Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.07.2003, Az.: LB 45/01
Beweidungsverbot im bestockten Bereich; Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima; Ordnungsgemäße Forstwirtschaft; Geschlossener, flächenhafter Bestand; Waldumwandlung; Angrenzung an Nachbargrundstück
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.07.2003
- Aktenzeichen
- LB 45/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 14991
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2003:0702.LB45.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs.3 BWaldG
- § 11 Abs. 1 NWaldLG
- § 14 Abs. 1 NWaldLG
- § 2 Abs.3 Satz 1 NWaldLG
- § 2 Abs. 7 Nr. 1 NWaldLG
- § 31 Abs. 4 Satz 1 NWaldLG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Anordnung, die Beweidung einer bestockten Fläche zu unterlassen, ist ein Dauerverwaltungsakt, dessen Rechtmäßigkeit anhand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beurteilt werden muss.
- 2.
Eine Waldbeweidung stellt keine ordnungsgemäße Forstwirtschaft dar.
- 3.
Die Waldeigenschaft eines Eichenhains setzt nicht voraus, dass die bestockte Fläche größer als 0,2 ha ist. Daher können auch Flächen, die kleiner als 0,2 ha sind, unter den in § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG aufgeführten Voraussetzungen Wald sein.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Rechtsvorgängers der Beklagten, die Waldbeweidung zu unterlassen und einen Zaun zu beseitigen.
Der Kläger ist Eigentümer des ca. 20.200 qm großen Flurstück E. der Flur 1 der Gemarkung F., das im Landschaftsschutzgebiet "Toteismoor" liegt und an das Naturschutzgebiet "Düvels Kamp" grenzt. Im Südosten dieses Flurstücks stehen ca. 65 Eichen, die bis zu 70 Jahre alt sind. Die bestockte Fläche hat nach Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Größe von 2.564 qm, während sie nach den Ermittlungen des Niedersächsischen Forstamtes G. lediglich 1.260 qm (35 m x 36 m) groß sein soll. An den Eichenhain grenzt eine "Lichtung", an deren Rand Baumstubben lagern. Der Eichenhain und die "Lichtung" sind eingezäunt.
Bei einer Ortsbesichtigung am 13. März 1996 stellten Mitarbeiter des Landkreises Hannover fest, dass die eingezäunte Fläche mit Schafen beweidet worden war und so gut wie keinen Jungaufwuchs mehr aufwies.
Daraufhin gab der Landkreis Hannover der Mutter des Klägers, die damals noch Grundstückseigentümerin war, durch Bescheid vom 13. August 1997 auf, die Beweidung des Waldes ab dem 15. September 1997 zu unterlassen und den an der Ostseite des Waldes stehenden Zaun bis dahin zu entfernen. Zugleich drohte er die Festsetzung von Zwangsgeldern in Höhe von jeweils 500,00 DM für den Fall der Nichtbefolgung seiner Anordnungen an. Zur Begründung führte der Landkreis Hannover aus, dass es sich bei dem Baumbestand nach den von ihm eingeholten Stellungnahmen des Staatlichen Forstamts Hannover vom 7. August 1996 und des Forstamts der Landwirtschaftskammer Hannover vom 4. Juli 1996 um Wald im Sinne des Landeswaldgesetzes - LWaldG - handele, dessen Beweidung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft widerspreche. Daher müsse die Beweidung unterbleiben. Außerdem sei der Zaun zu beseitigen, weil jedermann das Recht habe, den Wald zu betreten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Mutter des Klägers am 10. September 1997 mit der Begründung Widerspruch, dass der auf ihrem Grundstück vorhandene Baumbestand kein Wald sei.
Diesen Widerspruch wies die Bezirksregierung Hannover durch Bescheid vom 29. Oktober 1997, zugestellt am 5. November 1997, mit der Maßgabe zurück, die Waldbeweidung mit der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides zu unterlassen und den Zaun innerhalb von vier Wochen danach zu entfernen. Zur Begründung führe die Widerspruchsbehörde u.a. aus, dass die bestockte Fläche nach § 2 Abs. 1 LWaldG Wald sei, dessen Beweidung keine ordnungsgemäße Forstwirtschaft darstelle.
Daraufhin hat die Mutter des Klägers am 3. Dezember 1997 Klage erhoben. Nach deren Tod hat der Kläger als Alleinerbe den Rechtsstreit fortgeführt.
Zur Begründung der Klage hat er vorgetragen, dass die umstrittene Fläche seit Menschengedenken kein Wald, sondern Weideland sei. Dort stünden nur wenige Eichen, die man zur Gewinnung von Brennholz habe wachsen lassen. Das eingezäunte Areal, das kein Unterholz aufweise, sei lediglich 1.800 qm groß und mit den umliegenden Waldparzellen nicht verbunden.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Landkreises Hannover vom 13. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 29. Oktober 1997 aufzuheben.
Der Landkreis Hannover hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und erwidert, dass sowohl das Staatliche Forstamt Hannover als auch das Forstamt der Landwirtschaftskammer Hannover bestätigt hätten, dass der mit Eichen bestockte Teil des Grundstücks des Klägers Wald sei. Dass diese Fläche möglicherweise nur 1.800 qm groß sei, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. Februar 2000 mit der Begründung abgewiesen, dass der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig sei. Das Verbot, die bestockte Fläche als Weide zu nutzen, finde in § 11 NGefAG i.V.m. § 6 LWaldG seine Rechtsgrundlage. Das Staatliche Forstamt Hannover und das Forstamt der Landwirtschaftskammer Hannover hätten festgestellt, dass die mit Eichen bestockte Fläche Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 LWaldG sei. Dem stehe nicht entgegen, dass es dort kein Unterholz mehr gebe. Gegen die Waldeigenschaft der bestockten Fläche spreche auch nicht, dass sie möglicherweise nur 1.800 qm groß sei. Der Landkreis Hannover habe außerdem zu Recht angenommen, dass die Beweidung der bestockten Fläche gegen § 6 LWaldG verstoße, weil sie keine ordnungsgemäße Forstwirtschaft darstelle. Der mit der Beweidung verbundene Verbiss und die Verkotung verhinderten die Verjüngung des Waldes. Außerdem beeinträchtige die Beweidung die kleinklimatischen Verhältnisse. Daher sei das Beweidungsverbot nicht zu beanstanden. Die Anordnung, den Zaun an der Ostseite des Waldes zu beseitigen, sei ebenfalls rechtmäßig. Sie finde in § 7 FFOG ihre Rechtsgrundlage. Die Zwangsgeldandrohung begegne auch keinen rechtlichen Bedenken.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, die der seinerzeit zuständige 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Beschluss vom 29. Mai 2000 (3 L 1439/00) zugelassen hat.
Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Bei der mit Eichen bestockten Fläche handele es sich nicht um Wald. Vielmehr stellten die Eichen, die man zur Gewinnung von Brennholz habe wachsen lassen, lediglich eine Baumgruppe in der Feldmark dar. Auf der bestockten Fläche könne sich auch kein typisches Waldbinnenklima entwickeln, da sie lediglich 1.425 qm groß sei, von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben sei und an keiner Seite Anschluss an andere Waldflächen habe. Außerdem stünden die Bäume so weit auseinander, dass sich ihre Kronen nur teilweise berührten. Ferner fehle es an einer für einen Wald typischen Strauch- und Krautschicht. Daher sei die bestockte Fläche, die schon seit mehr als 100 Jahren von Schafen und Kühen beweidet werde, als Weideland anzusehen. Das gelte auch für die südlich angrenzende Fläche, auf die sich der angefochtene Bescheid ebenfalls erstrecke. Die Stubben, die an deren Rand abgelagert worden seien, stammten nicht von dort. Es handele sich vielmehr um Reste von Bäumen, die im Dorf einem Sturm zum Opfer gefallen seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 11. Kammer (Einzelrichterin) - vom 22. Februar 2000 zu ändern und den Bescheid des Landkreises Hannover vom 13. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 29. Oktober 1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und erwidert: Der angefochtene Bescheid beziehe sich nur auf den mit Eichen bestockten Teil des Grundstücks des Klägers. Diese Fläche sei sowohl nach § 2 Abs. 1 LWaldG als auch nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung - NWaldLG - Wald, weil sie auf Grund ihrer Größe und Baumdichte einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweise. An die Qualität des Waldbinnenklimas seien keine hohen Anforderungen zu stellen, da dieses Tatbestandsmerkmal in erster Linie dazu diene, Wald von kleineren, mit einzelnen Baumgruppen bestockten Flächen im Sinne der §§ 2 Abs. 3 Nr. 1 LWaldG, § 2 Abs. 7 Nr. 1 NWaldLG abzugrenzen. Daher könne schon bei hinreichend dicht mit Waldbäumen bestandenen quadratischen oder runden Flächen ab ca. 1.000 qm von einem Waldbinnenklima ausgegangen werden. Diese Mindestgröße werde hier deutlich überschritten. Eine computergestützte, planimetrische Vermessung habe ergeben, dass die bestockte Fläche auf dem Grundstück des Klägers 2.564 qm groß sei. Dazu kämen 442 qm auf dem angrenzenden Teil des Nachbargrundstücks, auf dem ebenfalls Waldbäume stünden. Außerdem habe das Niedersächsische Forstamt G. bestätigt, dass die bestockte Fläche auf dem Grundstück des Klägers Wald sei. Im Übrigen wäre diese Fläche selbst dann als Wald anzusehen, wenn sie den Anforderungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG auf Grund der langjährigen Beweidung nicht mehr entsprechen würde, da Waldflächen ihre rechtliche Eigenschaft als Wald durch eine unzulässige Waldumwandlung nicht verlören. Die Beweidung der bestockten Fläche, die seit ca. 20 Jahren stattfinde, sei auch unzulässig, weil sie keine ordnungsgemäße Forstwirtschaft darstelle. Die Waldbeweidung führe auf Grund der Stickstoffeinträge, der Bodenverdichtung und der Beseitigung des neuen Aufwuchses zu einer schleichenden Waldumwandlung. Daher sei das Beweidungsverbot rechtmäßig.
Der Senat hat das Niedersächsische Forstamt G. durch Verfügung vom 30. April 2003 um eine gutachterliche Stellungnahme dazu gebeten, ob der Eichenbestand als Wald im Sinne des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung anzusehen ist und ob auf der südlich angrenzenden, eingezäunten Fläche unter der Geltung des Landeswaldgesetzes eine Waldumwandlung erfolgt ist. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gutachterliche Stellungnahme des Niedersächsischen Forstamtes G. vom 13. Juni 2003 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A bis C) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Die Zulässigkeit der Berufung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht, weil das erstinstanzliche Urteil der Geschäftsstelle vor dem 1. Januar 2002 zum Zwecke der Zustellung an die Beteiligten übergegeben worden ist (§ 194 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die danach an die Zulässigkeit der Berufung zu stellenden Voraussetzungen liegen hier vor. Die Berufung entspricht insbesondere den Maßgaben des § 124 a Abs. 3 VwGO i.d.F. des Gesetzes vom 3. Mai 2000 (BGBl.. I S. 632), weil der Kläger sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung begründet und einen bestimmten Antrag gestellt hat. Der Kläger hat dargelegt, aus welchen Gründen die mit Eichen bestockte Fläche nicht als Wald anzusehen sein soll, und betont, dass "die erstinstanzliche Entscheidung mit den Entscheidungen der Verwaltungsbehörde aufzuheben" sei. Damit hat er dem Sinne nach beantragt, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und den Bescheid des Landkreises Hannover vom 13. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 29. Oktober 1997 in vollem Umfang aufzuheben. Dies genügt den gesetzlichen Maßgaben, da ein förmlicher Antrag entbehrlich ist, wenn das Ziel und der Umfang des Rechtsmittels der Berufungsbegründung zweifelsfrei entnommen werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.07.2001 - 8 S 268/01 - RdL 2002, S. 136; BVerwG, Beschl. v. 23.09.1999 - 9 B 372/99 - DVBl. 2000, S. 561).
Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid des Landkreises Hannover in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover zu Recht abgewiesen hat. Denn dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das zwischen den Beteiligten umstrittene Beweidungsverbot, das der Kläger als Rechtsnachfolger seiner Mutter beachten muss, erstreckt sich nur auf den mit Eichen bestockten Teil seines Grundstücks. Der Landkreis Hannover hat durch den Bescheid vom 13. August 1997 angeordnet, die Beweidung des Waldes auf dem Grundstück zu unterlassen, und die betreffende Fläche auf einem dem Bescheid beigefügten Auszug aus einer Liegenschaftskarte markiert. Die markierte Fläche, die ca. 2.000 qm groß ist, umfasst möglicherweise aber nicht nur den Eichenhain, sondern auch die angrenzende "Lichtung", da der Eichenhain nach den Feststellungen des Niedersächsischen Forstamtes G. lediglich 1.260 qm groß sein soll. Sollte das der Fall sein, würde sich das Beweidungsverbot aber dennoch nicht auf die an den Eichenhain grenzende "Lichtung" erstrecken, weil dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover zu entnehmen ist, dass ausschließlich der mit Eichen bestockte Bereich nicht beweidet werden soll. Denn die Widerspruchsbehörde hat lediglich die bestockte Fläche als Wald bezeichnet und die angrenzende "Lichtung" im Zusammenhang mit dem Beweidungsverbot nicht erwähnt. Daraus ist zu schließen, dass sich das Beweidungsverbot auf die mit Eichen bestockte Fläche beschränkt und den südlich angrenzenden Bereich nicht erfasst. Das hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich klargestellt. Daher bezieht sich das Beweidungsverbot das dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zu Grunde liegt, lediglich auf den Teil des Grundstücks des Klägers, auf dem sich der Eichenhain befindet.
Die Anordnung, die Beweidung dieser Fläche zu unterlassen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung - NWaldLG - vom 21. März 2002 (Nds. GVBl. S. 112), das hier zur Anwendung gelangt, weil die Anordnung ein Dauerverwaltungsakt ist, dessen Rechtmäßigkeit anhand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beurteilt werden muss. Nach dieser Bestimmung kann die Waldbehörde die erforderlichen Anordnungen erlassen, wenn der Waldbesitzer seinen Verpflichtungen aus § 11 Abs. 1 NWaldLG nicht nachkommt. Das ist hier der Fall, da es sich bei der mit Eichen bestockten Fläche um Wald handelt, dessen Beweidung gegen § 11 Abs. 1 NWaldLG verstößt.
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG ist Wald jede mit Waldbäumen bestockte Grundfläche, die auf Grund ihrer Größe und Baumdichte einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweist. Diese Voraussetzungen erfüllt der mit Eichen bestockte Teil des Grundstücks des Klägers unabhängig davon, ob er nur 1.260 qm einnimmt oder - wie von der Beklagten angegeben - 2.564 qm groß ist.
Die umstrittene Fläche ist mit Waldbäumen bestockt, weil die dort stehenden Eichen zu den im Waldbau verwendeten Bäumen gehören (vgl. Keding/Henning, NWaldLG, Kommentar, § 2, Amn. 2.1; Kolodziejcok/Recken, Naturschutz, Landschaftpflege, § 2 BWaldG, Rn. 5). Die bestockte Fläche weist auf Grund ihrer Größe und Baumdichte auch einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima auf. Das ergibt sich aus der vom Senat eingeholten gutachterlichen Stellungnahme des Niedersächsischen Forstamtes G. vom 13. Juni 2003. Danach ist die mit ca. 70-jährigen Eichen bestockte Fläche groß genug, um einen Naturwaldhaushalt mit eigenem Binnenklima zu entwickeln. Die ca. 65 Bäume stehen so dicht, dass sie Kronenberührung haben. Außerdem laufen auf Grund der inzwischen eingestellten Beweidung Eichenkeimlinge und einzelne Birkenkeimlinge am Boden flächig auf. Ferner sind im Eichenhain waldtypische Belichtungs- und Temperaturverhältnisse anzutreffen. Dort herrscht auch weitgehend Windruhe. Diese Feststellungen des mit der notwendigen Sachkunde ausgestatteten Niedersächsischen Forstamtes G. sind plausibel und nachvollziehbar, zumal der Eichenhain auf dem Grundstück des Klägers an eine mit Waldbäumen bestockte Fläche auf dem Nachbargrundstück grenzt, die nach den Angaben der Beklagten mehr als 400 qm groß ist und zum Waldklima beiträgt. Außerdem bestätigen die Fotos und die Luftbilder, die sich in den Beiakten befinden, dass die Eichen einen geschlossenen, flächenhaften Bestand bilden und durchweg Kronenberührung haben, was eine der wesentlichen Voraussetzungen für einen waldtypischen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima ist (vgl. Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung, LT-Drs. 14/3220, S. 2). Daher ist davon auszugehen, dass die bestockte Fläche des Grundstücks des Klägers auf Grund ihrer Größe und Baumdichte einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweist. Das gilt umso mehr, als das Niedersächsische Forstamt G. auch in seiner vom Landkreis Hannover eingeholten fachforstlichen Stellungnahme vom 25. Januar 2001 darauf hingewiesen hat, dass die bestockte Fläche auf dem Grundstück des Klägers einen selbstständigen ökologischen Haushalt besitzt. Außerdem haben das Staatliche Forstamt Hannover und das Forstamt der Landwirtschaftskammer Hannover die Waldeigenschaft der umstrittenen Fläche in ihren Stellungnahmen vom 7. August und 4. Juli 1996 übereinstimmend bejaht.
Die dagegen erhobenen Einwände überzeugen nicht. Der Feststellung, dass die bestockte Fläche einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweist, kann der Kläger nicht entgegen halten, dass dort keine waldtypische Strauch- und Krautschicht vorhanden sei. Zum einen ist ein derartiger Unterstand für einen Waldnaturhaushalt mit eigenem Binnenklima nicht zwingend erforderlich, da zum Wald auch Nadelbaumbestände gehören, in denen sich regelmäßig keine Begleitvegetation bilden kann (vgl. Möller, Wald- und Umweltrecht in Niedersachsen, Band II, S. 188). Zum anderen laufen auf der bestockten Fläche nach den Feststellungen des Niedersächsischen Forstamtes G. inzwischen Eichen- und Birkenkeimlinge flächig auf.
Im Übrigen wäre die Fläche auch dann als Wald anzusehen, wenn sie mangels Strauch- und Krautschicht keinen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweisen würde. Nach den Feststellungen des Niedersächsischen Forstamtes G. ist das Fehlen der für Eichenbestände typischen Strauch- und Krautschicht allein auf die Beweidung zurückzuführen. Daher hätte die Beweidung eine Waldumwandlung bewirkt, wenn der Eichenhain wegen der fehlenden Strauch- und Krautschicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG nicht mehr erfüllen würde. Diese Waldumwandlung wäre unzulässig gewesen wäre, weil für sie keine Genehmigung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 LWaldG oder § 8 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG erteilt worden ist. Eine unzulässige Waldumwandlung lässt die Waldeigenschaft aber unberührt, weil Waldflächen ihre rechtliche Eigenschaft als Wald nach § 2 Abs. 6 NWaldLG nicht verlieren, wenn sie unzulässig in Flächen mit einer anderen Nutzungsart umgewandelt werden.
Die Behauptung des Klägers, dass der Eichenhain mangels ausreichender Beschattung und Windruhe keinen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweise, überzeugt gleichfalls nicht, da sie durch die nachvollziehbaren Feststellungen des Niedersächsischen Forstamtes G. entkräftet wird. Außerdem belegen die Fotos und die Luftbilder, die sich in den Beiakten befinden, dass die Eichen die bestockte Fläche vollständig beschatten.
Der Kläger macht auch zu Unrecht geltend, dass der Eichenhain lediglich als Baumgruppe im Sinne des § 2 Abs. 7 Nr. 1 NWaldLG anzusehen sei. Nach dieser Bestimmung sind kleinere Flächen in der freien Landschaft, die nur mit einzelnen Baumgruppen bestockt sind, zwar kein Wald. Die bestockte Fläche ist mit mindestens 1260 qm aber zu groß, um noch als kleinere Fläche im Sinne der o. g. Bestimmung gelten zu können (vgl. Möller, S. 194; Klose/Orf, Forstrecht, 2. Aufl., § 2, Rn. 22; Keding/Henning, § 2, Anm. 7.1; VG Köln, Urt. v. 25.03.1986 - 14 K 1311/85 - NuR 1987, S. 330). Außerdem stellen die dort stehenden Eichen mehr als nur eine Baumgruppe dar, weil Baumgruppen im Allgemeinen nicht mehr als 20 bis 30 Stämme aufweisen (vgl. Möller, S. 194; Klose/Orf, § 2, Rn. 27; Tesmer/Menge/Keding, Landeswaldgesetz Niedersachsen, Kommentar, 4. Aufl., § 2, Erl. 3; Keding/Henning, § 2, Anm. 7.1; Begründung zum Regierungsentwurf des Landeswaldgesetzes, LT-Drs. 7/653, S. 13).
Die Waldeigenschaft des Eichenhains setzt schließlich auch nicht voraus, dass die bestockte Fläche größer als 0,2 ha ist, was hier möglicherweise nicht der Fall ist. § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG schreibt keine Mindestgröße für eine Waldfläche vor. Außerdem ist den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber auf die Bestimmung einer Mindestgröße bewusst verzichtet hat, weil auch Flächen von weniger als 2.000 qm einen Waldhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweisen können (vgl. LT-Drs. 14/2431, S. 40, 42). Eine Mindestgröße von 2.000 qm ist auch nicht deshalb erforderlich, weil Flächen bis zur Größe von 0,2 ha nach der Begründung des Regierungsentwurf zum Bundeswaldgesetz als kleinere mit Baumgruppen bestockte Flächen im Sinne des § 2 Abs. 2 BWaldG geltend sollen (vgl. BR-Drs. 7/889, S. 25). Sollte der Bundesgesetzgeber diese Vorstellung geteilt haben, dürften Flächen, die kleiner als 0,2 ha sind, zwar nicht als Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 BWaldG anzusehen sein (vgl. Kolodziejcok/Recken, § 2 BWaldG Rn. 9). § 2 Abs. 3 BWaldG sieht aber vor, dass die Länder dem Wald auch andere Grundflächen zurechnen können. Daher sind landesrechtliche Bestimmungen, die auch kleinere bestockte Flächen zum Wald erklären, nicht zu beanstanden (vgl. Pielow/Drees/Hochhäuser, Forstrecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl., § 1 LFOG, Anm. 14). Folglich können auch Flächen, die kleiner als 2.000 qm sind, unter den in § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG aufgeführten Voraussetzungen Wald sein.
Die untersagte Waldbeweidung verstößt ferner gegen § 11 Abs. 1 NWaldLG. § 11 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG verpflichtet den Waldbesitzer, seinen Wald ordnungsgemäß, insbesondere nachhaltig zu bewirtschaften und dabei zugleich der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes Rechnung zu tragen. Ordnungsgemäß ist nach § 11 Abs. 1 Satz 2 NWaldLG die Forstwirtschaft, die nach den gesicherten Erkenntnissen der Wissenschaft und den bewährten Regeln der Praxis den Wald nutzt, verjüngt, pflegt und schützt. Gemessen daran stellt eine Waldbeweidung keine ordnungsgemäße Forstwirtschaft dar, weil sie die zur langfristigen Erhaltung des Waldes erforderliche Waldverjüngung verhindert (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 29.07.1996 - 3 L 6003/94 -; Urt. v. 23.06.1998 - 3 L 5974/96 -; Möller, S. 315). Die gutachterliche Stellungnahme des Niedersächsischen Forstamtes G. vom 13. Juni 2003 bestätigt, dass eine kontinuierliche Waldbeweidung den niedrigen Bewuchs vernichtet, weil dieser geschält, verbissen und durch den stickstoffhaltigen Kot geschädigt wird. Des Weiteren ist eine Waldbeweidung mit einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft nicht vereinbar, weil der langjährige Stickstoffeintrag in den Boden und dessen Verdichtung durch Huftritte zu einer Schädigung des Wurzelwerks der Bäume führt, sodass diese allmählich absterben (vgl. Kose/Orf, § 9, Rn. 36). Dies belegt nicht nur die gutachterliche Stellungnahme des Niedersächsischen Forstamtes G., sondern auch die forstfachliche Stellungnahme des Staatlichen Forstamts Hannover vom 7. August 1996, die der Landkreis Hannover im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Folglich ist das vom Kläger angefochtene Beweidungsverbot rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Anordnung, den Zaun an der Ostseite des Waldes zu beseitigen, ist ebenfalls rechtmäßig. Nach § 31 Abs. 4 Satz 1 NWaldLG kann die Waldbehörde die zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes erforderlichen Anordnungen treffen, wenn Zäune mit § 31 Abs. 1 NWaldLG nicht vereinbar sind. Nach dieser Vorschrift dürfen Waldbesitzer die Ausübung der Betretungsrechte nach den §§ 23 bis 28 NWaldLG durch Zäune oder sonstige Hindernisse nur verhindern oder erschweren, soweit dies aus den dort genannten Gründen erforderlich ist. Solche Gründe liegen hier jedoch nicht vor. Daher findet die Anordnung, den Zaun zu beseitigen, in § 31 Abs. 4 Satz 1 NWaldLG ihre Rechtsgrundlage. Die Beseitigungsanordnung wäre aber auch dann rechtmäßig, wenn es nicht auf die heutige, sondern die bei Erlass des Widerspruchsbescheides bestehende Rechtslage ankommen würde. Der Zaun durfte nämlich auch nach § 5 FFOG, der damals galt, nicht errichtet werden, sodass dessen Beseitigung nach § 7 Satz 1 FFOG angeordnet werden konnte.
Schließlich ist auch die Zwangsgeldandrohung nicht zu beanstanden, weil sie den Maßgaben des § 70 NGefAG entspricht.