Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.07.2003, Az.: 1 LA 238/02
Abwägung; bauliche Anlage; Bebauungsplan; Beeinträchtigung; Grundfläche; Höhe; Landschaftsbild; Rotor; Sondergebiet; Tourismus; Windenergieanlage; Windkraftanlage; überdeckte Fläche
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.07.2003
- Aktenzeichen
- 1 LA 238/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 48575
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 25.07.2002 - AZ: 4 A 1111/00
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 6 BauGB
- § 16 Abs 2 Nr 1 BauNVO
- § 16 Abs 2 Nr 4 BauNVO
- § 16 Abs 3 Nr 2 BauNVO
- § 19 Abs 2 BauNVO
- § 19 Abs 1 BauNVO
- § 23 Abs 3 S 2 BauNVO
- § 35 Abs 3 S 3 BauGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zu der von der baulichen Anlage im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO überdeckten Fläche gehört auch die Fläche, die der Rotor einer Windenergieanlage überstreicht. Eine Festsetzung der Größe der Grundfläche im Sondergebiet für Windenergieanlagen, die dazu führt, dass eine marktgängige Windenergieanlage auf der zulässigen Grundfläche nicht mehr errichtet werden kann, ist unwirksam.
2. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des Tourismus können es rechtfertigen, die maximal zulässige Gesamthöhe von Windenergieanlagen auf 99,90 m fest zu setzen, auch wenn die Höhe von 131 m eine bessere Wirtschaftlichkeit der Anlagen ergibt.
Gründe
Der Kläger begehrt die Erteilung von Baugenehmigungen für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen.
Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen stellt im Bereich B. Sonderbauflächen für Windenergieanlagen dar. Der Bebauungsplan Nr. 65 „Windpark C. -Ost/B. (Teilgebiet B – südöstlich der D. Straße)“ ist einer von insgesamt drei Bebauungsplänen, mit denen die Darstellung des Flächennutzungsplanes zur Windenergienutzung umgesetzt wird. Der am 19./20. Dezember 2001 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. 65 setzt als Art der baulichen Nutzung ein sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Gebiet für Anlagen, die der Nutzung der Windenergie dienen mit dazwischenliegenden landwirtschaftlich nutzbaren Flächen“ fest. Im Sondergebiet werden drei Bauteppiche durch Baugrenzen mit den Maßen 35 m X 35 m als Standorte für die Windenergieanlagen festgesetzt. In jedem Bauteppich darf nach § 1 der textlichen Festsetzung jeweils eine Anlage einschließlich Turm und Fundament errichtet werden. Die Größe der Grundfläche GR für jeden Bauteppich wird auf 350 m² festgesetzt. Nach § 2 der textlichen Festsetzungen wird die maximal zulässige Gesamthöhe der Anlagen über natürlicher Geländehöhe auf 99,90 m begrenzt.
Am 4. Januar 1999 beantragte die E. AG Baugenehmigungen für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-66 1,5 MW-Klasse mit einer Nabenhöhe von 98 m und einer Gesamthöhe von 131 m auf den Flurstücken 1/2 der Flur 20 und 144/3 der Flur 14 der Gemarkung F.. Die Flächen liegen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 65.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheiden vom 14. Juni 1999 unter Hinweis auf eine Veränderungssperre ab, mit der die Beigeladene die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 65 sicherte. Der Widerspruch des Klägers als Rechtsnachfolger der E. blieb erfolglos.
Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, die im Bebauungsplan Nr. 65 festgesetzte Höhenbegrenzung sei nichtig. Die von der Beigeladenen im Rahmen der Abwägung angeführten Gründe seien nicht tragfähig. Die Gemeinde habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass bei der festgesetzten Höhenbegrenzung der Betrieb von Windenergieanlagen nicht rentabel sei.
Die Verpflichtungsklage auf Erteilung von Baugenehmigungen für zwei Windenergieanlagen mit einer Höhe von 131 m hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die geplanten Windenergieanlagen widersprächen § 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 65. Die Abwägung der Beigeladenen zu dieser Festsetzung genüge dem Abwägungsgebot.
Der Zulassungsantrag, der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 und Nr. 5 VwGO gestützt wird, ist unbegründet.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung werden mit dem Zulassungsantrag nicht dargelegt. Voraussetzung für den Erfolg dieses Angriffs gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist, dass für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis – auf dieses, nicht auf einzelne Begründungselemente kommt es an – die „besseren Gründe“ sprechen, d.h. dass sein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als sein Unterliegen (vgl. Beschl. d. Sen. v. 31.7.1998 – 1 L 2696/98 -, NdsVBl 1999, 93). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Mit seinem Zulassungsvorbringen, der Bebauungsplan sei mangels wirksamer Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung unwirksam und stehe seinem Vorhaben deshalb nicht entgegen, dringt der Kläger nicht durch.
Mit dem Zulassungsantrag wird vorgebracht, die Festsetzung der Größe der Grundfläche der baulichen Anlagen auf 350 m² („GR = 350 m²“) führe zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes. Die von der baulichen Anlage i.S. des § 19 Abs. 2 BauNVO überdeckte Fläche bestehe bei Windenergieanlagen nicht nur aus dem Fundament und dem Turm, sondern auch aus der von den Rotoren überstrichenen Fläche des Baugrundstückes. Mit diesem Einwand macht der Kläger zu Recht geltend, dass die Festsetzung der Größe der Grundfläche auf 350 m² gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO die Errichtung einer heute marktgängigen Windenergieanlage verhindert und sich deshalb als abwägungsfehlerhafte Festsetzung darstellt. Die Festsetzung „GR = 350 m²“ beachtet nicht hinreichend § 19 Abs. 2 BauNVO. Danach darf nur der Anteil des Baugrundstücks, der zulässige Grundfläche ist und nach § 19 Abs. 1 BauNVO errechnet wird, von baulichen Anlagen überdeckt werden. Der Begriff der Überdeckung setzt nicht voraus, dass alle in Betracht kommenden wesentlichen Teile eines Gebäudes eine unmittelbare Verbindung mit dem Grund und Boden haben müssen, mit anderen Worten diesen berühren müssen. Auch in den Luftraum hineinragende wesentliche Gebäudeteile überdecken i.S. des § 19 Abs. 2 BauNVO die Grundstücksfläche (Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zur BauNVO, Loseblattsammlung Stand: Januar 2003, § 19 Rdnr. 16; Fickert/Fieseler, Kommentar zur BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 19 Rdnr. 4.2). Danach sind bei Windenergieanlagen nicht nur das Fundament und der Turm, sondern auch die Rotoren als wesentliche Teile der Anlage in die Betrachtung einzubeziehen. Die festgesetzte Größe der Grundfläche von 350 m² (oder 20 m X 17,5 m bzw. 18,7 m X 18,7 m) hat zur Folge, dass eine Windenergieanlage mit der zugelassenen Höhe auf der zulässigen Grundfläche nicht untergebracht werden kann. Denn eine Windenergieanlage mit einer Turmhöhe von 64 m wird in der Regel bei einer maximal zulässigen Höhe von 99,90 m über einen Rotor mit 70 m Durchmesser verfügen, der Gelände überstreicht, welches nicht mehr zu der Fläche zählt, die überdeckt werden darf. Damit lässt sich eine Anlage der aktuellen Generation nicht mehr innerhalb der GR-Festsetzung verwirklichen. Da sonstige Belange für eine so starke Reduzierung der Grundfläche fehlen, widerspricht die Festsetzung einer vernünftigen Abwägung : die Gemeinde hat sie mit dieser Konsequenz auch nicht gewollt.
Der vorgenannte Einwand des Klägers schlägt auch auf die Festsetzung einer überbaubaren Grundstücksfläche durch Baugrenzen in Form eines Bauteppichs von 35 m X 35 m für jede Anlage in dem Bebauungsplan der Beigeladenen durch. Die Größe der überbaubaren Fläche reicht ebenfalls nicht aus, um eine marktgängige Windenergieanlage mit ihren Rotorblättern aufzunehmen. Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nicht überschreiten. Insoweit gilt das zu § 19 Abs. 2 BauNVO Gesagte. Eine Abweichung von den festgesetzten Baugrenzen nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO kommt nicht in Betracht. Bei einem Durchmesser des Rotors von 70 m werden die Baugrenzen deutlich überschritten, so dass nicht mehr ein Fall des geringfügigen Vortretens von Gebäudeteilen vorliegt. Es unterliegt zu dem Bedenken, dass nach der Begründung zu dem Bebauungsplan sogar kleinere Überschreitungen der Plangebietsgrenze durch die Flügelspitzen möglich sein sollen.
Der Mangel einer unzulässigen Festsetzung der Größe der Grundfläche und der Mangel einer unzureichenden Festsetzung nach § 23 BauNVO führen lediglich zur Teilunwirksamkeit des Bebauungsplanes. Die Unwirksamkeit/Nichtigkeit einzelner Festsetzungen führt dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit/Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn außerdem hinzu kommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Beschl. vom 25.2.1997 – 4 NB 30.96 -, NVwZ 1997, 896). In Kenntnis der Fehler, die dem Bebauungsplan anhaften, hätte der Rat der Beigeladenen den Plan auch ohne die beiden genannten Festsetzungen beschlossen. Zentrales Anliegen der Beigeladenen war es auch, die Höhe der Windenergieanlagen zu begrenzen (vgl. die Abwägungsempfehlung für die Ratssitzung vom 3.12.2001, Vorlagen-Nr. 56/01 zu den Anregungen des Klägers vom 20.8.2001). Die Festsetzung der Höhenbegrenzung ist rechtmäßig (vgl. die folgenden Ausführungen). Der Rat der Beigeladenen hätte deshalb mutmaßlich den Plan auch ohne Festsetzungen zur Größe der Grundfläche und zur überbaubaren Grundstücksfläche beschlossen.
Die Festsetzung der maximal zulässigen Höhe einer Windenergieanlage auf 99,90 m in § 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes genügt dem Abwägungsgebot. Im Bebauungsplan kann gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO das Maß der baulichen Nutzung durch Festsetzung der Höhe der baulichen Anlagen bestimmt werden. Die Höhe der baulichen Anlagen ist gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO festzusetzen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können. Solche öffentlichen Belange hat die Beigeladene zur städtebaulichen Rechtfertigung der festgesetzten Höhenbegrenzung dargelegt. Sie setzen sich gegenüber dem von dem Kläger vorgebrachten privaten Belang einer erhöhten Wirtschaftlichkeit der Anlagen bei Wegfall der Höhenbegrenzung durch.
Ziel der Beigeladenen ist es, im öffentlichen Interesse das weitgehend unbelastete Landschaftsbild in ihrem Gemeindegebiet zu sichern, um damit den Wert der Gemeinde als ländlicher hochwertiger Wohn- und Freizeitstandort zu erhalten (vgl. S. 18 der Begründung). Von besonderer Bedeutung für das Landschaftsbild sind in einem Betrachtungsraum von ca. 2 km um die geplanten Anlagenstandorte die Fehnstruktur am G. -Kanal, Niederungsbereiche der Soeste und einzelne Birkenwaldparzellen (vgl. das der Begründung zu dem Bebauungsplan beigefügte Gutachten zu „Natur und Landschaft“ des Dipl.-Biologen H.). Diese Landschaftselemente sind für das Landschaftsbild wegen ihrer naturraumtypischen Eigenart, Vielfalt und Schönheit bedeutsam. Ausweislich der Abbildung 4 zu dem genannten Fachbeitrag des Dipl.-Biologen H. werden Landschaftsbildbereiche von besonderer Bedeutung in einer Entfernung von mehr als 1,5 km zu den Anlagenstandorten durch die Festsetzung der Höhenbegrenzung geschont, weil bei Anlagen bis zu einer Höhe von 99,90 m die sogenannte Dominanzzone, in der die Einsehbarkeit/Transparenz der Landschaft durch die Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt wird, im vorliegenden Fall bis zu einer Entfernung von 1,5 km von der jeweiligen Anlage reicht.
Dieser Begründung kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Landschaftsbildempfindlichkeit der Anlagenstandorte sei bereits im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen mit dem Ergebnis untersucht worden, dass die dargestellte Sonderbaufläche den für die Windenergienutzung geeignetesten Bereich im Gemeindegebiet ausweise. Die Beigeladene hat ihren Flächennutzungsplan flächendeckend für das ganze Gemeindegebiet neu aufgestellt. Er enthält zum Landschaftsbild nur grobmaschige Aussagen. Auch in Bezug auf die Darstellung einer Sonderbaufläche für Windenergienutzung ist die Untersuchungsschärfe bezogen auf das Landschaftsbild nicht so tief, dass kein Raum für weitergehende Einschränkungen bleibt. Vielmehr ist es Aufgabe des Bebauungsplanes als des eigentlichen, auf Vollzug angelegten städtebaulichen Instruments, die Vereinbarkeit der geplanten Festsetzungen mit den naturschutzfachlichen Belangen im Plangebiet zu prüfen. Diesem Auftrag wird die Beigeladene mit dem im Aufstellungsverfahren zu dem Bebauungsplan Nr. 65 eingeholten Fachbeitrag des Dipl.-Biologen H. gerecht.
Auch der von der Beigeladenen angeführte öffentliche Belang des Tourismus trägt die Abwägungsentscheidung. Der Beigeladenen wird im Regionalen Raumordnungsprogramm des Beklagten die besondere Schwerpunktaufgabe Erholung zugewiesen. Das gesamte Gemeindegebiet wird in dem genannten Plan als Gebiet mit besonderer Bedeutung für die Erholung dargestellt. Diese Aussagen heben die touristische Bedeutung der Beigeladenen hervor. Es liegt im planerischen Ermessen der Beigeladenen, dass sie zur Herstellung einer Verträglichkeit mit diesem Belang die Höhe der Windenergieanlagen auf 99,90 m begrenzt hat. Angesichts der steigenden Fernwirkung von höheren Anlagen darf die Gemeinde die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes auch im Interesse des Tourismus durch eine Höhenbegrenzung abmildern.
Den von dem Kläger im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 65 vorgebrachten privaten Belang, mit der Festsetzung der maximal zulässigen Höhe der Anlagen auf 99,90 m sei an den für das Vorhaben festgesetzten Standorten ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlagen nicht mehr möglich, hat die Beigeladene gesehen und in die Abwägung eingestellt. Soweit sie das Interesse an einer Gewinnmaximierung zurückgesetzt hat, hält dies einer Überprüfung am Maßstab des § 1 Abs. 6 BauGB stand. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, mit der Festsetzung eines Sondergebietes für die Windenergienutzung dem Betreiber einer Windenergieanlage die einträglichste Nutzung zu ermöglichen (vgl. zum Eigentum: BVerfG, Urt. v. 22.11.1994 – 1 BvR 351/99 – BVerfGE 91, 294 = NJW 1995, 511 [BVerfG 22.11.1994 - 1 BvR 351/91]; BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 – 4 C 4.02 -, NVwZ 2003, 738). Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, mit Hilfe derer die Gemeinde Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan darstellen kann, nicht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, ZfBR 2003, 370). Lediglich eine gezielte (rein negative) „Verhinderungsplanung“ ist dem Plangeber verwehrt. Die Gemeinde wird deshalb bei einer Festsetzung der maximal zulässigen Höhe einer Windenergieanlage prüfen müssen, ob mit dieser Höhenbegrenzung im Ergebnis die Errichtung von Windenergieanlagen verhindert wird, weil sich die Anlagen bei einer Gesamtgröße von unter 100 m wegen des (zu geringen) Windertrages wirtschaftlich nicht lohnen. Diesen Anforderungen wird die Abwägung der Antragsgegnerin gerecht.
Sie verweist in der Begründung zu dem Bebauungsplan, S. 17, darauf, dass in den Nachbargemeinden ebenfalls Windenergieanlagen mit einer Höhe von maximal nahezu 100 m errichtet worden seien. Die im näheren Umfeld der Anlagenstandorte betriebenen Anlagen haben mit 500 kW bzw. 600 kW deutlich geringere Nennleistungen als die Anlagen, die der Kläger zu errichten beabsichtigt. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass sich 1,5 MW-Anlagen oder größere Anlagen (im Gespräch sollen auch 1,8 MW-Anlagen sein) nicht rechnen sollen (zur Wirtschaftlichkeit von Festsetzungen eines Bebauungsplans vgl. auch BVerwG, Urt. vom 29.9.1978 – 4 C 30.76 –, BRS 33 Nr. 11).
Der Hinweis des Klägers auf das Gutachten des vereidigten Buchprüfers, Steuerberaters und Rechtsanwalts I. über betriebswirtschaftliche Auswirkungen verschiedener Nabenhöhen für Windenergieanlagen an Standorten des Bebauungsplanes Nr. 65 und der beiden benachbarten Pläne verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass der Betrieb von Windenergieanlagen des Typs Enercon E-66/18.70 mit einer Nennleistung von 1,8 MW und einer Nabenhöhe von nur 65 m unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wirtschaftlich nicht möglich sei. Mit dieser Einschätzung wird das Abwägungsergebnis nicht infrage gestellt. Die Beigeladene verweist zu Recht darauf, dass die Wirtschaftlichkeit einer Windenergieanlage von zahlreichen Faktoren abhängt, z.B. Anlagentyp, Einkaufspreis, Finanzierungsmodalitäten, Strompreisen und Jahreswetterlagen. Es bleibt offen, ob und in welchem Umfang diese Komponenten in die vorgelegte betriebswirtschaftliche Berechnung eingeflossen sind. Das von dem Gutachter prognostizierte betriebswirtschaftliche Ergebnis bezieht sich nur auf eine bestimmte Anlage der Firma Enercon. Fraglich ist, ob die Daten auch für andere Typen der genannten Firma oder für Anlagen anderer Hersteller gelten.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, ob die der Kalkulation zugrundegelegte Stromproduktion auf realitätsnahen Annahmen beruht. Der Gutachter J. beruft sich auf Windvorprognosen und eine daraus resultierende Stromertragsberechnung des Ingenieurbüros K.. Der Zulassungsantrag legt nicht dar, anhand welcher Ausgangsdaten die Stromertragsberechnung vorgenommen wurde. Die berechneten Erträge stellen eine wesentliche Grundannahme für die Wirtschaftlichkeitsberechnung einer Windenergieanlage dar. Die meteorologischen, topographischen und technischen Eingangsdaten müssen deshalb möglichst genau sein. Insbesondere bei den meteorologischen Daten können erhebliche Messunsicherheiten entstehen, wenn auf eine hochwertige Windmessung in großer Höhe verzichtet wird und stattdessen auf Daten von Langzeitwetterstationen, an denen üblicherweise auf 10 m Höhe in einem stark von Umgebungseinflüssen (Hindernissen, Bewuchs) geprägten Umfeld gemessen wird, zurückgegriffen werden muss (vgl. Strack, DEWI Magazin 2003, S. 52). Dem Zulassungsvorbringen ist nicht zu entnehmen, dass diese Gesichtspunkte bei der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Berechnung berücksichtigt worden sind.
Die Beigeladene musste im Bebauungsplanverfahren auch nicht weiter den Bedenken des Klägers nachgehen, die geplanten Standorte wiesen im Vergleich zu anderen Standorten in der Umgebung eine Besonderheit in der Orographie auf (Bodenrauhigkeit des Geländes). Der Vortrag des Klägers, südwestlich des Plangebietes liege ein Waldgebiet, welches den Ertrag von Windenergieanlagen geringerer Höhe (Gesamthöhe bis 100 m) in erheblichem Maße beeinträchtige, ist substanzlos geblieben. Untersuchungen, die diese Behauptung des Klägers stützen, sind nicht vorgelegt worden. Ob und in welchem Ausmaß die Bodenrauhigkeit eines Geländes Einfluss auf den Energieertrag hat, ist nur mit Hilfe einer umfassenden Geländebeschreibung, zu der auch die Zuweisung einer bestimmten Bodenrauhigkeit des Geländes gehört, festzustellen (vgl. Strack, a.a.O.). Angesichts der Größe des angesprochenen Fichtenbestandes und seiner Entfernung zu den nächstgelegenen Standorten für die Windenergieanlagen ist es auch unwahrscheinlich, dass durch den Baumbestand der Windenergieertrag maßgeblich beeinflusst wird.
Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nach dem Vorgesagten nicht auf.
Die Grundsatzrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO greift nicht durch. Die von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob es den Gemeinden gestattet ist, zum Schutz ihres Orts- und Landschaftsbildes die Höhe von Windenergieanlagen in gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ausgewiesenen Sondergebieten oder auf Sonderbauflächen durch Bauleitplanung auf ein wirtschaftlich nicht mehr sinnvolles oder gar tragfähiges Maß zu begrenzen, stellt sich nach den vorstehenden Ausführungen nicht.
Der vorgetragene Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 86 Abs. 1 VwGO hat der Kläger nicht dargelegt. Ausweislich des Protokolls zu der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2002 und der Anlage zum Protokoll hat das erstinstanzliche Gericht Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und die gewonnenen Eindrücke, die auch Feststellungen zur Umgebung enthalten, in der Anlage zu dem Protokoll niedergelegt. Mit den weiteren Ausführungen setzt der Kläger die von ihm als richtig angesehene Würdigung an die Stelle des Verwaltungsgerichts. Die Kritik an der Überzeugungsbildung des erstinstanzlichen Gerichts ist jedoch nicht zulässiger Gegenstand einer Verfahrensrüge.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Höhe nach orientiert sich der Senat an den Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 1. Januar 2002 (NordÖR 2002, 197 = NdsVBl 2002, 192, dort Nr. 3 lit. g, wonach bei Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen 100,-- € je 1 kW-Nennleistung anzusetzen sind).