Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.07.2003, Az.: 13 LA 227/03
Aktenkopie; Asyl; Asylbewerber; Ausländer; Bekanntgabe; Bündelung; Einschreiben; Verwaltungsakt; Zustellung; Übergabeeinschreiben
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.07.2003
- Aktenzeichen
- 13 LA 227/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48578
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 07.04.2003 - AZ: 5 A 15/03
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs 1 VwZG
- § 31 Abs 1 AsylVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Zustellung eines Bescheids mittels eingeschriebenen Briefes ist nicht deshalb fehlerhaft, weil der Sendung neben dem Bescheid auch Kopien aus den Verwaltungsvorgängen beigefügt worden sind.
Gründe
Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Grundsätzliche Bedeutung
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsstreitigkeit, wenn sie eine rechtliche oder eine tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der Klärung bedarf (BVerwGE 70, 24). Nicht klärungsbedürftig ist eine Frage, deren Beantwortung sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 124, Rdnr. 10 m. Rsprn.). Die von den Klägern als grundsätzlich bezeichneten Fragen lassen sich unschwer aus dem Gesetz beantworten.
Im vorliegenden Verfahren geht es um die nach § 31 Abs. 1 AsylVfG vorgeschriebene Zustellung der Bescheide der Beklagten vom 12. Dezember 2002 durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes gemäß § 4 VwZG. Diese Bescheide sind nach den dem Verwaltungsgericht vorgelegten Kopien des Postausgangsbuches der Beklagten als (Übergabe-)Einschreiben versandt worden. Nach den telefonischen Auskünften der Post wurden die Sendungen am 12. Dezember 2002 zur Post gegeben und am 13. Dezember 2002 an eine Mitarbeiterin im Büro der Prozessbevollmächtigten der Kläger übergeben. Nach der dienstlichen Erklärung des Mitarbeiters E. der Beklagten vom 22. Januar 2003 waren den jeweiligen Bescheiden auch Aktenkopien beigefügt. Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Bescheide zusammen mit Aktenkopien hätten versandt werden dürfen. Diese Frage ist zu bejahen. Das Verwaltungszustellungsgesetz trifft eine Regelung weder dahingehend, dass Bescheide stets isoliert zu versenden sind, noch verbietet es ausdrücklich die Bündelung mehrerer Sendungen ein und desselben Verfahrens miteinander in einer an den Bevollmächtigten gerichteten Einschreibsendung. Von dem Empfänger einer Einschreibsendung – zumal einem Rechtsanwalt - muss erwartet werden, dass er deren Inhalt einer genauen Prüfung unterzieht. Dies gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als die Prozessbevollmächtigten der Kläger durch Faxschreiben von dem Erlass der Bescheide informiert waren und mit deren alsbaldigen Zugehen daher auch rechnen mussten. Zweifel an einer ordnungsgemäßen Zustellung könnten sich allenfalls dann ergeben, wenn die Bescheide als solche nicht zweifelsfrei zu erkennen gewesen wären, etwa weil sie in den Aktenkopien „untergegangen“ waren. Dies tragen die Kläger aber nicht vor. Sie behaupten vielmehr, die Bescheide hätten in den Einschreibsendungen gefehlt. Diesen Fall regelt aber § 4 Abs. 1 VwZG eindeutig, weil die Behörde im Zweifel den Zugang des Schriftstücks und den Zeitpunkt des Zugangs nachweisen muss. Dies ist eine Frage des Einzelfalls, die das Verwaltungsgericht zu Ungunsten der Kläger auch beantwortet hat.
Einer grundsätzlichen Klärung ist die von den Klägern des Weiteren aufgeworfene Frage, welchen Beweis die Beklagte zu erbringen habe, damit der Bescheid als zugestellt gelten könne, nicht zugänglich. Die Frage beantwortet sich vielmehr unmittelbar aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet.
2. Divergenz
Die behauptete Divergenz (§ 78 Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG) zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 1976 – 2 BvR 164/76 – (MDR 1977, 202) ist nicht gegeben.
Das Verwaltungsgericht hat einen Rechtssatz, der im Widerspruch zu einem in dieser Entscheidung aufgestellten Rechtssatz stünde, nicht aufgestellt. Es hat nämlich nicht angenommen, dass der Bürger das Risiko des Verlustes im Übermittlungswege noch eine irgendwie geartete Beweislast für den Nichtzugang trage. Es hat auch eine Beweislastentscheidung ausdrücklich nicht getroffen, sondern den Beweis des Zugangs der streitbefangenen Bescheide durch die Beklagte als erbracht angesehen.
3. Verfahrensfehler
Der behauptete Verfahrensmangel – Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör – liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO). Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2003 einen Beweisantrag gestellt, der darauf gerichtet war, den Mitarbeiter E. der Beklagten als Zeugen zu vernehmen. Diesen Beweisantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom selben Tage, den es auch begründet hat, zurückgewiesen. Eine prozessordnungswidrige Ablehnung des Beweisantrags, worin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör läge, ist nicht festzustellen. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag ist gemäß § 86 Abs. 2 VwGO sofort beschieden worden. Einen Anspruch auf eine dem Beweisantrag stattgebende Entscheidung vermögen die diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Vorschriften nicht zu vermitteln.