geltendmachung am 28.06.2011 eindeutig außerhalb der dreimonatigen Frist des § 9 Nr. 1. Zu diesem Zeitpunkt waren etwaige Ansprüche der Klägerin aus § 10 Abs. 4 AGG für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis 31.08.2009 lange untergegangen.

5.

Dem Anspruchsverfall steht § 9 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 nicht entgegen. Danach gilt die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nämlich nicht (vgl. nur BAG, 25.09.2013 - 5 AZR 778/12 - aaO.).

6.

Der Beklagten ist es auch nicht nach Treu und Glauben versagt, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen. Die Beklagte war nicht dazu verpflichtet, der Klägerin im Arbeitsvertrag das Entgelt mit ihr vergleichbarer Stammmitarbeiter der Versicherungen gemäß §§ 2, 3 Nachweisgesetz mitzuteilen. Die Nachweisverpflichtungen aus dem Nachweisgesetz beziehen sich auf die wesentlichen Arbeitsbedingungen im Verhältnis von Arbeitnehmer zu Arbeitgeber und damit zwischen der Klägerin und der Beklagten als ihrer Vertragsarbeitgeberin. Eine Pflicht der Beklagten als Verleiherin, wesentliche "Arbeitsbedingungen" des Entleiherbetriebes und damit einer außerhalb des eigentlichen Vertragsverhältnisses stehenden Person, nachzuweisen, ist im AÜG nicht normiert. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG bestimmt zwar ergänzende Nachweispflichten des Verleiher im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, diese betreffen aber allein das Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer. Eine Verpflichtung zum Nachweis beim Entleiher geltender "Vertragsbedingungen" hätten in diesem Regelungszusammenhang erfolgen müssen, wenn sie gewollt gewesen wäre; das ist jedoch offensichtlich nicht geschehen (vgl. hierzu BAG, 23.03.2011 - 5 AZR 7/10 - AP Nr. 23 zu § 10 AÜG).

7.

Schließlich war es der Klägerin nicht unmöglich, die dreimonatige Geltendmachungsfrist einzuhalten. Schon aus der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 musste und konnte die Klägerin ersehen, dass vergleichbare Stammarbeiter bei der Entleiherin mehr verdienten als sie. Die Beklagte hat in der Präambel zur Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Unwirksamkeit der Tarifverträge CGZP/AMP in der Regel für die Mitarbeiter insbesondere einen höheren Vergütungsanspruch bedeuten würde. Letzteres hat die Beklagte drucktechnisch dadurch hervorgehoben, dass sie eine Unterzeichnung vorgenommen hat. Die bloße Unkenntnis über das Bestehen eines Anspruchs oder die objektiv unzureichende rechtliche Würdigung einer arbeitsvertraglichen Klausel, stehen dem Eingreifen einer Ausschlussfrist nicht entgegen. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gestaltung und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoordination, so ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers (BAG, 13.03.2013 - 5 AZR 424/12 - aaO.). Deshalb kann sich die Klägerin letztlich nicht darauf berufen, hinsichtlich der sich aus der "CGZP-Entscheidung" des BAG gegebenenfalls ergebenden Nachzahlungsansprüche bestehe bis heute eine unklare Rechtslage und eine frühere Geltendmachung ihrer Ansprüche sei deshalb unzumutbar gewesen. Für die Geltendmachung ihrer equal-pay-Ansprüche kam es auf die Frage der Tariffähigkeit der CGZP und die daran anknüpfenden Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der von dieser Gewerkschaft abgeschlossenen Verträge nicht an. Entscheidend war allein, dass die Klägerin zumindest nach den Angaben im Arbeitsvertrag vom 15.06.2009 wusste bzw. wissen musste, dass sich für den Fall der Unwirksamkeit dieser Tarifverträge ein höherer Vergütungsanspruch für sie ergeben konnte. Diesen hätte die Klägerin unbeziffert zur Wahrung der ersten Stufe der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist gemäß § 9 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2009 geltend machen können. Das wäre ihr zumutbar gewesen.

III.

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.