Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 10.04.2007, Az.: 5 T 581/06

Bestehen einer subsidiären Haftung des Staates gem. § 63 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) analog für die im Insolvenzverfahren entstandenen Verwaltungskosten nach rechtskräftiger Aufhebung einer Stundungsbewilligung

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
10.04.2007
Aktenzeichen
5 T 581/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 47415
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2007:0410.5T581.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bersenbrück - 22.06.2006 - AZ: 9 IN 83/04
nachfolgend
BGH - 15.11.2007 - AZ: IX ZB 74/07

In der Insolvenzsache
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
am 10.04.2007
durch
die Richterin am Landgericht .... als Einzelrichterin
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bersenbrück vom 22.06.06 wird auf Kosten des Beschwerdeführers nach einem Beschwerdewert von 1.508,61 EUR zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Mit Beschluss vom 21.10.2004 wurde über das Vermögen des Schuldners ..... das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Bereits am 12.10.04 war gemäß § 4 a InsO dem Schuldner die Stundung der Verfahrenskosten bewilligt worden. Nach Anhörung des Beschwerdeführers wurde die Stundung am 27.10.05 aufgehoben.

3

Mit Beschluss vom 21.12.2005, rechtskräftig seit dem 20.01.2006, wurde die Vergütung des Beschwerdeführers einschließlich Auslagen antragsgemäß festgesetzt auf 2.396,21 EUR, zu entnehmen aus der Insolvenzmasse.

4

Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 10.02.06 gemäß § 207 InsO eingestellt.

5

Nachdem der Beschwerdeführer seinen Vergütungsanspruch nur in Höhe von 887,60 EUR aus der Insolvenzmasse befriedigen konnte, beantragte er die Erstattung der restlichen Insolvenzverwaltervergütung aus der Staatskasse. Nach Anhörung des Bezirksrevisors wurde dieser Antrag mit dem angefochtenen Beschluss, zugestellt am 26.06.06, zurückgewiesen.

6

Hiergegen richtet sich die am 05.07.2006 eingelegte sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers, mit der er geltend macht, er habe sich, da die Stundung der Verfahrenskosten von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an bestanden hätte, darauf verlassen, dass seine Vergütung aus der Staatskasse bezahlt werde. Das Fehlverhalten des Schuldners, welches letztlich zur Aufhebung der Stundung geführt habe, dürfe nicht seinen Vergütungsanspruch nachträglich gefährden. Die volle Vergütung sei bereits zum Zeitpunkt, als die Stundung aufgehoben wurde, entstanden.

7

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

8

II.

Die gemäß § 64 Abs. 3 InsO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

9

Eine subsidiäre Haftung des Staates gemäß § 63 Abs. 2 InsO für die im Insolvenzverfahren entstandenen Verwaltungskosten besteht nach rechtskräftiger Aufhebung der Stundungsbewilligung nicht. Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 63 Abs. 2 InsO auf den Zeitraum nach Aufhebung der Stundungsbewilligung kommt nicht in Betracht. Die hierfür erforderliche planwidrige Regelungslücke besteht nicht. Liegen die ausdrücklich normierten Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Staates nach § 63 Abs. 2 InsO nicht vor, liegt das Kostenerstattungsrisiko auch nach der gesetzlichen Neuregelung beim Insolvenzverwalter. Dieser vom Bundesgerichtshof in der vom Bezirksrevisor zitierten Entscheidung (BB 2004, 735) aufgestellte Grundsatz beansprucht auch in dem hier vorliegenden Fall der nachträglichen Aufhebung einer Stundungsbewilligung nach § 4c InsO Gültigkeit. Eine generelle Ausfallhaftung des Staates ist nicht normiert (LG Göttingen, Beschluss vom 23.01.1997, 6 T 265/96).

10

Der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, eine mit dem Prozesskostenhilferecht übereinstimmende Regelung hinsichtlich der Ansprüche des Insolvenzverwalters zu schaffen. Da die Vergütung des Insolvenzverwalters in der Regel insgesamt erst mit Abschluss des Verfahrens fällig wird, besteht die Möglichkeit, ihm nachträglich einen Teilanspruch in Höhe der bis zur Aufhebung der Stundungsbewilligung entstandenen Vergütung gegen die Staatskasse zu bewilligen, nicht. Auch das AG Alzey geht in der Entscheidung vom 21.02.2003 (Az. IK 08/02) ersichtlich davon aus, dass bei Aufhebung der Stundungsbewilligung ex nunc allenfalls diejenige Vergütung gegen die Staatskasse geltend gemacht werden kann, die bis dahin bereits entstanden ist. Vom Zeitpunkt der Aufhebung an besteht ein solcher Anspruch nicht mehr. Dem Beschwerdeführer blieb es allerdings unbenommen, auf die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Auslagen gemäß § 9 InsVV einen Vorschuss zu verlangen. Dieses Recht steht ihm auch bei gewährter Kostenstundung nach § 4a InsO zu. Der Anspruch richtet sich dann gegen die Staatskasse als Sekundärschuldnerin nach § 63 Abs. 2 InsO ( LG Kassel, Beschluss vom 25.09.2002, 3 T 360,/02). Auf die Möglichkeit des Insolvenzverwalters, rechtzeitig Vorschüsse zu entnehmen, um sein Ausfallrisiko möglichst gering zu halten, weist auch der BGH in der vorgenannten Entscheidung besonders hin.

11

Die Ablehnung einer über den Fall des § 63 Abs. 2 InsO hinausgehenden Haftung der Staatskasse ist dem Beschwerdeführer auch zumutbar. Auch insoweit ist auf die Ausführungen des BGH in der oben genannten Entscheidung Bezug zu nehmen. Eine unterschiedliche Behandlung von vorläufigem und endgültigem Insolvenzverwalter ist nicht gerechtfertigt. Auch der endgültige Insolvenzverwalter darf sich in keinem Stadium des Verfahrens auf eine Aufrechterhaltung der Stundung, die allein dem Schuldner zugute kommen soll, verlassen. Die Widerrufsgründe des § 4c InsO liegen ersichtlich außerhalb seines Einflussbereiches und betreffen in erster Linie das Wohlverhalten des Schuldners. Der Beschwerdeführer musste also, auch wenn die Stundung bereits bei Übernahme des Verfahrens durch ihn als Insolvenzverwalter bestand, jederzeit mit deren Aufhebung rechnen, soweit entsprechende Gründe in der Person des Schuldners vorlagen. In diesem Fall den Fiskus für die Ansprüche des Beschwerdeführers haften zu lassen, entbehrt, wie bereits dargestellt, jeglicher gesetzlichen Grundlage.