Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 10.01.2007, Az.: 12 O 1908/06

Anspruch einer juristischen Person auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im zivilgerichtlichen Verfahren; Möglichkeit eines Idealvereins zur Aufbringung der Prozessführungskosten; Annahme der Bedürftigkeit eines Vereins und seiner Mitglieder anhand der Überprüfung des Positivsaldos

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
10.01.2007
Aktenzeichen
12 O 1908/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 34151
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2007:0110.12O1908.06.0A

Fundstellen

  • RENOpraxis 2008, 43 (amtl. Leitsatz)
  • ZAP EN-Nr. 699/2007

In dem Rechtsstreit
...
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
am 10.01.2007
durch
den Richter am Landgericht Holling als Einzelrichter
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Die Beklagte, ein eingetragener Idealverein, mietete seit den achtziger Jahren wechselnde Räume in den Gebäuden des Klägers. Diese vermietete sie entsprechend ihrem Vereinzweck gegen Entgelt an verschiedenen Bands und Musikgruppen für Probezwecke. 1994 schlossen die Parteien einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von 10 Jahren, der in den folgenden Jahren hinsichtlich der überlassenen Räumlichkeiten mehrfach geändert wurde. Mit Schreiben vom 12.06.2004 kündigte der Kläger den Mietvertrag zum 31.12.2004. Eine weitere Kündigung zum 30.09.2006 sprach der Kläger schließlich mit Schreiben vom 31.02.2006 aus. Er nimmt die Beklagte nunmehr auf Räumung in Anspruch.

3

Die Beklagte ist eine juristische Person. Juristische Personen können gemäß § 116 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO Prozesskostenhilfe nur erlangen, wenn die Kosten weder von der juristischen Person noch von den an der juristischen Person wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. Darüber hinaus muss die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen.

4

Vorliegend kann schon nicht festgestellt werden, dass der Verein nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung selber zu tragen. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen hat die Beklagte im Jahr 2005 einen Überschuss in Höhe von etwa XXX Euro erwirtschaftet. Aus den vorgelegten Kontounterlagen ergibt sich für den September 2006 ein Positivsaldo von über XXX Euro. Offensichtlich sind also auch in den vergangenen Jahren Überschüsse angesammelt worden, die der Verein nun für die Prozessführung verwenden kann. Die Angaben des Beklagten zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sind folglich nicht ausreichend, um eine Bedürftigkeit annehmen zu können.

5

Im übrigen darf auch einem Idealverein, wenn er die Kosten der Prozessführung aus der Vereinskasse nicht aufbringen kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn seine Vereinmitglieder vermögenslos sind. Denn grundsätzlich ist es zumutbar, dass die Vereinsmitglieder als "wirtschaftlich Berechtigte" i.S.v. § 116 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO für die Prozesskosten aufkommen (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 26.10.1988, Az.: 14 Ta 510/88; Zöller-Philippi, § 116, Rdnr. 13 m.w.N.). Wirtschaftlich Berechtigte sind alle Vereinsmitglieder, die den Verein wirtschaftlich tragen, ohne dass es dabei auf eine Schuldenhaftung ankommt (OVG Saarlouis, Beschluss vom 04.02.2000, Az.: 3 X 9/99; LAG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 26.11.1997, Az. 4 Ta 142/97, AnwBl. 1998, S. 543f). Für eine wirtschaftliche Beteiligung im Sinn der genannten Vorschrift reicht schon ein nur mittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits aus. Ein solches Eigeninteresse kann sich auch daraus ergeben, dass für den Fall des Unterliegens in dem Prozess und den sich daraus ergebenen finanziellen Schwierigkeiten des Vereins ggf. eine Beitragerhöhung oder die satzungsmäßige Erhebung einer Umlage beschlossen werden muss (LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.01.1997, Az.: 3 (6) Ta 124/96, MDR 1997, S. 858). Erklärungen der Vereinsmitglieder über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Interessen wurden nicht vorgelegt. Hierzu wäre der Beklagte aber grundsätzlich verpflichtet gewesen (vgl. OLG München, Beschluss vom 05.03.1990, Az. 26 W 846/90, JurBüro 1990, S. 755f), wobei letztlich nur unklar ist, ob diese Erklärungen auf den hierfür vorgesehenen Vordrucken erfolgen müssen (BSG Beschluss vom 14.11.2000, Az.: b 7 AL 136/00 B).

6

Nach allem kann Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden. Auf die Frage, ob allgemeine Interessen i.S.v. § 116 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO verfolgt (vgl. hierzu Nds.OVG, Beschluss vom 26.05.1997, Az. 11 O 104/97) tangiert werden, kommt es mithin nicht mehr an.

Holling