Landgericht Osnabrück
Urt. v. 21.12.2007, Az.: 12 O 594/07
Verwendung des Bildnisses eines Moderators i.R.e. Internetauftritts und von Werbeanzeigen für ein geplantes Produkt stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in sein Recht am eigenen Bild dar; Verwendung des Bildnisses eines Moderators i.R.e. Internetauftritts und von Werbeanzeigen für ein geplantes Produkt als rechtswidriger Eingriff in sein Recht am eigenen Bild
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 21.12.2007
- Aktenzeichen
- 12 O 594/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 56653
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2007:1221.12O594.07.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Oldenburg - 30.06.2008 - AZ: 13 U 12/08
- BGH - 18.11.2010 - AZ: I ZR 119/08
Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs. 2 BGB
- § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
- § 23 Abs. 2 KUG
- Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG
Redaktioneller Leitsatz
Die Verbreitung der Fotografie einer weithin bekannten Person, die aufgrund ihrer langjährigen Fernsehtätigkeit eine absolute Person der Zeitgeschichte ist, ist ohne dessen Einwilligung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erlaubt.
In dem Rechtsstreit
...
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 30.11.2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Meckelnborg als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild im Wege der Stufenklage Schadensersatz und außerdem Ersatz restlicher Abmahnkosten.
Der Kläger ist ein prominenter Fernsehmoderator. Die Beklagte ist Herausgeberin eines jeweils sonntags unentgeltlich verteilten Anzeigenblatts ("Osnabrücker Sonntagszeitung" - zukünftig: OSZ), welches in einer Auflage von ca. 230.000 Stück erscheint. Sie beabsichtigte, unter der Bezeichnung "Markt & Leute" eine sog. Cross-Media-Plattform im Internet und in gedruckter Form erscheinen zu lassen. Das Produkt ist - bestritten - nur als Nullnummer in geringer Auflage gedruckt worden.
Die Beklagte richtete im Internet eine Website www.markt-leute.de ein, die u.a. eine Titelseite der beabsichtigten Druckausgabe zeigte (sog. Dummy). Dort war unter einem Aufmacherartikel, der sich mit XXX befasste, ein Artikel über den Kläger zusammen mit einem in Höhe der Augenbrauen abgeschnittenen Porträtfoto abgedruckt. Die Überschrift lautete: " XXX nicht völlig tabu". Inhaltlich befasste sich der Artikel mit einer Eilentscheidung des Kammergerichts vom 27.6.2006 über die Zulässigkeit einer Hochzeitsberichterstattung, der in ähnlicher Form - wie allgemein bekannt - auch z.B. am 27.6.2007 bei Spiegel-Online, gestützt auf eine Meldung der Presseagentur AP, veröffentlicht wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 17 d.A. verwiesen. Darüber hinaus schaltete die Beklagte zumindest in den OSZ-Ausgaben vom 16.7., 23.7. und 30.7.2006, nach Behauptung des Klägers auch am 19.3.2006, Werbeanzeigen für das o.g. Projekt, die in Form eines Puzzle's Ausschnitte verschiedener Seiten des Produkts zeigte, u.a. ausschnittsweise den o.g. Artikel über den Kläger zusammen mit einem nunmehr vollständigen Porträtfoto. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 18/19 d.A..Bezug genommen. Eine Einwilligung des Klägers zu der Verwendung seines Bildnisses hat die Beklagte nicht eingeholt.
Der Kläger, der in der Verwendung seines Abbildes einen Verstoß gegen § 23 KUG sieht, mahnte die Beklagte ab. Die Beklagte unterzeichnete unter dem 3.8.2006 eine Unterlassungserklärung, auf deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 22 d.A.). Auf die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach einem Streitwert von 50.000,00 EUR erteilte Kostenrechnung über 1.600,57 EUR, die der Kläger vollständig beglichen hat, zahlte die Beklagte, die von einem Streitwert von 25.000,00 EUR ausgeht, einen Teilbetrag von 1.057,69 EUR. Auf Verlangen des Klägers erteilte die Beklagte am 3.11.2006 Auskunft über die Anzahl der mit dem Porträt des Klägers erschienenen Anzeigen in der OSZ.
Der Kläger meint, die Beklagte habe sein Bildnis allein zu Werbezwecken verwendet. Die vorzunehmende Abwägung zwischen seinem Persönlichkeitsrecht und der Pressefreiheit gehe zu seinen Gunsten aus. Ihm stehe deshalb Schadensersatz in Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr zu, deren Höhe erst nach Erteilung einer Auskunft über den Umfang der geschalteten Werbung beziffert werden könne. Er behauptet, die erteilte Auskunft sei unvollständig, weil z.B. auch am 19.3.2006 eine weitere Werbeanzeige erschienen sei. Er vertritt die Ansicht, das Auskunftsverlangen sei auch deshalb nicht erfüllt, weil Umfang und zeitliche Dauer der Werbung im Internet nicht bekannt gegeben worden seien.
Der Kläger beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft durch ein zeitlich gegliedertes Verzeichnis zu erteilen, wie häufig, wann genau, wie lange, in welchen Medien und mit welcher Auflage mit Bildnis und/oder Namen des Klägers Werbung für die Crossmediaplattform "Markt & Leute" betrieben wurde;
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Höhe nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.3.2007 zu zahlen.
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 50.542,88 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.3.2007 zu zahlen;
- 3.
die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn 542,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.3.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, der Abdruck des Bildnisses des Klägers sei durch die Pressefreiheit gerechtfertigt. Sie behauptet, der auf dem Dummy ersichtliche Artikel sei ein tatsächlich erschienener Presseartikel. Weitere als in dem Schreiben vom 3.11.2006 aufgeführte Anzeigenschaltungen habe es nicht gegeben. Die von dem Kläger vorgelegte Ausgabe vom 19.3.2006 beruhe auf einer fehlerhaften Übernahme ins Internet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klage ist insgesamt, einschließlich des auf der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsanspruchs, abzuweisen, weil dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 Abs. 2 KUG bereits dem Grunde nach nicht zusteht. Durch die Verwendung des Bildnisses des Klägers im Rahmen des Internetauftritts bzw. der Werbeanzeigen für das geplante Produkt "Markt & Leute" hat die Beklagte nicht in rechtswidriger Weise in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild eingegriffen. Es besteht auch kein Anspruch auf Zahlung restlicher Abmahnkosten hinsichtlich des vorgerichtlich erledigten Unterlassungsanspruchs, da insoweit lediglich Gebühren nach einem Gegenstandswert von 25.000,00 EUR entstanden und diese durch die Zahlung der Beklagten ausgeglichen sind.
I.
Die in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für die Annahme einer schadensersatzbegründenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild liegen nicht vor. Die Verbreitung der Fotografie des Klägers war ohne dessen Einwilligung gem. § 23 Abs.1 Nr. 1 KUG erlaubt, da es sich bei dem aufgrund seiner langjährigen Fernsehtätigkeit weithin bekannten Kläger inzwischen um eine absolute Person der Zeitgeschichte handelt.
Auf die o.g. Ausnahmebstimmung kann sich die Beklagte auch trotz der Tatsache berufen, dass sie das Bildnis des Klägers zu Werbezwecken verwendet hat. Denn die Werbung für ihr geplantes Presseerzeugnis "Markt&Leute" genießt wie dieses selbst den Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht, dass das Grundrecht der Pressefreiheit die Freiheit des Pressewesens insgesamt einschließlich der Werbung gewährleistet. Etwas anderes gilt hier auch nicht deshalb, weil das von der Beklagten beworbene Presseprodukt zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung erst geplant war und schließlich gar nicht realisiert wurde. Würde die Werbung in derartigen Fällen vom Schutz der Pressefreiheit nicht erfasst, würde die Vielfältigkeit des Informationsangebots bereits in der Entwicklung behindert. Die Chancen neuer Produkte auf dem Pressemarkt könnten nicht ungestört durch entsprechende Anzeigen ausgelotet werden, wegen fehlender Rückmeldungen von Anzeigenkunden und potentiellen Lesern könnte die Wirtschaftlichkeit des Produkts nicht hinreichend sicher beurteilt werden.
Die somit im Grundsatz zulässige Verbreitung des Bildnisses des Klägers verletzt auch nicht dessen berechtigte Interessen i.S.d.§ 23 Abs. 2 KUG. Dies ergibt eine alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Abwägung zwischen dem nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild und dem in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verankerten Recht der Beklagten auf Pressefreiheit.
Im Rahmen der Abwägung ist entscheidend zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass ihre Werbung nicht lediglich einen fiktiven Artikel über den Kläger aufweist, der dem Anliegen von Presseerzeugnissen Rechnung trägt, durch die Darstellung prominenter Persönlichkeiten über zeitgeschichtliche Ereignisse zu berichten und ansonsten inhaltsleer ist. Vielmehr wurden die angesprochenen Verkehrskreise durch den in der Anzeige abgebildeten Artikel über eine konkrete und aktuelle Berichterstattung, die sich mit dem Kläger befasst, informiert. Der verwendete Artikel bezieht sich auf ein konkretes Ereignis, nämlich die Hochzeit des Klägers am XXX und - wie sich insbesondere der Abbildung auf der Internetseite der Beklagten entnehmen läßt (Bl. 17 d.A.) - die insoweit geführten Rechtsstreite, welches für die Öffentlichkeit angesichts der Prominenz des Klägers von erheblicher Bedeutung ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Berichterstattung in den Medien über die Hochzeit vom Kläger bekanntermaßen kritisch gesehen wurde.
Die Berichterstattung hat in dieser Form in dem Zeitraum unmittelbar vor Erscheinen der Anzeigen auch tatsächlich, z.B. auf der Internetseite "Spiegelonline", stattgefunden, wie das Gericht durch Eingeben entsprechender Suchworte, insbesondere auch der von der Beklagten genannten Nachrichtenagentur AP, in eine Internetsuchmaschine ohne weiteres nachvollziehen konnte. Den Parteien ist im Termin zur mündlichen Verhandlung dieses Allgemeinwissen des Gerichts unter Bezugnahme auf den genannten Artikel, der ebenfalls das Portraitfoto des Klägers ausweist und aus Anlass der Entscheidung des Kammergerichts vom 27.6.2006 erschienen ist, bekanntgegeben worden. Gegen eine Verwertung der allgemein bekannten Tatsachen bestehen deshalb keine Bedenken. Der Kläger musste die mit einem neutralen Portraitfoto versehene Berichterstattung über seine Hochzeit und die insoweit geführten Rechtsstreite, die in tatsächlich existierenden Presseerzeugnissen erschienen sind, wegen des überragenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit hinnehmen. Es kann nicht anderes gelten, wenn ein solcher Artikel in einer Werbeanzeige für ein Presseerzeugnis, welche ebenfalls den grundsetzlichen Schutz der Pressefreiheit genießt, abgebildet wird. Die Frage, ob ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers vorliegt, kann nach Auffassung der Kammer nicht in formalisierender Betrachtungsweise nur deshalb bejaht werden, weil der Wort-Bild-Beitrag über den Kläger, der auf dem in der Werbeanzeige abgedruckten Zeitungstitel ersichtlich ist, tatsächlich später nicht erschienen ist. Bei einer solchen Argumentation würde der Werbung für ein noch nicht existierendes Presseerzeugnis, welches über Prominente berichten wollte und von dem nicht feststeht, ob es einmal erscheinen wird, der Schutz der Pressefreiheit von vornherein entzogen. Es könnten letztlich nur Erzeugnisse beworben werden, deren Erscheinen auch sichergestellt wäre.
Das Persönlichkeitsrecht des Klägers wird durch den Abdruck seines Bildnisses in der Werbeanzeige der Beklagten auch nicht stärker beeinträchtigt als bei der o.g. Berichterstattung in tatsächlich existierenden Presseerzeugnissen, die der Kläger hinzunehmen hat. Bei dem gezeigten Bildnis handelt es sich um neutrales Foto. Der Leser gewinnt bei Betrachtung des Bildes auch nicht den Eindruck, dass der Kläger das geplante Objekt empfiehlt. Dies folgt daraus, dass der Betrachter die Abbildung schon nicht als bloßes Werbemittel, sondern als Hinweis auf die im Zusammenhang mit dem Bildnis abgedruckte konkrete und aktuelle Berichterstattung mit dem Kläger als Gegenstand begreift. Es tritt hinzu, dass dem unbefangenen Durchschnittsleser geläufig ist, dass die Bilder bekannter Persönlichkeiten gezeigt werden, um die Aufmerksamkeit der Leser auf das Presseerzeugnis zu lenken und nicht deshalb, um eine Identifikation des Klägers mit dem Produkt auszudrücken.
II.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung weiterer Abmahnkosten zu. Der von seinen Rechtsanwälten angenommene Gegen Stands wert erscheint überhöht. Für die Abmahnung hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs kann der Wert evtl. Schadensersatzansprüche nicht maßgeblich sein. Vielmehr sind die Regelstreitwerte zu berücksichtigen, die üblicherweise bei Unterlassungsansprüchen festgesetzt werden. Diese übersteigen jedenfalls nicht 25.000,00 EUR. Die Beklagte hat die bei einem Gegenstandswert von 25.000,00 EUR anfallenden Gebühren zutreffend mit 1.057,69 EUR berechnet. Diesen Betrag hat die Beklagte unstreitig gezahlt.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.