Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.07.2003, Az.: 12 ME 276/03

angemessen Höhe; Erwerbseinkommen; Erwerbstätige; Haushaltsvorstand; Regelsatz; Sockelbetrag; Steigerungsbetrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.07.2003
Aktenzeichen
12 ME 276/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48154
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 30.05.2003 - AZ: 3 B 1532/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Entsprechend der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.12.2001- BVerwG 5 C 27/00 -, BVerwGE 115, 331 ff.) ist es nicht zu beanstanden, wenn § 76 Abs. 2a Nr. 1 BSHG, insbesondere das Tatbestandsmerkmal "angemessene Höhe" dahingehend ausgelegt wird, vom Einkommen einen Betrag in Höhe von 12,5 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand (Sockelbetrag) zuzüglich 10 % des übersteigenden Einkommens (Steigerungsbetrag) abzusetzen.

Gründe

1

Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats müssen bei einem solchen Antrag die Gründe, aus denen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung angegriffen werden soll, nach Maßgabe der Kenntnisse und Fähigkeiten der betroffenen Beteiligten bezeichnet werden. Nach diesem Maßstab kann den Antragstellern Prozesskostenhilfe nicht bewilligt und ein Rechtsanwalt nicht beigeordnet werden, weil die beabsichtigte Beschwerde die nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht nicht hat. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der von den Antragstellern begehrten einstweiligen Anordnung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zu Recht abgelehnt.

3

Die vom Antragsgegner vorgenommene Berechnung der den Antragstellern zustehenden laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt steht im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.12.2001, - BVerwG 5 C 27/00 -, BVerwGE 115, 331 ff.). Nach dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist es vor dem systematischen Hintergrund sowie Sinn und Zweck des § 76 Abs. 2a Nr. 1 BSHG nicht zu beanstanden, wenn diese Vorschrift, insbesondere das Tatbestandsmerkmal „angemessene Höhe“ dahingehend ausgelegt wird, vom Einkommen einen Betrag in Höhe von 12,5 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand (Sockelbetrag) zuzüglich 10 % des übersteigenden Einkommens (Steigerungsbetrag) abzusetzen. Dem steht nicht entgegen, dass gemäß den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins, Inhalt und Bemessung des gesetzlichen Mehrbedarfs nach dem Bundessozialhilfegesetz, Heft Nr. 55, Rn. 24) das monatliche Erwerbseinkommen jeweils um einen Betrag von 25 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zuzüglich 10 % des diesen Grundbetrag übersteigenden Teils des Einkommens vermindert wird. Denn nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts rechtfertigen Gesetzessystematik des § 76 Abs. 2a BSHG sowie Sinn und Zweck der Vorschrift, zum einen der Deckung eines durch Erwerbsarbeit entstehenden zusätzlichen Bedarfs und zum anderen als Anreiz zur Erwerbsarbeit zu dienen, keine Berechnungen nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins. Der Deutsche Verein hat zwar bekräftigt (Bl. 41 der Gerichtsakte), dass er hinsichtlich der Höhe des angemessenen Absetzbetrages von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bis auf Weiteres abweiche. Allerdings setzt er sich nicht mit den Ausführungen in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auseinander. Nach diesem Sach- und Erkenntnisstand und der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann es nicht beanstandet werden, dass der Antragsgegner die Absetzung in Höhe des bereinigten Einkommens nach § 76 Abs. 2a Nr. 1 BSHG entsprechend den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts vorgenommen hat. Dies gilt umso mehr, als das Bundesverwaltungsgericht – worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - deutlich zu erkennen gegeben hat, dass es bei seiner Berechnung nicht eine einzelfallbezogene und somit nicht verallgemeinerungsfähige rechtliche Bewertung vorgenommen, sondern einen für den Regelfall geltenden Maßstab aufgestellt hat.

4

Der Vortrag des Antragstellers, dass nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. September 1992 (- BVerfG 2 BvL 5/91 -, BVerfGE 87, 153 ff.) dem Einkommensbezieher von seinen Erwerbsbezügen zumindest das belassen werden müsste, was er dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt, führt ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags. Es ist bereits nicht ersichtlich und von dem Antragsteller auch nicht näher dargelegt, inwieweit durch die Berechnung des Antragsgegners das Existenzminimum des Antragstellers tatsächlich gefährdet worden bzw. unterschritten worden sein soll. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf Bestandsschutz bzw. Vertrauensschutz berufen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30. Mai 2003 Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO analog), die sich der Senat zu eigen macht.