Oberlandesgericht Oldenburg
v. 30.06.2008, Az.: 13 U 12/08

Eingriff in das Recht am eigenen Bild eines Fernsehmoderators durch Abdruck eines Artikels über die Hochzeit des Moderators in einer im Internet abgebildeten Nullnummer einer Zeitung (sog. Dummy) zu Werbezwecken; Möglichkeit der Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten im Falle einer Werbung mit einer Zeitung oder Zeitschrift mittels fiktiver Berichterstattung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.06.2008
Aktenzeichen
13 U 12/08
Entscheidungsform
Teilurteil
Referenz
WKRS 2008, 38285
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2008:0630.13U12.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 21.12.2007 - AZ: 12 O 594/07
nachfolgend
BGH - 18.11.2010 - AZ: I ZR 119/08

In dem Rechtsstreit
...
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ...und
die Richterin am Oberlandesgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 09.06.2008
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.12.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft durch ein zeitlich gegliedertes Verzeichnis zu erteilen, wie häufig, wann genau, wie lange, in welchen Medien und mit welcher Auflage mit Bildnis und/oder Namen des Klägers Werbung für die Crossmediaplattform "M... & L..." betrieben wurde.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Kläger, einer der bekanntesten Fernsehmoderatoren, verlangt von der Beklagten im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft aufgrund einer Werbekampagne der Beklagten.

2

Der Kläger heiratete am 07.07.2006 und führte gerichtliche Auseinandersetzungen in B..., um die Berichterstattung über seine Hochzeit zu untersagen. Die Beklagte gibt die "O... Sonntagszeitung" (OSZ) heraus, ein kostenloses Anzeigenblatt, das in einer Auflage von ca. 230.000 Stück erscheint. Sie beabsichtigte, ab September 2006 eine so genannte Cross-Media-Plattform mit dem Titel "M... & L..." im Internet und in gedruckter Form einzurichten. Tatsächlich ist das Vorhaben später schon vor dem ersten Erscheinen eingestellt worden.

3

Eine von der Beklagten eingerichtete Website namens www.m...-l....de zeigte eine zusammengefaltete Zeitung, bei der es sich um die zum Zwecke der Markteinführung angefertigte Nullnummer des beabsichtigten Produkts handelte (sog. Dummy). Dieser Dummy trägt das Datum 06.07.2006, sollte aber nicht vertrieben werden. Im unteren mittigen Teil der zusammengefalteten Zeitung war ein Teil eines Artikels mit einem kleingedruckten Übertitel "B.../Hochzeit" und dem Haupttitel "J... Hochzeit nicht völlig tabu" zu sehen. Von dem Artikel sind nur die ersten Zeilen zu lesen, die auf eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts Bezug nehmen. Der untere Teil des Artikels befindet sich auf der unteren Hälfte der Zeitungsseite und ist deshalb nicht abgedruckt. Ebenso endet der Abdruck eines neben dem Text befindlichen Portraitfotos des Klägers unterhalb der Stirn. Auf Bl. 17 d.A. wird Bezug genommen. Weiter schaltete die Beklagte zur Werbung für das neue Produkt Anzeigen jedenfalls in den OSZ-Ausgaben vom 16.7., 23.7. und 30.7.2006 jeweils unterschiedliche Werbeanzeigen, die unter Überschriften wie "Die ganz neue Partnerbörse" oder "Private Kleinanzeigen kostenlos" die komplette erste Seite der Nullnummer als unvollständiges Puzzle zeigt. Bei der Anzeige vom 16.7. ließen nur zwei Puzzlestücke den Text erkennen, bei den folgenden Anzeigen kam jeweils ein Puzzlestück hinzu. Alle Anzeigen zeigen ein - mittiges - Puzzlestück mit einem Ausschnitt aus dem Artikel über den Kläger, wobei dessen - hier vollständiges - Portraitfoto den größten Platz einnimmt und von der Überschrift nur die Worte "nicht völlig tabu" zu lesen sind, ferner wenige vollständige Zeilen aus dem Artikel. Auf Bl. 134 bis 136 Bd. II d.A. wird Bezug genommen.

4

Der Kläger hat in die Veröffentlichungen nicht eingewilligt. Er mahnte die Beklagte ab, worauf diese am 03.08.2006 eine Unterlassungserklärung abgab. Am 03.11.2006 erteilte die Beklagte auf Verlangen des Klägers Auskunft über die Daten der Ausgaben der OSZ, in der die Werbung erschienen war.

5

Der Kläger hat gemeint, die Veröffentlichung sei allein zu Zwecken der Werbung erfolgt und verletze sein Recht am eigenen Bild und Namen. Die Auskunft sei unvollständig, weil auch am 19.3.2006 eine Anzeige erschienen sei. Darüber hinaus fehlten Angaben zur Auflagenstärke der Zeitung, zur Zahl der Zugriffe auf die Internetseite und die Dauer der Einstellung in das Internet. Ihm stehe Schadensersatz zu, der erst nach vollständiger Auskunft bezifferbar sei.

6

Die Beklagte hat behauptet, ihre Auskunft sei vollständig. Insbesondere sei am 19.3.2006 keine Anzeige geschaltet worden. Der auf dem Dummy abgedruckte Artikel über den Kläger stamme von der Nachrichtenagentur A... und sei in dieser Form in anderen Medien erschienen. Sie beruft sich auf die Pressefreiheit.

7

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Verbreitung der Fotografie sei als Werbung für ein geplantes Presseerzeugnis gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG erlaubt. Ein berechtigtes Interesse des Klägers gemäß § 23 Abs. 2 KunstUrhG stehe nicht entgegen. Entscheidend sei, dass sich der Artikel mit einer aktuellen und erlaubten Berichterstattung über den Kläger befasse und in anderen Medien vollständig erschienen sei.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er meint, die nicht autorisierte Werbung sei schon deshalb unzulässig, weil ein tatsächliches Erscheinen des Artikels nicht geplant gewesen sei. Das Urteil setze sich auch nicht mit der unerlaubten Namensnennung auseinander. Die Bildnutzung zur Eigenwerbung sei bereits gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG nicht erlaubt.

9

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Osnabrück vom 21.12.2007, Az. 12 O 594/07, zu verurteilen, dem Kläger Auskunft durch ein zeitlich gegliedertes Verzeichnis zu erteilen, wie häufig, wann genau, wie lange, in welchen Medien und mit welcher Auflage mit Bildnis und/oder Namen des Klägers Werbung für die Crossmediaplattform "M... & L..." betrieben wurde.

10

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie hat erstmals in zweiter Instanz einen vollständigen Abdruck des Dummy mit dem fraglichen Artikel vorgelegt und behauptet, die gesamte Seite sei während der Kampagne im Internet abrufbar gewesen. Der Kläger bestreitet dies mit Nichtwissen.

12

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

13

Dem Kläger steht ein Anspruch auf vollständige Auskunft über die Werbekampagne der Beklagten zu, weil er dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr gegen die Beklagte hat. Dies ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG. Sowohl mit der Internetanzeige als auch mit den erschienenen Werbeanzeigen in der OSZ hat die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft in das Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen. Dabei geht der Senat davon aus, dass im Internet nur die zusammengefaltete Version des Dummy (Anlage K 4) mit dem lediglich ausschnittweise abgedruckten Artikel abrufbar war und nicht die erstmals in zweiter Instanz vorgelegte komplette Seite, auf der der Artikel insgesamt zu lesen war. Es ist schon unklar, wann genau diese Seite abrufbar gewesen sein soll. Jedenfalls ist dieser neue Sachvortrag der Beklagten, den der Kläger zulässig mit Nichtwissen bestritten hat, verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO) und darüber hinaus nicht unter Beweis gestellt worden.

14

1.

Mit der Werbung ist ein Bildnis des Klägers im Sinne von § 22 S. 1 KunstUrhG zur Schau gestellt worden. Bei der Anzeigenwerbung in der OSZ ist dies unzweifelhaft der Fall, weil hier ein Porträtfoto des Klägers abgedruckt wurde. Aber auch die Internetwerbung erfüllt diese Voraussetzung, obwohl das Portrait des Klägers nur oberhalb der Augenbrauen abgebildet war. Im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Nennung seines Namens war nämlich deutlich, dass hier der Kläger abgebildet war.

15

2.

Die Abbildung war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG im Grundsatz erlaubt, die gemäß § 23 Abs. 2 KunstUrhG erforderliche Abwägung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass sie berechtigte Interessen des Klägers verletzt.

16

a)

Das für die Einordnung als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG erforderliche schutzwürdige Informationsinteresse der Allgemeinheit ist gegeben. Es kann zwar bei ausschließlich Eigeninteressen dienenden Werbeanzeigen fehlen. Der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ist aber auch für Werbeanzeigen eröffnet, wenn diese neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweisen (BGH, NJW 2007, 689 (690) [BGH 26.10.2006 - I ZR 182/04] m.w.N. - Rücktritt des Finanzministers). Hier enthalten sowohl die Internet- als auch die Printwerbung in der OSZ Ausschnitte aus einem Zeitungsartikel über den Kläger, mag der lesbare Informationsteil auch gering sein. Darüber hinaus wird die Werbung für ein zukünftiges Presseprodukt betrieben. Die Eigenwerbung der Presse genießt, weil sie den Absatz des betreffenden Presseerzeugnisses fördert und auf diese Weise zur Verbreitung der Informationen beiträgt, selbst den gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Schutz der Pressefreiheit (BGH, NJW 2002, 2317 (2318) [BGH 14.05.2002 - VI ZR 220/01] - Marlene Dietrich; für die Werbung mit einem zusammen gerollten Zeitschriften-Dummy OLG München, AfP 2003, 363 ff. zum Auskunftsanspruch; OLG München, AfP 2007, 237 ff., im gleichen Rechtsstreit zum Zahlungsanspruch - Boris Becker).

17

b)

Die gemäß § 23 Abs. 2 KunstUrhG erforderliche Abwägung mit den Interessen des Abgebildeten fällt zugunsten des Klägers aus. Insoweit hat eine umfassende Güter- und Interessenabwägung zu erfolgen (BGH, NJW 2007, 689 (690) [BGH 26.10.2006 - I ZR 182/04] m.w.N. - Rücktritt des Finanzministers), bei der das Persönlichkeitsrecht ebenso wie die durch die Pressefreiheit geschützte Tätigkeit der Beklagten zu würdigen sind. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass eine komplette Veröffentlichung des nur ausschnittweise abgedruckten Artikels in dem beworbenen Medium zu keiner Zeit geplant war (ebenso OLG München, AfP 2007, 237 (239) - Boris Becker mit krit. Anm. Ladeur).

18

Auf Seiten des Klägers ist dessen Interesse an der eigenen wirtschaftlichen Vermarktung seiner Person zu gewichten. Es stellt einen wesentlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Die Anzeige erweckt zwar nicht den Eindruck, als empfehle der Kläger das beworbene Medienprodukt. Damit allein lässt sich aber nicht begründen, dass die Verwendung des eigenen Bildnisses in einer Werbeanzeige hingenommen werden muss (BGH, NJW 2007, 689 (691) [BGH 26.10.2006 - I ZR 182/04] - Rücktritt des Finanzministers, wonach satirische Elemente der Werbung allerdings zum Überwiegen der Meinungsäußerungsfreiheit führen können; ebenso Urteile vom 5. Juni 2008 - I ZR 223/05 und I ZR 96/07 - Lucky Strike).

19

Auf Seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass die Werbung Ausschnitte mit teilweise komplett abgedruckten Sätzen aus einem durch die Pressefreiheit geschützten Zeitungsartikel enthält. An Presseberichten, die sich mit der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Hochzeit des Klägers befassten, bestand durchaus ein öffentliches Interesse. Auch schützt die Pressefreiheit im Vorfeld die Werbung für geplante Produkte. Dabei können, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, keine zu großen Hürden aufgebaut werden, wenn das geplante Presseprodukt etwa wegen fehlender Resonanz bei Anzeigenkunden oder Abonnenten gar nicht erscheint. Auf letzteren Gesichtspunkt kann sich die Beklagte aber nicht berufen. Ihr Presseprodukt mag zwar nicht erschienen sein, der fehlende Abdruck des Artikels steht damit aber nicht im Zusammenhang, sondern war von vorneherein nicht geplant. Aus dem gleichen Grund kann die Beklagte nicht geltend machen, dass sie zulässige Werbung für eine konkrete Berichterstattung gemacht habe (zur Zulässigkeit derartiger Werbung vgl. BGH, NJW 2002, 2317 ff. [BGH 14.05.2002 - VI ZR 220/01] - Marlene Dietrich). Darüber hinaus fehlt es an einem besonderen Informationsinteresse auch deshalb, weil im Zeitpunkt der Werbung die Hochzeit schon zehn Tage zurück lag und deshalb kein aktuelles Geschehen mehr darstellte.

20

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie zur Werbung mit einem Dummy auch solche Artikel wählen dürfen müsse, die später nicht erscheinen. Allerdings weist Weber in seiner Anmerkung zu der oben zitierten Entscheidung des OLG München auf das damit verbundene Dilemma hin, weil ein Dummy kaum etwas anderes enthalten könne als Berichte über Personen der Zeitgeschichte (Weber, EWiR 2003, 1047 (1048) [OLG München 27.06.2003 - 21 U 2518/03]; kritisch auch Ladeur, AfP 2007, 242). In der Tat steht eine Werbekampagne mit zeitlichem Vorlauf vor dem Problem, dass bei der Werbung eingesetzte Informationen im Zeitpunkt des tatsächlichen Erscheinens des Produkts veraltet und damit nicht mehr von Interesse sind. So war ein Artikel über Gerichtsentscheidungen, die die Hochzeit des Klägers zum Gegenstand hatten, sogar im Zeitpunkt der Anzeigenkampagne schon nicht mehr zeitnah und jedenfalls im September 2006, dem geplanten Startmonat für "M...& L...", überhaupt nicht mehr aktuell. Auch würde kein Prominenter einen Werbevertrag annehmen, bei dem die Werbung aus einer kritischen Berichterstattung über die eigene Person besteht. Das Interesse an der durch die Pressefreiheit geschützten Markteinführung neuer Presseprodukte ist im Verhältnis zur Wertigkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber umso niedriger anzusiedeln, je mehr die Verfolgung wirtschaftlicher Eigeninteressen des jeweiligen Verlags durch Ausnutzung des Sympathiewerts des Abgebildeten im Vordergrund steht (für eine Unzulässigkeit der Sympathiewerbung auch Ladeur, AfP 2007, 242).

21

Hier ist entscheidend, dass der Informationsgehalt der Werbung nicht nur wegen des zeitlichen Abstands zu der Hochzeit, sondern vor allem wegen des nur ausschnittweise erfolgten Abdrucks erheblich herabgesetzt war und sich vornehmlich den Sympathiewert des Klägers zunutze machte. Dies gilt vor allem für die Printwerbung in der OSZ, die hauptsächlich das Porträtfoto des Klägers enthielt, aber auch für die Internetwerbung, in der nur wenige Sätze zu lesen waren. Es wurde der - falsche - Eindruck erweckt, es existiere bereits ein Druckerzeugnis mit dem bewussten, vollständigen Artikel, zu dessen Lektüre die Werbung anregen sollte. Dies verdeutlicht, dass es der Beklagten nicht um Information über die Hochzeit des Klägers, sondern um dessen allgemein bekannten besonderen Bekanntheits- und Beliebtheitswert und dessen Vermarktung ging. Aus diesem Grund enthalten alle drei Werbeanzeigen gerade einen Ausschnitt aus dem Artikel über den Kläger. Sein Porträtfoto ist auf der Nullnummer auch bewusst mittig als Blickfang platziert worden, damit das Auge des Betrachters sofort auf ihn fällt. In der vorgelegten Anzeige vom 16.07.2007 ist darüber hinaus ein subtiler Bezug zwischen dem Werbeslogan "Die ganz neue Partnerbörse", herabrieselnden Herzen und dem darunter befindlichen Puzzlestück mit dem Foto des Klägers und dem mit Fettdruck hervorgehobenen Titelausschnitt "nicht völlig tabu" hergestellt worden. Hier wird besonders deutlich, dass es der Beklagten nicht um eine wie auch immer geartete Informationsvermittlung ging, sondern um die werbliche Anpreisung ihres Produkts mit der nahe liegenden Aussage, dass auch das Privatleben des Klägers und dieser als Person "nicht völlig tabu" sei.

22

Bei der erforderlichen Abwägung verdienen die Interessen des Klägers den Vorrang, weil die Beklagte nach alledem in erster Linie seinen Bekanntheits- und Sympathiewert für die Verfolgung wirtschaftlicher Eigeninteressen genutzt hat. Ohne Bedeutung ist dabei aus Sicht des Senats der seitens des Landgerichts maßgeblich herangezogene Gesichtspunkt, dass der fragliche Artikel in anderen Medien erschienen sei. Selbst wenn dies der Fall war, ändert dies nichts an der auf die konkrete Werbung bezogene Abwägung. Dem Kläger geht es hier nämlich nicht um die Verhinderung einer Berichterstattung über seine Person, sondern um die unberechtigte kommerzielle Nutzung seines Bildnisses für Werbezwecke. Dann mag der Artikel allgemein zugänglich gewesen sein. Die Beklagte hat ihn für ihr Produkt aber allein zu Werbe- und nicht zu Informationszwecken eingesetzt.

23

Aus dem gleichen Grund scheitert die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten, auf die teilweise die Zulässigkeit von Werbung mit Zeitschriftendummys gestützt wird (so Weber, EWiR 2003, 1047 (1048) [OLG München 27.06.2003 - 21 U 2518/03]). Zwar hätte die Beklagte ihr Produkt mit dem vollständigen Artikel vertreiben und damit die nicht autorisierte Werbung zulässig machen können. Die Güterabwägung hat aber den konkreten Fall einer Werbung mittels fiktiver Berichterstattung zum Gegenstand. Bezogen auf diese Handlung ist ein rechtmäßiges Alternativverhalten nicht ersichtlich (ebenso OLG München, AfP 2007, 237 (241)). Andernfalls könnte ein Bildnisabdruck auf einem Zeitschriftencover ohne die erforderliche redaktionelle Berichterstattung (hierzu BGH, NJW-RR 1995, 789 f. [BGH 14.03.1995 - VI ZR 52/94] - Chris Revue) stets mit dem Argument gerechtfertigt werden, es hätte schließlich einen begleitenden und womöglich belastenderen Artikel geben können.

24

c)

Der Eingriff war rechtswidrig und schuldhaft. Bei Einhaltung der gemäß § 276 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlichen Sorgfalt und gebotener Einholung von Informationen hätte sich der Beklagten erschließen müssen, dass sie die Werbung nicht auf diese Weise gestalten durfte, zumal ein vergleichbarer Fall in der Rechtsprechung bereits entschieden und veröffentlicht war (OLG München, AfP 2003, 363 ff. [OLG München 27.06.2003 - 21 U 2518/03]). Die Beklagte hat sich nach eigenen Angaben auf eine Anfrage bei der Nachrichtenagentur A... beschränkt, von der sie den Artikel bezogen haben will. Dies war nicht ausreichend.

25

d)

Ein Schaden ist dem Kläger entstanden, weil er, wäre seine Einwilligung eingeholt worden, ein Honorar hätte aushandeln können. Dass das Medienprodukt schließlich gar nicht eingerichtet wurde, ändert an diesem Schaden nichts. Der Kläger kann den Schaden entweder konkret oder nach der Lizenzanalogie berechnen oder den Verletzergewinn herausverlangen (vgl. BGHZ 20, 345, 353 f. - Paul Dahlke).

26

3.

Ob daneben die nicht autorisierte Nennung des Namens des Klägers in der Werbung einen rechtswidrigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellt, der die Beklagte gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 GG zum Schadensersatz verpflichtet, oder sich ein Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion ergibt, bedarf keiner Entscheidung.

27

4. Um die für ihn günstigste Art der Schadensberechnung wählen und den Schaden berechnen zu können, hat der Kläger Anspruch auf vollständige Auskunftserteilung. Eine Auskunft liegt zwar vor in Bezug auf die Erscheinungsdaten der Anzeigen in der OSZ. Dies gilt auch im Hinblick auf den Erscheinungstermin 19.03.07. Auch wenn der Kläger die insoweit erteilte Auskunft weiter anzweifelt, sind die Erscheinungsdaten dennoch vollständig und abschließend mitgeteilt worden. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich aber auch auf die Auflagenstärke der jeweiligen Ausgaben und die Dauer der Internet-Werbung.

28

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

29

Der Senat hat die Revision gemäß § 546 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen die einwilligungsfreie Abbildung eines Prominenten bei der Werbung mit einem Zeitschriftendummy zulässig ist, von grundsätzlicher Bedeutung ist. Dies gilt insbesondere für die Frage, welche Qualität die mit dem Abbild im Zusammenhang stehende Information haben muss, um ein Überwiegen der Pressefreiheit zu rechtfertigen.