Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.07.2003, Az.: 4 LC 1/03

Aktualisierungseinrede; Anrechnung; Ausbildungsförderung; Bedarf; Bewilligungszeitraum; Einkommen; Rückforderung; Rückforderungsvorbehalt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.07.2003
Aktenzeichen
4 LC 1/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48453
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 08.07.2004 - AZ: BVerwG 5 C 31.03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Auszubildender, dem Ausbildungsförderung nach § 24 Abs. 2 BAföG unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet worden war und von dem die Leistung nach Ablauf des Bewilligungszeitraums zurückgefordert wird, kann der Rückforderung den Anspruch auf Aktualisierung der Berechnung für den Bewilligungszeitraum (§ 24 Abs. 3 BAföG) als Einrede entgegenhalten, wenn der endgültige Steuerbescheid an seine Eltern erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ergangen ist und er deshalb dann erst erkennen konnte, dass deren im vorletzten Kalenderjahr vor dem Bewilligungszeitraum erzieltes Einkommen zu einer höheren Anrechnung auf den Bedarf und damit zu einer Rückforderung von Förderungsbeträgen führt, während das bei einer aktualisierten Berechnung so nicht der Fall wäre. Dieses in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 12.07.1979 - BVerwG 5 C 7.78 -, BVerwGE 58, 200) anerkannte Recht des Auszubildenden ist mit der Änderung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG (i. d. F. der Bekanntmachung vom 06.06.1983, BGBl. I S. 645) durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz vom 22.05.1990 (BGBl. I S. 936) nicht entfallen.

Tatbestand:

1

Der Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 6. November 1997 für den ein-jährigen Besuch der Berufsfachschule D. von September 1997 bis Juli 1998 Ausbildungsförderung in Höhe von 119,-- DM  monatlich. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Rückforderung, weil der der Berechnung des in Höhe von 570,84 DM angerechneten Elterneinkommens zugrunde liegende Steuerbescheid des Finanzamts E. vom 23. Juni 1997 für das Jahr 1995, bei dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 53.223,-- DM sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 20.626,-- DM zugrunde gelegt worden waren, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abgabenordnung - AO - ergangen war.

2

Mit Bescheid vom 20. Dezember 1999 setzte das Finanzamt die von den Eltern der Klägerin zu leistenden Steuern für das Jahr 1995 neu fest. Bei unveränderten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nunmehr in Höhe von 60.429,-- DM zugrunde gelegt. Bei dem Bescheid handelte es sich im Hinblick auf bei dem Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerdeverfahren - wie bei dem vorausgegangenen Bescheid vom 23. Juni 1997 - um einen vorläufigen Steuerbescheid im Sinne des § 165 AO.

3

In einem weiteren Steuerbescheid vom 20. Dezember 1999 für das Jahr 1997 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 62.054,-- DM und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.506,-- DM zugrunde gelegt. Ein weiterer Steuerbescheid vom 28. Juni 2000 für das Jahr 1998 weist als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein Minus in Höhe von 2.685,-- DM und als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag von 38.236,-- DM aus.

4

Durch abschließenden Förderbescheid vom 31. Mai 2001 lehnte der Beklagte die Bewilligung von Ausbildungsförderung für die Klägerin für den o. a. Zeitraum ab mit der Begründung, dass das aufgrund des Steuerbescheides vom 20. Dezember 1999 für das Jahr 1995 nunmehr in Höhe von 672,12 DM angerechnete Elterneinkommen bei einem Gesamtbedarf von 690,-- DM einen unter 20,-- DM monatlich liegenden Förderbetrag ergebe, so dass Ausbildungsförderung nicht zu gewähren sei (§ 51 Abs. 4 BAföG). Zugleich forderte der Beklagte den bereits gewährten Förderungsbetrag in Höhe von 1.309,-- DM zurück.

5

Mit dem am 2. Juli 2001 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend: Ein verändertes Ergebnis der Betriebsprüfung für 1995 habe erst im Januar 2000 vorgelegen. Sie beantrage, für die Berechnung der Förderbeträge die Einkommen der Jahre 1997 und 1998 zugrunde zu legen.  Der Einkommenssteuerbescheid für 1998 habe erst seit Juni 2000 vorgelegen. Es habe für sie nicht Veranlassung bestanden, einen Änderungsantrag zu einem früheren Zeitpunkt zu stellen, da ihr der Rückforderungsbescheid erst am 6. Juni 2001 zugegangen sei.

6

Mit Bescheid vom 9. August 2001 wies die Bezirksregierung F. den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Dem Begehren der Klägerin, das aktuelle Einkommen ihrer Eltern im Bewilligungszeitraum zugrunde zu legen, könne nicht entsprochen werden. Denn gemäß § 24 Abs. 3 S. 1 BAföG könnten nach dem Ende des Bewilligungszeitraums gestellte Aktualisierungsanträge nicht berücksichtigt werden.

7

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2001 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung F. vom 9. August 2001 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hat ergänzend zu der Begründung des Widerspruchsbescheides ausgeführt: Aufgrund der Änderung des § 24 Abs. 3 BAföG durch das 12. BAföG-ÄndG komme es auf die in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit eines nachträglichen Aktualisierungsantrages, gegen die sich die Gesetzesänderung ausdrücklich richte, nicht an.

12

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. November 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe der abschließenden Entscheidung über die Förderung der Klägerin zu Recht das Elterneinkommen zugrunde gelegt, wie es sich aus dem Steuerbescheid vom 20. Dezember 1999 für das Jahr 1995 ergebe. Das mit dem Widerspruch geltend gemachte Aktualisierungsbegehren der Klägerin sei nicht zu berücksichtigen. Dass das veränderte Ergebnis der Betriebsprüfung für 1995 sowie die Steuerbescheide für 1997 und 1998 erst nachträglich vorgelegen hätten und die Klägerin deswegen einen Aktualisierungsantrag nicht vor Ablauf des Bewilligungszeitraums habe stellen können, sei unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 24 Abs. 3 BAföG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl. I S. 645) (BVerwG, Urt. v. 12.07.1979 - BVerwG 5 C 7.78 -; bestätigend: Urt. v. 25.04.1985 - BVerwG 5 C 42.82 -; Urt. v. 21.11.1991 - BVerwG 5 C 32.87 -) sei in Fällen wie dem der Klägerin ein nachträgliches Aktualisierungsbegehren zwar zulässig. Dieser Rechtsprechung sei aber mit der Änderung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG durch das 12. BAföG-ÄndG vom 22. Mai 1990 (BGBl. I S. 936) die Grundlage entzogen worden. Jedenfalls aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass der Gesetzgeber die vom Bundesverwaltungsgericht für zulässig gehaltene Einrede der Aktualisierung gegenüber der Rückforderung von unter Vorbehalt gewährter Förderung mit der Gesetzesneufassung habe ausschließen wollen. Dieser eindeutige Wille des Gesetzgebers sei zu respektieren. Dem Auszubildenden bleibe die Möglichkeit, die mit einer Rückforderung verbundene finanzielle Belastung dadurch abzuwenden, dass er (gegebenenfalls vorsorglich) einen Antrag auf Vorausleistung nach § 36 BAföG stelle, falls seine Eltern es ablehnten oder dazu aufgrund ihrer aktuellen Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum außerstande sein sollten, für eine etwaige Rückforderung erbrachter Förderungsleistungen im Rahmen (nachträglicher) Gewährung von Ausbildungsunterhalt einzutreten.

13

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der von dem Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 24 Abs. 3 Satz 1

14

BAföG (a.F.) weiterhin festzuhalten. Ihr, der Klägerin, seien bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraums Ende Juli 1998 keinerlei Umstände bekannt gewesen, aus denen sie hätte entnehmen können, dass ihre Eltern im vorletzten Kalenderjahr vor dem Bewilligungszeitraum ein höheres Einkommen erzielt hätten, als in dem vorläufigen Bewilligungsbescheid zugrunde gelegt worden sei. Der geänderte Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1995 datiere vom 20. Dezember 1999. Es hieße daher faktisch, Unmögliches von ihr zu verlangen, dass sie - eventuell rein vorsorglich - bereits eineinhalb Jahre vorher einen Aktualisierungsantrag stelle. Ein frühzeitiger Aktualisierungsantrag sei auch rechtlich nicht möglich. Denn gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 BAföG habe der Auszubildende das Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 glaubhaft zu machen. Das sei hier nicht möglich. Auch für einen Vorausleistungsantrag nach § 36 BAföG habe für sie und für jeden Auszubildenden in vergleichbarer Situation tatsächlich und rechtlich ein Anlass nicht bestanden. In ihrem, der Klägerin, Fall hätten auch die Anspruchsvoraussetzungen des § 36 BAföG nicht vorgelegen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

das Urteil des Verwaltungsgerichts G. vom 20. November 2002 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2001 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung F. vom 9. August 2001 aufzuheben,

17

hilfsweise,

18

das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG (n. F.) vorzulegen.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

Entscheidungsgründe

23

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO).

24

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig.

25

Rechtsgrundlage für den von dem Beklagten geltend gemachten Rückforderungsanspruch ist § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG -). Danach ist, wenn Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet worden ist, der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zurückzuzahlen, soweit die Voraussetzungen für die Leistung der Ausbildungsförderung an keinem Tage des Kalendermonats, für den sie gezahlt worden ist, vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen für eine Rückforderung sind im Fall der Klägerin nicht erfüllt.

26

Die Klägerin wurde in dem maßgeblichen Bewilligungszeitraum von September 1997 bis Juli 1998 gemäß § 11 Abs. 2 BAföG elternabhängig gefördert, da in ihrem Fall keine der in § 11 Abs. 3 BAföG genannten Alternativen für eine sogenannte elternunabhängige Förderung vorlag. Das bedeutet, dass auf ihren förderungsrechtlichen Bedarf im Sinne des § 12 BAföG unter anderem das Einkommen ihrer Eltern anzurechnen ist.

27

Gemäß § 24 Abs. 1 BAföG sind für die Anrechnung grundsätzlich die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend, hier also diejenigen des Jahres 1995. Obwohl der Anspruch auf Ausbildungsförderung davon abhängig ist, dass dem Auszubildenden in dem Zeitraum, für den Ausbildungsförderung begehrt wird, die Mittel für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung anderweitig, insbesondere aus dem Einkommen seiner Eltern, nicht zur Verfügung stehen, stellt das Gesetz aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht auf das im Bewilligungszeitraum erzielte Einkommen der Eltern ab, sondern hat einen in der Vergangenheit liegenden Berechnungszeitraum bestimmt, für den in aller Regel durch Jahreslohnbescheinigungen oder einen Steuerbescheid Nachweise über das erzielte Einkommen erbracht werden können. Dieser Regelung liegt die Vermutung zugrunde, dass das in dem Berechnungszeitraum des § 24 Abs. 1 BAföG erzielte Einkommen der Eltern unverändert andauert; es wird unterstellt, dass die Verhältnisse des vorletzten Kalenderjahres vor dem Bewilligungszeitraum noch eine regelmäßig zutreffende Entscheidungsgrundlage für die Ausbildungsförderung bilden  (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des BAföG, BT-Drucks. VI/1975 zu § 24 Seite 32). Ist der Einkommensbezieher für diesen Zeitraum des Vorvorjahres zur Einkommenssteuer zu veranlagen, liegt jedoch der Steuerbescheid dem Amt für Ausbildungsförderung noch nicht vor, so wird gemäß § 24 Abs. 2 BAföG unter Berücksichtigung der glaubhaft gemachten Einkommensverhältnisse Ausbildungsförderung insoweit unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet und über den Antrag abschließend entschieden, sobald der Steuerbescheid dem Amt für Ausbildungsförderung vorliegt.

28

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, liegt ein Steuerbescheid im Sinne des § 24 Abs. 2 BAföG vor, wenn dessen Bestandskraft eingetreten ist. Dies kann auch ein vorläufiger Bescheid nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) sein, wie er gegenüber den Eltern der Klägerin ergangen ist. Ein solcher Bescheid enthält bezüglich des maßgeblichen Einkommens in der Regel abschließende Feststellungen; lediglich die darauf gegründete Steuerfestsetzung steht ihrerseits unter einem rechtlichen Vorbehalt, etwa dem der Vereinbarkeit steuerrechtlicher Vorschriften mit dem Grundgesetz, welche hier Gegenstand von bei dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden waren.

29

Demgegenüber sind Steuerbescheide, die gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, keine Steuerbescheide im Sinne des § 24 Abs. 2 BAföG, da sie wegen ihrer umfassenden Nachprüfbarkeit, welche sich unter anderem auf die Feststellung des zu versteuernden Einkommens bezieht, eine geeignete Grundlage für abschließende förderungsrechtliche Entscheidungen nicht sind. Auch im Falle der Klägerin erfolgte die Ausbildungsförderung zunächst aufgrund eines solchen Bescheides.

30

Tatsächliche Grundlage des angefochtenen abschließenden Förderungs- und Rückforderungsbescheids war der Steuerbescheid vom 20. Dezember 1999 für das Jahr 1995, bei dem es sich - ungeachtet seiner Vorläufigkeit nach § 165 AO (s. o.) - um einen (hinsichtlich der Einkommensfeststellung) endgültigen Bescheid im Sinne des § 24 Abs. 2 BAföG handelte. Die weiteren Steuerbescheide für die Kalenderjahre 1997 und 1998 weisen gegenüber dem Steuerbescheid vom 20. Dezember 1999 für das Jahr 1995 ein deutlich niedrigeres Einkommen der Eltern der Klägerin im Bewilligungszeitraum selbst aus. Daraus ergibt sich, dass bei einer bezogen auf den Bewilligungszeitraum aktualisierten Einkommensberechnung der Klägerin jedenfalls nicht weniger Ausbildungsförderung zugestanden hätte, als sie tatsächlich erhalten hat, für eine Rückforderung also nicht Raum wäre.

31

Eine aktualisierte Einkommensberechnung ist nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 BAföG zulässig. Danach ist auf entsprechenden Antrag des Auszubildenden von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen, wenn das Einkommen in diesem Zeitraum voraussichtlich niedriger ist als in dem nach Absatz 1 maßgebenden Zeitraum. Allerdings bestimmt § 24 Abs. 3 Satz 1, letzter Halbsatz BAföG, dass nach Ende des Bewilligungszeitraums gestellte Anträge "nicht berücksichtigt" werden.

32

Die aktuelle Fassung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG geht zurück auf das 12. BAföG-ÄndG vom 12. Mai 1990 (BGBl. I S. 936). Zuvor lautete § 24 Abs. 3 BAföG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.06.1983, BGBl. I S. 645) wie folgt:

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"Ist das Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger als in dem nach Absatz 1 maßgeblichen Zeitraum, so ist auf besonderen Antrag des Auszubildenden, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraumes zu stellen ist, bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen."

34

Zu den Fällen, in denen - wie vorliegend im Fall der Klägerin - die Einkommensverhältnisse des vorletzten Kalenderjahres vor Beginn des Bewilligungszeitraums erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums feststehen und auch die Einkommensverhältnisse während des Bewilligungszeitraums selbst erst nach dessen Ablauf festgestellt werden, hat das Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage dieser alten Fassung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG in seinem Urteil vom 12. Juli 1979 - BVerwG 5 C 7.78 - (BVerwGE 58, 200 = FamRZ 1979, 970 = FEVS Bd. 28, 275; bestätigend: Urt. v. 25.04.1985 - BVerwG 5 C 42.82 -, Buchholz 436.36, § 24 BAföG Nr. 6 = FamRZ 1986, 299; Urt. v. 21.11.1991 - BVerwG 5 C 32.87 -, Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 18 = NVwZ-RR 1992, 557 = FamRZ 1992, 991) festgestellt, dass der Auszubildende auch nach Ablauf des Bewilligungszeitraums noch die Aktualisierung der Berechnung verlangen könne, wenn er erst nach dem Vorliegen des Steuerbescheides seiner Eltern habe erkennen können, dass deren im vorletzten Kalenderjahr vor dem Bewilligungszeitraum erzieltes Einkommen zu einer höheren Anrechnung auf den Bedarf und damit zur Rückforderung von Förderungsbeträgen führe. Im einzelnen heißt es in dem Urteil dazu:

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"Erhält der Auszubildende - unter Zugrundelegung des in § 24 Abs. 1 BAföG bestimmten Berechnungszeitraumes - wegen der Höhe des angerechneten Einkommens seiner Eltern keine Ausbildungsförderung und begehrt er erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes die Aktualisierung der Berechnung, ist davon auszugehen, dass dem Auszubildenden während des Bewilligungszeitraums die Mittel für seinen Bedarf anderweitig zur Verfügung gestanden haben. Dann besteht aber kein Anlass für eine solche Aktualisierung verbunden mit einer rückwirkenden Bewilligung von Ausbildungsförderung. Auch wenn unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 BAföG über den Förderungsantrag entschieden worden ist, kann regelmäßig nur ein vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes angebrachtes Aktualisierungsbegehren berücksichtigt werden. Denn hierfür ist rechtlich ohne Bedeutung, ob die Versagung der Ausbildungsförderung auf der Anrechnung des - gegebenenfalls in einem Steuerbescheid - festgestellten oder des der Höhe nach auf andere Weise glaubhaft gemachten Einkommens der Eltern beruht (Zit.).

36

Hiergegen ist ein Aktualisierungsbegehren noch nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes zuzulassen in Fällen der vorliegenden Art, die dadurch gekennzeichnet sind, dass bei der vorläufigen Entscheidung nach § 24 Abs. 2 (Sätze 1 und 2) BAföG die Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens der Eltern in dem nach § 24 Abs. 1 BAföG maßgebenden zurückliegenden Berechnungszeitraum zu einer Kürzung des Förderungsbetrages nicht geführt hat, Ausbildungsförderung vielmehr in voller Höhe des nach §§ 12 - 14 a BAföG bemessenen Bedarfs bewilligt worden ist. War dem Förderungsantrag - wenn auch zunächst nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung - in vollem Umfange entsprochen worden, dann ist zum einen für eine Vermutung, dass der Bedarf des Auszubildenden im Bewilligungszeitraum aus dem anzurechnenden Einkommen seiner Eltern gedeckt werden konnte, kein Raum; zum anderen hat der Auszubildende dann keinen Anlass, eine Aktualisierung der Berechnung zu beantragen. Ein Aktualisierungsbegehren kann erst veranlasst sein, wenn dem Auszubildenden Umstände bekannt werden, aus denen er entnehmen kann, dass seine Eltern im vorletzten Kalenderjahr vor dem Bewilligungszeitraum ein höheres Einkommen erzielt haben, als dem vorläufigen Bewilligungsbescheid zugrunde gelegt worden ist, und er deshalb mit einer Rückforderung erhaltener Förderungsleistungen und einer abschließenden ungünstigeren Entscheidung rechnen muss (§ 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG). Das anzurechnende Einkommen in dem nach § 24 Abs. 1 BAföG maßgebenden Berechnungszeitraum wird aber letztlich erst aus dem Einkommensteuerbescheid abgeleitet werden können. Sobald der Auszubildende vom wesentlichen Inhalt dieses Steuerbescheides Kenntnis erlangt, wird er beurteilen können, ob Einkommen seiner Eltern bei der abschließenden Entscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG auf den Bedarf anzurechnen ist. Bejahendenfalls wird der Auszubildende unverzüglich ein Aktualisierungsbegehren anzubringen haben, sofern die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 BAföG vorliegen. Wird dem Auszubildenden der Inhalt des Einkommensteuerbescheides seiner Eltern erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes bekannt, dann muss er sich gegenüber einem im Zusammenhang mit einer abschließenden Entscheidung nach § 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG geltend gemachten Rückforderungsanspruch noch darauf berufen dürfen, dass das Einkommen seiner Eltern im Bewilligungszeitraum wesentlich niedriger war als in dem nach § 24 Abs. 1 maßgeblichen Kalenderjahr; das erfordert der mit der Rechtsinstitution einer Aktualisierung der Berechnung anerkannte und verfolgte Zweck, die Förderung der bedürftigen Auszubildenden in effektiver Weise sicherzustellen. Erst wenn endgültig durch einen Steuerbescheid festgestellt worden ist, welches Einkommen seine Eltern in dem vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraumes erzielt haben, ist dem Auszubildenden ein Vergleich mit dem im Bewilligungszeitraum erzielten Einkommen und die Glaubhaftmachung einer wesentlichen Verringerung des Einkommens und das Geltendmachen dieser Tatsache dem Rückforderungsverlangen gegenüber möglich."

37

An dieser zu der alten Fassung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat für überzeugend hält, ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch für die Neufassung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG festzuhalten. Dafür spricht, dass sich aus der Neufassung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG eine inhaltliche Änderung gegenüber der Altfassung nicht ergibt (a) und dass mit Blick auf Verfassungsgrundsätze eine Auslegung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG (n. F.) im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weiterhin geboten ist (b).

38

a) Die Änderung des § 23 Abs. 1 Satz 1 BAföG durch das 12. BAföG-ÄndG erschöpft sich darin, dass der mitten im Satz stehende Nebensatz "der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist" ersetzt worden ist durch den am Ende des Satzes nach einem Semikolon angefügten Satz "nach dessen Ende gestellte Anträge werden nicht berücksichtigt". Der sprachliche Inhalt von § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG hat sich damit nicht geändert. Allenfalls mag die Unbeachtlichkeit nach Ende des Bewilligungszeitraums gestellter Anträge durch die besondere Hervorhebung am Satzende etwas verdeutlicht worden sein.

39

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, hat aber der Gesetzgeber bei der Neufassung ein weitergehendes Ziel verfolgt, nämlich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG (a. F.) die Grundlage zu entziehen. Das ergibt sich aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 11/5961, S. 23). Dort heißt es:

40

"Die Regelung stellt klar, dass Aktualisierungsanträge nach Ende des Bewilligungszeitraums auch in den von der Rechtsprechung (u. a. Urt. d. BVerwG v. 25.04.1985 in FamRZ 1986, S. 299) entgegen dem schon bisher geltenden Wortlaut der Vorschrift zugelassenen Fällen nicht gestellt werden können. Es entspricht nicht der Zielsetzung des Ausbildungsförderungsrechtes, durch eine Ausnahmeregelung Mittel für einen Zeitraum, der bereits abgeschlossen ist, rückwirkend fließen zu lassen."

41

Bestätigt wird diese Absicht des Gesetzgebers, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Grundlage zu entziehen, durch die später mit dem 17. BAföG-ÄndG (Gesetz v. 24.07.1995, BGBl. I S. 976) vorgenommene Änderung des die Gewährung von Vorausleistungen betreffenden § 36 BAföG. Mit dieser Gesetzesänderung ist § 36 Abs. 1, der bis dahin eine zeitliche Einschränkung der Antragstellung nicht enthielt, ergänzt worden durch den nach einem Semikolon angefügten Halbsatz "nach Ende des Bewilligungszeitraums gestellte Anträge werden nicht berücksichtigt". In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/1301 S. 12 zu Nr. 15) heißt es dazu:

42

"Mit der Änderung wird - wie bisher bereits in Tz 36.1.18 BAföG-VwV geregelt - ausdrücklich klargestellt, dass Vorausleistungen für abgelaufene Bewilligungszeiträume nicht bewilligt werden können. Denn es entspricht nicht der Zielsetzung des Ausbildungsförderungsrechts, Mittel für einen Zeitraum, der bereits abgeschlossen ist, rückwirkend zu leisten (vgl. Begründung zu Artikel 1 Nr. 22 Buchst. c des 12. BAföG-ÄndG-E, Drucks. 11/5961 v. 04.12.1989 S. 23). Mit der ausdrücklichen Aufnahme dieses Grundsatzes, dem die Verwaltungspraxis bereits in der Vergangenheit gefolgt ist, in den Gesetzeswortlaut wird die Konsequenz aus einer höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Urt. d. BVerwG v. 21.11.1991 - 5 C 32.87 -, FamRZ 1992, 991) gezogen, die die Einrede der Vorausleistung auch gegen die Rückforderung einer zunächst unter Vorbehalt geleisteten Förderung zugelassen und damit die Umgehung des in § 24 Abs. 3 Satz 1 und § 25 Abs. 6 BAföG festgelegten Prinzips zumindest nicht ausgeschlossen hat. ... .

43

Die im Widerspruch zu den Grundsätzen des Ausbildungsförderungsrechts stehende Einräumung eines Vorausleistungsanspruchs bzw. der Einrede der Vorausleistung  für abgelaufene Bewilligungszeiträume ist auch aus den von der Rechtsprechung herangezogenen Billigkeitserwägungen nicht geboten: Zwar haftet der Auszubildende, dem Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet worden ist, persönlich für die Rückerstattung und kann im Einzelfall - aufgrund der Regelung des § 1613 BGB - die Eltern nicht wegen Unterhalts für die Vergangenheit in Anspruch nehmen. Soweit er sich noch in Ausbildung befindet, hat er aber die Möglichkeit, die zinslose Stundung der Rückforderung zu beantragen. Die Ämter für Ausbildungsförderung lösen diese Fälle nach den im Landeshaushaltsrecht eingeräumten Stundungsmöglichkeiten so, dass eine Gefährdung der Ausbildung vermieden wird."

44

Der Senat pflichtet dem Verwaltungsgericht darin bei, dass der Gesetzgeber damit den Sinn der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entweder verkannt oder sich darüber unreflektiert hinweggesetzt hat. Es ging dem Bundesverwaltungsgericht gerade nicht darum, für einen abgeschlossenen Zeitraum, in dem Ausbildung ohne staatliche Förderung tatsächlich stattgefunden hat, öffentliche Mittel rückwirkend zufließen zu lassen. Vielmehr sollten dem Auszubildenden bereits gewährte Fördermittel, mit denen in der Vergangenheit eine Ausbildung tatsächlich finanziert wurde, nicht nachträglich entzogen werden. Letzteres ist mit der Zielsetzung des Ausbildungsförderungsrechts ohne weiteres vereinbar, auch wenn mit der nachträglichen Rückforderung gewährter Ausbildungsförderung die Ausbildung als solche nicht mehr "gefährdet" werden kann.

45

Entscheidend ist, dass der Wortlaut des § 24 Abs. 3 Satz 1  2. Halbs. BAföG (n. F.) der Intention der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch in seiner geltenden Fassung keineswegs zwingend entgegensteht, da ein mit einem entsprechenden Leistungsbegehren verbundener Aktualisierungsantrag, den der Auszubildende stellt, um sich eine anfängliche Förderung überhaupt erst zu erschließen, eine grundsätzlich andere Funktion hat als eine einem Rückforderungsbegehren nachträglich entgegengehaltene Aktualisierungseinrede. Ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers hat jedenfalls im Wortlaut des Gesetzes nicht Niederschlag gefunden.

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b) Die Zulassung der Aktualisierungseinrede ist im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG (n. F.) mit Blick auf Artikel 3 Abs. 1 GG geboten.

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Ein Ausschluss der Aktualisierungseinrede würde zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung derjenigen Auszubildenden, deren Eltern zu berücksichtigendes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit haben, gegenüber denen, deren Eltern in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen, führen. Bei letzteren steht regelmäßig das Einkommen der Eltern in dem dem Bewilligungszeitraum vorausgegangenen vorletzten Kalenderjahr bereits frühzeitig, meist schon vor Beginn des Bewilligungszeitraumes fest. Für sie sind deshalb Änderungen der Einkommensverhältnisse, die sich im Bewilligungszeitraum auswirken, entsprechend früh erkennbar, so dass sie die Möglichkeit haben, vor Ablauf des Bewilligungszeitraums einen Aktualisierungsantrag zu stellen und damit auf eine möglichst hohe Förderung hinzuwirken. Anders verhält es sich mit den Auszubildenden, deren Eltern Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit haben. Abschließende Steuerbescheide für das Vorvorjahr, die das Einkommen feststellen, ergehen häufig erst während des Bewilligungszeitraums oder danach. Dasselbe gilt für Einkommensfeststellungen durch Steuerbescheid für den Bewilligungszeitraum selbst. Diese Auszubildenden bzw. deren Eltern können das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Aktualisierungsantrag vielfach überhaupt nicht innerhalb des Bewilligungszeitraums feststellen. Auf eine "Vorausleistungseinrede" gegenüber einer Leistungsrückforderung (§ 36 BAföG; vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 10.11.1988 - BVerwG 5 B 20.88 -, Buchholz 436.36, § 36 BAföG Nr. 11; Urt. v. 21.11.1991 - BVerwG 5 C 32.87 -, Buchholz 436.36, § 24 BAföG Nr. 18 = FamRZ 1992, 991 = NVwZ-RR 1992, 557) kann der Auszubildende spätestens seit der Änderung des § 36 Abs. 1 BAföG und der Einfügung der dem § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG entsprechenden zeitlichen Grenze für die Berücksichtigung von Anträgen entsprechend der damit verbundenen Absicht des Gesetzgebers auch nicht verwiesen werden (Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Sept. 2001, Rdnr. 13.4 zu § 36). Auch die vorsorgliche Stellung eines Aktualisierungsantrags allein im Hinblick auf die vage Möglichkeit, dass sich die Einkommensverhältnisse der Eltern während des Bewilligungszeitraums nachträglich irgendwann als schlechter im Verhältnis zu dem vorletzten Kalenderjahr herausstellen, führt nicht weiter - abgesehen von der verwaltungstechnischen Unzweckmäßigkeit -, weil der Auszubildende dann auch sofort das Vorliegen der Voraussetzungen einer Aktualisierung glaubhaft zu machen hat (§ 23 Abs. 3 Satz 2 BAföG), was ihm aber vielfach noch nicht möglich ist. Gerade der vorliegende Fall der Klägerin macht deutlich, dass ein Auszubildender, der Eltern mit Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit hat, dann nur noch - und insoweit in Übereinstimmung mit der Absicht des Gesetzgebers - die Möglichkeit hätte, einen Antrag auf Stundung der Rückforderung zu stellen, obwohl eine Aktualisierung möglicherweise sogar einen weitergehenden Leistungsanspruch ergäbe.

48

Eine sachliche Rechtfertigung für die dargelegte unterschiedliche Behandlung der Auszubildenden je nachdem, was für eine Art von Einkommen ihre Eltern beziehen, ist nicht ersichtlich. Sie wäre deshalb nicht mit dem mit der Rechtsinstitution einer Aktualisierung der Berechnung anerkannten und verfolgten Zweck, die Förderung der bedürftigen Auszubildenden in effektiver Weise sicherzustellen, vor allem aber nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren (vgl. Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Sept. 2001, Rdnr. 13.4 zu § 36).

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§ 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG ist deshalb - weiterhin - so auszulegen, dass dann, wenn eine nach Abschluss des Bewilligungszeitraums erfolgende endgültige Berechnung der Ausbildungsförderung auf der Grundlage des inzwischen erst feststehenden Einkommens der Eltern eine Überzahlung und damit einen Rückforderungsanspruch ergibt, der Anspruch auf Aktualisierung als Einrede auch nach Ablauf des Bewilligungszeitraums geltend gemacht werden kann. Dabei ist der in den Gesetzesmaterialien wiederholt hervorgehobenen Absicht des Gesetzgebers, dass nicht nachträglich Ausbildungsförderung für bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume geleistet werden soll, dadurch Rechnung getragen, dass der einredeweise geltend gemachte Aktualisierungsanspruch rechtssystematisch nur die Rückforderung berühren, also die Rückforderung nur ausschließen oder verringern, aber nicht zu einem nachträglichen zusätzlichen Leistungsanspruch führen kann.

50

Da die Klägerin die Aktualisierungseinrede noch innerhalb der Widerspruchsfrist geltend gemacht hat (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 21.11.1991 - BVerwG 5 C 32.87 - a. a. O.) und angesichts des im Bewilligungszeitraum gegenüber dem Vorvorjahr verringerten Einkommen der Eltern der Klägerin jedenfalls eine Verringerung des Anspruchs der Klägerin auf Ausbildungsförderung in dem hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum 1997/1998 nicht in Betracht kommt, ist die Rückforderung der gewährten Ausbildungsförderung rechtswidrig und sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben.