Landgericht Osnabrück
Urt. v. 27.06.2007, Az.: 1 S 217/07
Anspruch auf Schadensersatz wegen der Lieferung mangelhafter Parkettstäbe
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 27.06.2007
- Aktenzeichen
- 1 S 217/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 55014
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2007:0627.1S217.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Lingen - 20.03.2007 - AZ: 12 C 1004/06 (I)
- nachfolgend
- BGH - 15.07.2008 - AZ: VIII ZR 211/07
Rechtsgrundlage
- § 439 BGB
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz
In dem Rechtsstreit
...
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 27.06.2007
durch
den Präsidenten des Landgerichts ...
den Richter am Landgericht ... und
die Richterin Dr. ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Lingen vom 20.03.2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
- 2.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.
- 3.
Die Revision wird zugelassen.
- 4.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.259,70,- ? festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Unter Zugrundelegung der für das Berufungsgericht bindenden Feststellungen des Amtsgerichts, §529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sind Rechtsfehler, die der Berufung des Klägers zum Erfolg verhelfen könnten, nicht ersichtlich.
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Lieferung mangelhafter Parkettstäbe in Anspruch.
Die Lieferung ist unstreitig mangelhaft gewesen. Die Beklagte räumt auch ein, die Kosten für die Nachlieferung der mangelfreien Ware sowie die Ausbaukosten der verbauten Parkettstäbe tragen zu müssen.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte neben den Kosten für die Beschaffung von Ersatzstäben und den Kosten für den Ausbau der verbauten mangelhaften Ware auch die Kosten, die mit der Verlegung des nachzuliefernden mangelfreien Parketts verbunden sind, zu tragen hat.
Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung, diese Kosten seien von dem verschuldensunabhängigen Nacherfüllungsanspruch des Käufers nicht erfasst und die Beklagte habe den Mangel nicht zu vertreten, abgewiesen.
Mit seiner Berufung verfolgt er den geltend gemachten Anspruch, den er auf 1.259,70 EUR beziffert, weiter.
II.
Mit dem Amtsgericht ist die Kammer der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Aufwendungen nicht vom Anspruch auf Nacherfüllung gem. §439 BGB erfasst sind.
Zu diesem Problem werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten.
Nach einer Ansicht hat der Verkäufer im Wege der Nachbesserung auch diejenigen Veränderungen der Kaufsache aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen, die der Käufer vor dem Nacherfüllungsbegehren bereits an der Kaufsache vorgenommen hatte. Demnach wären die Einbaukosten, die mit der Beseitigung des Mangels an einer Kaufsache entstehen, vom Begriff der Aufwendungen im Sinne von §439 Abs. 2 BGB erfasst (so: OLG Karlsruhe MDR 2005, 135 [OLG Karlsruhe 02.09.2004 - 12 U 144/04]; LG Deggendorf, Urteil vom 03.04.2007, 3 O 370/06 (n.rk.); Terrahe VersR 2004, 680; Faust in: Bamberger/Roth, BGB, §439 Rz. 18). Auf diese Ansicht stützt sich der Kläger, allerdings zu Unrecht. Überwiegend wird differenziert zwischen Nacherfüllungs- und sonstigen Schadensersatzansprüchen. Die Kosten der Neuverlegung, wie sie hier vom Kläger geltend gemacht werden, werden danach nur gemäss den §§280, 281 BGB bzw. 284 BGB als erstattungsfähig angesehen (OLG Köln NJW-RR 2006, 677; Palandt-Putzo, BGB, 66. Aufl., §439 Rz. 11; von Wilmowsky JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 22; Tiedtke/Schmitt DStR 2004, 2060, 2062; Brömmelmeyer JZ 2006, 493; Seibel IBR 2006, 140; Leupertz BauR 2006, 1048; differenzierend: Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2004, §439 Rz. 21 f.).
Auch die Kammer schließt sich der letztgenannten Rechtsansicht an. Für diese sprechen die besseren Argumente. Bereits durch den Wortlaut des §439 Abs. 1 S. 1 BGB wird ausdrücklich klargestellt, dass die Nacherfüllung auf die Lieferung einer neuen Sache und die Beseitigung des Mangels beschränkt ist. Zudem kann ein Käufer im Wege der Nacherfüllung nur das verlangen, was Inhalt seines ursprünglichen Erfüllungsanspruchs ist; der Nacherfüllungsanspruch ist nichts anders als der modifizierte Erfüllungsanspruch. Dementsprechend ist Inhalt des Nacherfüllungsanspruchs lediglich die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer neuen Sache, so wie sie der Verkäufer ursprünglich geschuldet hat. Die Beseitigung weiterer Schäden, die entstanden sind, ist nicht Gegenstand der Nacherfüllung. Würde man anders entscheiden, könnte der Käufer über die Nacherfüllung mehr verlangen als ihm kaufvertraglich zusteht. In diesem Zusammenhang überzeugt auch nicht der von der Gegenansicht herangezogene Vergleich zum alten Werkvertragsrecht. Hier werden Kauf- und Werkvertrag unzulässigerweise miteinander vermengt (dazu insbes. Leupertz a.a.O.).
Demnach kann der Kläger - wie bereits das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Kosten für die Neuverlegung des Parketts nur verlangen, wenn der Mangel von der Beklagten zu vertreten gewesen wäre. Dieses ist nicht der Fall. Insoweit ist die Entscheidung durch den Kläger nicht angegriffen worden.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die Revision war angesichts der divergierenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Köln gem. §543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.