Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.01.2021, Az.: 4 LB 112/20

ECTS-Leistungsnachweis; ECTS-Punkte; Medizinische Hochschule Hannover; Medizinstudium; Modellstudiengang: Humanmedizin; Transcript of records

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.01.2021
Aktenzeichen
4 LB 112/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71203
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 04.07.2019 - AZ: 3 A 6780/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein ECTS-Leistungsnachweis i.S. von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG setzt voraus, dass die Ausbildungsstätte vollumfänglich am ECTS-Leistungspunkte-System teilnimmt. Dies ist anhand der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnung zu bestimmen.
Die Anerkennung eines Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG durch das Amt für Ausbildungsförderung erfordert grundsätzlich, dass das jeweils nach Landesrecht zuständige hauptamtliche Mitglied des Lehrkörpers der Ausbildungsstätte die zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt übliche Zahl an ECTS-Leistungspunkten nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BAföG gegenüber dem Amt für Ausbildungsförderung festgelegt hat.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer - vom 4. Juli 2019 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung für den Zeitraum April 2017 bis März 2018.

Die am … 1975 geborene Klägerin begann zum Wintersemester 2005/2006 ein Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Sie ist verheiratet und hatte zum Zeitpunkt ihres Studienbeginns einen im Jahr 1996 geborenen Sohn. Im Wintersemester 2005/2006 erbrachte die Klägerin keine Studienleistungen, weil sie schwer erkrankt war und sich medizinischen und psychotherapeutischen Behandlungen unterziehen musste, so dass die Fortsetzung des Studiums nicht möglich war. Die Klägerin meldete sich für das Sommersemester 2006 nicht zurück.

In den Jahren 2008 und 2010 bekam die Klägerin zwei weitere Kinder.

Zum Wintersemester 2012/2013 nahm die Klägerin ihr Medizinstudium an der MHH wieder auf. Auf Antrag bewilligte die Beklagte ihr für die Zeiträume Oktober 2012 bis September 2013 und Oktober 2013 bis März 2014 trotz Überschreitens der Altersgrenze nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Die Beklagte ging von einer Ausnahme nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BAföG aus, weil die Klägerin laut fachärztlichem Attest vom 13. Februar 2013 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen war, in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis 2011 in einer Vollzeitstelle erwerbstätig zu sein, und sich erst seit 2012 eine Besserung und Stabilisierung ergeben hatte, so dass die Belastungsfähigkeit für ein Vollzeitstudium gegeben war.

Die für eine Weiterförderung nach dem 4. Fachsemester erforderliche positive Bescheinigung gemäß § 48 Abs. 1 BAföG konnte die Klägerin nicht beibringen, weil sie keine entsprechenden Leistungen in den Fächern Zellbiologie, Anatomie, Chemie und Biochemie, Physik und Physiologie, Psychologie und Soziologie, Diagnostische Methode und Wahlfach I erbracht hatte (s. negative Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG – Formblatt 5 – der MHH vom 17. April 2014). Als Grund dafür gab die Klägerin in einem Schreiben vom 28. Februar 2014 an, dass sie wegen Erkrankungen ihrer Kinder im ersten Studienjahr während der Pflichtkurse oft nicht habe anwesend sein können und daher beschlossen habe, die Pflichtkurse Chemie und Anatomie im folgenden Studienjahr nachzuholen. Die restlichen Kurse in Physik und Zellbiologie, das Propädeutikum und die Termine für die Klinische Visite habe sie belegen können. Auf den Antrag der Klägerin hin verschob die Beklagte den Zeitpunkt für die Vorlage des Leistungsnachweises um zwölf Monate und bewilligte ihr Ausbildungsförderungsleistungen für den Zeitraum April 2014 bis März 2015.

Nach Ablauf der Verlängerungsfrist legte die Klägerin wiederum eine negative Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG der MHH vom 8. April 2015 vor und beantragte erneut eine Verschiebung des Vorlagezeitpunktes um zwei Semester. Zur Begründung ihres Antrags verwies sie auf die krankheitsbedingte Nichtteilnahme an den Nachhol-prüfungen für Chemie, Biochemie und Physik/Physiologie (zwei Teilprüfungen) im Juli 2014 und Februar 2015 und legte diverse ärztliche Atteste, teilweise für sich, teilweise für ihre Kinder vor, die sich auf verschiedene Prüfungstermine in den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2015 bezogen. Die Beklagte verschob daraufhin den Zeitpunkt für die Vorlage des Leistungsnachweise um weitere zwölf Monate und bewilligte der Klägerin Ausbildungsförderungsleistungen für den Zeitraum April 2015 bis März 2016.

Nach Ablauf der zweiten Verlängerungsfrist konnte die Klägerin erneut keine positive Leistungsbescheinigung beibringen. Vielmehr bestätigte die MHH in der negativen Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG – Formblatt 5 – vom 29. April 2016, dass Leistungen in den Fächern Anatomische Grundlagen der Medizin, Chemische und biochemische Grundlagen der Medizin, Physikalische und physiologische Grundlagen der Medizin sowie Psychologische und soziologische Grundlagen der Medizin fehlten. Unter Verweis auf dem Studiendekanat vorliegende ärztliche Atteste über eigene Erkrankungen sowie Erkrankungen ihrer Kinder, die dazu geführt hätten, dass Prüfungen für bereits absolvierte Pflichtkurse nicht hätten abgelegt werden können, beantragte die Klägerin eine Verschiebung des Vorlagetermins für die § 48- Bescheinigung um weitere zwei Semester. Die Beklagte verschob daraufhin ein drittes Mal den Zeitpunkt für die Vorlage des Leistungsnachweise um 12 Monate und bewilligte der Klägerin zunächst für den Zeitraum September 2016 bis März 2017, später auch für den Zeitraum April 2016 bis August 2016 Ausbildungsförderungsleistungen.

Mit Antrag vom 7. März 2017 begehrte die Klägerin erneut Ausbildungsförderungsleistungen von der Beklagten. Sie legte zwei negative Leistungsbescheinigungen nach § 48 BAföG vor. Die eine datiert auf den 7. März 2017 und bestätigt fehlende Leistungen bis zum Ende des 7. Fachsemesters, die andere datiert auf den 25. April 2017 und bestätigt fehlende Leistungen zum 4. Fachsemester, nämlich Anatomische Grundlagen der Medizin, Physikalische und Physiologische Grundlagen der Medizin sowie Chemische und Biochemische Grundlagen der Medizin. Zusammen mit ihrem Antrag auf Ausbildungsförderung vom 7. März 2017 bat die Klägerin um eine erneute Verschiebung des Vorlagezeitpunkts für die § 48-Bescheinigung. In einem Schreiben an die Beklagte mit Datum 24. Februar 2017 wies sie auf eigene Erkrankungen sowie Erkrankungen ihrer Kinder und dadurch versäumte Prüfungen in den Fächern Chirurgie, Urologie, Anästhesie und Orthopädie sowie das dadurch versäumte Blockpraktikum „Innere Medizin“ hin. In einem weiteren Schreiben vom 15. Mai 2017 erläuterte die Klägerin, dass die versäumten Prüfungen solche des 4. Studienjahres seien. Zur Nachholung der noch fehlenden Pflichtfachprüfungen der ersten zwei Studienjahre („Altlasten“) müsse sie auf längere vorlesungsfreie Zeitintervalle zurückgreifen, weil die Prüfungen und Praktika der folgenden Studienjahre zahlreich seien und erledigt werden müssten. Sie habe daher nur eine der noch ausstehenden Prüfungen des 2. Studienjahres erledigen können und hoffe auf das Verständnis der Beklagten.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2017 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für den Zeitraum April 2017 bis März 2018 sowie die erneute Verschiebung der Vorlage der § 48-Bescheinigung ab. Die Beklagte begründete ihre Ablehnung damit, dass die Klägerin nicht gemäß § 48 Abs. 2 BAföG Tatsachen dargelegt habe, die eine Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen würden. Zwar habe die Klägerin eigene Erkrankungen sowie Erkrankungen ihrer Kinder nachgewiesen, die sie daran gehindert hätten, verschiedene Prüfungen zu absolvieren. Diese Versäumnisse seien aber nicht kausal für die fehlende Leistungsbescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG, weil die Klägerin nicht die noch ausstehenden Pflichtfachprüfungen der ersten zwei Studienjahre in den Fächern Anatomische Grundlagen der Medizin, Physikalische und Physiologische Grundlagen der Medizin sowie Chemische und Biochemische Grundlagen der Medizin versäumt habe, sondern vielmehr Prüfungen aus dem vierten Studienjahr. Nachweise, wieso es ihr nicht möglich gewesen sei, die fehlenden Leistungen der ersten vier Fachsemester aufzuholen, habe die Klägerin indessen nicht vorgelegt. Da eine Verschiebung der Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 2 BAföG nicht in Betracht komme, könne auch keine Ausbildungsförderung mehr bewilligt werden.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid hat die Klägerin am 25. Juli 2017 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben und diese wie folgt begründet: Die Semesterzählung der Beklagten sei fehlerhaft, weil die Klägerin sich nicht im elften, sondern erst im zehnten Fachsemester befinde. Das Semester aus dem Jahr 2005/2006 dürfe wegen ihrer schweren Erkrankung nicht in die Zählung eingehen. Wegen ihrer zum Studienbeginn im Jahr 2012 noch jungen Kinder seien ihr zudem – wie geschehen – sechs Semester gutzuschreiben. Damit sei ihr noch ein weiteres Semester für die Vorlage der § 48-Bescheinigung zuzugestehen. Überdies sei sie gezwungen, das Studium jeweils in den für sie geltenden höheren Semestern fortzusetzen, weil sie ansonsten zurückgestuft würde und ihr laufendes Studium abbrechen müsse, bis sie sämtliche Prüfungen im Physikum absolviert habe und parallel nicht mehr in den anderen Fächern fortfahren dürfe. Die derzeitige Regelung, nach der sie das laufende Studium fortsetzen dürfe, gelte für nachfolgende Studienjahre nicht mehr. Die Wiederholungsprüfungen würden zudem mit den Prüfungen der laufenden höheren Studiensemester kollidieren. Würde sie diese versäumen, fiele sie komplett zurück und verlöre mindestens ein Jahr. Erst ab März 2018 bestehe unter diesen Bedingungen die Möglichkeit, die noch ausstehenden Prüfungen für das Physikum komplett abzulegen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2017 zu verpflichten, ihr Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum April 2017 bis März 2018 zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Berücksichtigung des Wintersemesters 2005/2006 bei der Zählung der Fachsemester zutreffend sei und eine Rückstufung um ein Semester auf späteren Immatrikulationsbescheinigungen nicht bindend sei. Eine pauschale Berücksichtigung von Verzögerungszeiten könne ohnehin nicht erfolgen. Vielmehr müsste ein berücksichtigungsfähiger Umstand auch tatsächlich ursächlich für die Verzögerung der Ausbildung sein. Bei der Klägerin bzw. ihren Kindern hätten zwar ohne Zweifel gesundheitliche Einschränkungen vorgelegen. Diese seien aber nicht kausal für die weitere Verzögerung ihres Studiums gewesen. Denn die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass sie an den Krankheitstagen gerade diejenigen Prüfungen versäumt habe, die ihr für den Leistungsnachweis i. S. v. § 48 Abs. 1 BAföG noch gefehlt hätten. Vielmehr habe die Klägerin Prüfungen des achten Fachsemesters versäumt. Zudem fehle es an Nachweisen, dass es der Klägerin unmöglich gewesen sei, die fehlenden Leistungen der ersten vier Fachsemester nachzuholen. Die Voraussetzungen für eine erneute Verschiebung des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 2 BAföG lägen somit nicht vor.

Mit Urteil vom 4. Juli 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2017 verpflichtet, der Klägerin Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum April 2017 bis März 2018 zu bewilligen. Sein Urteil hat das Verwaltungsgericht damit begründet, dass die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten eine Leistungsbescheinigung im Sinne von § 48 Abs. 1 BAföG vorgelegt habe. Die Klägerin habe sich zum Zeitpunkt der angegriffenen Verwaltungsentscheidung im Sommersemester 2017 im elften Fachsemester befunden. Auch das Wintersemester 2005/2006 zähle als Fachsemester, da es dafür auf die Immatrikulation in einen bestimmten Studiengang und nicht auf den tatsächlich erzielten Studienfortschritt ankomme. Um eine Zählung dieses Semesters zu vermeiden, hätte die Klägerin sich – ggf. rückwirkend – beurlauben lassen müssen, was sie jedoch versäumt habe. Auf ihre Einstufung in das zehnte Fachsemester gemäß der Immatrikulationsbescheinigung komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Unter Berücksichtigung der bereits gewährten Verschiebungen des Vorlagezeitpunkts für den Leistungsnachweis gemäß § 48 Abs. 1 BAföG um insgesamt sechs Semester, könne die Klägerin eine weitere Förderung ab dem elften Fachsemester, dem Sommersemester 2017, nur beanspruchen, wenn sie einen derartigen Leistungsnachweis vorlege. Sie habe einen derartigen Nachweis auch erbracht und zwar in der Variante des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG. Denn sie habe eine Bescheinigung der Hochschule vom 2. Mai 2019 („Transcript of Records“) über die erworbene Anzahl von ECTS-Leistungspunkten vorgelegt, nach der sie zum Ende des insoweit maßgeblichen zehnten Fachsemesters 153 ECTS-Leistungspunkte erzielt habe. Aus der Bescheinigung gehe hervor, dass die übliche Zahl der ECTS-Leistungspunkte bis zum Ende des jeweils erreichten Studienjahres 60 betrage, so dass von einer üblichen ECTS-Leistungspunktezahl von 120 bis zum Ende des vierten Fachsemesters auszugehen sei. Die von der Klägerin nachgewiesenen 153 ECTS-Leistungspunkte überstiegen diese Anforderung sogar. Dem Einwand der Beklagten, dass das von der Klägerin betriebene Studium der Humanmedizin nur eine Leistungsbescheinigung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG vorsehe, sei nicht zu folgen. Es schade nicht, dass eine Festlegung der zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt üblichen Zahl an ECTS-Leistungspunkten durch das jeweils nach Landesrecht zuständige hauptamtliche Mitglied des Lehrkörpers nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BAföG fehle. Lege ein Auszubildender einen Nachweis über die von ihm tatsächlich erbrachte Anzahl von ECTS-Leistungspunkten vor, müsse das Amt für Ausbildungsförderung bei der Ausbildungsstätte durch Rückfrage ermitteln, ob die erforderlichen Leistungen erbracht worden seien. Das gelte unabhängig davon, ob die Hochschule für den betreffenden Studiengang schriftlich festgelegt habe, wie viele ECTS-Punkte als üblich anzusehen seien. Unabhängig davon sei eine Festlegung durch das nach Landesrecht zuständige hauptamtliche Mitglied des Lehrkörpers der Ausbildungsstätte über die zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt übliche Zahl der ECTS-Leistungspunkte im Fall der Klägerin nicht notwendig gewesen. Die eingereichte Bescheinigung sei vom Studiendekan und einem Mitglied der Abteilung Akademisches Controlling ausgestellt worden und unterliege keinen inhaltlichen Zweifeln. Einer weiteren Festlegung seitens des hauptamtlichen Mitglieds des Lehrkörpers der Ausbildungsstätte bedürfe es daher nicht, da ihr nur ein rein formaler Charakter zukomme und § 47 Abs. 1 BAföG lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung habe, ohne dass sich aus dieser Vorschrift materiellen Anforderungen an den Leistungsnachweis ergäben. Dass die Klägerin negative Leistungsbescheinigungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG vorgelegt habe, stehe einer Anerkennung der nunmehr vorgelegten Bescheinigung über den ECTS-Punktestand nicht entgegen. Die Möglichkeit, den Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG zu erbringen, stelle eine echte Alternative zum Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG dar. Es sei für den Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG auch nicht erforderlich, dass die erworbenen Punkte aus Leistungen stammten, die im Zuge des üblichen Studienverlaufs erbracht worden seien. Es gelte ein rein quantitativer Maßstab. Dieses Verständnis werde durch die Gesetzesbegründung, die systematische und die an Sinn und Zweck orientierte Auslegung des § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG nahegelegt. Die Klägerin habe den Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG auch noch rechtzeitig erbracht. Die gemessen an § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG verspätete Vorlage dürfe ihr unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht entgegengehalten werden.

Mit Beschluss vom 9. Juni 2020 hat der Senat die von der Beklagten beantragte Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

Ihre Berufung begründet die Beklagte damit, dass ein Leistungsnachweis in der Variante des § 48 Abs. 1 Satz Nr. 3 BAföG vorliegend gar nicht erbracht werden könne, weil die Leistungen im Studiengang Humanmedizin (Staatsexamen) an der MHH nicht mit ECTS-Leistungspunkten bewertet würden und es daher auch an einer nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BAföG notwendigen Festlegung der zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt üblichen Zahl an ECTS-Leistungspunkten durch das nach Landesrecht zuständige hauptamtliche Mitglied des Lehrkörpers fehle. Der Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 BAföG setze eine solche Festlegung aber voraus, was sich auch aus Nr. 48.1.2a BAföG VwV ergebe. Eine Wahlmöglichkeit des Auszubildenden zwischen den unterschiedlichen Möglichkeiten der Leistungserbringung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BAföG bestehe somit nicht in jedem Fall, sondern setze voraus, dass eine bestimmte Art der Leistungserbringung überhaupt von der Ausbildungsstätte vorgesehen sei. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die in § 47 Abs. 1 Satz 2 BAföG vorgesehene Festlegung der üblichen Zahl an ECTS-Leistungspunkten entbehrlich sei. Außerdem enthalte die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung vom 2. Mai 2019 nicht nur Leistungen der ersten vier Fachsemester, sondern auch Leistungen höherer Fachsemester. Im Übrigen sei es Aufgabe des Auszubildenden und nicht des Amtes für Ausbildungsförderung, die Eignungsbescheinigung rechtzeitig vorzulegen; diese Obliegenheit könne auch nicht durch die Beratungspflicht des § 41 Abs. 3 BAföG sowie die allgemeinen Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten nach §§ 13 ff. SGB I in Frage gestellt werden. Das Studentenwerk Hannover komme diesen Pflichten in Bezug auf den Eignungsnachweis in sachdienlicher Weise nach. Mangels Vorlage eines positiven Leistungsnachweises durch die Klägerin sei eine Weiterförderung nur möglich, wenn es dafür Gründe im Sinne des § 48 Abs. 2 BAföG gebe. Solche lägen aber nicht vor, weil es keinen Grund in diesem Sinne darstelle, dass die Klägerin Leistungen aus höheren Semestern erbracht habe bzw. versucht habe zu erbringen, anstelle die noch fehlenden Leistungen aus den ersten vier Semestern nachzuholen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer - vom 4. Juli 2019 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen. Der Studiengang Humanmedizin an der MHH sei ein von der üblichen Ausbildung abweichender Modellstudiengang, der – anders als die üblichen Medizinstudiengänge – ein Physikum nicht vorsehe, für die Studierenden eines Jahrgangs rotierend in Tertiale (Trimester) aufgeteilt sei und eine fortlaufende Leistungserbringung erfordere. 60 ECTS-Punkte pro Studienjahr könnten in diesem System jedenfalls im 4. und 5. Studienjahr nicht erreicht werden. Das ECTS-System sei auf den Studiengang nach Auskunft eines Mitarbeiters des Studiendekanats nicht anwendbar, abschließende Regelungen für die Bewertung der Module und der ECTS-Punkte gebe es nicht. ECTS-Punkte seien lediglich für Fälle des Auslandsstudiums oder ausländische Studierende oder Studienplatzwechsler vorgesehen, wobei die Bewertung der einzelnen Kurse bzw. Module jeweils von den einzelnen Universitäten vorgenommen werde. Nach der Studienordnung habe sie, die Klägerin, allerdings Module der oberen Studienjahrgänge belegen und Prüfungen ablegen dürfen, ohne die fehlenden Prüfungen aus dem zweiten Studienjahr absolviert zu haben. Das Amt für Ausbildungsförderung sei auch nie an die MHH herangetreten, um eine Qualifizierung oder modifizierte Feststellung hinsichtlich der ECTS-Punkte zur Bewertung der Kurse herbeizuführen. Es dürfe nicht zu ihren Lasten gehen, wenn die Hochschule eine in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Leistungserbringung nicht umsetze. Im Übrigen werde im ECTS-System die abschnittweise Belegung bestimmter Fächer mit abschnittsweiser Leistungserbringung nicht berücksichtigt, weil ECTS-Punkte nur nach Abschluss aller in einem Fach zu erbringenden Leistungen gutgeschrieben würden. Es sei für Medizinstudenten insbesondere dann nahezu völlig ausgeschlossen, 60 ECTS-Punkte im Jahr zu erreichen, wenn sie zwar in Vollzeit studierten, aber Kurse belegten, die nicht dem Grundstudium unterliegen. Die Berechnung der von der Klägerin erbrachten ECTS-Punkte durch das Verwaltungsgericht sei im Übrigen nicht in Zweifel zu ziehen, danach habe sie eine ausreichende Anzahl an Punkten erbracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, weil sie zulässig und begründet ist.

Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der von der Klägerin beantragten Ausbildungsförderungsleistung für den Zeitraum April 2017 bis März 2018 liegen nicht vor. Denn weder hat die Klägerin den für eine Weiterförderung notwendigen Nachweis gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 BAföG erbracht noch kommt eine weitere Verschiebung des Vorlagezeitpunktes für einen solchen Nachweis in Betracht.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hochschule vom fünften Fachsemester an nur von dem Zeitpunkt an geleistet, in dem der Auszubildende einen der in Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Nachweise vorgelegt hat. Nach § 48 Abs. 2 BAföG kann das Amt für Ausbildungsförderung die Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt zulassen, wenn Tatsachen vorliegen, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG oder eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15a Abs. 3 BAföG rechtfertigen.

Die Klägerin war angesichts der ihr in den Jahren zuvor von der Beklagten gemäß §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 BAföG gewährten Verschiebungen des Vorlagezeitpunktes für die Bescheinigung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG um insgesamt sechs Semester von ihrem elften Fachsemester an verpflichtet, für die Bewilligung von Ausbildungsförderung einen der in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BAföG genannten Nachweise zu erbringen. Der vorliegend streitige Bewilligungszeitraum April 2017 bis März 2018, der das Sommersemester 2017 und das Wintersemester 2017/18 umfasst, betrifft das elfte und zwölfte Fachsemester der Klägerin. Die Semesterzählung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts erweist sich als richtig.

Fachsemester im Rahmen von § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG sind Semester in derselben Fachrichtung (BVerwG, Urt. v. 4.12.1997 - 5 C 3.96 -, BVerwGE 106, 1; Urt. v. 26.11.1998 - 5 C 39.97 -, BVerwGE 108, 40). Maßgebend ist die Fachrichtung, für die der Auszubildende immatrikuliert ist; ob in der gewählten Fachrichtung tatsächlich studiert wurde, ist für die Zählung eines Semesters als Fachsemester unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob während des Semesters Förderung beantragt oder geleistet wurde oder nicht. Die in derselben Fachrichtung absolvierten Semester werden fortlaufend gezählt, und zwar ohne Rücksicht auf die tatsächliche Teilnahme an den Lehrveranstaltungen und den erzielten Studienfortschritt (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Aufl. 2016, § 48 Rn. 6). Ob möglicherweise ein mangelnder Studienfortschritt zur Verschiebung des Vorlagezeitpunkts für den Leistungsnachweis nach §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 BAföG führen kann, beeinflusst die Fachsemesterzählung nicht. Auch eine Rückstufung um ein Fachsemester durch die Ausbildungsstätte ist für die förderungsrechtliche Zählung nicht von Belang.

Die Klägerin befand sich demnach gemessen an der hierfür entscheidenden Anzahl von Fachsemestern, die sie für den Studiengang Humanmedizin immatrikuliert gewesen ist, im Sommersemester 2017 im elften Fachsemester. Neben den seit dem Wintersemester 2012/2013 bis einschließlich Sommersemester 2017 fortlaufend belegten zehn Fachsemestern im Studiengang Humanmedizin ist auch das Wintersemester 2005/2006, in dem die Klägerin an der MHH im Studiengang Humanmedizin immatrikuliert war, bei der Fachsemesterzählung im Rahmen des § 48 Abs. 1 BAföG zu berücksichtigen. Der Umstand, dass die Klägerin in ihrem ersten Fachsemester krankheitsbedingt keine Studienleistungen erbracht hat, könnte allenfalls für die Frage, ob der Vorlagezeitpunkt für den Leistungsnachweis nach §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 BAföG (nochmals) zu verschieben ist, möglicherweise eine Rolle spielen. Nicht hingegen führt dieser Umstand dazu, dass das Wintersemester 2005/06 gar nicht in die Zählung eingeht. Eine besondere Ausnahmesituation, die eine Nichtberücksichtigung dieses Semesters rechtfertigen könnte, ist hier zudem nicht gegeben, so dass der Senat dahinstehen lassen kann, ob ausnahmsweise auch im Rahmen von § 48 Abs. 1 BAföG Semester, in denen der Auszubildende zwar immatrikuliert war, aber dennoch aufgrund höherer Gewalt oder dergleichen keine Studienleistungen erbringen konnte, nicht als Fachsemester zu zählen sind (vgl. für § 7 Abs. 3 BAföG: Senatsbeschl. v. 11.12.2019 - 4 ME 206/19 -).

Die Verschiebung des Vorlagezeitpunktes für den Leistungsnachweis vom nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt um insgesamt sechs Semester hat die Beklagte auf §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 5 BAföG gestützt und jeweils mit erkrankungsbedingten Prüfungsausfällen sowie der Mehrbelastung durch die Erziehung der 2008 und 2010 geborenen Kinder der Klägerin begründet. Ob diese Verschiebung gerechtfertigt war, ist im vorliegenden Verfahren, welches allein den Ausbildungsförderungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum April 2017 bis März 2018 (also das Sommersemester 2017 und das Wintersemester 2017/18) zum Gegenstand hat, nicht zu prüfen.

Zu dem aufgrund der Verschiebung maßgeblichen Vorlagezeitpunkt hat die Klägerin die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG nicht erfüllt. Maßgeblich für die in diesem Verfahren begehrte Förderung ab dem Sommersemester 2017 ist vorliegend der Leistungsstand zum Ende des Wintersemesters 2016/17 bzw. des zehnten Fachsemesters, das angesichts der gewährten Verschiebung des Vorlagezeitpunktes um sechs Semester wie das vierte Fachsemester der Klägerin zu behandeln ist.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hoch-schule vom fünften Fachsemester an nur von dem Zeitpunkt an geleistet, in dem der Auszubildende vorgelegt hat 1. ein Zeugnis über eine bestandene Zwischenprüfung, 2. eine nach dem Beginn des vierten Fachsemesters ausgestellte Bescheinigung der Aus-bildungsstätte darüber, dass er die bei geordnetem Verlauf seiner Ausbildung bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemester üblichen Leistungen erbracht hat, oder 3. einen nach Beginn des vierten Fachsemesters ausgestellten Nachweis über die bis dahin erworbene Anzahl von Leistungspunkten nach dem Europäischen System zur Anrechnung von Studienleistungen (ECTS), wenn die bei geordnetem Verlauf der Ausbildung bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters übliche Zahl an ECTS-Leistungspunkten nicht unterschritten wird.

Die Klägerin hat keinen der nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG möglichen Leistungsnachweise zum maßgeblichen Vorlagezeitpunkt erbracht.

Ein Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG kommt aufgrund der Studienordnung der MHH für den Studiengang Medizin von vornherein nicht in Betracht. Denn dieser Studiengang sieht eine Zwischenprüfung nicht vor. Es handelt sich bei diesem Studiengang um einen Modellstudiengang im Sinne von § 41 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO). § 41 Abs. 1 Nr. 1 ÄApprO bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständige Stelle einen Modellstudiengang zulassen kann, der von den Vorschriften dieser Verordnung dahingehend abweicht, dass von den in § 1 Absatz 2 Nummer 5 vorgesehenen Prüfungsabschnitten der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nicht abgelegt werden muss, wobei der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung frühestens nach einem Medizinstudium von fünf Jahren abgelegt werden kann. Von dieser Ausnahmevorschrift wurde in der Prüfungsordnung der MHH Gebrauch gemacht, indem nach § 4 Abs. 1 Satz 2 gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 ÄApprO in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Nr. 3 ÄApprO im Rahmen des Modellstudiengangs Medizin an der MHH der Erste Abschnitt der ärztlichen Prüfung – also das als Zwischenprüfung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG berücksichtigungsfähige Physikum – entfällt (Prüfungsordnung für den Studiengang Medizin an der MHH in den für den streitigen Förderungszeitraum gültigen Fassungen v. 15.6.2016 u. v. 10.5.2017).

Die Klägerin hat auch unstreitig keinen Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG beigebracht. Die Klägerin hat zwar ein von der MHH ausgefülltes und gestempeltes Formblatt 5 „Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG“ am 25. April 2017 bei der Beklagten vorgelegt. Darauf wird jedoch gerade nicht bestätigt, dass die Klägerin die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des vierten Fachsemesters erforderlichen Leistungen am 31. März 2017 erbracht hat. Vielmehr geht aus der Bescheinigung hervor, dass Leistungen in den Fächern „Anatomische Grundlagen der Medizin“, „Physikalische und physiologische Grundlagen der Medizin“ und „Chemische und biochemische Grundlagen der Medizin“ fehlen. Ausweislich der Anlage 1 zu § 10 Abs. 1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin an der MHH (in den für den streitigen Förderungszeitraum gültigen Fassungen v. 15.6.2016 u. v. 10.5.2017) und des „Transcripts of Records“ vom 2. Mai 2019 handelt es sich hierbei sämtlich um Kurse der ersten beiden Studienjahre.

Anhaltspunkte dafür, dass diese negative Bescheinigung offensichtlich falsch und daher nicht zu berücksichtigen ist, bestehen nicht. Vielmehr ist das von der MHH ausgestellte Formblatt 5 offensichtlich inhaltlich richtig. Denn die Klägerin hat die bei geordnetem Verlauf der Ausbildung bis zum Ende des vierten Fachsemesters üblichen Leistungen nicht erbracht.

Üblich im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG sind diejenigen Leistungen, die nach der Ordnung der Hochschule bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters zu erwarten sind. Das beurteilt sich in erster Linie nach den für den gewählten Studiengang geltenden normativen Vorgaben, insbesondere nach den einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der Hochschule. In zweiter Linie bestimmt sich die Üblichkeit der Leistungen nach den sonstigen nicht förmlichen Vorgaben der Hochschule, die von den Auszubildenden als Verhaltensmaßregeln oder Richtlinien erkannt werden können und deren Einhaltung von der Hochschule als erforderlich angesehen und empfohlen wird, um die Ausbildung erfolgreich durchführen und abschließen zu können. Die (förmlichen und nicht förmlichen) Vorgaben der Hochschule sind sowohl für die Feststellung maßgebend, wann bzw. bis zu welchem Semester welche Leistungsnachweise zu erbringen sind, als auch für die Frage, ob und inwieweit dabei eine Kompensation von Leistungen möglich ist. Die Hochschule kann – wie bereits der Wortlaut der Vorschrift ("bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters") und der Regelungszusammenhang insbesondere mit § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nahelegen – grundsätzlich nur vorsehen, dass Leistungen, die üblicherweise bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters zu erbringen sind, aber nicht erbracht wurden, durch andere Leistungen ausgeglichen werden, die nach den maßgeblichen Vorgaben erst in einem höheren Fachsemester erbracht werden sollen, aber bereits zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG bzw. bis zu dem nach § 48 Abs. 2 BAföG zugelassenen späteren Zeitpunkt erbracht wurden. Unter der Voraussetzung, dass die maßgeblichen Vorgaben der Hochschule eine derartige Kompensation gestatten, können die erbrachten anderen Leistungen ebenfalls als im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG üblich anzusehen sein (BVerwG, Urt. v. 25.8.2016 - 5 C 54.15 -, juris).

Daran gemessen begegnet die negative Leistungsbescheinigung keinen Bedenken. Insbesondere hätte die MHH keine Leistungen der Klägerin in Fächern höherer Fachsemester kompensatorisch anerkennen müssen, weil dies nach den maßgeblichen Vorgaben nicht als üblich anzusehen ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin an der MHH sind die von der Klägerin nicht abgeschlossenen Fächer dem ersten Studienjahr zugeordnet. Der Studienordnung ist nicht zu entnehmen, in welchem Studienjahr diese Fächer zwingend absolviert werden müssen. Allerdings weist § 10 Abs. 1 Satz 2 der Studienordnung darauf hin, dass der Besuch der den in der Approbationsordnung für Ärzte genannten Stoffgebieten, Fächern und Querschnittsbereichen zugeordneten Module in der Reihenfolge, die sich aus dem vom Studiendekanat für die Studierenden erststellten Musterstudienplan ergibt, den Studierenden die Absolvierung des integrierten Studienabschnitts in der Regelstudienzeit ermöglicht. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Prüfungsordnung für den Studiengang Medizin an der MHH bestimmt zwar, dass gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 ÄApprO in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Nr. 3 ÄApprO im Rahmen des Modellstudiengangs Medizin an der MHH der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) entfällt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 der Prüfungsordnung erhalten die Studierenden nach Vorliegen der Voraussetzungen jedoch eine Äquivalenzbescheinigung. Aus den genannten Regelungen geht eindeutig hervor, dass es im von der Klägerin belegten Studiengang üblich ist, die in den ersten zwei Studienjahren vorgesehenen Fächer, die für die Äquivalenzbescheinigung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 der Prüfungsordnung erforderlich sind, auch in diesem Zeitabschnitt des Studiums zu absolvieren. Auch wenn dies – wie die Klägerin es betont – nicht zwingend notwendig ist, lassen die o.a. Vorschriften aus Studien- und Prüfungsordnung doch keinen Zweifel daran, dass es sich hierbei um eine Vorgabe der Hochschule handelt, die von den Auszubildenden als Verhaltensmaßregeln oder Richtlinien erkannt werden kann und deren Einhaltung von der Hochschule als erforderlich angesehen und empfohlen wird, um die Ausbildung erfolgreich durchführen und abschließen zu können. Eine Kompensationsmöglichkeit in dem Sinne, dass die Erbringung von Leistungen höherer Fachsemester statt der in den ersten zwei Studienjahren vorgesehenen Leistungen, auch als üblich anzusehen wäre, ist weder in der Studien- noch in der Prüfungsordnung angelegt. Sie ist offenbar auch sonst nicht vorgesehen, wie sich unschwer aus der von der MHH gerade aufgrund der fehlenden Leistungen aus den ersten zwei Studienjahren negativ erstellten „Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG“ ergibt. Die Tolerierung des von der Klägerin verfolgten Studienmodells, das sich durch eine fortlaufende Belegung von Kursen höherer Semester ohne die Nachholung der in den ersten zwei Studienjahren versäumten Leistungen auszeichnet, durch die MHH führt nicht dazu, dass diese Art der Leistungserbringung als üblich im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG angesehen werden müsste.

Die Klägerin hat ferner entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Leistungsnachweis im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG vorgelegt. Das von ihr beigebrachte „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 stellt nicht einen den Anforderungen dieser Vorschrift genügenden Leistungsnachweis dar. Denn ein derartiger Leistungsnachweis kann neben der Bescheinigung i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG im von der Klägerin belegten Studiengang nicht erbracht werden. Es trifft zwar zu, dass mit dem Dreiundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (v. 24.10.2010, BGBl. I S. 1422 – 23. BAföGÄndG) durch die Einführung der Nr. 3 in § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG eine zusätzliche und gegenüber § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BAföG gleichwertige Möglichkeit des Leistungsnachweises eingeführt worden ist, die der im Rahmen des Bologna-Prozesses erfolgten Einführung des Systems der Vergabe von Leistungspunkten Rechnung trägt (Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. § 48 Rn. 22). Allerdings setzt diese Möglichkeit der Leistungserbringung voraus, dass die betreffende Ausbildungsstätte auch vollumfänglich an diesem Leistungssystem teilnimmt und die im jeweiligen Studiengang erbrachten studentischen Arbeitsleistungen in ECTS-Leistungspunkte umrechnet, wobei pro Jahr 60 ECTS-Leistungspunkte vergeben werden, um die im Europäischen System angestrebte Anrechnung insbesondere von im Ausland erbrachten Studienleistungen zu ermöglichen (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. § 48 Rn. 22, 23). Diese Überführung der studentischen Arbeitsleistung in das ECTS-System ist Angelegenheit der Hochschule, nicht des Amtes für Ausbildungsförderung (Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. § 48 Rn. 24). Dieses nimmt lediglich den durch den ECTS-Kontostand erbrachten Leistungsnachweis als Voraussetzung für eine Förderung über das vierte Fachsemester hinaus entgegen, ohne diesen jedoch einer weiteren rechtlichen oder tatsächlichen Prüfung zu unterziehen. Verfahrensrechtlich wird diese Aufgabenzuweisung dadurch abgesichert, dass nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BAföG das jeweils nach Landesrecht zuständige hauptamtliche Mitglied des Lehrkörpers der Ausbildungsstätte für den Nachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG die zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt übliche Zahl an ECTS-Leistungspunkten festlegt. Die Gesetzesbegründung zum 23. BAföGÄndG führt dazu aus (BT-Drs. 17/1551 v. 4.5.2010, S. 32 f. zu Nummer 22 Buchstabe a):

„Diese Regelung (des § 47 Abs. 1 BAföG) steht im Zusammenhang mit § 48 BAföG und hat zum Ziel, den Studierenden eine zusätzliche Möglichkeit zu eröffnen, den Leistungsnachweis nach § 48 BAföG zu führen. Dies geschieht, indem für jeden Studiengang gesondert entsprechend der jeweiligen Studienordnung von dem zuständigen hauptamtlichen Mitglied des Lehrkörpers festgelegt wird, welche Punktzahl nach dem ECTS-System zu dem für den Leistungsnachweis relevanten Zeitpunkt als üblich anzusehen ist. Die Studierenden können den Leistungsnachweis führen, indem sie gegenüber dem Amt für Ausbildungsförderung schlicht ihren individuellen ECTS-Kontenstand belegen. Dieses entnimmt der für den Studiengang einheitlichen Festlegung, ob die individuell erreichte Punktzahl mindestens dem abstrakt als üblich Festgelegten entspricht.

Sowohl für die Studierenden wie für die Hochschulen kann so der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Vorlage des Leistungsnachweises reduziert werden, da keine individuelle Leistungsbescheinigung in jedem Einzelfall mehr erstellt werden muss.

Die bestehenden Formen des Leistungsnachweises bleiben daneben jedoch weiterhin möglich, da sie in Studiengängen, die unverändert eine Zwischenprüfung vorsehen oder nicht am ECTS-System teilnehmen, weiterhin sinnvoll bzw. notwendig sind.“

Vorliegend fehlt es an der in § 47 Abs. 1 Satz 2 BAföG vorgesehenen Festlegung durch die MHH, so dass die Beklagte nicht in die Lage versetzt worden ist, durch einfachen Abgleich festzustellen, ob das von der Klägerin vorgelegten „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 einen ausreichenden Leistungsnachweis i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG darstellt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass lediglich eine verfahrensrechtliche Anforderung der Hochschule gegenüber dem Amt für Ausbildungsförderung versäumt worden ist, die durch einfache Nachfrage des Amtes für Ausbildungsförderung bei der Hochschule hätte nachgeholt werden können. Vielmehr lassen sowohl die Studien- und Prüfungsordnung der MHH als auch die von der Klägerin vorgelegte Erläuterung des Studiendekanats zu ihrem „Transcript of Records“ vom 18. August 2020 darauf schließen, dass die MHH nicht vollständig am ECTS-Leistungspunkte-System teilnimmt, so dass ein Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG auch nicht erbracht werden kann.

Die für den streitigen Zeitraum maßgebliche Studienordnung der MHH sieht in § 1 Abs. 4 Studienordnung vor, dass das Präsenzstudium in den Tertialen des integrierten Studienabschnitts in Modulen durchgeführt wird und dass sich alle Module des Modellstudienganges aus verschiedenen Lehrveranstaltungen zusammensetzen und mit Prüfungen abgeschlossen werden, auf deren Grundlage Leistungspunkte nach dem European Credit Transfer System (ECTS) vergeben werden. Daraus geht hervor, dass die von der MHH vergebenen Leistungspunkte nicht, wie es im ECTS-System eigentlich erforderlich wäre, die studentische Arbeitsleistung abbilden, sondern an die Abschlussprüfungen der einzelnen Module anknüpfen. Auch die Regelung in § 13 Abs. 9 Prüfungsordnung enthält ausschließlich eine Benotungsregelung nach der ECTS-Bewertungsskala, es finden sich aber keine Vorschriften dazu, wie die in einzelnen Modulen erbrachte studentische Arbeitsleistung im ECTS-System abzubilden ist. Aus § 5 Abs. 1 Satz 3 Studienordnung geht überdies hervor, dass die MHH an anderen Universitäten erworbene ECTS-Leistungspunkte nicht automatisch anrechnet, weil in dieser Vorschrift bestimmt ist, dass die Arbeitsbelastung neben dem Inhalt und Aufbau eines Moduls ein Faktor in der Anrechnung von an anderen Universitäten erbrachten Studienleistungen und -zeiten nach dem European Credit Transfer System (ECTS) ist.

Die vom Studiendekanat herausgegebene Erläuterung zum „Transcript of Records“ vom 18. August 2020 stellt klar, dass das ECTS-System innerhalb der Staatsexamensstudiengänge, wozu der von der Klägerin belegte Studiengang Humanmedizin gehört, keine Relevanz hat. Vielmehr sind ECTS-Credits einzelnen Modulen zugeordnet worden, um Anhaltspunkte für eine Anerkennung von an der MHH erbrachten Leistungen durch die Heimathochschule zu bieten, wobei die konkrete Anerkennung der Leistung eine Entscheidung der jeweiligen Heimathochschule bleibt. Damit steht fest, dass ECTS-Leistungspunktenachweise, die als Leistungsbescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG dienen könnten, von der MHH für den Studiengang Medizin derzeit nicht ausgestellt werden, so dass diese Möglichkeit des Leistungsnachweises von vornherein gar nicht gegeben ist.

Doch selbst wenn man diese Möglichkeit des Leistungsnachweises für den von der Klägerin belegten Studiengang der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgend grundsätzlich anerkennen wollte, so wäre das konkret von ihr in das gerichtliche Verfahren eingebrachte „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 kein geeigneter Leistungsnachweis im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG. Dies folgt bereits daraus, dass die Anzahl der erworbenen ECTS-Leistungspunkte für den nach § 48 BAföG maßgeblichen Nachweiszeitraum – im Fall der Klägerin auf die Zeit bis zu ihrem zehnten Fachsemester, also bis zum Wintersemester 2016/17 einschließlich – nachgewiesen werden müsste. Das „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 enthält allerdings zahlreiche Kurse, die außerhalb des maßgeblichen Nachweiszeitraums absolviert worden sind. Dies folgt aus einer Zusammenschau mit der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Leistungsübersicht der MHH (Blatt 59-60 der erstinstanzlichen Gerichtsakte bzw. Blatt 10-12 der erstinstanzlichen Gerichtsakte zum Parallelverfahren 4 LB 111/20). Denn zahlreiche Kurse, die auf dem „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 aufgelistet sind, hat die Klägerin demnach erst nach dem hier maßgeblichen Zeitraum bis einschließlich Wintersemester 2016/17 belegt bzw. abgeschlossen: Allgemeinmedizin, Klinische Medizin (Innere Medizin), Rechtsmedizin, Klinisches Wahlfach „Pediatric Advanced Life Support“, Fraueneilkunde – Geburtshilfe, Humangenetik, Kinderheilkunde, Augenheilkunde, HNO-Heilkunde, Neurologie, Infektiologie – Immunologie, Bildgebende Verfahren – Strahlenbehandlung – Strahlenschutz, Rehabilitation – Physikalische Medizin – Naturheilverfahren, Palliativmedizin, Schmerzmedizin, Arbeitsmedizin – Klinische Umweltmedizin, Gesundheitsökonomie – Gesundheitssystem – Öffentliches Gesundheitswesen (Public Health II) – Sozialmedizin sowie die Blockpraktika Innere Medizin, Kinderheilkunde, Frauenheilkunde und Allgemeinmedizin. Die Daten für die in diesen Fächern erbrachten Leistungsnachweise liegen sämtlich später als das Wintersemester 2016/2017, welches am 31. März 2017 endete.

Bis zum Wintersemester 2016/17 hat die Klägerin gemäß der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Leistungsübersicht der MHH (Blatt 59-60 der erstinstanzlichen Gerichtsakte bzw. Blatt 10-12 der erstinstanzlichen Gerichtsakte zum Parallelverfahren 4 LB 111/20) folgende Leistungsnachweise erbracht, die im „Transcript of Records“ mit den aus der rechten Spalte ersichtlichen ECTS-Leistungspunkten bewertet worden sind:

Kurs

Semester

ECTS-Leistungspunkte

Propädeutikum

SS 2013

9 + 1 

Zellbiologische und genetische Grundlagen der Medizin

WS 2014/15

10    

Psychologische und soziologische Grundlagen der Medizin

SS 2016

6       

Diagnostische Methoden I

SS 2015

11    

Klinisches Wahlfach (Wahlpflichtfach I)

WS 2014/15

1       

Dermatologie/Venerologie

SS 2016

3       

Klinische Chemie, Laboratoriumsdiagnostik

SS 2016

3       

Psychiatrie und Psychotherapie

WS 2016/17

3       

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

WS 2016/17

2       

Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin

WS 2016/17

3       

Medizin des Alterns und des alten Menschen

WS 2016/17

2       

Notfallmedizin

WS 2016/17

3       

Prävention, Gesundheitsförderung (Public Health I – Prevention and Health Promotion)

WS 2015/16

2       

Blockpraktikum Chirurgie

WS 2016/17

4       

Summe: 63

Zählt man zu den aus der Tabelle ersichtlichen 63 ECTS-Leistungspunkten der laut Leistungsübersicht der MHH bis zum Wintersemester 2016/17 erbrachten Leistungen noch die mit einem ECTS-Leistungspunkt ausgewiesene, aber nicht mit einer Note bewertete Orientierungseinheit gemäß dem „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 hinzu, ergeben sich 64 ECTS-Leistungspunkte. Geht man weiter davon aus, dass laut „Transcript of Records“ 60 ECTS-Leistungspunkte pro Studienjahr üblich sind, müsste die Klägerin 120 ECTS-Credits nachgewiesen haben, um die nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG verlangte übliche Zahl an ECTS-Leistungspunkten nicht zu unterschreiten. Davon kann indessen auch dann, wenn man – wie das Verwaltungsgericht – das vorgelegte „Transcript of Records“ vom 2. Mai 2019 grundsätzlich als geeigneten Nachweis im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG anerkennen wollte, angesichts der o.a. Auflistung keine Rede sein. Selbst wenn man – wie es die Klägerin im Berufungsverfahren vorgeschlagen hat – weitere Leistungen im maßgeblichen Zeitpunkt als erbracht ansehen wollte, ließe sich die erforderliche ECTS-Punktzahl von 120 nicht erreichen.

Die mangelnde Erbringung des Leistungsnachweises im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BAföG hat zur Folge, dass die Klägerin in dem streitigen Bewilligungszeitraum die Voraussetzungen für die Förderung ihrer Ausbildung nicht erfüllt. Eine weitere Verschiebung des Vorlagezeitpunktes, die eine Weiterförderung der Klägerin auch ohne, dass sie einen positiven Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG erbracht hätte, rechtfertigen würde, kommt nicht in Betracht.

Nach § 48 Abs. 2 BAföG kann das Amt für Ausbildungsförderung die Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt zulassen, wenn Tatsachen vorliegen, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG oder eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15a Abs. 3 BAföG rechtfertigen. Der hier allein in Betracht kommende § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG bestimmt, dass Ausbildungsförderung für eine angemessene Zeit über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet wird, wenn diese aus schwerwiegenden Gründen überschritten worden ist; § 15 Abs. 1 Nr. 3 BAföG in der im streitigen Förderungszeitraum geltenden Fassung sieht eine Verlängerung vor, wenn die Förderungshöchstdauer infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren überschritten worden ist. In jedem Fall erfordert eine Verschiebung des Vorlagezeitpunktes nach § 48 Abs. 2 BAföG, dass der nach § 15 Abs. 3 BAföG berücksichtigungsfähige Grund auch ursächlich für die eingetretene Verzögerung ist (BVerwG, Urt. v. 13.10.1988 - 5 C 35.85 -, BVerwGE 80, 290, 297; Beschl. v. 29.1.2014 - 5 B 1.13 -, juris). Daran fehlt es jedoch.

Dass die Erkrankung der Klägerin im Wintersemester 2005/06 ursächlich für eine Verzögerung des Studiums der Klägerin über das Wintersemester 2016/17 hinaus sein könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Doch selbst wenn man diesbezüglich eine Kausalität bejahen wollte, müsste die Klägerin sich entgegenhalten lassen, dass sie die Verzögerung hätte verhindern können, indem sie sich umgehend nach Kenntnis von der Erkrankung, die nach ihren Angaben unmittelbar nach Semesterbeginn diagnostiziert worden war, hätte exmatrikulieren oder zumindest rückwirkend beurlauben lassen können. Dass ihr ein derartiges Vorgehen damals subjektiv als unnötig erschienen sein mag, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Im Übrigen wird sich die Klägerin entgegenhalten lassen müssen, dass sie trotz fachärztlich attestierter verminderter Belastungsfähigkeit im Zeitraum 20. Juni 2000 bis ins Jahr 2011 (s. Attest von Dr. med. D. E. vom 13.2.2013, Blatt 49a von Band I des Verwaltungsvorgangs, Beiakte 002) ein Studium der Humanmedizin begonnen hat, das grundsätzlich nur mit voller Hingabe und Belastbarkeit erfolgreich betrieben werden konnte.

Die von der Klägerin nachgewiesenen erkrankungsbedingten Prüfungsausfälle und ihre Mehrbelastung aufgrund der Erziehung zweier Kinder unter zehn Jahren können für den streitigen Bewilligungszeitraum ebenfalls keine weitere Verschiebung des Leistungsnachweises rechtfertigen. Zwar handelt es sich hierbei um durchaus anerkennenswerte Verzögerungsgründe im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 5 BAföG. Allerdings ist die Unfähigkeit der Klägerin, den ab dem elften Fachsemester notwendigen Leistungsnachweis vorzulegen, nicht auf die von ihr geltend gemachten Verzögerungsgründe zurückzuführen. Hierfür hätte die Klägerin etwa aufzeigen müssen, dass sie die für den Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 BAföG noch erforderlichen fehlenden Leistungen aus den ersten zwei Studienjahren krankheitsbedingt versäumt hat. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil sie sich für die entsprechenden Prüfungen gar nicht angemeldet hatte, sondern stattdessen ihre gesamte Studienplanung auf die Absolvierung von Leistungen späterer Studienabschnitte ausgelegt hat, die sie dann aus den genannten Gründen nicht vollständig erbringen konnte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin sich für die noch benötigten Prüfungen der ersten beiden Studienjahre nicht hätte anmelden können. Damit beruht die eingetretene Verzögerung aber nicht auf einem der in § 15 Abs. 3 BAföG genannten Gründe, sondern auf einer persönlichen Präferenz der Klägerin in Bezug auf ihre Studiengestaltung, und ist für eine Verschiebung des Vorlagezeitpunktes für den Leistungsnachweis gemäß § 48 Abs. 2 BAföG nicht zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 188 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.