Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.07.2003, Az.: 1 ME 170/03
Baugestaltungsvorschrift; Bebauungsplan; Binnenbereich; Blockinnenraum; Carport; Einstellplatz; Garage; Nachbarschutz; Ruhezone; Rücksichtnahmegebot; Vorbelastung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.07.2003
- Aktenzeichen
- 1 ME 170/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48596
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 28.05.2003 - AZ: 4 B 1564/03
Rechtsgrundlagen
- § 56 BauO ND
- § 122 Abs 2 S 3 VwGO
- § 46 Abs 1 BauO ND
- § 47 BauO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zum Nachbarschutz von Baugestaltungsvorschriften.
2. Bei der Frage, ob das Vordringen von Einstellplätzen oder Garagen in den rückwärtigen Grundstücksbereich das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, sind auch planbedingte Vorbelastungen zu berücksichtigen. Hat die Gemeinde großflächig Baumöglichkeiten im bislang unbebauten Blockinneren geschaffen, ohne straßenseitig Flächen für den ruhenden Verkehr fest zu setzen, so kann dies dafür sprechen, dass Garagen auch im bislang insoweit unbelasteten Binnenbereich errichtet werden dürfen.
Gründe
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht dem Eilantrag gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines rückwärtigen Einfamilienwohnhauses im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, der mit Bauschein vom 7. März 2003 zugleich genehmigte Carport sei rücksichtslos, weil er erstmals und in unzumutbarem Umfang Lärm in rückwärtige, besonders geschützte Grundstücksbereiche hereintrage.
Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks D. straße 4 in E.. Das Grundstück liegt an der Westseite der von Nord nach Süd verlaufenden D. straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin Nr. 653, der im Jahre 1985 rechtsverbindlich geworden ist. Dieser umfasst das langgestreckte Areal zwischen der D. straße im Osten, der F. straße im Westen, dem G. weg im Norden und dem H. weg im Süden. Dieses Gelände war im Wesentlichen jeweils am Rand der erstgenannten drei Straßen mit Doppelhäusern bebaut. Die zwischen ihren jeweiligen Rückwänden liegenden Flächen waren – von West nach Ost betrachtet – rd. 90 m tief unbebaut. Mit dem Bebauungsplan 653 legte die Antragsgegnerin nicht nur für die vorhandene Bebauung überbaubare Bereiche fest, die über den vorhandenen Baubestand hinaus gehen. Sie fügte vielmehr im Norden durch westöstliche Anlegung, im südlichen Vierfünftel des Planes je zwei rückwärtige überbaubare, jeweils 15 m tiefe Baustreifen hinzu, ohne diesen rückwärtigen Grundstücken besondere Erschließungsanlagen zuzuordnen.
Die Antragsteller sind Eigentümer eines Vorderliegergrundstückes mit der südlichen Hälfte eines der zuvor beschriebenen Doppelhäuser. Zunächst hatten sie von der Antragsgegnerin nur ein Erbbaurecht zur Nutzung ihres Grundstücks erhalten. Beim Kauf des Grundstücks akzeptierten sie, dass an dem dann nur noch 29 m langen Südrand des Baugrundstücks entlang ein 3 m breiter Streifen abgetrennt wird, welcher die Flurstücksbezeichnung 23/63 trägt und die rückwärtige Parzelle mit der Flurstücksnummer 23/61 erschließt. Hierfür hatten sie eine auf der einstigen Grenze zum Grundstück D. straße 6 stehende Garage abzubrechen. Diese ersetzten sie durch einen Carport mit anschließendem Geräteraum und Windfang zum nördlich stehenden Wohnhaus.
Mit der in ihrer Vollziehung hier umstrittenen Baugenehmigung vom 7. März 2003 genehmigte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Errichtung eines Einfamilienhauses mit einem Nebengebäude, welches mit 9 m auf der Grenze zum Grundstück D. straße 2 a (ebenfalls ein Pfeifenstielgrundstück) und mit 5 m auf der südlichen Grenze der Antragsteller stehen soll. Das Gebäude soll in seinem östlichen Teil als Geräteraum ausgestaltet sein, im Übrigen einen Carport für zwei Pkw darstellen.
Nach Einlegung des Widerspruchs und erfolglosem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Hannover um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung haben sie u.a. auf § 3 der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 653 verwiesen, der folgenden Wortlaut hat:
„Für die rückwärtige Bebauung gelten folgende Gestaltungsvorschriften:
Die Traufenhöhen der baulichen Anlagen werden auf max. 3,50 m über vorhandenem Gelände festgesetzt.
Es sind nur Flachdächer oder Satteldächer mit einer Neigung von max. 25° zulässig (§ 56 Nr. 1 NBauO).“
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss dieser textlichen Bestimmung nachbarschützende Wirkung nicht entnommen. Der Begründung zum Bebauungsplan 653 zufolge habe die Antragsgegnerin damit erreichen wollen, dass rückwärtig rein eingeschossig ohne Dachausbau gebaut werde (Nr. 2.1 „Bauland“ der Planbegründung). Dieses Ziel habe aber – wie gerade das hier angegriffene Bauvorhaben zeige – mit dieser Gestaltungsvorschrift nicht erreicht werden können. Dazu wären Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB erforderlich und möglich gewesen; diese habe die Antragsgegnerin indes nicht ergriffen. Ausführungen in der Begründung eines Bebauungsplans ersetzten nicht die erforderlichen Festsetzungen. Soweit die Beigeladene aus den Fenstern in der östlichen Giebelwand das Grundstück der Antragsteller einsehen könne, müssten diese das hinnehmen. Der Eilantrag sei jedoch begründet, weil das auch im vereinfachten Prüfungsverfahren zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme durch die Zulassung des Carports in geradezu exemplarischer Weise verletzt worden sei. Das folge aus der langen Zufahrt und dem Aufstellungsort, der in der näheren Umgebung kein Vorbild finde, und den Rangierbewegungen, welche erforderlich seien, um das Kraftfahrzeug mit der Nase voran wieder zur D. straße bewegen zu können. Planerisch vorbelastet sei das Gebiet entgegen der Annahme der Beigeladenen nicht. Diese könne auch keine für sie positiven Rechtsfolgen aus der zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin beim Eigentumserwerb (1998) getroffenen Vereinbarung herleiten. Danach hätten sich die Antragsteller nur mit einem Wegerecht für den Zugang zum rückwärtigen Pfeifenstielgrundstück einverstanden erklärt.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde der Antragsgegnerin, welcher die Beigeladene beipflichtet und der die Antragsteller entgegen treten.
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Eilantrag zu Unrecht stattgegeben. Dem Verfahren nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist „ausgewogener“ Rechtsschutz zu gewähren. Nicht nur auf Seiten des Nachbarn drohen vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Auch auf Seiten des Bauherrn können solche nicht oder nur schwer wieder gutzumachenden Folgen eintreten. Diese bestehen im Falle einer Antragstattgabe in jedem Fall darin, dass die durch den Aufschub verlorene Zeit mit der Folge nicht nachgeholt werden kann, dass auch die in dieser Zeit erzielbaren Gewinne oder Nutzungsvorteile nicht mehr realisiert werden können. Da § 945 ZPO, welcher hierfür einen finanziellen Ausgleich ermöglichen würde, in Verfahren des Rechtsschutzes nach §§ 212 a BauGB, 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO nicht anwendbar ist (vgl. § 123 Abs. 3 und 5 VwGO), kommt in Verfahren des einstweiligen Nachbarrechtsschutzes den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Sachverhalt ist dabei in aller Regel nur summarisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung gibt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn nicht erst dann Vorrang, wenn die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte des Antragstellers nicht verletzt. Ein solcher Nachbarrechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit des Bauscheins bei nur summarischer Überprüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig dem Bauherrn auferlegte, obwohl dessen Bauabsicht nach der gesetzlichen Wertung (§ 212 a BauGB) grundsätzlich Vorrang genießen soll. Erst wenn diese Prüfung ergibt, dass der Rechtsbehelf des Nachbarn voraussichtlich Erfolg haben wird, ist es gerechtfertigt, die Interessen des Bauherrn an der Ausnutzung des ihm erteilten Bauscheins einstweilen hintan zu stellen.
Eine danach vorgenommene Überprüfung ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragsteller voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.
Zur Frage, ob § 3 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 653 nachbarschützende Wirkungen zu entnehmen sind, hat das Verwaltungsgericht das Richtige ausgeführt. Darauf nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug. Vorschriften über die Baugestaltung einschließlich solcher, welche auf der Grundlage des § 56 NBauO geschaffen werden, dienen grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einwandfreier Einfügung des Bauwerks in seine Umgebung und nicht dem Schutz bestimmter benachbarter Grundstückseigentümer (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 72 Rdnr. 89 m.w.N.). Die Ausführungen zu Nr. 2.1 der Begründung zum Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 653 werden voraussichtlich keine ausreichende Grundlage für die gegenteilige Annahme geben. Dort wird zwar ausgeführt, dass man die Grundflächenzahl für die überbaubaren Flächen entlang der F. - und der D. straße sowie des G. weges mit dem Ziel von 0,3 auf 0,4 erhöht habe, um so den Ausbau eines Dachgeschosses zu ermöglichen. Für die geplante, mit diesem Bebauungsplan erstmals ermöglichte rückwärtige Bebauung solle dies indes nicht zulässig sein. Gebäude, die hier errichtet werden könnten, sollten rein eingeschossig ohne Dachausbau sein. Aus diesem Grunde sei die textliche Festsetzung Nr. 3 als Baugestaltungsvorschrift in den Bebauungsplan aufgenommen worden. Diese Einschränkungen seien auch von der Mehrheit der Bewohner während der vorgezogenen Bürgerbeteiligung gefordert worden. Auch/selbst der letztgenannte Halbsatz spricht indes nicht zwingend für die Annahme, diese Baugestaltungsregelung habe damit auch Nachbarschutz insofern vermittelt werden sollen, dass sich im Obergeschoss keine Wohnnutzung ansiedelt, von der aus es möglich ist, in rückwärtige Gartenbereiche der Vorderlieger einzusehen. Denn es wäre ein besonders zu begründender Umstand gewesen, zwar den Vorderlieger durch Erhöhung der Ausnutzungsziffern die Möglichkeit zum Dachausbau und damit dazu eröffnen, den rückwärtigen Grundstücksbereich der Hinterlieger einzusehen, dieses umgekehrt aber dann den Hinterliegern zu verwehren. Einziges Ziel der Baugestaltungsvorschrift wird es aller Voraussicht nach daher gewesen sein, die Bebauung im bislang durchgrünten Binnenbereich rein optisch und damit im städtebaulichen Interesse zu reduzieren. Dieses Ziel wird durch die von der Beigeladenen gewählte Baugestaltung im Übrigen auch erreicht, weil ihre Traufhöhe noch nicht einmal den in § 3 Nr. 1 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan Nr. 653 festgelegten Höchstwert erreicht und auch das Satteldach die Neigung von 25° nicht überschreitet.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts werden die Antragsteller voraussichtlich aber auch nicht mit ihrem Angriff durchdringen können, das angegriffene Vorhaben führe jedenfalls wegen der Anordnung des Doppelcarports zu unzumutbaren Belästigungen. Richtig dürfte zwar sein, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften – auch solche, welche wie hier in § 2 Abs. 2 Nr. 3 d PrüfeVO geschehen, die Prüfung des § 46 Abs. 1 Satz 2 NBauO ausschließen - nicht zugleich die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als spezialgesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebotes ausschließen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.12.2000 – 4 C 3.00 -, NVwZ 2001, 813 = DVBl 2001, 645 = ZfBR 2001, 274 = BauR 2001, 914). Die daraufhin anzustellende Prüfung wird voraussichtlich indes nicht zu einem den Antragstellern günstigen Ergebnis führen (können). Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts je nach Lage der Dinge schon eine einzelne Garage/ein einzelner Einstellplatz zu unzumutbaren Belästigungen führen kann (vgl. zum Folgenden Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, aaO, § 46 Rdnr. 36 ff.). Garagen und Stellplätze sollen danach möglichst nahe an öffentliche Verkehrsflächen herangebaut werden und kein Störpotential in Ruhezonen hineintragen, in denen bislang keine Fahrzeugbewegungen stattfanden. Dementsprechend sollen die erforderlichen Einstellplätze eines normalen Wohnhauses regelmäßig nicht im Hintergarten liegen oder in das Blockinnere eines Straßenkarrees vordringen. Das gilt indes nur dann, wenn dieses Straßenkarree durch Grünflächen und relative Wohnruhe gekennzeichnet ist. Was bei Abwägung der konkurrierenden Nutzungsinteressen (vgl. dazu allgemein BVerwG, Urt. v. 25.2.1977 – IV C 22.75 -, BVerwGE 52, 122, 125 f.) dem Rücksichtnahmeberechtigten (hier den Antragstellern) zuzumuten ist, richtet sich in einem Plangebiet jedoch nicht allein nach der tatsächlichen Nutzung, sondern vor allem nach den Festsetzungen im Bebauungsplan ( so BVerwG, Urt. v. 7.12.2000 – 4 C 3.00 -, aaO). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts wird den Festsetzungen des Bebauungsplanes hier indes gerade zu entnehmen sein, dass die Vorderlieger sich mit Garagen dieser Anordnung werden abfinden müssen.
Die Planbegründung führt dazu zunächst einmal nur aus: „Die erforderlichen Einstellplätze sind nach den baurechtlichen Vorschriften zu schaffen.“ Diese verlangen es im Grundsatz (§ 47 Abs. 1, Abs. 7 Satz 1 NBauO), die Einstellplätze auf dem Baugrundstück zu schaffen. Das wird bei den Pfeifenstielgrundstücken, welche bei Ausnutzung der Planfestsetzungen Nr. 653 notwendigerweise entstehen, in aller Regel nur möglich sein, indem diese in den rückwärtigen Grundstücksbereich hinein vordringen. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Bebauungsplan Nr. 653 darauf verzichtet, die Zufahrtsituation zu den neu geschaffenen, sehr umfangreichen rückwärtigen beiden Bauteppichen planerisch zu regeln. Ihre Planbegründung (Nr. 2.2) enthält lediglich den Hinweis darauf, rückwärtige, nicht an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzende Grundstücke müssten sich ihre Erschließung durch entsprechende Parzellierung oder Eintragung von Baulasten sichern. Wirtschaftliche Gründe und die geringste gegenseitige Belästigung sprächen dabei dafür, dass sich zwei Eigentümer möglichst eine gemeinsame Zuwegung schafften. Der Plan enthält hingegen nicht einmal im Ansatz planerische Vorkehrungen dafür, die Einstellplätze auf Gemeinschaftsanlagen oder sonstiger Weise an den Straßen zu konzentrieren. Dafür ergeben auch die folgenden Ausführungen in der Planbegründung keinen ausreichenden Anhaltspunkt:
„Das vorhandene Straßennetz stellt z.Zt. eine ausreichende Erschließung der vorhandenen Bebauung dar. Jedoch muss die Verkehrsbelastung im gesamten südwestlichen Bereich I. durch eine zusätzliche Straße zwischen der J. - und der K. -Straße besser verteilt werden. Dann genügen die Breiten der F. - und D. straße auch weiterhin. Das bedeutet, dass ein Parken an den Fahrbahnrändern auch unter Berücksichtigung des leicht erhöhten Bedarfes weiterhin möglich ist.“
Das bedeutet gerade nicht, dass sämtliche Hinterlieger ihren Einstellbedarf nun entlang der F. - und der D. straße sollten befriedigen können. Die Antragsgegnerin weist in ihrer Beschwerdebegründung zutreffend auf die geringe Breite beider Straßen von nur 7 m hin. Dies gestattet es zwar, dort Fahrzeuge abzustellen, jedoch nicht annähernd, den durch die 1985 rechtsverbindlich gewordene Planung hervorgerufenen Bedarf nach Flächen für den ruhenden Verkehr auf den öffentlichen Verkehrsflächen zu stillen. Dabei ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach § 1 der textlichen Festsetzung immerhin je rückwärtigen Wohnhaus zwei Wohnungen möglich sein sollen. Angesichts heutiger Fortbewegungsbedürfnisse und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich in diesem Stadtteil von E. nicht eben die ärmeren Schichten der Bevölkerung anzusiedeln pflegen, begibt man sich nicht allzu weit auf das Feld der Spekulationen, wenn man annimmt, in einem solchen Fall seien durchschnittlich zwei bis drei Pkw je rückwärtigen Gebäude unterzubringen. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Steigerung des ruhenden Verkehrs nicht auf den beiden soeben genannten Straßen in sicherer Weise wird untergebracht werden können. „Ein“ Parken an den Fahrbahnrändern kann daher nur meinen, dass Besucher ihre Kraftfahrzeuge abstellen können, ohne hierdurch auf den beiden genannten Straßen zu einer unzumutbaren Verengung des Fahrbahnprofils zu führen.
Es fehlen auch Anhaltspunkte für die Annahme, die Antragsgegnerin habe mit den „baurechtlichen Vorschriften“ (Nr. 2.1, letzter Satz der Planbegründung) in § 46 Abs. 1 Satz 2 NBauO in der Auslegung gemeint, dass rückwärtig überhaupt keine Kraftfahrzeuge sollten angesiedelt werden können. Denn der in der Planbegründung enthaltene Rat, zwei benachbarte Eigentümer von Hinterliegergrundstücken sollten sich durch gemeinsame Schaffung eines Zufahrts-“stieles“ zusammentun, kann nicht die Anregung bedeuten, auf diesem Zufahrtsbereich dann bis zu sechs Fahrzeuge hintereinander abzustellen. Das wären Vorstellungen, die weit an den Realitäten vorbei gehen.
Ergänzend ist auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 30. Mai 2001 – 1 L 2768/99 – hinzuweisen. Darin hat der Senat für eine etwa 23,5 m lange und damit nicht wesentlich kürzere als die in Rede stehende Zufahrt ausgeführt, deren Anlegung sei noch nicht mit unzumutbaren Belästigungen verbunden. Denn es sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Doppelgarage handele, in die maximal zwei Pkw eingestellt werden könnten. Die Anzahl der täglichen Pkw-Bewegungen sei dementsprechend gering. Das gilt auch hier. Besonders schutzwürdigen Bereich wie namentlich die Terrasse haben die Antragsteller jedenfalls nach den vorliegenden Plänen nicht nach Süden hin orientiert; in diesen Bereich haben sie den Carport und den Abstellraum angebracht. Die Terrasse dürfte wohl eher in westlicher Fortsetzung des in den Plänen mit „Essen“ bezeichneten Raumes und damit in westlicher Fortsetzung des Hauses angesiedelt sein. Die Zufahrt hält hierzu einen Abstand, welche bereits einen gewissen Schutz gegen die voraussichtlich geringen Fahrzeugbewegungen zum Einfamilienhaus der Beigeladenen sicherstellt. Bedenkt man, dass § 1 der textlichen Festsetzungen sogar die Grundlage für ein Zweifamilienhaus bietet, wird deutlich, dass „wahrhaft“ unzumutbare Verhältnisse nicht zu erwarten sind und den Antragstellern daher zumindest bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zuzumuten ist, die Verwirklichung des genehmigten Zustandes einweilen hinzunehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Der Streitwert ist gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG für das Verfahren des ersten Rechtszuges zu korrigieren. Nach Nr. 8 lit. a der regelmäßigen Streitwertannahmen des 1. und 9. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts für Verfahren, die nach dem 1. Januar 2002 anhängig geworden sind (NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197) beträgt der Streitwert in Hauptsacheverfahren bei Nachbarklagen, zu deren Begründung die Beeinträchtigung eines Einfamilienhauses/Ferienhauses geltend gemacht wird, 4.000,-- € bis 30.000,-- €. Angesichts der Einbußen, welche die Antragsteller bei Verwirklichung des angegriffenen Vorhabens auf sich zukommen sehen, wird es im Hauptsacheverfahren gerechtfertigt sein, den Streitwert mit 20.000,-- € anzunehmen. Dieser Betrag ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 iVm § 20 Abs. 3 GKG für das Eilverfahren zu halbieren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).